und Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe
und Beiordnung eines Rechtsanwalts
hat die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch
den Vizepräsidenten Kirchhof
und die Richter Masing, Paulus
gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung
vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 13. Juni 2017 einstimmig beschlossen:
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines
Rechtsanwalts wird abgelehnt, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung
keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
G r ü n d e :
I.
Die Verfassungsbeschwerde betrifft eine strafrechtliche Verurteilung wegen Beleidigung.
Nach den Feststellungen des Amtsgerichts trug der Beschwerdeführer
bei einer Gegendemonstration gegen den Landtagswahlkampf einer Partei
einen rosafarbenen, ca. 40 x 40 cm großen Stoffbeutel über
der Schulter, der im oberen Bereich mit dem Aufdruck A.C.A.B. versehen
war. Im mittleren Bereich war ein Kätzchen abgedruckt, unter dem
in gleicher Größe wie das Akronym A.C.A.B. der Schriftzug
„All CATS are BEAUTIFUL“ prangte. Der Einsatzleiter der
Polizei forderte den Beschwerdeführer auf, den Beutel nicht weiter
offen zu tragen. Dieser Aufforderung kam der Beschwerdeführer
nicht nach und trug den Beutel „nunmehr ostentativ“ und
„nachgerade paradierend“ vor den die Demonstration
abschirmenden Einsatzkräften der Polizei.
Das Amtsgericht verurteilte den Beschwerdeführer zu einer
Geldstrafe von 15 Tagessätzen zu je 20 Euro. Indem der
Beschwerdeführer, auch und gerade nachdem er vom
Einsatzgruppenleiter aufgefordert worden sei, den gegenständlichen
Stoffbeutel mit dem Aufdruck A.C.A.B. nicht weiter offen zur Schau zu
tragen, sich nachgerade paradierend vor den Polizeieinsatzkräften
positioniert habe, habe er sich vorsätzlich in eine visuelle
Interaktion mit den Polizeieinsatzkräften vor Ort begeben. Er habe
hierdurch eine erkennbare Konkretisierung der Kollektivbeleidigung
„all cops are bastards“ bewirken wollen. Das Landgericht
verwarf die Berufung als unzulässig gemäß §§
313, 322a StPO, da sie offensichtlich unbegründet sei.
II.
Die fachgerichtlichen Entscheidungen begegnen im Ergebnis keinen
verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Gerichte sind zutreffend davon
ausgegangen, dass der Aufdruck A.C.A.B. für die englische Parole
„all cops are bastards“ steht. Das Amtsgericht hat sich
hinreichend mit weiteren Deutungsmöglichkeiten, auch im
Zusammenhang mit dem abgebildeten Kätzchen und dem Schriftzug
„All CATS are BEAUTIFUL “ auseinandergesetzt. Es handelt
sich bei der Parole um eine Meinungsäußerung im Sinne des
Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG. Sie ist nicht offensichtlich inhaltlos,
sondern bringt eine allgemeine Ablehnung der Polizei und ein
Abgrenzungsbedürfnis gegenüber der staatlichen Ordnungsmacht
zum Ausdruck (vgl. BVerfG, Beschlüsse der 3. Kammer des Ersten
Senats vom 17. Mai 2016 - 1 BvR 257/14 -, juris, Rn. 12; - 1 BvR 2150/14 - , NJW 2016, S. 2643).
Die Schlussfolgerung, dass das „nachgerade paradierende“
Zur-Schau-Stellen des bedruckten Stoffbeutels eine hinreichende
Konkretisierung der angesprochenen Personengruppe enthält,
begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Zwar reicht die
alleinige Teilnahme des Beschwerdeführers an einer Versammlung in
der Erwartung, dass dort auch Polizeibeamte anwesend sein dürften,
ebenso wenig aus wie die Weigerung, den Beutel auf Aufforderung durch
den Einsatzleiter wegzustecken. Denn es ist verfassungsrechtlich nicht
zulässig, eine auf Angehörige einer Gruppe im Allgemeinen
bezogene Äußerung allein deswegen als auf eine hinreichend
überschaubare Personengruppe bezogen zu behandeln, weil eine
solche Gruppe eine Teilgruppe des nach der allgemeineren Gattung
bezeichneten Personenkreises bildet (vgl. BVerfGE 93, 266 <302
f.>). Es genügt daher nicht, dass die bei der
Gegendemonstration anwesenden Einsatzkräfte der Polizei eine
Teilgruppe aller Polizistinnen und Polizisten sind. Ebenso wenig kann
ein Mitglied des Kollektivs die Individualisierung dadurch
herbeiführen, dass der Äußernde zur Unterlassung
aufgefordert wird.
Vorliegend folgt die erforderliche personalisierte Zuordnung jedoch aus
dem vom Amtsgericht festgestellten Verhalten des
Beschwerdeführers, der den Beutel „ostentativ“ und
„nachgerade paradierend“ vor den Polizeibeamten zur Schau
stellte. Daraus ergibt sich, dass sich der Beschwerdeführer
bewusst in die Nähe der Polizeibeamten begeben und sich auf sie
individualisiert bezogen hat, was für eine Beleidigung im Sinne
des § 185 StGB ausreicht. Die Verfassungsmäßigkeit der
Feststellungen des Amtsgerichts zum Sachverhalt wurden mit der
Verfassungsbeschwerde nicht gesondert angegriffen und werden daher hier
zu Grunde gelegt. Zu Recht hat die sodann vom Amtsgericht im Rahmen des
§ 185 StGB durchgeführte Abwägung zwischen der
Meinungsfreiheit des Beschwerdeführers und dem allgemeinen
Persönlichkeitsrecht der Betroffenen wegen des geringen
Aussagegehalts und der erheblichen Ehrverletzung zu einem
Überwiegen der Belange des Persönlichkeitsrechts geführt.
Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.