Facebook Beleidigung Urteil
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Aktenzeichen: 3 Ca 2597/11
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Verkündet am:
16.05.2012
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ARBEITSGERICHT
HAGEN
IM
NAMEN DES VOLKES
URTEIL
In
dem
Rechtsstreit
...
-
Kläger -
Prozeßbevollmächtigte:
Rechtsanwalt ...
g e
g e n
...
- Beklagter
-
Prozeßbevollmächtigte:
Rechtsanwalt ...
...
Tenor:
1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der
Parteien durch die außerordentliche, fristlose
Kündigung mit Schreiben der Beklagten vom 05.12.2011 nicht
beendet worden ist.
2. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 70 % und
die Beklagte zu 30 %.
4. Der Streitwert wird auf 15.000,00 EURO festgesetzt.
Tatbestand :
Die Parteien streiten über die Rechtswirksamkeit einer
außerordentlichen fristlosen, hilfsweise fristgerechten
arbeitgeberseitigen Kündigung sowie im Wege eines
uneigentlichen Hilfsantrages über einen
Weiterbeschäftigungsantrag des Klägers.
Der am 25.06.1959 geborene, verheiratete Kläger ist seit dem
19.05.1980 als Kaltwalzer (Klägervortrag) bzw. Mitarbeiter
Produktion (Beklagtenvortrag) bei der Beklagten beschäftigt.
Sein Bruttomonatsverdienst belief sich zuletzt auf ca. 3.000,00 EURO
bei einer regelmäßigen wöchentlichen
Arbeitszeit von 37,5 Stunden.
Die Beklagte beschäftigt ca. 580 Arbeitnehmer. Ein Betriebsrat
ist in ihrem Betrieb gewählt. Bei ihr handelt es sich um einen
Anbieter kaltgewalzter Produkte.
Der Kläger hat ein Profil bei der Internet-Plattform
"Facebook" angelegt.
Hierbei handelt es sich um ein soziales Netzwerk, in dem jeder Nutzer
ein eigenes Profil mit Namen und persönlichen Angaben anlegen
kann. Im Falle von Facebook handelt es sich um ein Netzwerk eher
privater Natur. Neben der reinen Präsentation der Person kann
das Mitglied des Netzwerkes in Interaktion mit anderen Nutzern der
Plattform treten, sei es durch individuelle Kommunikation mit
Teilnehmern, so durch Nachrichten in Form eines "Chats" oder auch durch
sogenannte "Posts", die eine Vielzahl von Empfänger erreichen
können. Weitere Möglichkeiten der Kommunikation
bieten Diskussionsforen. Daneben besitzt der Teilnehmer die
Möglichkeit, sich mit anderen Nutzern zu vernetzen, direkt
oder durch den Beitritt zu Interessengruppen. Das Profil ist
Ausgangspunkt für Aktivitäten und Kommunikation, so
dass ein Netzwerk entsteht.
Das Profil des Klägers wies zum Zeitpunkt des Ausspruchs der
Kündigung insgesamt 70 sogenannte "Freunde" auf. "36" dieser
"Freunde" waren zum Zeitpunkt der angegriffenen Kündigung
Mitarbeiter der Beklagten. Der auch als "Freund" angegebene M1 R2 war
zum Zeitpunkt des für den vorliegenden Rechtsstreit relevanten
Zeitraums bei der Beklagten nach Klägervortrag bereits
ausgeschieden. Ein "Freund" war als Mitarbeiter bei einer
Schwesterfirma der Beklagten, der B1 S2 GmbH, tätig.
Diesbezüglich reicht die Beklagte eine HardCopy
(Bildschirmausdruck) des Profils des Klägers für die
Rubrik "Freunde" zum Zeitpunkt des Ausspruchs der in dem vorliegenden
Rechtsstreit angegriffenen Kündigung zur Gerichtsakte (Bl. 113
bis 119 d.A.), auf die Bezug genommen wird.
Unmittelbarer Vorgesetzter des Klägers zum Zeitpunkt des
für den vorliegenden Rechtsstreit relevanten
Kündigungssachverhalts war der Mitarbeiter G1 der Beklagten,
der nicht zu den im Facebook-Profil des Klägers
aufgeführten "Freunden" gehört.
Am 20.11.2011 um 13.46 Uhr postete der Kläger auf seiner
Pinnwand im Facebook-Profil folgenden Text:
"hi M1, mir geht’s gut, und dir hoffe ich auch. Habe mich
über diesen scheiss G1 geärgert hat mir zwei
abmahnungen gegeben innerhalb von drei monaten wegen rauigkeit. Diesen
kleinen scheisshaufen mache ich kaputt, werde mich beschweren
über diesen wixxer bin 32jahre hier dabei und so ein faules
schwein der noch nie gearbeitet hat in seinem scheissleben gibt mir
zwei abmahnungen, da hat er sich im falschen verguckt diese drecksau
naja sag mal bis bald"
Daraufhin antwortete der "Freund" des Klägers, M1 R2, am
21.11.2011 um 7.20 Uhr folgendes:
"Morgen! Das gibt’s ja gar nicht! Das hätte ich echt
nicht vom G1 gedacht! Und wie geht’s den anderen so? G4 jetzt
mit dabei?"
Der Kläger antwortete hierauf am 23.11.2011 um 6.21 Uhr:
"hi, M1 denen geht’s allen gut G4 an der 430, F3 lernt
walzen, ja und ich darf wieder an die 440 S4 einbinden son scheiss.
Naja melde dich mal wieder wünsch dir noch was bis die Tage by
by".
Hieraufhin antwortete wiederum Herr R2 am 25.11.2011 um 13.37 Uhr:
"Echt? F3 lernt Walzen? Krass! Na da hat der G1 ja schnell Ersatz
gefunden für mich: -(Hat der M3 noch was gesagt? Der hat sich
ja auch einfach verpisst! Grüß alle!"
Worauf der Kläger wiederum am 26.11.2011, um 7.37 Uhr,
antwortete:
"hi, moin moin M1 M3 hat nichts gesagt der G1 auch nicht sonst ist
alles beim alten, der G1 hat wahrscheinlich einen draufbekommen wegen
mir die personalabteilung hat ihn angerufen, weil ich mich angeblich
über ihn beschwert haben soll. War noch garnicht nda bei der
personalabteilung, aber egal schadet ihm garnichts, soll er mal ein
bisschen von seinem hohen ross runterkommen der doofmann. 430
läuft nur noch eine schicht, nur frühschicht, werde
wohl erstmal an der 440 bleiben. Wie sieht’s bei dir aus
alles gut hast wieder einen job, wird schon klappen wünsch dir
jedenfall viel glück dabei, bist ja noch jung also bis bald
hoffe heute das BVB gewinnt. Hab mir sky bundesliga bestellt ist nicht
so teuer kostet um die 24,ooeuro sind noch andere sender im packet, so
muss mal bis bald meld dich mal wieder by by".
Diese "Unterhaltung" fand "öffentlich" auf der sogenannten
Pinnwand des Klägers bei Facebook statt. Sämtliche
"Freunde" des Klägers hatten Zugriff und wurden
dementsprechend über die Kommunikation informiert, mithin auch
die als "Freunde" des Klägers ausgewiesenen Mitarbeiter der
Beklagten.
Darüberhinaus haben all diejenigen Nutzer von Facebook Zugriff
auf diese Kommunikation, die wiederum als "Freunde" der "Freunde" des
Klägers bestimmte Einstellungen im Rahmen ihres Profils
gewählt haben. Im Ergebnis handelt es sich also bei
denjenigen, die Zugriff auf diese Kommunikation hatten, um eine enorme
Personenzahl.
Ein Bildschirmausdruck des Profils des Klägers zum Zeitpunkt
des Kündigungsausspruchs im Hinblick auf die genannte
Kommunikation mit Herrn M1 R2 ist in Kopie zur Gerichtsakte gereicht
(Bl. 75 d.A.), worauf Bezug genommen wird.
Am 24.11.2011 nahm die für die Beklagte tätigte
Personalsachbearbeiterin, die Zeugin M4 S3, über die
Zugangsmöglichkeit eines "Freundes" des Klägers
Zugriff auf dessen Pinnwand, als sich die am 20. und 23.11.2011
"geposteten" Mitteilungen für die "Freunde" des
Klägers und auch deren "Freunde" zugänglich auf
dessen Pinnwand befanden, wofür ebenfalls ein
Bildschirmausdruck in Kopie zur Gerichtsakte gereicht ist (Bl. 76 d.A.).
Daraufhin informierte die Zeugin S3 die
Geschäftsführung der Beklagten, die sich nach den
letzten Äußerungen des Klägers am
26.11.2011 zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses des
Klägers entschied.
Mit Schreiben vom 02.12.2011 (Bl. 77, 78 d.A.) hörte die
Beklagte den in ihrem Betrieb gewählten Betriebsrat zu einer
beabsichtigten außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen
Kündigung des Arbeitsverhältnisses des
Klägers an. Neben Angaben zu den Sozialdaten des
Klägers wird zur Kündigungsbegründung dort
im wesentlichen vorgetragen, dass der Kläger in Facebook
seinen Vorgesetzten namentlich benannt und beschimpft habe und dass die
Äußerungen über die im Betrieb der
Beklagten tätigen "Freunde" des Klägers im
betrieblichen Umfeld einem größeren Kreis bekannt
geworden seien (Schwarzes-Brett-Effekt). Der dargestellte Sachverhalt
betreffend zwei Abmahnungen entspreche nicht der Wahrheit. Zudem habe
der Kläger sich mit Missfallen hinsichtlich eines Kunden
geäußert. Eine HardCopy der entsprechenden Seiten
der Äußerungen des Klägers wurde dem
Betriebsrat zur Verfügung gestellt. Die Beklagte teilte dem
Betriebsrat weiter mit, eine Beschäftigung des
Klägers seit 31 Jahren bei ihr wiege die Auswirkungen der
Äußerungen nach ihrer Sicht nicht auf. Für
den weiteren Inhalt der Betriebsratsanhörung wird auf die zur
Gerichtsakte gereichte Kopie des Anhörungsschreibens vom
02.12.2011 Bezug genommen. Das Anhörungsschreiben ist dem
Betriebsrat noch am 02.12.2011 zur Verfügung gestellt worden.
Der Betriebsrat reagierte auf die Anhörung mit schriftlich
verfasstem Widerspruch vom 02.12.2011 (Bl. 79 d.A.). Für den
genauen Inhalt des schriftlichen Widerspruchs wird ebenfalls auf die
zur Gerichtsakte gereichte Kopie Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 05.12.2011 (Bl. 12 d.A.), dem Kläger
zugegangen am 06.12.2011, kündigte die Beklagte das
Arbeitsverhältnis des Klägers fristlos zum
07.12.2011, hilfsweise fristgerecht zum 31.07.2012, hilfsweise zum
nächstmöglichen Termin.
Mit seiner am 20.12.2011 per Fax und am 21.12.2011 per
Originalschriftsatz bei Gericht eingehenden Klageschrift wendet sich
der Kläger gegen die Rechtswirksamkeit der Kündigung
der Beklagten mit Schreiben vom 05.12.2011.
Der Kläger hält die angegriffene Kündigung
für rechtsunwirksam, da ein wichtiger Grund für die
deren Ausspruch fehle und die hilfsweise ordentliche Kündigung
sozial ungerechtfertigt sei. Er bestreitet anfänglich in der
Klageschrift eine ordnungsgemäße
Betriebsratsanhörung vor Kündigungsausspruch mit
Nichtwissen.
Der Kläger trägt vor, sein Vorgehen erfülle
nicht den Tatbestand der Beleidigung gemäß
§ 185 StGB, da die ihm vorgeworfenen
Äußerungen nur aufgrund eines Bedienfehlers auf die
Pinnwand gelangt seien, tatsächlich habe er die
Äußerungen im "Chat-Modus" lediglich in einem
persönlichen Gespräch mit seinem "Freund" M1 R2
tätigen wollen, der zum Zeitpunkt der getätigten
Äußerungen bei der Beklagten bereits ausgeschieden
sei. Dies werde schon aus dem Wortlaut der
Äußerungen deutlich, wo er stets Herrn R2
persönlich anspreche. Wie es zu der Veröffentlichung
auf der Pinnwand gekommen sei, sei dem Kläger nicht mehr
nachvollziehbar. Der Kläger sie generell in Bezug auf die
Benutzung des Internets, speziell des sozialen Netzwerks Facebook,
unsicher. Eine beleidigende Äußerung im privaten
Bereich könne aber nie den Tatbestand der §§
185 ff. StGB erfüllen. Hinzukomme, dass der Vorgesetzte G1
unstreitig nicht zu den "Facebook-Freunden" des Klägers
gehört, von dem Kläger unstreitig nicht selbst
angesprochen wurde und jedenfalls auf direktem Weg keine
Zugriffsmöglichkeit auf die Pinnwand des Klägers hat,
was eine Strafbarkeit nach §§ 185 ff. StGB hier
ausschließe. Im Privatbereich getätigte beleidigende
Äußerungen in Bezug auf eine dritte Person
könnten aber keinen wichtigen Grund für eine
arbeitgeberseitige Kündigung eines
Arbeitsverhältnisses ergeben.
Im übrigen würden die Äußerung
insbesondere unter Berücksichtigung der langen
Betriebszugehörigkeit des Klägers selbst dann keinen
Grund zum Ausspruch einer fristlosen Kündigung ergeben, wenn
sie im direkten Gespräch mit Herrn G1 gefallen wären.
Jedenfalls scheitere die Wirksamkeit der angegriffenen
Kündigung an der durchzuführenden
Interessenabwägung, insbesondere unter Beachtung der langen
Beschäftigungsdauer des Klägers und seines
Lebensalters, bei dem er kaum noch eine Beschäftigung werde
finden können. Auch hat der Kläger unstreitig nie
eine Abmahnung seitens der Beklagten ausgesprochen erhalten.
Für die fristlose Kündigung sei zudem die Frist
gemäß § 626 Abs. 2 BGB nicht gewahrt, da
die ersten Äußerungen des Klägers vom
21.11.2011 stammten, die Kenntniserlangung hiervon durch die Zeugin S3
am 24.11.2011 aber mit Nichtwissen zu bestreiten sei.
Die Unwirksamkeit der hilfsweise fristgerechten Kündigung
ergebe sich letztlich aus denselben Gründen wie die der
außerordentlichen Kündigung. Darüberhinaus
fehle es für die ordentliche Kündigung an einer
ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung, da die
Frist gemäß § 102 Abs. 2 BetrVG bei
Kündigungsausspruch noch nicht abgelaufen gewesen sei. Der
Widerspruch des Betriebsrats mit Schreiben vom 02.12.2011 sei als
abschließende Äußerung nur in Bezug auf
die außerordentliche Kündigung zu werten, da der
Betriebsrat sich in der Begründung nur mit dieser
beschäftige. Zudem werde vorsorglich bestritten, dass die
Stellungnahme des Betriebsrats vom 02.12.2011 der Beklagten bereits
zugegangen war, als das abgefasste Kündigungsschreiben vom
05.2.2011 den Geschäftsbereich der Beklagten verlassen habe.
Der Kläger beantragt nach Rücknahme eines zuvor
ebenfalls angekündigten allgemeinen Feststellungsantrages:
Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien
weder durch die außerordentliche Kündigung noch die
hilfsweise ordentliche Kündigung der Beklagten vom 05.12.201
beendet wird.
Im Falle des Obsiegens mit dem Antrag zu 1.) wird die Beklagte
verurteilt, den Kläger bis zum rechtskräftigen
Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu
unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Kaltwalzer
weiterzubeschäftigen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hält die angegriffene fristlose
Kündigung mit Schreiben vom 05.12.2011 für wirksam,
da ihr aufgrund der erheblichen Beleidigungen und Ehrverletzungen, die
der Kläger in der Zeit vom 20.11.2011 bis 26.11.2011 in Bezug
auf seinen unmittelbaren Vorgesetzten G1 auf seine Facebook-Pinnwand
gepostet hat, eine Weiterbeschäftigung des Klägers
auch nur bis zum Ablauf einer ordentlichen Kündigungsfrist
nicht mehr zumutbar sei, wobei die Äußerungen des
Klägers auch nicht etwa durch das Grundrecht auf
Meinungsfreiheit gedeckt seien.
Der Kläger habe seinen unmittelbaren Vorgesetzten G1 ohne
Grund in der geschilderten Weise grob beleidigt, zwei angebliche
Abmahnungen angesprochen, die es nicht gibt, und zudem
öffentlich sein Missfallen über einen Kunden der
Beklagten, die Firma S4, geäußert, was eine
wirtschaftliche Schädigung der Beklagten hätte zur
Folge haben können. Dies alles sei angesichts der
betriebsangehörigen "Facebook-Freunde" des Klägers
nicht nur in vergleichbarer Weise geschehen, als hätte der
Kläger seine Äußerungen am Schwarzen Brett
des Unternehmens veröffentlicht, sondern aufgrund des weltweit
genutzten Internets in noch viel größerem
Ausmaß. Er habe seinen Vorgesetzten G1, der unstreitig keinen
unmittelbaren Zugang zu der Facebook-Pinnwand des Klägers hat,
damit letztlich einer Mobbingsituation ausgesetzt.
Der Kläger könne sich nicht darauf berufen, dass er
"versehentlich" die falsche Kommunikationsart gewählt habe, da
er sich der Kommunikationsart "posten" bedient habe, bei der die
Öffentlichkeit gerade nicht ausgeschlossen sei, was der
Kläger auch wisse, da er unstreitig über Jahre das
soziale Netzwerk genutzt hat.
Aufgrund der schweren Verfehlung sei eine Abmahnung vor
Kündigungsausspruch entbehrlich gewesen und führe
auch eine Gesamtabwägung aller Umstände, auch der
langen Beschäftigungsdauer des Klägers, dazu, dass
das Beendigungsinteresse des Arbeitgebers überwiege.
Die Wochenfrist gemäße § 626 Abs. 2 BGB sei
schon deshalb gewahrt, da der Kündigungsentschluss der
Beklagten erst nach der letzten Beleidigung des Klägers vom
26.11.2011 gefasst worden sei.
Jedenfalls sei das Arbeitsverhältnis des Klägers
durch die hilfsweise fristgerechte Kündigung wirksam beendet.
Mit dem Widerspruch des Betriebsrats mit Schreiben vom 02.12.2011 sei
das Anhörungsverfahren hinsichtlich fristloser und
fristgemäßer Kündigung abgeschlossen
gewesen. Das Widerspruchsschreiben sei der Personalabteilung der
Beklagten noch am 02.12.2011 durch den Betriebsratsvorsitzenden zur
Verfügung gestellt worden.
Für das weitere Vorbringen der Parteien wird Bezug genommen
auf die ausgetauschten und zur Gerichtsakte gereichten
Schriftsätze.
Im Kammertermin am 16.05.2012 ist Beweis erhoben worden durch
uneidliche Vernehmung der Zeugin S3 dazu, ob der schriftliche
Widerspruch des Betriebsrats am 02.12.2011 noch in der
Personalabteilung der Beklagten eingegangen ist. Für das
Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt des Protokolls der
mündlichen Verhandlung vom 16.05.2011 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe :
A.
Die Klage ist hinsichtlich des zuletzt gestellten Klageantrages zu 1.)
zulässig, da es sich hier einen konkret gegen eine
Kündigung gerichteten Klageantrag i.S.v. § 4 S. 1
KSchG handelt.
Einer Entscheidung über den zuletzt gestellten Klageantrag zu
2.) (Weiterbeschäftigungsantrag) als uneigentlichen
Hilfsantrag bedurfte es nicht, da dieser nur für den Fall des
Obsiegens mit dem Klageantrag zu 1.) gestellt wurde, ein
vollständiges Obsiegen im Hinblick auf den Klageantrag zu 1.)
jedoch nicht vorliegt, wie zur Begründung dieses Klageantrages
noch näher ausgeführt wird.
B.
Die Klage ist hinsichtlich des zuletzt gestellten Klageantrages zu .1)
begründet, soweit sich dieser gegen die Rechtswirksamkeit der
außerordentlichen Kündigung der Beklagten mit
Schreiben vom 05.12.2011 richtet, jedoch unbegründet, soweit
er sich gegen die Rechtswirksamkeit der hilfsweise ausgesprochenen
ordentlichen Kündigung zum 31.07.2012 richtet.
a)
Die Begründetheit des Klageantrages zu 1.), soweit er sich
gegen die außerordentliche Kündigung richtet, ergibt
sich deshalb, da die Kündigung der Beklagten mit Schreiben vom
05.12.2011, dem Kläger zugegangen unstreitig am 06.12.2011,
das Arbeitsverhältnis des Klägers nicht
außerordentlich fristlos zum 07.12.2011 – wie
ausgesprochen – beendet hat.
Die Klagefrist gemäß § 13 Abs. 1,
§§ 4, 7 KSchG hat der Kläger durch
Klageerhebung am 20.12.2011 (Faxklage) bzw. 21.12.2011
(Originalklageschrift) eingehend bei Gericht gewahrt.
aa)
Zwar lag nach Feststellung der Kammer zum Zeitpunkt des Ausspruchs der
angegriffenen Kündigung grundsätzlich ein Sachverhalt
vor, der an sich geeignet war, einen wichtigen Grund für den
Kündigungsausspruch zu ergeben. Der wichtige Grund ist darin
zu sehen, dass der Kläger insbesondere am 20.11.2011, aber
auch am 26.11.2011, seinen unmittelbaren Vorgesetzten G1 in dem
sozialen Internetnetzwerk Facebook äußerst grob
beleidigte und bedrohte, sich zudem missfällig über
einen Kunden der Beklagten äußerte, was aufgrund der
Tatsache, dass der Kläger seine Textnachrichten auf seine
Pinnwand postete, die damit mindestens 36 Betriebsangehörigen
Facebook-Freunden und auch deren Freunden zugänglich war,
quasi betriebsöffentlich stattfand. Jedoch hält die
Kammer aus Gründen der Interessenabwägung und des
Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes eine
fristlose Kündigung für nicht angemessen und daher
rechtsunwirksam.
1.)
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der
sich die Kammer anschließt, ist eine fristlose
Kündigung gemäß § 626 BGB dann
wirksam, wenn ein Sachverhalt vorliegt, der an sich geeignet ist, einen
wichtigen Kündigungsgrund abzugeben, und wenn es dem
Kündigungsberechtigten aufgrund dieses Sachverhalts nach einer
umfassenden Interessenabwägung unter Berücksichtigung
aller Umstände des Einzelfalles nicht zuzumuten ist, das
Arbeitsverhältnis, wenn auch zu veränderten
Bedingungen, fortzusetzen, so dass die fristlose Kündigung die
unausweichlich letzte Maßnahme für den
Kündigungsberechtigten gewesen sein muss (vgl.
Stahlhacke/Preis/Vossen, Kündigung und
Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis, 9. Aufl.,
Rdnr. 606 ff. m. w. N.; Fischermeier in: Gemeinschaftskommentar zum
Kündigungsschutzgesetz und zu sonstigen
kündigungsschutzrechtlichen Vorschriften (kurz:
KR/Fischermeier), 9. Aufl., § 626 BGB, Rdnr. 83 ff. m. w. N.).
Die Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung ist
folglich in zwei Stufen zu prüfen. Zunächst
müssen Tatsachen vorliegen, die an sich geeignet sind, einen
wichtigen Grund zu bilden. Im zweiten Schritt ist festzustellen, ob
unter Abwägung der Umstände des Einzelfalls eine
Weiterbeschäftigung zumutbar ist (BAG, Urteil vom 27.04.2006
– 2 AZR 415/05 -, in: NZA 2006, S. 1033 ff.).
Darlegungs- und beweispflichtig für das Vorliegen eines
wichtigen Grundes ist derjenige, der die Kündigung ausspricht,
hier die Beklagte als kündigende Arbeitgeberin
(KR/Fischermeier, § 626 BGB, Rdnr. 380 ff.; Münchner
Kommentar/Henssler, BGB, 5. Aufl., § 626, Rdnr. 342;
Ascheid/Preis/Schmidt-Dörner, Kündigungsrecht, 3.
Aufl., § 626 BGB, Rdnr. 343; Stahlhacke/Preis/Vossen a.a.O.,
Rdnrn. 619 ff.). Sie trifft die Darlegungs- und Beweislast auch
für diejenigen Tatsachen, die einen vom Gekündigten
behaupteten Rechtfertigungsgrund ausschließen (BAG,
06.08.1987 – 2 AZR 226/87 – AP BGB § 626
Nr. 97; Urteil v. 17.06.2003 – 2 AZR 123/02 -, in: NZA 2004,
564 ff. unter II. 2. b) aa) der Gründe; KR/Fischermeier,
§ 626 BGB, Rdnr. 382). Allerdings hat hierzu der Arbeitnehmer
seinerseits nach § 138 Abs. 2 ZPO substantiiert vorzutragen
(BAG NZA 2004, 564 ff. a. a. O.; KR/Fischermeier, § 626 BGB,
Rdnr. 382). Der Arbeitgeber hat jedoch zunächst die
behaupteten Pflichtverletzungen nach Ort, Zeit und genauem Inhalt oder
Ablauf näher zu beschreiben. Nicht ausreichend sind pauschale
Werturteile oder Schlagworte (siehe vergleichbar zur Darlegungslast
nach § 1 KSchG KR/Griebeling, § 1 KSchG, Rdnr. 412).
Ein Verschulden ist keine notwendige Voraussetzung des wichtigen
Grundes gemäß § 626 Abs. 1 BGB. Jedoch
setzt eine verhaltensbedingte Kündigung in der Regel, nicht
zuletzt wegen der notwendigen Interessenabwägung, ein
schuldhaftes, vorwerfbares Verhalten voraus (Preis, in: Staudinger,
BGB, Neubearbeitung 2011, § 626, Rdnr. 64; Erfurter
Kommentar/Müller-Glöge, 12. Aufl., § 626
BGB, Rdnr. 23).
2.)
In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass grobe Beleidigungen
insbesondere des Arbeitgebers oder seiner Vertreter, oder auch von
Arbeitskollegen, die nach Form und Inhalt eine erhebliche Ehrverletzung
für den bzw. die Betroffene bedeuten, einen erheblichen
Verstoß des Arbeitnehmers gegen seine Pflichten aus dem
Arbeitsverhältnis bedeuten und eine
außerordentliche, fristlose Kündigung ohne
vorhergehende Abmahnung rechtfertigen können (siehe nur BAG,
Urteil vom 17.08.1957 – 2 AZR 121/55 -, in: AP Nr. 1 zu
§ 124 a Gewerbeordnung; Urteil vom 10.10.2002 – 2
AZR 418/01 -, in: DB 2003, 1797 f.; Urteil vom 24.11.2005 – 2
AZR 584/04 -, in: NZA 2005, 650 ff., juris Rdnr. 22; LAG Hamm, Urteil
vom 30.06.04 – 18 Sa 836/04 – n.V.; Fischermeier
in: Gemeinschaftskommentar zum Kündigungsschutzgesetz und zu
sonstigen kündigungsschutzrechtlichen Vorschriften (kurz:
KR/Fischermeier), 9. Aufl., § 626 BGB, Rdnr. 415 und
KR/Griebeling, § 1 KSchG, Rdnr. 462). Es muß sich um
eine bewusste und gewollte Ehrenkränkung aus
gehässigen Motiven handeln (KR/Fischermeier, § 626
BGB, Rdnr. 415). Für die Bewertung, was als grobe Beleidigung
anzusehen ist, kommt es auf alle Umstände des Einzelfalls an,
insbesondere auf die, die zu einer Beleidigung geführt haben
(Stahlhacke/Preis/Vossen, Kündigung und
Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis, 9. Aufl.,
Rdnr. 705). Das "Götz-Zitat" unter Arbeitnehmern mag im
allgemeinen nicht besonders schwer wiegen (KR/Fischermeier, §
626 BGB, Rdnr. 415). Zu berücksichtigen sind auch der
betriebliche und branchenübliche Umgangston, der Bildungsgrad
und psychische Zustand des betroffenen Arbeitnehmers, sowie die
Gesprächssituation (KR/Griebeling, § 1 KSchG, Rdnr.
463). In minderschweren Fällen kann nur eine ordentliche
Kündigung gerechtfertigt sein (KR/Griebeling, § 1
KSchG, Rdnr. 463) oder eine Abmahnung (LAG Köln, Urteil vom
18.04.1997 – 11 Sa 995/96 -, in: LAGE Nr. 111 zu §
626 BGB).
Es entspricht daneben ständige Rechtsprechung des BAG, dass
diffamierende und ehrverletzende Äußerungen
über Vorgesetzte und Kollegen in vertraulichen
Gesprächen unter Arbeitskollegen unter bestimmten
Umständen eine Kündigung des
Arbeitsverhältnisses nicht rechtfertigen können (BAG,
Urteil vom 17.02.2000 – 2 AZR 927/98 -, n.v. unter II. 3. a)
der Gründe; Urteil vom 10.10.02 – 2 AZR 418/01-, in:
DB 2003, 1797 f. unter B. I. 3) c) aa) der Gründe, juris Rdnr.
22; siehe auch LAG Köln, Urteil vom 18.04.1997 – 11
Sa 995/96, in: LAGE 111 zu § 626 BGB; KR/Etzel, § 1
KSchG, Rdnr. 465). Der Arbeitnehmer darf in solchen Fällen
nämlich regelmäßig darauf vertrauen, seine
Äußerungen würden nicht nach
außen getragen und der Betriebsfrieden nicht gestört
bzw. das Vertrauensverhältnis der Arbeitsvertragsparteien
nicht zerstört (BAG, Urteil vom 10.10.02 a.a.O.). Ein
Arbeitnehmer ist nicht gehalten von seinem Arbeitgeber und von seinen
Kollegen nur positiv zu denken und sich in seiner Privatsphäre
ausschließlich positiv über sie zu
äußern. Diesen Schutz der Privatsphäre und
auch der Meinungsfreiheit kann jedoch nicht der Arbeitnehmer
für sich in Anspruch nehmen, der selbst die Vertraulichkeit
aufhebt, so dass die Gelegenheit für Dritte, seine
Äußerungen wahrzunehmen, ihm zurechenbar wird (BAG,
Urteil vom 10.10.2002 a.a.O., juris Rdnr. 26).
Das Grundrecht auf Meinungsfreiheit hat regelmäßig
zurückzutreten, wenn sich die beleidigende
Äußerung als Angriff auf die Menschenwürde
oder als eine Formalbeleidigung oder eine Schmähung darstellt
(BAG, Urteil vom 10.10.2002, a.a.O., juris Rdnr. 23; Urteil vom
24.11.2005, a.a.O., NZA 2005, 650 ff., juris Rdnr. 27).
Für eine grobe Beleidigung als Kündigungsgrund kommt
es letztlich nicht auf die strafrechtliche Wertung an, sondern auf den
mit der Pflichtverletzung einhergehenden Vertrauensbruch und damit die
Zumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses (BAG,
Urteil vom 22.12.1956 – 3 AZR 91/56 – AP Nr. 13 zu
§ 626 BGB; Staudinger/Preis, BGB, Neubearbeitung 2011,
§ 626 BGB, Rdnr. 162; Münchener Kommentar
BGB/Henssler, 5. Aufl., 2009, § 626 BGB, Rdnr. 181).
Auch die Bedrohung des Arbeitgebers, von Vorgesetzten oder
Arbeitskollegen kann einen an sich zur außerordentlichen
Kündigung geeigneten Umstand darstellen
(Ascheid/Preis/Schmidt-Dörner/Vossen,
Kündigungsrecht, 4. Aufl., § 626 BGB, Rdnr. 231).
3.)
Vorliegend hat der Kläger seinen unmittelbaren Vorgesetzten
bei der Beklagten, Herrn G1, äußerst grob beleidigt,
indem er in Bezug auf dessen Person über Facebook per
"posting" an seine Pinnwand am 20.11.2011 und 26.11.2011 folgende
Formulierungen verwendete: "scheiss G1", "kleiner scheisshaufen",
"wixxer", "faules schwein, der noch nie gearbeitet hat in seinem
scheissleben", "drecksau" und "doofmann". Für die erkennende
Kammer sind die Kraftausdrücke und Schmähungen in
ihrer Derbheit kaum noch steigerungsfähig. Sie sind
für den Vorgesetzten G1 äußerst
ehrverletzend.
Es handelte sich bei den Äußerungen des
Klägers auch um Beleidigungen im strafrechtlichen Sinne, d.h.
i.S.v. § 185 StGB, jedenfalls hinsichtlich des dortigen
objektiven Tatbestandes, da eine Beleidigung i.S.d. Vorschrift dann
gegeben ist, wenn die Kundgabe der Missachtung oder Nichtachtung einer
Person durch ehrverletzende Äußerungen zur
Kenntniserlangung des Beleidigten (Ehrenträgers) oder Dritter
erfolgt (siehe hierzu Schönke/Schröder –
Lenckner/Eisele, StGB, 28. Aufl., § 185, Rdnr. 1 ff.), was
vorliegend dadurch erfolgt ist, dass der Kläger die oben
angeführten, äußerst ehrverletzenden
Äußerungen an seine Pinnwand bei Facebook gepostet
hat, wodurch seine "Facebook-Freunde" und deren "Facebook-Freunde"
hiervon Kenntnis erlangen konnten.
Die Kundgabe der beleidigenden Äußerungen ist quasi
betriebsöffentlich, vergleichbar einem Aushang am "Schwarzen
Brett" im Betrieb erfolgt, da von den 70 "Freunden" des
Klägers bei Facebook, die unmittelbar Zugriff auf seine
Pinnwand hatten, 36 zum Zeitpunkt der getätigten
Äußerung bei der Beklagten beschäftigt
waren und einer bei der Schwesterfirma B1 S2 GmbH.
Darüberhinaus war der von dem Kläger in seinen Texten
unmittelbar angesprochene "Freund" M1 R2, den die Beklagte ebenfalls
noch als betriebsangehörig bezeichnet, nach
Klägervortrag jedenfalls kurz zuvor erst bei der Beklagten
ausgeschieden.
Es ist dabei unerheblich, dass der Kläger seine
ehrverletzenden Äußerungen in Bezug auf seinen
Vorgesetzten G1 von zu Hause aus offenbar während seiner
Freizeit, d.h. nicht während der Arbeitszeit im Betrieb,
getätigt hat, da aufgrund der 36 oder 37
betriebsangehörigen "Facebook-Freunde" eine unmittelbare
Betriebsbezogenheit jedenfalls gegeben war.
Die beleidigenden Äußerungen in Bezug auf den
Vorgesetzten G1 sind auch nicht vertraulich "unter vier Augen" erfolgt,
indem der Kläger diese nur im "Chat-Modus" an den
angesprochenen M1 R2 gesendet hätte, sondern quasi
betriebsöffentlich, indem er sie an seine Pinnwand gepostet
hat, so dass seine 36 oder 37 betriebsangehörigen
"Facebook-Freunde" und über diese deren "Freunde" Zugriff auf
die beleidigenden Äußerungen in Bezug auf den
Vorgesetzten G1 hatten.
Dies ist nicht nachvollziehbar versehentlich aufgrund eines
Bedienfehlers seitens des Klägers erfolgt, wie dieser
vorträgt, und indem er ergänzend vorträgt,
dass er generell in Bezug auf die Benutzung des Internets, speziell des
sozialen Netzwerks Facebook, unsicher sei. Denn in welcher Weise dies
versehentlich geschehen sein soll, legt der Kläger im
einzelnen nicht dar. Nach unbestrittenem Beklagtenvortrag hat er das
soziale Netzwerk bereits über Jahre genutzt. Für ein
Versehen des Klägers bedarf es vergleichbar einem
Rechtfertigungsgrund eines substantiierten Vortrages nach §
138 Abs. 2 ZPO durch diesen, zumal die Umstände, aus denen
sich ein Versehen ergeben soll, sich ausschließlich in der
Sphäre des Klägers zugetragen haben. Ein ausreichend
substantiierter Vortrag des Klägers liegt hier jedoch nicht
vor. Im Gegenteil. Wenn der Kläger, wie er selbst
vorträgt, generell in Bezug auf die Nutzung des Internets,
speziell des sozialen Netzwerks Facebook, unsicher ist, hätte
er sich, bevor er die hier relevanten Äußerungen an
seine Pinnwand postete, vergewissern müssen, dass dies in
dieser Weise nicht geschah, sondern sie nur im "Chat-Modus" an Herrn M1
R2 versendet wurden. Indem er dies offenbar nicht getan hat, hat er
zumindestens bedingt vorsätzlich die Texte an seine Pinnwand
gepostet, da er dies für möglich halten musste und
billigend in Kauf nahm.
Im Ergebnis hat der Kläger folglich äußerst
grob beleidigende Äußerungen in Bezug auf seinen
unmittelbaren Vorgesetzten G1 am 20.11.2011 und 26.11.2011
über seine Pinnwand jedenfalls bedingt vorsätzlich
quasi betriebsöffentlich getätigt, was, da es sich im
wesentlichen um Formalbeleidigungen und Schmähungen handelt,
auch nicht durch das Grundrecht auf Meinungsfreiheit gedeckt ist, wozu
auf die oben genannte BAG-Rechtsprechung verwiesen wird.
Hinzu kommt, dass der Kläger am 20.11.2011 in dem geposteten
Text auch eine falsche Tatsache behauptete, indem er Herrn G1 zwei
Abmahnungen zusprach, die dieser unstreitig nicht ausgesprochen hatte,
und am 23.11.2011 einen Kunden der Beklagten in missfällig
geäußertem Zusammenhang namentlich bezeichnete
("…ich darf wieder an die 440 S4 einbinden son
scheiß."), wodurch die Beklagte bei dem Kunden hätte
in Misskredit geraten können, mit evtl. wirtschaftlichen
Folgen.
Auch hat der Kläger seinen unmittelbaren Vorgesetzten
ausdrücklich bedroht ("Diesen kleinen scheisshaufen mache ich
kaputt, …).
Hiernach lag insgesamt zum Zeitpunkt des Ausspruchs der vorliegend
angegriffenen Kündigung der Beklagten mit Schreiben vom
05.12.2011 nach Auffassung der Kammer grundsätzlich ein
wichtiger Grund i.S.V. § 626 Abs. 1 BGB für deren
Ausspruch vor, der es der Beklagten unmöglich machte, das
Arbeitsverhältnis des Klägers auch nur bis zum Ablauf
der ordentlichen Kündigungsfrist aufrechtzuerhalten.
bb)
Jedoch führt vorliegend eine umfassend
durchzuführende Interessenabwägung dazu, dass die
erkennende Kammer die hier angegriffene Kündigung der
Beklagten mit Schreiben vom 05.12.2011 unter Beachtung des
ultima-ratio-Prinzips für unangemessen hält. In einer
durchzuführenden Interessenabwägung sind insbesondere
folgende Gesichtspunkte zu berücksichtigen: Lebensalter des
Arbeitnehmer, Dauer der Betriebszugehörigkeit,
Unterhaltspflichten und wirtschaftliche Lage des Unternehmens
(KR/Fischermeier, § 626 BGB, Rdnr. 236).
Vorliegend war der Kläger zum Zeitpunkt des
Kündigungszugangs 52 Jahre alt, was im Ergebnis eine nicht
leichte Vermittelbarkeit auf dem Arbeitsmarkt bedeutet, auch angesichts
der Tatsache, dass nicht erkennbar ist, dass der Kläger
über eine abgeschlossene Berufsausbildung verfügt.
Der Kläger stand bereits 31, 5 Jahre in einem
Arbeitsverhältnis zu der Beklagten. Dies sind nicht
unerhebliche, sogar gewichtige Umstände, die zugunsten des
Klägers zu berücksichtigen sind. Zu
Unterhaltspflichten des Klägers und der wirtschaftlichen Lage
der Beklagten ist nichts vorgetragen. Im Ergebnis hält die
Kammer unter Beachtung des Lebensalters und der erheblichen Dauer der
Betriebszugehörigkeit des Klägers, auch angesichts
der schweren Pflichtverletzungen des Klägers, daher eine
fristlose Kündigung für unangemessen, was jedoch
nicht für die hilfsweise ordentliche Kündigung gilt,
wozu unten zu dem nicht stattgegebenen Teil des Klageantrages zu 1.)
noch näher ausgeführt wird.
cc)
Allein deshalb war vorliegend dem Klageantrag zu 1.) insoweit
stattzugeben, wie dieser sich gegen die Rechtswirksamkeit der
außerordentlichen, fristlosen Kündigung der
Beklagten mit Schreiben vom 05.12.2011 zum 07.12.2011 richtet.
b)
Der Klageantrag zu 1.) ist jedoch nicht begründet, soweit sich
dieser gegen die Rechtswirksamkeit der hilfsweise ordentlichen
Kündigung der Beklagten mit Schreiben vom 05.12.2011 zum
31.07.2012 richtet.
Die hilfsweise ordentliche Kündigung der Beklagten mit
Schreiben vom 05.12.2011 wird vielmehr das Arbeitsverhältnis
des Klägers rechtswirksam mit Ablauf des 31.07.2012 beenden.
Auch eine vorsorgliche Kündigung ist eine unbedingte
Kündigung und daher zulässig (KR/Griebeling,
§ 1 KSchG, Rdnr. 169).
Die ordentliche Kündigung ist hier fristgerecht ausgesprochen
worden mit einer Kündigungsfrist von sieben Monaten zum
Monatsende gemäß § 622 Abs. 2 S. 1 Nr. 7
BGB unter Beachtung der Beschäftigungsdauer des
Klägers hier zum 31.07.2012.
Das Schriftformerfordernis ist gemäß § 623
BGB gewahrt.
Unwirksamkeitsgründe im Hinblick auf die ordentliche
Kündigung sind nicht erkennbar.
aa)
Ein Verstoß gegen § 1 Abs. 1, 2 KSchG liegt nicht
vor.
Zwar sind die Vorschriften des ersten Abschnitts des
Kündigungsschutzgesetzes anwendbar, da der Kläger zum
Zeitpunkt des Kündigungszugangs länger als sechs
Monate bei der Beklagten beschäftigt war (§ 1 Abs. 1
KSchG), die Beklagten regelmäßig mehr als 10
Arbeitnehmer beschäftigt (§ 23 Abs. 1 KSchG) und die
Klageerhebung durch den Kläger unter Beachtung von
§§ 4, 7 KSchG rechtzeitig am 20./21.12.2011 innerhalb
der Drei-Wochen-Frist erfolgt ist.
Jedoch ist die angegriffene Kündigung aus verhaltensbedingten
Gründen sozial gerechtfertigt, wegen grober Beleidigung eines
unmittelbaren Vorgesetzten.
Diesbezüglich wird umfassend auf die obigen
Ausführungen zu der fristlosen Kündigung mit
Schreiben vom 05.12.2011 und dort zu dem grundsätzlichen
Vorliegen eines wichtigen Grundes für deren Ausspruch Bezug
genommen. Liegt ein verhaltensbedingter wichtiger Grund für
eine fristlose Kündigung vor, rechtfertigt dies erst Recht
eine verhaltensbedingte ordentliche Kündigung (siehe insoweit
zum Stufenverhältnis außerordentliche/ordentliche
Kündigung Stahlhacke/Preis/Vossen, Kündigung und
Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis, 9. Aufl.,
Rdnr. 608).
Der Unterschied im Verhältnis zu der fristlosen
Kündigung ist hier bei der ordentlichen Kündigung,
dass nach Auffassung der Kammer im Rahmen der ordentlichen
Kündigung auch eine Interessenabwägung nicht zu dem
für den Kläger günstigen Ergebnis
führen kann, dass auch diese rechtsunwirksam ist. Auch unter
Beachtung des Lebensalters des Klägers und der nicht
unerheblichen Dauer der Betriebszugehörigkeit von 31,5 Jahre
bis Kündigungszugang ist der von dem Kläger
vorgenommene erhebliche Verstoß gegen seine vertragliche
Pflicht zur Rücksichtnahme (§ 241 Abs. 1 BGB) durch
quasi betriebsöffentlichen Ausspruch der groben Beleidigungen
seines unmittelbaren Vorgesetzten G1 an seine Pinnwand in Facebook so
gravierend, dass eine unbefristete Weiterbeschäftigung des
Klägers über den Zeitraum der ordentlichen
Kündigungsfrist hinaus, d.h. hier über den 31.07.2012
hinaus, der Beklagten jedenfalls nicht zugemutet werden kann.
Einer Abmahnung bedurfte es vor Kündigungsausspruch nicht.
Zwar ist anerkannt, dass es einer Abmahnung vor
Kündigungsausspruch in Ansehung des
Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nur dann
nicht bedarf, wenn eine Verhaltensänderung in Zukunft selbst
nach Abmahnung nicht zu erwarten steht oder es sich um eine so
schwerwiegende Pflichtverletzung handelt, dass eine Hinnahme durch den
Arbeitgeber offensichtlich – auch für den
Arbeitnehmer erkennbar - ausgeschlossen ist (BAG, Urteil vom 23.06.2009
– 2 AZR 103/08 -, in: NZA 2009, 1198 ff., juris Rdnr. 33;
Urteil vom 10.06.2010 – 2 AZR 541/09 -, a.a.O., juris Rdnr.
37; Urteil vom 09.06.2011 – 2 AZR 381/10 – a.a.O,
juris Rdnr. 18). Dies gilt grundsätzlich auch bei
Störungen im Vertrauensbereich (BAG, Urteil vom 23.06.2009
a.a.O., juris Rdnr. 33; Urteil vom 09.06.2011 a.a.O., juris Rdnr. 18).
Vorliegend war eine Abmahnung durch die Beklagte vor
Kündigungsausspruch jedoch entbehrlich, da eine Hinnahme des
Fehlverhaltens durch die Beklagte offensichtlich – auch
für den Kläger erkennbar - ausgeschlossen war. Der
Kläger hat in quasi betriebsöffentlicher Art und
Weise seinen unmittelbaren Vorgesetzten in der Zeit vom 20.11.2011 bis
26.11.2011 über seine Pinnwand bei Facebook ausgesprochen grob
beleidigt, was nach Auffassung der Kammer verbal kam
steigerungsfähig ist. Er hat gleichzeitig falsche Tatsachen
behauptet (zwei Abmahnungen) und einen Kunden der Beklagten (Firma S4)
in negativem Zusammenhang namentlich bezeichnet. Auch hat er seinen
Vorgesetzten G1 bedroht. Insbesondere die groben Beleidigungen des
Vorgesetzten G1 kann die Beklagte aber auch aus Gründen der
Fürsorgepflicht gegenüber dem Mitarbeiter G1 und der
Wahrung des Betriebsfriedens in keiner Weise hinnehmen. Dass die
Beklagte bei einem derartigen Fehlverhalten sofort, insbesondere ohne
eine vorhergehende Abmahnung, kündigen würde, war
für den Kläger ohne weiteres erkennbar.
Der Kläger kann sich in diesem Zusammenhang auch nicht
für ein vorheriges Abmahnungserfordernis auf die von ihm
zitierte Entscheidung des LAG Rheinland-Pfalz vom 18.08.2011 (2 Sa
232/11, veröffentlicht bei juris) berufen, da der Entscheidung
des LAG Rheinland-Pfalz ein Sachverhalt zugrundelag, bei dem der
dortige Kläger vor Ausspruch der Beleidigungen unmittelbar
zuvor provoziert worden war, was vorliegend auch aus dem
Klägervortrag nicht erkennbar wird. Das LAG Rheinland-Pfalz
hat in der zitierten Entscheidung ausdrücklich offengelassen,
ob eine andere Beurteilung gerechtfertigt wäre, wenn der
Kläger nach einer längeren Überlegungsphase
die beleidigenden Äußerungen wiederholt
hätte (juris, Rdnr. 49).
Die angegriffene, vorsorglich fristgerechte Kündigung der
Beklagten mit Schreiben vom 05.12.2011 verstößt
daher nicht gegen § 1 Abs. 1, 2 KSchG.
bb)
Die angegriffene fristgerechte Kündigung ist zudem nicht wegen
fehlerhafter Anhörung des Betriebsrats
gemäß § 102 BetrVG unwirksam: Die Beklagte
ist ihrer Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der
Betriebsratsanhörung (vgl. hierzu nur KR/Etzel, § 102
BetrVG, Rdnr. 192) ausreichend nachgekommen, nachdem der
Kläger die ordnungsgemäße
Betriebsratsanhörung bestritten hat. Die Darlegungs- und
Beweislast für eine ordnungsgemäße
Anhörung des Betriebsrats vor Kündigungsausspruch
trifft den Arbeitgeber jedenfalls dann, wenn der Arbeitnehmer die
ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrates
(mit Nichtwissen) bestreitet (siehe nur BAG, Urteil vom 20.01.2000
– 2 AZR 368/99 -, in: NZA 2000, S. 768 ff. (769); Urteil vom
16.03.2000 – 2 AZR 75/99 -, in: DB 2000, 1524; weitergehend
BAG, Urteil vom 23.06.05 – 2 AZR 193/04 -, in: NZA 2005, 1233
ff). Hat sich der Arbeitgeber substantiiert und vollständig
zur Betriebsratsanhörung geäußert, ist es
aus Gründen einer abgestuften Darlegungs- und Beweislast dann
Sache des Arbeitnehmers, konkret zu beanstanden, in welchen Punkten er
die Betriebsratsanhörung für fehlerhaft hält
(BAG a.a.O., NZA 2000, S. 769; NZA 2005, 1233 ff. (1234)). Ein
weiterhin nur pauschales Bestreiten ist dann unerheblich.
1.
Der Kläger bestreitet hier nach erfolgter Darlegung der
Beklagten nicht, dass diese am 02.12.2011 dem in ihrem Betrieb
gewählten Betriebsrat die schriftliche Anhörung vom
02.12.2011, die in Kopie zur Gerichtsakte gereicht ist (Bl. 77 f.
d.A.), ausgehändigt hat. Die schriftliche Anhörung
enthält die Mitteilung der Absicht der Beklagten, das
Arbeitsverhältnis des Klägers
außerordentlich, hilfsweise ordentlich zum 31.07.2012 zu
kündigen, sowie Angaben zur
Kündigungsbegründung, wie sie vergleichbar auch
vorliegend im Prozess vorgetragen sind. Der schriftlichen
Anhörung waren die von dem Kläger in Facebook an
seine Pinnwand geposteten Äußerungen als HardCopy
beigefügt. Dem Betriebsrat wurden die relevanten Sozialdaten
des Klägers mitgeteilt, wie Name, Adresse, Geburtsdatum,
Familienstand, Kinder (keine), Eintrittsdatum, Tätigkeit. Als
Familienstand wurde zwar ledig und geschieden angekreuzt,
während der Kläger nach unbestrittener Angabe in der
Klageschrift verheiratet ist, was hier jedoch zu keiner Unwirksamkeit
der angegriffenen Kündigung führt, da sich allein aus
der fehlerhaften Angabe zum Familienstand nicht erkennbar bereits eine
fehlerhafte Angabe zu Unterhaltspflichten des Klägers ergibt,
und der Familienstand des Klägers letztlich für den
Kündigungsentschluss der Beklagten völlig
unmaßgeblich war (siehe insoweit zur fehlenden
Maßgeblichkeit von Sozialdaten für den
Kündigungsentschluss des Arbeitgebers nur KR/Etzel, 9. Aufl.,
§ 102 BetrVG, Rdnr. 58 m.z.N.).
2.
Auch die Frist gemäß § 102 Abs. 2, S. 1, 2
BetrVG von einer Woche ist jedenfalls insoweit gewahrt, als die
Beklagte die angegriffene Kündigung erst nach Vorliegen einer
abschließenden Stellungnahme des Betriebsrats in Form des
schriftlichen Widerspruchs mit Schreiben des Betriebsrats vom
02.12.2011 ausgesprochen hat.
Das Beteiligungsverfahren nach § 102 BetrVG ist vor Ablauf der
Äußerungsfristen beendet, wenn der Betriebsrat dem
Arbeitgeber gegenüber eine abschließende
Stellungnahme abgibt (siehe Koch, in: Ascheid/Preis/Schmidt (APS/Koch),
in Kündigungsrecht, 4. Aufl., § 102 BetrVG, Rdnr.
135). Jedoch ist nicht jede Erklärung des Betriebsrats als
abschließende Stellungnahme zu werten, die zur vorzeitigen
Beendigung des Anhörungsverfahrens führt. Vielmehr
muss sich aus der Mitteilung für den Arbeitgeber eindeutig
ergeben, dass der Betriebsrat eine weitere Erörterung des
Falles nicht mehr wünscht (BAG, Urteil vom 24.06.2004
– 2 AZR 461/03 -, in: NZA 2004, 1330 ff. (1332); APS/Koch
a.a.O., § 102 BetrVG, Rdnr. 135). Ob eine
abschließende Äußerung des Betriebsrats
vorliegt, ist gegebenenfalls durch deren Auslegung zu ermitteln.
Maßgeblich ist, ob der Arbeitgeber bei objektiver Betrachtung
die Äußerung des Betriebsrats als
abschließende Stellungnahme ansehen konnte. In der
schriftlichen Erklärung eines Widerspruchs, von Bedenken oder
einer Zustimmung durch den Betriebsrat liegt
regelmäßig eine abschließende
Stellungnahme, wenn der Betriebsrat sich nicht ausdrücklich
weitere Ausführungen vorbehalten hat (APS/Koch a.a.O.
§ 102 BetrVG, Rdnr. 135).
Hier hat der Betriebsrat mit Schreiben vom 02.12.2011 der
beabsichtigten Kündigung widersprochen. Dies ist als
abschließende Stellungnahme anzusehen, da der Betriebsrat
seinen Widerspruch ausführlich begründet und sich
weitere Ausführungen nicht vorbehalten hat.
Der Widerspruch mit Schreiben vom 02.12.2011 ist dabei nicht nur als
abschließende Stellungnahme in Bezug auf die
außerordentliche Kündigung anzusehen, wie der
Kläger meint, weil der Betriebsrat sich in seinem Widerspruch
nur mit der außerordentlichen Kündigung befasst
habe. Denn der Betriebsrat hat sich in seinem Widerspruch insgesamt mit
der seitens der Beklagten beabsichtigten außerordentlichen,
wie auch der ordentlichen Kündigung befasst, was daraus
deutlich wird, dass er der Kündigung insgesamt widersprochen
hat und als Vorgehensweise u.a. einer Abmahnung gegenüber dem
Kläger für angemessen hält, nebst dessen
Entschuldigung bei dem geschädigten Vorgesetzten. Auch hat der
Betriebsrat unter ausdrücklicher Benennung von § 102
Abs. 3 Nr. 1 BetrVG widersprochen, wo ein Widerspruch gegen eine
ordentliche Kündigung vorgesehen ist.
3.
Der Widerspruch als abschließende Stellungnahme lag der
Beklagten zum Zeitpunkt, als die angegriffene Kündigung mit
Schreiben vom 05.12.2011 ihren Geschäftsbereich
verließ, auch vor, was der Kläger nach Darlegung der
Betriebsratsanhörung durch die Beklagte konkret bestreitet.
Dies steht zur Überzeugung der Kammer nach uneidlicher
Vernehmung der von der Beklagten benannten Zeugin S3, die für
die Beklagte Aufgaben der Personalsachbearbeitung wahrnimmt, im
Kammertermin am 16.05.2012 fest.
Die Zeugin S3 hat in ihrer Vernehmung im Kammertermin am 16.05.2012
zwar nicht exakt den Beklagtenvortrag bestätigen
können, dass der schriftliche Widerspruch des Betriebsrats vom
02.12.2012 der Personalabteilung der Beklagten noch am 02.12.2012 durch
den Betriebsratsvorsitzenden zur Verfügung gestellt worden
ist. Sie hat jedoch ausgesagt, definitiv angeben zu können,
dass der schriftliche Widerspruch des Betriebsrats am Montag, dem
05.12.2011, bei der Firma B1 S2 GmbH vorlag, die die
Personalangelegenheiten für die Beklagte im Wege der
Dienstleistung erledigt, und dass der Widerspruch vorlag, als das
Kündigungsschreiben am 05.12.2011 verfasst wurde.
Zu dem Beweisergebnis gelangt die Kammer gemäß
§ 286 Abs. 1 ZPO nach freier Überzeugung unter
Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlung und des
Ergebnisses der Beweisaufnahme vom 16.05.2012. Die Aussage der Zeugin
S3 im Kammertermin am 16.05.2012 war glaubhaft. An der
Glaubwürdigkeit der Zeugin S3 hatte die Kammer keinen Anlass
zu zweifeln. Die Zeugin konnte sich zwar nicht konkret erinnern, dass
der schriftliche Widerspruch des Betriebsrats vom 02.12.2011 bei ihr
als Personalsachbearbeiterin am selben Tag noch vorlag. Sie konnte sich
aber erinnern, dass dies jedenfalls am folgenden Montag, dem
05.12.2011, der Fall war, als das Kündigungsschreiben
gefertigt wurde, das wohl von ihre gefertigt wurde, wie aus dem
Kürzel "Schf" oben auf dem Kündigungsschreiben
deutlich wird. Da nach Angabe der Zeugin üblicherweise
Kündigungsschreiben für Arbeitsverhältnisse
in ihrem Personalbereich immer erst nach Vorliegen einer entsprechenden
Stellungnahme des Betriebsrats verfasst werden und da auch in dem
Kündigungsschreiben vom 05.12.2011 selbst der Widerspruch des
Betriebsrats erwähnt ist, hat die Kammer daher keinen Zweifel,
dass der Widerspruch des Betriebsrats als abschließende
Stellungnahme jedenfalls am Montag, dem 05.12.2011, d.h. vor Verfassen
des Kündigungsschreibens vom 05.12.2011 und damit vor dessen
Absenden aus dem Geschäftsbereich der Beklagten, vorlag.
cc)
Weitere Unwirksamkeitsgründe für die angegriffene
ordentliche Kündigung der Beklagten mit Schreiben vom
05.12.2011 zum 31.07.2012 sind nicht erkennbar, so dass der Klageantrag
zu 1.) insoweit keinen Erfolg haben konnte.
c)
Die Kostenentscheidung beruht auf § 46 Abs. 2 ArbGG,
§§ 91 ff. ZPO. Sie richtet sich nach dem jeweiligen
Obsiegen bzw. Unterliegen der Parteien. Es ist für die
Kostenentscheidung dabei hier für den Klageantrag zu 1.) von
einem hälftigen Obsiegen bzw. Unterliegen beider Parteien
ausgegangen worden.
Die Streitwertfestsetzung ergibt sich gemäß
§§ 46 Abs. 2, 61 Abs. 1 ArbGG, §§ 3
ff. ZPO, § 42 Abs. 3 GKG. Es wird für den Klageantrag
zu 1.) ein Streitwert in Höhe von drei Bruttomonatsverdiensten
des Klägers für angemessen erachtet, für den
Klageantrag zu 2.) ein Streitwert in Höhe von zwei
Bruttomonatsverdiensten. Für den im Kammertermin
zurückgenommenen allgemeinen Feststellungsantrag wird kein
gesonderter Streitwert für angemessen erachtet.