Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
Landgericht
Berlin
BESCHLUSS
In
dem Rechtsstreit
[…]
Antragstellerin
Prozessbevollmächtigter:
Rechtsanwalt […]
gegen
[…]
Antragsgegnerin
Prozessbevollmächtigter:
Rechtsanwalt [...],
hat das Landgericht Berlin - Zivilkammer 27 - durch den Vorsitzenden
Richter am Landgericht
A, die Richterin am Landgericht B und die Richterin am Landgericht C am
09.09.2019 beschlossen:
1. Der Antrag auf Anordnung der Zulässigkeit der
Auskunftserteilung wird zurückgewiesen.
2. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Der Verfahrenswert wird auf 15.000,00 € festgesetzt.
Gründe
Die Antragstellerin begehrt die Gestattung einer Auskunft über
Daten mehrerer Nutzer der Beteiligten.
Die Antragstellerin ist eine bekannte Politikerin. Die Beteiligte
betreibt die Internetplattform www.facebook.com,
bei der die Nutzer die
Möglichkeit haben, Textbeiträge, Fotos und Videos zu
veröffentlichen.
Auf dieser Plattform stellten Unbekannte die auf den Seiten 4 bis 22
der Antragsschrift (Bl. 4 bis 22 d.A.) wiedergegebenen
Äußerungen ein, welche auf einen Post Bezug nehmen,
der seinerseits ein Foto und ein Zitat der Antragstelleinr aus
einem Online-Artikel in der Welt vom 24.05.2015 unter der
Überschrift „Grüne-Politikerin X
gerät in Erklärungsnot“ (vgl. Bl. 20 bis 23
der Akte 27 O 433/19) aufgreift. Aufhänger dieses Artikels ist
ein Bericht der „Kommission zur Aufarbeitung der Haltung des
Landesverbandes Berlin von Bündnis90/Die Grünen zu
Pädophilie und sexualisierter Gewalt gegen Kinder“
und einer darin aufgeführten Äußerung der
Antragstellerin während einer Debatte des Berliner
Abgeordnetenhauses im Jahres 1986. In dem hier maßgeblichen
Absatz des „Welt-Beitrages" heißt es:
„Während eine grüne Abgeordnete
über häusliche Gewalt spricht, stellt ein
CDU-Abgeordneter die Zwischenfrage, wie die Rednerin zu einem Beschluss
der Grünen in Nordrhein-Westfalen stehe, die Strafandrohung
wegen sexueller Handlungen an Kindern solle aufgehoben werden.
Doch statt der Rednerin ruft, laut Protokoll, X dazwischen:
„Komma, wenn keine Gewalt im Spiel ist!“ Klingt das
nicht, als wäre Sex mit Kindern ohne Gewalt okay?“
Hieraus hat der Post neben der Abbildung der Antragstellerin die
Äußerungen gemacht „Komma, wenn keine
Gewalt im Spiel ist, ist Sex mit Kindern doch ganz ok. Ist mal gut
jetzt“
Die Antragstellerin trägt vor, dass ihr ein Anspruch auf
Gestattung der Auskunft über die Daten derjenigen Nutzer
zustehe, die die streitgegenständlichen
Äußerungen ins Netz gestellt hätten, da die
betreffenden Äußerungen die Tatbestände der
§§ 185 ff. StGB erfüllen würden. Es
handele sich um unwahre Tatsachenbehauptungen, die wider besseres
Wissen geäußert worden seien und geeignet seien, sie
verächtlich zu machen. Es sei unwahr, dass sie
Geschlechtsverkehr zwischen Kindern und Erwachsenen billigen
würde, solange keine Gewalt im Spiel sei. Sie habe zu keinem
Zeitpunkt Geschlechtsverkehr mit Kindern - ganz gleich ob mit oder ohne
Gewalt - befürwortet. Sie habe mit ihrem Zwischenruf
darauf aufmerksam machen wollen, dass der falsche und pauschale Vorwurf
des CDU-Abgeordneten für die gerade stattfindende Debatte
über häusliche Gewalt überhaupt keine
Bewandtnis gehabt habe, da es bei dem Beschluss der Grünen in
Nordrhein-Westfalen um Gewaltfreiheit gegangen sei.
Weiterhin handele es sich bei Worten wie „Stück
Scheisse“, „Krank im Kopf", „altes
grünes Drecksschwein“,
„Geisteskrank“, „kranke Frau“,
„Schlampe“, „Gehirn Amputiert“,
Drecks Fotze“, „Sondermüll“,
„Alte perverse Dreckssau“ um Beleidigungen. Die
Äußerungen seien Paradebeispiele der
sogenannten „Hatespeech“, die in einem Shitstorm
auf sie niedergeprasselt seien.
Die Antragstellerin beantragt,
[Anträge entfernt]
Die Beteiligte begehrt die Zurückweisung des Antrages und
trägt vor:
Der geltend gemachte Anspruch auf Gestattung der Auskunft bestehe
nicht. Sämtliche der in den inkriminierten Tweets enthaltenen
Äußerungen würden zulässige
Meinungsäußerungen darstellen.
Außerdem könne nur Auskunft über
IP-Adressen verlangt werden, die für den Upload der
streitgegenständlichen Beiträge verwendet worden
seien.
Wegen des weiteren Sachvortrages wird auf die gewechselten
Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
II.
Gemäß § 14 Abs. 3 TMG darf der
Diensteanbieter Auskunft über bei ihm vorhandene
Bestandsdaten erteilen, soweit dies zur Durchsetzung
zivilrechtlicher Ansprüche wegen der Verletzung
absolut geschützter Rechte aufgrund rechtwidriger
Inhalte, die von § 1 Abs. 3 NetzDG erfasst werden,
erforderlich ist. Nach § 1 Abs. 3 NetzDG sind rechtswidrige
Inhalte solche, die den Tatbestand der §§
86, 86 a, 89 a, 91,100 a, 111,126,129 bis 129 b, 130,131,140,166,184 b
in Verbindung mit 184 d, 185 bis 187,201 a, 241 oder 269 des
Strafgesetzbuches erfüllen und nicht gerechtfertigt
sind. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
Die von der Antragstellerin angeführten
Äußerungen auf www.facebook.com
stellen sich
sämtlich als Meinungsäußerungen dar.
Wesentlich für die Einstufung als Tatsachenbehauptung ist, ob
die Aussage einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit
mit den Mitteln des Beweises zugänglich ist. Auch eine
Äußerung, die auf Werturteilen beruht, kann sich als
Tatsachenbehauptung erweisen, wenn und soweit bei dem Adressaten
zugleich die Vorstellung von konkreten, in die Wertung
eingekleideten Vorgängen hervorgerufen wird. Wo
Tatsachenbehauptungen und Wertungen Zusammenwirken, wird
grundsätzlich der Text in seiner Gesamtheit von der
Schutzwirkung des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG erfasst. Sofern eine
Äußerung, in der sich Tatsachen und Meinungen
vermengen, in entscheidender Weise durch die Elemente der
Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt
ist, wird sie als Werturteil und Meinungsäußerung in
vollem Umfang vom genannten Grundrecht geschützt. Im Fall
einer derart engen Verknüpfung der Mitteilung von Tatsachen
und ihrer Bewertung darf der Grundrechtsschutz der Meinungsfreiheit
nicht dadurch verkürzt werden, dass ein tatsächliches
Element aus dem Zusammenhang gerissen und isoliert betrachtet wird (BGH
NJW 1996,1131,1133 m. w. Nachw.).
Der Einfluss des Grundrechts der Meinungsfreiheit wird verkannt, wenn
der Verurteilung eine Äußerung zugrundegelegt wird,
die so nicht gefallen ist, wenn ihr ein Sinn gegeben wird, den sie nach
dem festgestellten Wortlaut objektiv nicht hat oder wenn ihr unter
mehreren objektiv möglichen Deutungen eine Auslegung gegeben
wird, ohne die anderen unter Angabe überzeugender
Gründe auszuschließen. Bedeutung und Tragweite der
Meinungsfreiheit sind ferner verkannt, wenn eine
Äußerung unzutreffend als Tatsachenbehauptung,
Formalbeleidigung oder Schmähkritik eingestuft ist mit der
Folge, dass sie dann nicht im selben Maß am Schutz des
Grundrechts teilnimmt wie Äußerungen, die als
Werturteil ohne beleidigenden oder schmähenden Charakter
anzusehen sind (vgl. BVerfG NJW 1992,1439,1440 m. w. Nachw.). Von einer
Schmähung kann nicht ausgegangen werden, wenn die
Äußerung in dem Kontext einer Sachauseinandersetzung
steht. Die Qualifikation einer ehrenrührigen Aussage als
Schmähkritik und der damit begründete Verzicht auf
eine Abwägung zwischen Meinungsfreiheit und
Persönlichkeitsrecht erfordern damit
regelmäßig die Berücksichtigung von Anlass
und Kontext der Äußerung (vgl. BVerfGE 93, 266
<303>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats
vom 23. August 2005 - 1 BvR 1917/04 -, juris, Rn. 22). Hiervon kann
allenfalls ausnahmsweise abgesehen werden, wenn es sich um eine
Äußerung handelt, deren diffamierender Gehalt so
erheblich ist, dass sie in jedem denkbaren Sachzusammenhang als
bloße Herabsetzung des Betroffenen erscheint und daher
unabhängig von ihrem konkreten Kontext stets als
persönlich diffamierende Schmähung aufgefasst werden
muss, wie dies möglicherweise bei der Verwendung besonders
schwerwiegender Schimpfwörter - etwa aus der
Fäkalsprache - der Fall sein kann (BVerfG, Beschluss der 1.
Kammer des Ersten Senats vom 5. Dezember 2008 -1 BvR 1318/07
-, juris, Rn. 16). Bei einer die Öffentlichkeit wesentlich
berührenden Frage liegt Schmähkritik nur
ausnahmsweise vor; sie bleibt grundsätzlich auf die
Privatfehde beschränkt (vgl. BVerfGE 7,198
<212>; 93,266 <294>; BVerfG, Stattgebender
Kammerbeschluss vom 19. Februar 2019 - 1 BvR 1954/17 Rn. 11, juris).
Der Schutz der Meinungsfreiheit für Tatsachenbehauptungen
endet erst dort, wo sie zu der verfassungsrechtlich
vorausgesetzten Meinungsbildung nichts beitragen können. Unter
diesem Gesichtspunkt ist unrichtige Information kein
schützenswertes Gut. Die erwiesen oder bewusst
unwahre Tatsacen beau ptung wird nicht vom Schutz des Art. 5
Abs. 1 Satz 1 GG umfasst (BVerfG a. a. O.).
Nach diesen Grundsätzen gilt hier folgendes:
Die von der Antragstellerin angegriffenen Äußerungen
sind sämtlichst Reaktionen auf den Post, den ein Dritter auf
der von der Antragsgegnerin betriebenen Social-Media-Plattform
eingestellt hat. Dieser Post zitiert einen von der Antragstellerin
getätigten Einwurf und würdigt diesen so, wie er von
der Öffentlichkeit wahrgenommen wird. Auch wenn die
Antragstellerin ihren Einwurf anders vestanden wissen will, wird der
knappe, die Zwischenfrage des CDU-Abgeordneten korrigierende Einwurf,
wie dies der Online-Artikel der Welt vom 24.05.2015 zeigt, von der
Öffentlichkeit als Zustimmug zu dem Gesetzesentwurf
der Landtagsfraktion der Grünen in NRW wahrgenommen. Soll aber
die Ausübung von Sex mit Kindern nur noch dann unter Strafe
gestellt werden, wenn Gewalt im Spiel ist, heißt
dies zum einen, dass es gewaltfreien Sex mit Kindern gibt und, dass er
ohne Ausübung von körperlicher und psychischer Gewalt
toleriert wird. Nichts anderes drückt der zweite
Halbsatz in dem Post „ist der Sex mit Kindern doch ganz ok"
aus. Die Antragstellerin muss sich daher die gesamte
Äußerung des ersten Satzes des Post zurechnen
lassen.
Bei den Reaktionen hierauf handelt es sich sämtlichst um
zulässige Meinungsäußerungen. Sie sind zwar
teilweise sehr polemisch und überspitzt und zudem sexistisch.
Die Antragstellerin selbst hat sich aber mit ihrem Zwischenruft, den
sie bislang nicht öffentlich revidiert oder klargestellt hat,
zu einer die Öffentlichkeit in ganz erheblichem Maße
berührenden Frage geäußert und damit
Widerstand aus der Bevölkerung provoziert. Zudem muss sie als
Politikerin in stärkerem Maße Kritik hinnehmen (vgl.
OLG Köln, Urteil vom 09. Dezember 2014 -1-15 U 148/14 -, Rn.
33, juris).
Da
alle Kommentare einen Sachbezug haben, stellen sie keine
Diffamierungen der Person der Antragstellerin und damit keine
Beleidigungen nach § 185 StGB dar.
(1)
Die in ein Bild von Starwars eingefügte
Äußerung „Knatter sie doch mal einer so
richtig durch, bis sie wieder normal wird!“ ist eine
sicherlich geschmacklose Kritik, die mit dem Stimittel der Polemitik
sachliche Kritik übt. Es geht dem Äußernden
erkennbar nicht darum, die Antragstellerin als Person zu diffamieren,
sondern an der von ihr getätigten Äußerung
Kritik zu üben. Es liegt daher keine
Beleidigung nach § 185 StGB vor. Die Antragstellerin wird nicht, wie
sie dies meint, zum Gegenstand sexueller Fantasien gemacht.
(2)
Die Äußerung „Wurde diese
„Dame“ vielleicht als Kind ein wenig viel gef...
und hat dabei etwas von ihren Verstand
eingebüßt...." stellt wiederum eine polemische und
überspitze, aber nicht unzulässige Kritik
dar. Denn wie sich aus dem nachfolgenden Satz ergibt, geht es um eine
auf die Äußerung der Antragstellerin bezogene
Kritik. Dass die Äußerung sexualisiert ist, ist das
Spiegelbild der Sexualisiertheit des Themas. Eine Diffamierung
und damit eine Beleidigung
nach § 185 StGB der Antragstellerin
lässt sich hieraus nicht ableiten.
(3)
Soweit die Antragstellerin geltend macht, es liege mit
„Stück Scheisse“ und
„Geisteskranke“ eine Formalbeleidigung
vor, steht dem entgegen, dass wie sich aus dem zweiten Satz ergibt eine
Auseinandersetzung in der Sache erfolgte, so dass eine
Formalbeleidigung ausscheidet (vgl. LG Hamburg, Beschluss vom 11. Mai
2017 - 324 O 217/17-, Rn. 17, juris),
Die Äußerung „Die alte hat doch einen
Dachschaden die ist hol wie Schnittlauch man kann da nur noch
Ä S Ü“ steht ebenfalls im Kontext der im
Post wiedergegebenen Äußerung. Sie stellt eine
Kritik an der Äußerung der Antragstellerin dar und
nicht losgelöst von der Äußerung an der
Person der Antragstellerin selbst. Daher stellt sich auch diese
Äußerung nicht als eine Diffamierung der
Antragstellerin und damit als Beleidigung
der Antragstellerin
gemäß § 185 StGB dar.
(6)
In der auf den Post und damit auf die dort wiedergegebene
Äußerung der Antragstellerin bezogene
Äußerung „Mensch ... was bis Du Krank im
Kopf!!!“ kann eine Beleidgung nach § 185 StGB nicht
erblickt werden.
(7)
Auch der Kommentar „Pfui du altes grünes
Dreckschwein ..“ steht in unmittelbaren Zusammenhang zu dem
Post und nimmt Bezug auf ein Zwischenruf der Antragstellerin. In diesem
Zusammenhang stellt die Bezeichnung
„Dreckschwein“ keine Beleidigung dar.
(8)
Der geschmacklose, polemische und überspitzte Kommentar
„Der würde in den Kopf geschi... War genug Platz da
kein Hirn vorhanden war/ist“ bezieht sich erkennbar auf die
von der Antragstellerin getätigte
Äußerung. Auch er stellt sich daher als sachbezogene
Kritik und nicht als Diffamierung und Beleidigung nach § 185
StGB dar.
(9)
Die auf den Post erfolgte Äußerung „Die
ist Geisteskrank“ ist eine auf die
Äußerung bezogene Kritik und keine Diffamierung der
Antragstellerin. Eine Beleidigung nach § 185 StGB liegt nicht
vor.
(10)
Wie aus den Worten „bei solchen Aussagen'“ deutlich
wird, handelt es sich bei der Aussage „Ich könnte
bei solchen Aussagen diese Personen die Fresse polieren“ um
eine auf die im Post bezogene Äußerung bezogene und
damit sachgebzogene Kritik. Eine Beleidigung nach § 185 StGB
liegt damit nicht vor.
(11)
Die Bezeichnung der Antragstellerin als krank stellt keine Beleidigung,
sondern eine zulässige Meinungsäußerung
dar. Der Sachbezug des Kommentars wird durch die Worte „sie
weiß nicht mehr was sie redet“ ohne weiteres
verdeutlicht.
(12)
Die Äußerung, die sind alle so krank im Kopf, stellt
sich ebenfalls als Kritik an ihrer im Post wiedergegebenen
Äußerung wieder, auf die dieser Kommentar erfolgte.
Eine Beleidigung der Antragstellerin nach § 185 StGB
kann hierin nicht erblickt werden.
(13)
Auch in dem Kommentar „Schlampe" kann eine von der
Äußerung im kommentierten Post
losgelöste primär auf eine Diffamierung der
Person der Antragstellerin und nicht auf eine
Auseinandersetzung in der Sache abzielende
Äußerung nicht gesehen werden. Vielmehr ist auch
dieser Kommentar ein Beitrag in einer Sachauseinandersetzung.
(13)
Gleiches gilt für den Kommentar „Gehirn
Amputiert“. Auch dieser stellt sich als Beitrag im
Rahmen einer Sachauseinandersetzung dar und zielt nicht
primär auf die Diffamierung der Antragstellerin. Eine
Beleidigung nach § 185 StGB liegt nicht vor.
(15)
Für den Kommentar „Kranke Frau“ gilt das
zuvor unter (13) und (14) gesagte.
(16)
Der Kommentar „Drecks Fotze“ bewegt sich haarscharf
an der Grenze des von der Antragstellerin noch hinnehmbaren. Weil das
Thema, mit dem sie vor vielen Jahren durch ihren Zwischenruf
an die Öffentlichkeit gegangen ist, sich ebenfalls im
sexuellen
Bereich befindet und die damals von ihr durch den Zwischenruf
aus der Sicht der Öffentlichkeit zumindest nicht kritisierte
Forderung der Entpönalisierung des gewaltfreien
Geschlechtsverkehrs mit Kindern erhebliches Empörungspotential
in der Gesellschaft hat, ist die Kammer jedoch der Ansicht, dass die
Antragstellerin als Politikerin sich auch sehr weit überzogene
Kritik gefallen lassen muss. Dass mit der Aussage allein eine
Diffamierung der Antragstellerin beabsichtigt ist, ohne Sachbezug zu
der im kommentierten Post wiedergegebenen Äußerung,
ist nicht feststellbar.
Das Bild verdeutlicht die Aussage, ich muss mich gleich
übergeben, was der Ausdruck von Ablehnung ist, und sich klar
auf die Äußerung bezieht. Eine Beleidigung liegt
hier nicht vor.
(17).
Die Äußerung „Die will auch nochmal Kind
sein weil sonst keiner an die Eule ran geht!“ ist eine mit
dem Stilmittel der Ironie ausgedrückte Kritik an der im
kommentierten Post wiedergegebenen Äußerung
der Antragstellerin. Die Antragstellerin wird entgegen ihrer Meinung in
dem Kommentar nicht wirklich zum Objekt sexueller Vorstellungen
gemacht. Sicherlich macht sich der Kommentar ein wenig über
die Antragstellerin lustig, eine Beleidigung liegt aber nicht vor.
(18)
Die Bezeichnung der Antragstellerin als hohle Nuß, die
entsorgt gehört und als Sondermüll, stellt sich als
überspitzte Kritik dar. Da sich der Kommentar erkennbar auf
die im Post wiedergegebene Äußerung bezieht und
damit Sachbezug hat, stellt er sich nicht als diffamierend dar.
Eine Beleidigung nach § 185 StGB ist nicht gegeben.
(19)
Der Kommentar „Schlamper“ stellt keine Beleidigung
dar. Auf die Ausführungen unter (13) und
(14) wird verwiesen.
(20)
Der Kommentar „Ferck du Drecksau“ steht in
unmittelbaren Zusammenhang zu dem Post und nimmt Bezug auf den dort
wiedergegebenen Zwischenruf der Antragstellerin. In diesem
Zusammenhang stellt die Äußerung
„Ferck du Drecksau“ keine Beleidigung dar, wobei
der unbefangene Durchschnittsleser nicht erkennen kann, was
der Verfasser mit „Ferck“ hat schreiben wollen. Es
kann „verrecke“ sein, wie dies die Antragstellerin
meint, zwingend ist dies aber nicht, es kann ebenso gut auch
„Ferckel“ sein.
21)
Der Kommentar „Sie alte perverse Drecksau!!!!! Schon bei dem
Gedanken an sex mit Kindern muss das Hirn weglaufen !!!!! Ich glaube,
das ist bei den Grünen auch so !!!!!“ nimmt Bezug
auf die im kommentierten Post wiedergegebene
Äußerung der Antragstellerin, an der er Kritik
übt. Daher stellt sich die Äußerung
Drecksau als ausfallende Kritik dar, jedoch nicht als diffamierend und
beleidigend i.S.d. § 185 StGB.
(22)
Entgegen der Ansicht der Antragstellerin. versteht der unbefangene
Durchschnittsleser den Kommentar „Sie wollte auch Mal die
hellste Kerze sein, Pädodreck.“ nicht dahingehend,
dass mit „Pädodreck“ die Antragstellerin
bezeichnet wird. Vielmehr bezeichnet dies ihre
Äußerung. Die Antragstellerin war
diejenige, die sich mit dem Zwischenruft hervortun wollte, eben auch
einmal die hellste Kerze sein wollte. Heraus kam
„Pädodreck“. Die Bezeichnung
„Pädodreck“ stellt sich hiermit als Kritik
zu der im Post wiedergegebenen Äußerung dar. Eine
Beleidigung
nach § 185 StGB liegt nicht vor.