hat die Kammer für
Handelssachen 91 des Landgerichts Berlin am 14.03.2011 [...]
beschlossen:
1. Der Antrag der Antragstellerin auf Erlass einer einstweiligen
Verfügung wird zurückgewiesen.
2. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens auf Erlass einer
einstweiligen Verfügung zu tragen.
3. Der Wert des Verfahrens wird auf EUR 10.000,00 festgelegt.
Gründe:
Der zulässige Antrag
ist unbegründet.
I.
Die Antragstellerin hat
glaubhaft gemacht durch Vorlage entsprechender screenshots, dass sie
unter der Internetseite .... unter anderem auch Sterntaufen vertreibt
und dass der Antragsgegner unter der Seite .... seinerseits einen
Onlinehandel mit den gleichen Geschenken betreibt, wobei er einen
Gefälltmir-Button der Plattform facebook installiert hat.
Dieser Button setzt die
Installation eines iframes von facebook voraus und bewirkt, dass
jedenfalls Daten von eingeloggten facebook-Nutzern, die die Seite des
Antragsgegners besuchen, an facebook übertragen werden, auch
wenn der button nicht betätigt wird. Inwieweit Daten von nicht
eingeloggten facebook-Nutzern oder von Nichtmitgliedern von facebook
übertragen werden, ist unklar.
Eine Information
über die Datenerhebung aufgrund des Buttons enthält
die Seite des Antragsgegners nicht.
Die Antragstellerin
mahnte den Antragsgegner mit anwaltlichem Schreiben vom 2.Februar 2011
deswegen ab. Mit anwaltlichem Schreiben vom 9.Februar 2011 lehnte der
Antragsgegner die Abgabe einer strafbewehrten
Unterlassungserklärung ab.
Die Antragstellerin
vertritt die Auffassung, die unterbliebene Unterrichtung der Besucher
der Seite des Antragsgegners über Art, Umfang und Zweck der
erhobenen personenbezogenen Daten stelle einen
Wettbewerbsverstoß dar.
Die Antragstellerin
beantragt,
dem Antragsgegner zur
Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung gerichtlich
festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu EUR 250.000,00, ersatzweise
Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, wobei die
Ordnungshaft insgesamt zwei Jahre nicht übersteigen darf, zu
untersagen, im
geschäftlichen Verkehr im Internet den Kauf von Sterntaufen
anzubieten und dabei den facebook-Button "Gefällt mir" auf
seiner Seite .... zu verwenden, wenn er dabei die Besucher der Seite
nicht zugleich ausdrücklich auf die damit verbundene
Datenübertragung an facebook informiert, wenn dies wie in
Anlage AS 6 dargestellt geschieht.
II.
Der zulässige
Antrag ist unbegründet, weil der Antragstellerin kein
Unterlassungsanspruch aus §§ 8 Abs.1, Abs.3 Nr.1, 2
Abs.1 Nr.1, Nr.3, 4 Nr.11 UWG, 13 TMG gegen den Antragsgegner zusteht.
Nach den genannten
Vorschriften stünde der antragstellenden Mitbewerberin des
Antragsgegners um Kunden für Sternentaufen dann ein
Unterlassungsanspruch gegen den Antragsgegner zu, wenn dessen
Verstoß gegen § 13 TMG als Verstoß gegen
eine Marktverhaltensvorschrift zu bewerten wäre.
Dies ist indes nicht der
Fall. Nach der Rechtsprechung des BGH handelt gemäß
§ 4 Nr. 11 UWG unlauter, wer einer gesetzlichen Vorschrift
zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der
Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Die verletzte Norm muss
daher jedenfalls auch die Funktion haben, gleiche Voraussetzungen
für die auf einem Markt tätigen Wettbewerber zu
schaffen (vgl. BGH in GRUR 2000,Seite 1059 –
Abgasemissionen). Es reicht nicht aus, dass die Vorschrift ein
Verhalten betrifft, das dem Marktverhalten vorausgegangen ist oder ihm
erst nachfolgt. Fällt der Gesetzesverstoß nicht mit
dem Marktverhalten zusammen, ist eine zumindest sekundäre
wettbewerbsbezogene Schutzfunktion der verletzten Norm erforderlich
(vgl. BGH in GRUR 2000, Seite 1076 – Abgasemissionen und in
GRUR 2010, Seite 656 - Zweckbetrieb). Die Vorschrift muss das
Marktverhalten außerdem im Interesse der Marktteilnehmer
regeln. Dem Interesse der Mitbewerber dient eine Norm dann, wenn sie
die Freiheit ihrer wettbewerblichen Entfaltung schützt
(Köhler/Bornkamm, UWG, 29.Auflage, § 4 Randnummer
11.35c). Nach diesen Grundsätzen ist die Vorschrift des
§ 13 TMG nicht als Marktverhaltensvorschrift zu qualifizieren.
Nach dem Gesetzeswortlaut hat der Diensteanbieter " den Nutzer zu
Beginn des Nutzungsvorgangs über Art, Umfang und Zwecke der
Erhebung und Verwendung personenbezogener Daten sowie über die
Verarbeitung seiner Daten in Staaten außerhalb des
Anwendungsbereichs der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen
Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz
natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener
Daten und zum freien Datenverkehr (ABl. EG Nr. L 281 S. 31) in
allgemein verständlicher Form zu unterrichten, sofern eine
solche Unterrichtung nicht bereits erfolgt ist". Im Kern dienen die
Vorschriften zum Datenschutz wie auch der § 13 TMG anders als
Verbraucherschutzvorschriften zum Internethandel dem
Persönlichkeitsschutz der Betroffenen und nicht dazu,
für ein lauteres Verhalten am Markt zu sorgen. So hat das OLG
Hamburg in seiner Entscheidung vom 9.Juni 2004 zu 5 U 186/03
entschieden, dass die Vorschrift des § 28 Abs.4 Satz 2 BDSG,
wonach der Versender eines Werbeschreibens die Empfänger
darüber zu belehren hat, dass sie einer Verwendung ihrer Daten
widersprechen können, keine Marktverhaltensregel sei, weil es
sich um eine Datenschutzbestimmung handele.
Insofern kommt es nicht
mehr darauf an, ob die Verwendung des Buttons überhaupt
geeignet ist, den Wettbewerb im Sinne des § 3 UWG mehr als nur
unerheblich zu beeinträchtigen.
III.
Die Kostenentscheidung
folgt aus § 91 Abs.1 ZPO.
IV.
Der Streitwert war nach
der Angabe der Antragstellerin auf EUR 10.000,00 für das
Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung
festzusetzen.
Gemäß
§ 3 ZPO ist der Streitwert nach freiem Ermessen im Wege der
Schätzung zu bestimmen. Maßgeblich für die
Schätzung ist bei einer auf Unterlassung von
Wettbewerbsverletzungen gerichteten Klage das Interesse, das der
Kläger an der Unterbindung weiterer gleichartiger
Verstöße hat. Dieses Interesse wird
maßgeblich durch die Art des Verstoßes,
insbesondere seine Gefährlichkeit für den
Wettbewerber angesichts des drohenden Schadens (wie
Umsatzeinbußen, Markverwirrungs- und Rufschaden) bestimmt.
Dabei sind die Unternehmensverhältnisse bei dem Verletzer und
dem Verletzten (Umsätze, Größe,
Wirtschaftskraft, Marktstellung und deren voraussichtliche
Entwicklung), die Intensität des Wettbewerbs zwischen den
Parteien in räumlicher, sachlicher und zeitlicher Hinsicht,
die Auswirkungen künftiger Verletzungshandlungen nach
Ausmaß, Intensität und Häufigkeit,
insbesondere durch die bereits begangene Verletzungshandlung und die
Intensität der Wiederholungsgefahr (Verschuldensgrad,
späteres Verhalten) zu berücksichtigen (Kammergericht
vom 6.Mai 2008 zu 5 W 154/08 mit weiteren Nennungen).
Ein gewichtiges Indiz
für die Schätzung des Interesses nach vorstehenden
Grundsätzen bildet nach ständiger Rechtsprechung des
Kammergerichts die Angabe des Streitwerts in der Klage- bzw.
Antragsschrift; denn diese Angabe erfolgt grundsätzlich noch
unbeeinflusst vom Ausgang des Rechtsstreits. Sie kann daher der
Streitwertfestsetzung regelmäßig zugrunde gelegt
werden, es sei denn, dass sich aus den Umständen die
Fehlerhaftigkeit der Angabe ergibt. Die Streitwertangabe enthebt das
Gericht daher nicht der Notwendigkeit, diese anhand der Aktenlage und
sonstiger Gegebenheiten unter Berücksichtigung seiner
Erfahrung und in vergleichbaren Fällen erfolgter
Wertfestsetzungen selbständig nachzuprüfen. (vgl.
Kammergericht in KG-Report 1998, 170, 171).
Vorstehende
Grundsätze gelten entsprechend für Verfahren auf
Erlass einer einstweiligen Verfügung, wobei nach der neueren
Rechtsprechung des Kammergerichts der Verfahrenswert
regelmäßig mit zwei Dritteln eines entsprechenden
Hauptsacheverfahrens bemessen werden kann (vgl. zur Begründung
im Einzelnen Kammergericht in WRP 2005, 368, m.w.N.).