Ein Gerichtsvollzieher, der entgegen den Vorschriften der
Zivilprozessordnung die Zustellung falsch bewirkt (hier: einstweilige Verfügung), verletzt eine
Amtspflicht, die gegenüber dem Absender und dem
Empfänger hat. Die Heilung eines
Zustellungsmangels nach § 189 ZPO wirkt sich nicht auf das
Vorliegen einer Amtspflichtverletzung aus, sondern hat nur
für den ersatzfähigen
Schaden eine Bedeutung (Anschluss an und Fortführung von
Senat, BGH Urteil vom 6. Dezember 1984 - III ZR 141/83, VersR 1985, 358).
Tatbestand
Die Klägerin nimmt den beklagten Freistaat unter dem Vorwurf
der fehlerhaften Zustellung einer einstweiligen Verfügung im
Amtshaftungswege auf Schadensersatz in Anspruch.
Die Klägerin erwirkte bei dem Landgericht Saarbrücken
am 18. August 2014 einen Beschluss auf Erlass einer einstweiligen
Verfügung gegen den dortigen Antragsgegner
M. G.. Daraufhin
beauftragte sie die im Dienst des Beklagten stehende
Obergerichtsvollzieherin J. E. mit der
Parteizustellung der Beschlussverfügung. In dem
Zustellungsauftrag wurden als Anlagen "2 Ausfertigungen d. Beschlusses,
2 x Antragsschrift u. Anlagen, 1 Abschrift des Beschlusses" genannt.
Die Zustellung an den Antragsgegner erfolgte per Post am 29. August
2014. Zwischen den hiesigen Parteien ist es streitig, ob der von der
Gerichtsvollzieherin zusammengehefteten und beglaubigten Zustellsendung
eine Ausfertigung oder lediglich eine einfache Abschrift (hier: eine
weder vom Urkundsbeamten unterschriebene noch mit einem Gerichtssiegel
versehene "Ausfertigung") der einstweiligen Verfügung beilag.
Am 22. Dezember 2014 beantragte der Antragsgegner bei dem Landgericht
Saarbrücken die Aufhebung der einstweiligen Verfügung
mit der Begründung, dass diese nicht
ordnungsgemäß zugestellt und deshalb die einmonatige
Vollziehungsfrist nach §§ 936, 929 Abs. 2 ZPO
versäumt worden sei. Das Landgericht Saarbrücken gab
diesem Antrag statt und hob die einstweilige Verfügung auf.
Die Klägerin hat geltend gemacht, die Gerichtsvollzieherin
habe die einstweilige Verfügung fehlerhaft - nämlich
nur in einfacher Abschrift (oder als Kopie einer einfachen Abschrift) -
zugestellt und hierdurch ihre Amtspflichten verletzt. Infolgedessen sei
die einstweilige Verfügung wegen Versäumung der
Vollziehungsfrist aufgehoben und sie, die Klägerin, mit den
Verfahrenskosten belastet worden, welche sie als Schadensersatz zur
Erstattung begehrt.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen eingelegte
Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht
zurückgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen
Revision verfolgt sie ihr Schadensersatzbegehren weiter.
Gründe
Die zulässige Revision ist begründet. Sie
führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur
Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
Das Oberlandesgericht hat zur Begründung seiner (unter anderem
in DGVZ 2018, 208 veröffentlichten) Entscheidung im
Wesentlichen ausgeführt:
Es könne dahinstehen, ob dem Antragsgegner
G. eine Kopie (einfache Abschrift) oder
eine Ausfertigung der einstweiligen Verfügung zugestellt
worden sei. Die Zustellung einer bloßen Kopie (einfachen
Abschrift) des Beschlusses wäre zwar nicht
ordnungsgemäß gewesen. Im Hinblick auf die
Neufassung von § 317 ZPO mit Wirkung ab dem 1. Juli 2014 habe
eine vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle beglaubigte
Abschrift des Eilrechtstitels zugestellt werden müssen. Dieser
etwaige Zustellungsmangel sei aber nach § 189 ZPO durch Zugang
einer einfachen Abschrift der Beschlussverfügung geheilt
worden. § 189 ZPO sei weit auszulegen und ermögliche
auch die Heilung von Mängeln des zuzustellenden Dokuments.
Entscheidend sei, dass - wie hier - dem Adressaten angemessene
Gelegenheit verschafft werde, von einem Schriftstück Kenntnis
zu nehmen, und dabei zugleich dokumentiert werde, wann das
Schriftstück bekannt gegeben worden sei. Gegen die
Authentizität des Dokuments hätten vorliegend keine
Bedenken aufkommen können, weil die Gerichtsvollzieherin das
zuzustellende Dokument beglaubigt habe. Wenn der (etwaige)
Zustellungsmangel aber geheilt worden und die einstweilige
Verfügung somit fristgerecht vollzogen worden sei, fehle es an
der Amtspflichtwidrigkeit. Dem stehe nicht entgegen, dass das
Landgericht Saarbrücken die einstweilige Verfügung
wegen Versäumung der Vollziehungsfrist aufgehoben habe, da
dieses Urteil zwischen den Parteien dieses Prozesses keine
Bindungswirkung entfalte.
II.
1. Diese Würdigung hält der rechtlichen
Nachprüfung in einem maßgeblichen Punkt nicht stand.
Mit der gegebenen Begründung kann eine Amtspflichtverletzung
der Gerichtsvollzieherin nicht verneint werden.
a) Zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen,
dass die Zustellung einer im Beschlusswege erlassenen einstweiligen
Verfügung seit dem 1. Juli 2014 durch Übermittlung
einer vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle beglaubigten
Abschrift erfolgen kann.
aa) Seit dem Inkrafttreten der Neufassung des § 317 ZPO durch
das Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit
den Gerichten vom 10. Oktober 2013 (BGBl. I S. 3786) am 1. Juli 2014
werden Urteile den Parteien von Amts wegen grundsätzlich in
Abschrift zugestellt, die nach § 169 Abs. 2 Satz 1 ZPO von der
Geschäftsstelle des Gerichts zu beglaubigen ist.
Ausfertigungen eines Urteils werden nach § 317 Abs. 2 Satz 1
ZPO nur noch auf Antrag einer Partei erteilt, wobei diese Ausfertigung
regelmäßig weder Tatbestand noch
Entscheidungsgründe enthält (§ 317 Abs. 2
Satz 3 Halbsatz 1 ZPO). Damit ist die Übersendung einer
beglaubigten Abschrift zur Regelform der Urteilszustellung geworden und
für den Beginn der Rechtsmittelfristen ausreichend (BGH,
Beschlüsse vom 27. Januar 2016 - XII ZB 684/14, NJW 2016,
1180, 1181 Rn. 16 und vom 15. Februar 2018 - V ZR 76/17, NJOZ 2018,
1145 Rn. 4, jeweils mwN). Dementsprechend bedarf auch die
Amtszustellung einer im Urteilswege erlassenen einstweiligen
Verfügung lediglich der Übermittlung einer vom
Gericht beglaubigten Urteilsabschrift.
bb) Nichts anderes gilt - seit dem 1. Juli 2014 - für die
Zustellung einer Beschlussverfügung (so auch OLG
München, GRUR 2018, 444, 446 Rn. 39; OLG Hamburg, Urteil vom
25. Juli 2018 - 3 U 51/18, BeckRS 2018, 17282 Rn. 16 ff mwN;
BeckOK-ZPO/Mayer, § 922 Rn. 11 [Stand: 1. Dezember 2018];
Zöller/G. Vollkommer, ZPO, 32. Aufl., § 922 Rn. 11
und § 929 Rn. 12a; zur Rechtslage vor dem 1. Juli 2014 s. OLG
Zweibrücken, Urteil vom 21. Mai 2015 - 4 U 145/14, BeckRS
2015, 20470 Rn. 34 ff, 36 mwN). Gemäß
§§ 936, 922 Abs. 2 ZPO hat der Antragsteller die von
ihm im Beschlusswege erwirkte einstweilige Verfügung dem
Antragsgegner im Parteibetrieb zustellen zu lassen.
Gemäß § 192 Abs. 1 und 2 ZPO hat er
hierfür das zuzustellende Schriftstück dem mit der
Zustellung beauftragten Gerichtsvollzieher zu übergeben.
Ebenso wie für eine Urteilsverfügung genügt
für eine Beschlussverfügung die Übergabe und
Zustellung einer vom Gericht beglaubigten Abschrift (§ 329
Abs. 1 Satz 2, § 317 Abs. 2 Satz 1, § 169 Abs. 2 Satz
1 ZPO). Die Zustellung einer beglaubigten Abschrift ist stets dann
ausreichend, aber auch erforderlich, wenn das Gesetz keine andere
Regelung enthält (s. etwa BGH, Urteile vom 22. Dezember 2015 -
VI ZR 79/15, BGHZ 208, 255, 257 ff Rn. 9 ff und vom 13. September 2017
- IV ZR 26/16, NJW 2017, 3721 Rn. 11). Durch den Akt der Beglaubigung
durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle soll die
Übereinstimmung zwischen Urschrift und Abschrift hinreichend
sichergestellt werden (BGH, Urteil vom 22. Dezember 2015 aaO S. 259 Rn.
13). Es gibt keinen erkennbaren sachlichen Grund dafür, an die
Zustellung (und damit: an die Wirksamkeit und Vollziehung) einer
Beschlussverfügung strengere Anforderungen zu stellen als an
die (die Zwangsvollstreckungsvoraussetzungen nach § 750 Abs. 1
Satz 1 ZPO herbeiführende) Zustellung einer
Urteilsverfügung (OLG Hamburg aaO Rn. 18 ff, 21).
b) Es spricht auch viel für die Auffassung des
Berufungsgerichts, dass ein diesbezüglicher Zustellungsmangel
durch Übermittlung einer vom Gerichtsvollzieher beglaubigten
einfachen Abschrift des Eilrechtstitels gemäß
§ 189 ZPO geheilt werden kann.
aa) Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird der
Mangel der unterbliebenen Zustellung einer beglaubigten Abschrift einer
Klageschrift durch die von der Geschäftsstelle des Gerichts
veranlasste Übermittlung einer (mit der Originalurkunde
übereinstimmenden) einfachen Abschrift dieses
Schriftstücks geheilt (BGH, Urteile vom 22. Dezember 2015 aaO
S. 259 ff Rn. 14 ff und vom 13. September 2017 aaO S. 3722 Rn. 17; s.
auch BGH, Urteil vom 20. April 2018 - V ZR 202/16, NJW-RR 2018, 970,
972 ff Rn. 21 ff [für Klagen nach dem
Wohnungseigentumsgesetz]). Gleiches gilt bei der Zustellung lediglich
einer einfachen statt einer beglaubigten Abschrift einer
Nachweisurkunde im Sinne von § 750 Abs. 2 ZPO (BGH, Beschluss
vom 13. Oktober 2016 - V ZB 174/15, NJW 2017, 411, 412 Rn. 21 ff,
insoweit in BGHZ 212, 264 nicht abgedruckt). § 189 ZPO ist im
Einklang mit der Zielsetzung des Gesetzgebers grundsätzlich
weit auszulegen. Er hat den Sinn, die förmlichen
Zustellungsvorschriften nicht zum Selbstzweck erstarren zu lassen,
sondern die Zustellung auch dann als bewirkt anzusehen, wenn der
Zustellungszweck anderweitig, nämlich durch
tatsächlichen Zugang, erreicht wird. Der Zweck der Zustellung
ist es, dem Adressaten angemessene Gelegenheit zu verschaffen, von
einem Schriftstück Kenntnis zu nehmen, und den Zeitpunkt der
Bekanntgabe zu dokumentieren (s. zu alldem z.B. BGH, Urteile vom 22.
Dezember 2015 aaO S. 261 f Rn. 21; vom 29. März 2017 - VIII ZR
11/16, NJW 2017, 2472, 2475 Rn. 38 f; vom 13. September 2017 aaO Rn. 18
und vom 20. April 2018 aaO S. 973 Rn. 27; jeweils mwN). Ist die
Gelegenheit zur Kenntnisnahme für den Zustellungsadressaten
gewährleistet und steht der tatsächliche Zugang des
betreffenden Schriftstücks bei ihm fest, bedarf es daher
besonderer Gründe, die Zustellungswirkung entgegen dem
Wortlaut des § 189 ZPO nicht eintreten zu lassen (BGH, Urteil
vom 22. Dezember 2015 aaO S. 262 Rn. 22). Solche Gründe
können etwa dann gegeben sein, wenn das Gesetz die Zustellung
einer Ausfertigung vorsieht, um von vornherein jegliche Zweifel an der
Authentizität und Amtlichkeit des zugestellten
Schriftstücks auszuschließen (BGH, Urteil vom 22.
Dezember 2015 aaO).
bb) In Anbetracht dieser Grundsätze liegt es nahe, dass der
Mangel der unterbliebenen Zustellung der vom Urkundsbeamten der
Geschäftsstelle beglaubigten Abschrift einer
Beschlussverfügung durch die vom Gerichtsvollzieher
veranlasste Übermittlung einer von ihm selbst beglaubigten
(mit der Originalurkunde übereinstimmenden) einfachen
Abschrift des Eilrechtstitels geheilt werden kann. Über diese
Frage ist jedoch höchstrichterlich bislang nicht entschieden,
und in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte herrscht insoweit kein
einheitliches Meinungsbild. Zwar wird die Heilung eines
Zustellungsmangels der einstweiligen Verfügung nach §
189 ZPO nunmehr überwiegend als grundsätzlich
möglich angesehen (s. etwa OLG München, GRUR 2018,
444, 446 Rn. 42; OLG Hamburg, GRUR-RR 2018, 173, 174 Rn. 48;
BeckOK-ZPO/Mayer, § 936 Rn. 19 mwN [Stand: 1. Dezember 2018];
Zöller/G. Vollkommer aaO § 929 Rn. 12b, 14). Nicht
geklärt ist aber, ob die Übermittlung einer
bloßen Kopie (einfachen Abschrift) der einstweiligen
Verfügung für eine Heilung des Zustellungsmangels
ausreicht (vgl. OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 6. Februar 2017 -
19 U 190/16, BeckRS 2017, 102284 Rn. 15 [Übermittlung einer
einfachen Kopie genügt für die Heilung von
Mängeln bei der Urteilszustellung]; OLG München aaO
S. 446 f Rn. 42, 48 [Zugang einer einfachen Kopie der
Beschlussverfügung genügt für die Heilung
nicht]; OLG Hamburg, GRUR-RR 2018, 173, 175 f Rn. 56 ff, 66 [offen, ob
die Übersendung einer einfachen Kopie der
Beschlussverfügung für die Heilung ausreicht]). Eine
solche Heilungsmöglichkeit wird im Hinblick auf die
Authentizität und Amtlichkeit des zuzustellenden
Schriftstücks als problematisch angesehen. Diesen Bedenken
könnte indessen, worauf das Berufungsgericht hingewiesen hat,
Genüge getan sein, wenn eine einfache Abschrift der
Beschlussverfügung durch den zustellenden Gerichtsvollzieher
beglaubigt worden ist und dem Empfänger hierdurch zureichend
Gewissheit über die Authentizität und Amtlichkeit des
Eilrechtstitels verschafft wird.
c) Die vorerwähnte Frage bedarf allerdings keiner
abschließenden Entscheidung. Denn auch wenn man eine Heilung
des (etwaigen) Zustellungsmangels bejahte, entfiele damit - entgegen
der Auffassung des Berufungsgerichts - nicht die Amtspflichtwidrigkeit
der fehlerhaften Zustellung.
aa) Ein Zustellungsbeamter, der entgegen den Vorschriften der
Zivilprozessordnung eine Zustellung falsch bewirkt, verletzt eine
Amtspflicht, die ihm sowohl dem Absender als auch dem
Empfänger gegenüber obliegt (Senatsurteile vom 14.
Januar 1954 - III ZR 334/52, NJW 1954, 915 und vom 6. Dezember 1984 -
III ZR 141/83, VersR 1985, 358, 359). Wird eine einstweilige
Verfügung gemäß §§ 936,
929 Abs. 2, § 927 Abs. 1 ZPO wegen Versäumung der
einmonatigen Vollziehungsfrist aufgehoben, weil sie dem Antragsgegner
aufgrund eines vom Gerichtsvollzieher verschuldeten Zustellungsfehlers
nicht wirksam zugestellt worden ist, so fällt der dem
Antragsteller aus der damit verbundenen Kostenbelastung entstandene
Schaden in den Bereich der Gefahren, für die der
Gerichtsvollzieher und das an seiner Stelle nach Art. 34 Satz 1 GG
haftende Land einstehen müssen (Senatsurteil vom 6. Dezember
1984 aaO). Für die Schadensersatzpflicht ist des Weiteren
maßgebend, ob die einstweilige Verfügung zu Recht
erlassen worden ist und daher bei ordnungsgemäßer
Zustellung Bestand behalten hätte mit der Folge, dass der
Antragsteller nicht mit Kosten belastet worden wäre; insoweit
ist darauf abzustellen, wie das mit dem Eilverfahren befasste Gericht
nach Ansicht des über den Amtshaftungsanspruch erkennenden
Gerichts richtigerweise hätte entscheiden müssen
(Senat ebd.; s. ferner Senat, Urteil vom 11. März 2010 - III
ZR 124/09, VersR 2010, 811, 813 Rn. 11 sowie Beschluss vom 30. August
2018 - III ZR 363/17, NJW-RR 2018, 1364 Rn. 6).
bb) Die Heilung des Zustellungsmangels ist sonach nicht für
das Vorliegen einer Amtspflichtverletzung, sondern allein für
den Eintritt und Umfang eines ersatzfähigen Schadens von
Bedeutung.
(1) Erkennt und bejaht das mit dem Eilverfahren befasste Gericht die
Heilung des Zustellungsmangels, so wirkt sich der Zustellungsfehler des
Gerichtsvollziehers nicht schadensstiftend aus: Entweder
behält die einstweilige Verfügung Bestand und hat der
Antragsteller somit keine Kosten zu tragen, also auch keinen Schaden
erlitten; oder die einstweilige Verfügung wird aus anderen
Gründen aufgehoben, die unabhängig vom
Zustellungsmangel vorliegen, so dass es an dem nötigen
Zusammenhang zwischen der Kostenbelastung des Antragstellers (also:
seinem Schaden) und der Amtspflichtverletzung des Gerichtsvollziehers
fehlt.
(2) Erkennt das Gericht des Eilverfahrens hingegen die
Möglichkeit der Heilung des Zustellungsmangels nicht oder
verneint es eine Heilung mit der Folge, dass die einstweilige
Verfügung wegen Versäumung der Vollziehungsfrist des
§ 929 Abs. 2 ZPO aufgehoben wird, so ist zu prüfen,
ob der (kostenbelastete) Antragsteller gegen diese Gerichtsentscheidung
- hier: des Landgerichts Saarbrücken - ein erfolgreiches
Rechtsmittel hätte einlegen können und
müssen. Dies zu versäumen, würde zwar nicht
zu einem Anspruchsausschluss nach § 839 Abs. 3 BGB
führen, weil hiervon nur Rechtsbehelfe erfasst werden, die
sich gegen die schädigende Amtshandlung oder Unterlassung
(hier: des Gerichtsvollziehers) selbst richten und nach dem Gesetz ihre
Beseitigung oder Berichtigung bezwecken und ermöglichen (vgl.
Senatsurteil vom 6. Dezember 1984 aaO; s. z.B. auch Senatsurteil vom 4.
Juli 2013 - III ZR 201/12, BGHZ 197, 375, 380 Rn. 18 mwN). In Betracht
käme dann aber ein anspruchsminderndes Mitverschulden des
Antragstellers (§ 254 BGB; vgl. Senatsurteil vom 6. Dezember
1984 aaO). Hierbei wäre freilich zu berücksichtigen,
dass eine Partei in der Regel noch nicht gegen die in ihrem eigenen
Interesse gebotene Sorgfalt verstößt, wenn sie sich
auf die Richtigkeit einer erstinstanzlichen Gerichtsentscheidung
verlässt; es müssen vielmehr besondere
Umstände vorliegen, die eine Anfechtung der
Gerichtsentscheidung aussichtsreich erscheinen lassen (Senat ebd.). Der
Geschädigte ist nicht gehalten, sich zur Schadensabwendung auf
Rechtsstreitigkeiten einzulassen, deren Erfolgsaussichten
höchst zweifelhaft sind (Senatsurteil vom 6. Dezember 1984 aaO
S. 359 f mwN).
d) Hiernach durfte das Berufungsgericht nicht offenlassen, ob die
Obergerichtsvollzieherin E. die einstweilige
Verfügung vom 18. August 2014 dem Antragsgegner
G. ordnungsgemäß
(nämlich in vom Gericht beglaubigter Abschrift oder -
ebenfalls zulässiger - Ausfertigung) oder fehlerhaft
(nämlich lediglich in einfacher Abschrift) zugestellt hat.
Gelangt es zu der Überzeugung, dass die Zustellung fehlerhaft
ausgeführt wurde, so liegt eine Amtspflichtverletzung der
Gerichtsvollzieherin vor. Dem Verschulden der Gerichtsvollzieherin
stünde dann nicht entgegen, dass das Oberlandesgericht in der
Besetzung mit drei Berufsrichtern eine Amtspflichtwidrigkeit verneint
hat. Die sogenannte Kollegialgerichtsrichtlinie greift nämlich
nicht ein, wenn das Kollegialgericht - wie hier - das Verhalten des
Amtsträgers aus Gründen billigt, die dieser selbst
nicht erwogen hat (Senat, Urteil vom 23. September 1993 - III ZR 54/92,
NVwZ 1994, 405, 407 mwN; BeckOGK/Dörr, BGB, § 839 Rn.
465.3 [Stand: 1. Dezember 2018]). Zudem hat das Berufungsgericht seiner
Beurteilung, die Gerichtsvollzieherin habe im Hinblick auf die Heilung
des Zustellungsmangels nicht amtspflichtwidrig gehandelt, eine im
Ausgangspunkt verfehlte Betrachtungsweise zugrunde gelegt und
wesentliche Gesichtspunkte unberücksichtigt gelassen (vgl.
hierzu Senatsurteil vom 2. August 2018 - III ZR 466/16, NJW 2019, 68,
70 Rn. 24 mwN). Es hat die auf der Hand liegende und im Senatsurteil
vom 6. Dezember 1984 (III ZR 141/83, VersR 1985, 358) angesprochene
Frage, ob die Heilung eines Zustellungsmangels die
Amtspflichtwidrigkeit entfallen lässt oder allein für
den Eintritt und Umfang eines ersatzfähigen Schadens Bedeutung
hat, nicht in Erwägung gezogen.
Im Falle der Annahme einer schuldhaften Amtspflichtverletzung
wäre nach den oben (unter c aa) ausgeführten
Grundsätzen zu prüfen, ob die einstweilige
Verfügung zu Recht erlassen worden ist und bei
ordnungsgemäßer Zustellung Bestand behalten
hätte mit der Folge, dass der Klägerin die Belastung
mit den Kosten des Eilverfahrens erspart geblieben wäre.
Bejaht dies das Berufungsgericht, so wird es sich weiterhin mit der
Frage befassen müssen, ob der Klägerin ein
anspruchsminderndes Mitverschulden anzulasten ist, und hierbei die
Unsicherheit der Rechtslage zu berücksichtigen haben (s.o.,
unter c bb (2)).
2. Das Berufungsurteil ist nach alldem aufzuheben (§ 562 Abs.
1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das
Oberlandesgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1
ZPO). Der Senat kann nicht in der Sache selbst entscheiden, weil das
Berufungsgericht noch Feststellungen treffen muss und die Sache deshalb
nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO).