den
Bescheid der Rechtsanwaltskammer Köln vom 15. Mai 2015 - 56962
-
hat
die 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch
den
Vizepräsidenten Kirchhof,
den
Richter Schluckebier
und
die Richterin Ott
am
22. Oktober 2017 einstimmig beschlossen:
Der
Bescheid der Rechtsanwaltskammer Köln vom 15. Mai 2015 - 56962
- und das Urteil des Anwaltsgerichtshofs des Landes Nordrhein-Westfalen
vom 30. Oktober 2015 - 1 AGH 25/15 - verletzen die
Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Artikel 12 Absatz 1
Satz 1 des Grundgesetzes.
Das
Land Nordrhein-Westfalen hat der Beschwerdeführerin die
notwendigen Auslagen zu erstatten.
Gründe:
Die
Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen die Versagung der Zulassung
der Beschwerdeführerin zur Rechtsanwaltschaft.
I.
1. Die 35
Jahre alte Beschwerdeführerin begehrt die Zulassung zur
Rechtsanwaltschaft, die ihr im Ausgangsverfahren wegen
Unwürdigkeit im Sinne des § 7 Nr. 5 der
Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) verweigert wurde.
Im
Rahmen ihres Rechtsreferendariats wurde die Beschwerdeführerin
im September 2010 einem Staatsanwalt zur Einzelausbildung in
Strafsachen zugewiesen. Im Laufe der Station kam es zwischen beiden
sowohl wegen fachlicher Belange als auch aus persönlichen
Gründen mehrfach zu Auseinandersetzungen. Der ausbildende
Staatsanwalt beurteilte die Beschwerdeführerin im
abschließenden Stationszeugnis mit der Note
„befriedigend“. Die Beschwerdeführerin
empfand dies als ungerecht. Ihrer Ansicht nach enthielt das Zeugnis
Unwahrheiten und war Ausdruck einer Benachteiligung wegen ihres
Migrationshintergrundes.
Sie wandte
sich nach Erhalt der Beurteilung im Februar 2011 per E-Mail an ihren
Ausbilder. Darin äußerte sie sich auszugsweise wie
folgt:
„Sie
sind ein provinzieller Staatsanwalt, der nie aus dem Kaff rausgekommen
ist, in dem er versauert. Ihr Weltbild entspricht dem des typischen
deutschen Staatsbürgers von 1940. Mit Ihrem Leben und Ihrer
Person sind Sie so zufrieden wie das Loch vom Plumpsklo.
Als
Sie mich vor sich hatten, sind Sie vor Neid fast erblasst. Ich konnte
Ihren Hass geradezu sinnlich wahrnehmen. Am liebsten hätten
Sie mich vergast, aber das ist ja heute out. Also taten Sie das
einzige, wozu Ihnen Ihre begrenzte Position die Möglichkeit
bietet: Sie stellten mir ein wirres Zeugnis aus, das an jeder
Realität vorbeigeht. Nun, ich beglückwünsche
Sie zu diesem strahlenden Sieg, genießen Sie ihn aufrichtig,
kosten Sie ihn bloß richtig aus - denn während es
für mich nur ein unerhebliches Ärgernis ist (welches
mich, zugegeben ziemlich in meinem Rechtsempfinden berührt),
ist es für SIE der Höhepunkt Ihres Lebens. Etwas
Schöneres wird Ihnen während Ihrer armseligen
Existenz nie erfahren.“
In dem sich
anschließenden Ermittlungsverfahren wandte sich die
Beschwerdeführerin im April 2011 per E-Mail an die
zuständige Oberstaatsanwältin und führte
darin unter anderem aus:
„Ich
bestaune die Praxis der Staatsanwaltschaft A., Rechtsbrüche zu
verfolgen, ohne sich selber an das Recht zu halten. Sollte das eine
Frage der inneren Einstellung sein, gehören Sie nicht in den
Justizdienst. Sollte das intellektuell bedingt sein, so besuchen Sie
doch noch einmal eine Grundstudiumsvorlesung.“
Im April
2013 wurde die Beschwerdeführerin wegen Beleidigung des
Staatsanwalts vom Amtsgericht zu einer Geldstrafe von 60
Tagessätzen verurteilt. Das Urteil ist rechtskräftig
seit Februar 2014.
Bereits im
Juni 2012 bestand die Beschwerdeführerin die Zweite
Juristische Staatsprüfung. Im August 2014 beantragte sie ihre
Zulassung zur Rechtsanwaltschaft.
2. Dieser
Antrag wurde mit dem mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen
Bescheid der Rechtsanwaltskammer abgelehnt. Die
Beschwerdeführerin habe sich mit der Beleidigung ihres
Einzelausbilders und der Äußerung gegenüber
der Oberstaatsanwältin während des laufenden
Ermittlungsverfahrens eines Verhaltens schuldig gemacht, das sie
gemäß § 7 Nr. 5 BRAO unwürdig
erscheinen lasse, den Beruf eines Rechtsanwalts
auszuüben. Die Taten ließen befürchten,
dass die Beschwerdeführerin ihre berufliche Stellung als
Rechtsanwältin nicht, wie dies geboten sei, ordnungs- und
pflichtgemäß ausüben werde.
Darüber
hinaus spreche auch eine frühere Verurteilung wegen
uneidlicher Falschaussage für die Annahme ihrer
Unwürdigkeit. Die Tat liege zwar schon länger
zurück. Trotz Ablauf der Tilgungsfrist bestehe jedoch
gemäß § 52 Abs. 1 Nr. 4, Halbsatz 1, 1.
Alternative des Gesetzes über das Zentralregister und das
Erziehungsregister (BZRG) ausnahmsweise kein Verwertungsverbot, weil es
um die Zulassung zu einem Beruf gehe und eine erhebliche
Gefährdung der Allgemeinheit im Falle der Zulassung der
Beschwerdeführerin nicht ausgeschlossen werden könne.
3. Die
gegen diesen Bescheid gerichtete Klage ist durch den Anwaltsgerichtshof
mit dem angegriffenen Urteil abgewiesen worden.
Zwar
müsse die Verurteilung wegen uneidlicher Falschaussage
außer Betracht bleiben, weil diese bereits getilgt sei und es
auf der Hand liege, dass die Zulassung der Beschwerdeführerin
zur Anwaltschaft nicht zu einer erheblichen Gefährdung der
Allgemeinheit führen würde. Bei der gegen ihren
Einzelausbilder gerichteten Tat handle es sich jedoch um eine
äußerst massive Beleidigung, die sowohl inhaltlich
als auch ihrer Form nach nicht Ergebnis einer Affekthandlung gewesen
sei, sondern mit der die Beschwerdeführerin ihrem Unmut
über die negative Beurteilung ihrer Leistungen bewusst habe
„Luft machen“ wollen. Ihre Grundeinstellung werde
belegt durch die weiteren Äußerungen in der E-Mail
an die Oberstaatsanwältin. Diese sei von ihr ebenfalls sowohl
in persönlicher als auch dienstlicher Hinsicht massiv
angegriffen worden. Die hierzu von der Beschwerdeführerin in
der mündlichen Verhandlung abgegebene Erklärung, sie
habe sich ungerecht behandelt gefühlt, entlaste sie nicht,
sondern belege abermals, dass sie keine Einsicht hinsichtlich ihrer Tat
gewonnen habe und keinerlei Reue zeige. Zusammenfassend sei daher
festzustellen, dass das Fehlverhalten der Beschwerdeführerin
nicht durch ein zwischenzeitliches Wohlverhalten oder andere
Umstände derartig an Bedeutung verloren habe, dass es ihrer
Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nicht mehr entgegenstünde.
4. Der
gegen dieses Urteil gerichtete Antrag auf Zulassung der Berufung ist
durch den ebenfalls angegriffenen Beschluss des Bundesgerichtshofs
abgelehnt worden. Zulassungsgründe im Sinne von §
112e Satz 2 BRAO in Verbindung mit § 124 Abs. 2 Nr. 1 bis 3
der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) seien von der
Beschwerdeführerin nicht dargelegt worden und auch nicht
ersichtlich. Weder bestünden ernstliche Zweifel an der
Richtigkeit der Entscheidung des Anwaltsgerichtshofs, noch sei eine
grundsätzliche Bedeutung der Sache anzuerkennen. Es sei allein
von den Umständen des Einzelfalls abhängig, ob
aufgrund eines bestimmten Verhaltens der Beschwerdeführerin
oder einer einmaligen Verfehlung die Annahme ihrer
Unwürdigkeit im Sinne von § 7 Nr. 5 BRAO
gerechtfertigt sei.
II.
1. Mit
ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die
Beschwerdeführerin die Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 3
Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG.
Die
Verweigerung der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft sei als Eingriff in
die Freiheit ihrer Berufswahl nur dann gerechtfertigt, wenn von ihrer
Zulassung eine Gefahr für die Allgemeinheit ausgehe. Diese
Prognose könne allein wegen ihrer
Äußerungen gegenüber ihrem Ausbilder nicht
gestellt werden, weil sie ihre Beleidigung weder öffentlich
noch verbunden mit einer Tätlichkeit vorgetragen habe. Anlass
zur Reue sehe sie nicht. Ihre Meinung über ihren
Einzelausbilder habe sich nicht geändert.
Die
Versagung ihrer Zulassung verstoße gegen den Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit, weil ihr dadurch ihre
Existenzgrundlage entzogen und ihr berufliches Fortkommen auf
unbestimmte Zeit verhindert werde. Ein derart gravierender Eingriff in
ihre Berufsfreiheit stehe außer Verhältnis zu ihrem
Verhalten.
2. Zu der
Verfassungsbeschwerde und den durch sie aufgeworfenen Fragen haben die
Bundesrechtsanwaltskammer, die Bundesnotarkammer, der Deutsche
Anwaltverein e.V., der Deutsche Notarverein e.V., die Neue
Richtervereinigung e.V., die Beklagte des Ausgangsverfahrens sowie die
Ausgangsgerichte Stellung genommen. Die Akten des Ausgangsverfahrens
haben dem Bundesverfassungsgericht vorgelegen.
III.
Die Kammer
nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt,
weil dies zur Durchsetzung des Grundrechts der
Beschwerdeführerin aus Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG angezeigt ist
(§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Auch die weiteren
Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG liegen vor.
Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde
maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen sind durch das
Bundesverfassungsgericht bereits geklärt (vgl. BVerfGE 63, 266
<286 ff.>; 93, 213 <235 ff.>). Die
Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich begründet.
1. Die
angegriffenen Entscheidungen der Rechtsanwaltskammer und des
Anwaltsgerichtshofs verletzen die Beschwerdeführerin in ihrem
Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG.
a) Die
Versagung der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft bedeutet einen
schwerwiegenden Eingriff in das Grundrecht auf Freiheit der Berufswahl
aus Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG. Der Beschwerdeführerin wird die
Wahl eines Berufs verwehrt, für den sie die fachlichen
Voraussetzungen hat und dessen Ausübung sie als Grundlage
ihrer Lebensführung anstrebt.
b) Als
jedenfalls vorübergehendes Berufsverbot stellt die Versagung
eine subjektive Berufszugangsregelung dar, die einer gesetzlichen
Grundlage bedarf, die ihrerseits mit den Anforderungen der Verfassung
in Einklang stehen muss. Sie ist nur zum Schutz eines besonders
wichtigen Gemeinschaftsguts und unter strikter Beachtung des
Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit
statthaft (vgl. BVerfGE 13, 97 <106 ff.>; 44, 105
<117 f.>; 63, 266 <286>; 97, 12
<26>; stRspr).
c)
§ 7 Nr. 5 BRAO begegnet als Eingriffsgrundlage keinen
verfassungsrechtlichen Bedenken. Der Versagungsgrund der
Unwürdigkeit lässt sich mit der hohen Bedeutung der
Rechtsanwaltschaft für die Rechtspflege und ihrer damit
herausgehobenen Stellung rechtfertigen (vgl. BVerfGE 63, 266
<287>). Auch die tatbestandliche Weite der Vorschrift ist
verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. BVerfGE 26, 186
<204>; 36, 212 <219>; 63, 266
<287>). Die Vorschrift ist vielmehr im Lichte der
Berufsfreiheit einschränkend auszulegen (vgl. BVerfGE 63, 266
<293>). Ein Bewerber kann daher nicht allein deswegen als
unwürdig im Sinne des § 7 Nr. 5 BRAO angesehen
werden, weil sein Verhalten im beruflichen Umfeld oder im
gesellschaftlichen Bereich auf Missfallen stößt
(vgl. Schmidt-Räntsch, in: Gaier/Wolf/Göcken,
Anwaltliches Berufsrecht, 2. Aufl. 2014, § 7 BRAO Rn. 33).
Erforderlich ist in der Regel vielmehr, dass das von ihm gezeigte
Fehlverhalten auch geeignet ist, das Vertrauen in die
Integrität der Rechtsanwaltschaft im Interesse einer
funktionierenden Rechtspflege zu beeinträchtigen.
d) Die
Auslegung und Anwendung des § 7 Nr. 5 BRAO durch die
Rechtsanwaltskammer und den Anwaltsgerichtshof werden der Bedeutung und
Tragweite des Grundrechts aus Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG nicht in jeder
Hinsicht gerecht.
aa)
Auslegung und Anwendung einer Norm obliegen primär den
Fachgerichten und sind vom Bundesverfassungsgericht - abgesehen von
Verstößen gegen das Willkürverbot - nur
darauf zu überprüfen, ob Auslegungsfehler enthalten
sind, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von
der Bedeutung des betroffenen Grundrechts beruhen. Das ist der Fall,
wenn die von den Fachgerichten vorgenommene Auslegung einer Norm die
Tragweite des Grundrechts nicht hinreichend berücksichtigt
oder im Ergebnis zu einer
unverhältnismäßigen Beschränkung
der grundrechtlichen Freiheit führt (vgl. BVerfGE 18, 85
<93>; 85, 248 <257 f.>; 134, 242
<353 Rn. 323>; stRspr). Dazu kann es im Zusammenhang mit
dem Grundrecht der Berufsfreiheit insbesondere dann kommen, wenn mit
den entgegenstehenden Gemeinwohlinteressen grundrechtliche Belange
nicht in ein angemessenes Verhältnis gebracht worden sind
(vgl. BVerfGE 97, 12 <27>; BVerfGK 6, 46
<50>; 10, 13 <15>; 10, 159
<163>; stRspr).
bb) Diesen
verfassungsrechtlichen Anforderungen genügen die angegriffenen
Entscheidungen nicht uneingeschränkt.
(1) Zwar
sind sowohl die Rechtsanwaltskammer als auch der Anwaltsgerichtshof im
Ansatz zutreffend davon ausgegangen, dass eine Einschränkung
der freien Berufswahl nur zum Schutz besonders wichtiger
Gemeinschaftsgüter und unter strikter Beachtung des
Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit
statthaft ist. Entsprechend haben sie ausdrücklich oder
jedenfalls sinngemäß als Maßstab
formuliert, dass ein Bewerber nur dann als unwürdig im Sinne
des § 7 Nr. 5 BRAO angesehen werden kann, wenn er ein
Verhalten gezeigt habe, das ihn bei Abwägung dieses Verhaltens
und aller erheblicher Umstände - wie Zeitablauf und
zwischenzeitliche Führung - nach seiner
Gesamtpersönlichkeit für den Anwaltsberuf als nicht
tragbar erscheinen lasse und dass dabei das berechtigte Interesse des
Bewerbers nach beruflicher und sozialer Eingliederung und das durch das
Berufsrecht geschützte Interesse der Öffentlichkeit,
insbesondere der Rechtsuchenden an der Integrität des
Anwaltsstandes, einzelfallbezogen gegeneinander abzuwägen
seien (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Mai 2010 - AnwZ <B>
117/09 -, juris, Rn. 6; Beschluss vom 12. Juli 2010 - AnwZ
<B> 116/09 -, juris, Rn. 8; Urteil vom 10. Oktober 2011 -
AnwZ <BrfG> 10/10 -, juris, Rn. 13; Beschluss vom 28.
März 2013 - AnwZ <Brfg> 40/12 -,
BRAK-Mitteilungen 2013, S. 197 f.; stRspr). Schließlich
tragen beide Entscheidungen auch insoweit der Bedeutung und Tragweite
des Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG Rechnung, als sie als Maßstab
erkennen lassen, dass das Interesse der Öffentlichkeit an der
Integrität des Anwaltsstandes in der Regel nur im Interesse
einer funktionierenden Rechtspflege von Belang sein kann.
(2) Eine
diesen Anforderungen entsprechende einzelfallbezogene Abwägung
lassen die angegriffenen Entscheidungen jedoch vermissen.
(a) Keinen
Bedenken begegnet die Würdigung der konkret herangezogenen
für und gegen die Beschwerdeführerin sprechenden
Umstände zur Beurteilung ihrer Gesamtpersönlichkeit.
Der Beschwerdeführerin durfte insbesondere ihre fehlende
Unrechtseinsicht vorgeworfen und entgegengehalten werden. Zwar kann ein
festgestelltes Fehlverhalten nach einer mehr oder minder langen Zeit
durch Wohlverhalten oder andere Umstände derart an Bedeutung
verlieren, dass es der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nicht mehr
entgegensteht. Eine weiterhin bestehende Uneinsichtigkeit und
Rechtfertigung der Tat kann sich aber gleichwohl zu Lasten eines
Bewerbers auswirken, weil es sich dabei um einen für die zu
erstellende Prognoseentscheidung maßgeblichen Aspekt handelt.
(b) Beide
Entscheidungen lassen jedoch eine Abwägung der
grundrechtlichen Belange der Beschwerdeführerin mit den ihrer
Zulassung zur Rechtsanwaltschaft entgegenstehenden Gemeinwohlbelangen
nicht erkennen. Allein die vorgenommene Würdigung der
Persönlichkeit der Beschwerdeführerin mit der nicht
näher begründeten Schlussfolgerung, dass sie
für den Anwaltsberuf nicht tragbar sei, wird dem nicht gerecht.
Die
Entscheidung des Anwaltsgerichtshofs lässt insoweit bereits
eine Prognoseentscheidung im Hinblick auf die Beeinträchtigung
der einer Zulassung entgegenstehenden Interessen der
Öffentlichkeit vermissen. Es hätte an dieser Stelle
insbesondere näher ausgeführt werden müssen,
dass und warum davon auszugehen ist, dass die
Beschwerdeführerin im Falle ihrer Zulassung als
Rechtsanwältin in einer Art und Weise auftreten
würde, die das Vertrauen in die Integrität der
Rechtsanwaltschaft insbesondere im Interesse einer funktionierenden
Rechtspflege beinträchtigen könnte, sei es, dass
Gerichte Rechtsstreitigkeiten nicht mehr zielgerichtet und
zweckmäßig betreiben oder aber die Rechtsuchenden
eine vertrauenswürdige Rechtsberatung und Vertretung im
Rechtsstreit nicht erlangen könnten (vgl. zu dieser Funktion
des Rechtsanwalts Schmidt-Räntsch, in:
Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, 2. Aufl. 2014,
§ 7 BRAO Rn. 33).
Ein
gegenüber den Interessen der Beschwerdeführerin
überwiegendes Interesse der Öffentlichkeit lag -
jedenfalls ohne weitere Feststellungen - auch nicht auf der Hand, so
dass sich dahingehende Ausführungen hätten
erübrigen können.
2.
Angesichts der festgestellten Verletzung der durch Art. 12 Abs. 1 Satz
1 GG geschützten Berufswahlfreiheit bedarf es keiner
Prüfung, ob weitere Grundrechte der
Beschwerdeführerin verletzt sind.
3. Die
angegriffenen Entscheidungen der Rechtsanwaltskammer und des
Anwaltsgerichtshofs beruhen auf dem festgestellten
Grundrechtsverstoß. Es ist nicht ausgeschlossen, dass sie bei
Beachtung der sich aus Art. 12 Abs. 1 GG ergebenden Anforderungen an
die Auslegung und Anwendung des § 7 Nr. 5 BRAO zu einem
anderen Ergebnis gekommen wären.
IV.
Demnach war
festzustellen, dass der Bescheid der Rechtsanwaltskammer und das Urteil
des Anwaltsgerichtshofs die Beschwerdeführerin in ihrem
Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG verletzen (§ 93c Abs.
2 i.V.m. § 95 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG). Das Urteil des
Anwaltsgerichtshofs war aufzuheben und die Sache dorthin
zurückzuverweisen (§ 93c Abs. 2 i.V.m. § 95
Abs. 2 BVerfGG). Die angegriffene Entscheidung des Bundesgerichtshofs,
die sich ausschließlich zur Nichtzulassung der Berufung
verhält, wird damit gegenstandslos.
Die
Entscheidung über die Erstattung der notwendigen Auslagen der
Beschwerdeführerin beruht auf § 34a Abs. 2 Satz 1
BVerfGG.