Landgericht Braunschweig Geschäfts-Nr. 21 O 2178/01 (082) |
Anlage
zum Verkündungsprotokoll vom 20.12.2001 |
Beschluß
In dem Rechtsstreit
des Herrn Ralf Möbius, Wolfenbütteler Straße 1 A, 30519 Hannover,
Kläger
Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt ....., Hannover,
Geschäftszeichen: 189/2001
gegen
die überörtliche Anwaltssozietät GbR, Rechtsanwalt Dr. ....., Frankfurt; Rechtsanwältin .....,Stuttgart, Prof. Dr. ....., Stuttgart, Dr. ....., Saarbrücken
Beklagte
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältinnen und
Rechtsanwälte ..... und Partner, Frankfurt am Main
Geschäftszeichen 01/A395
hat die 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts
Braunschweig
b e s c h l o s s e n:
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Gründe:
I.
Der Kläger ist zugelassener Rechtsanwalt und eingetragener Kaufmann. Als Kaufmann ist er Betreiber eines sogenannten Internetportals. Er ist Inhaber verschiedener Domains, die schlagwortartig bestimmte Rechtsgebiete bezeichnen. Unter anderem ist er Inhaber der Domain "www.puefungsrecht.de" Er bietet interessierten Personen - unter anderem Rechtsanwälten - gegen bestimmte Gebühren an, unter dieser Domain eigene Beiträge zu den jeweiligen Themengebieten zu hinterlegen. oder Verweise auf die eigene Homepage dort anzubringen.
Die Beklagten sind Rechtsanwälte in überörtlicher Sozietät, die verstärkt auf dem Gebiet des Prüfungsrechts tätig sind.
Ohne vorherige Kontaktaufnahme haben die Beklagten den Kläger mit Schreiben vom 18.07.2001 abgemahnt. Sie haben ihn in der Abmahnung aufgefordert: "Es bei Vermeidung einer für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Vertragsstrafe in Höhe von 40.000,00 DM zu unterlassen, im Internet unter der Domain "www.pruefungsrecht.de" ohne erläuternden Zusatz und/oder ohne Hinweis darauf, daß Sie weder Rechtsanwalt sind noch Informationen zum Prüfungsrecht geben, aufzutreten".
Wegen der Einzelheiten der Abmahnung wird auf die Anlage K1 Bezug genommen.
Der Abmahnung war eine Kostennote nach einem Gegenstandswert von 100.000,00 DM beigefügt (Anlage K4).
Diese Abmahnung hat der Kläger seinerseits zum Anlaß genommen, ohne vorherige Kontaktaufnahme mit der Beklagten negative Feststellungsklage zu erheben.
Die Eigenschaft des Klägers als zugelassener Rechtsanwalt war aus seinem Internetauftritt nicht erkennbar. Nachdem dies in der mündlichen Verhandlung unstreitig geworden war, erklärte der Beklagtenvertreter, daß er im Hinblick auf die Eigenschaft des Klägers als Rechtsanwalt den geltend gemachten Unterlassungsanspruch nicht weiter aufrechterhalte.
Im Anschluß an diese Erklärung erklärten die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt und verhandelten mit widerstreitenden Kostenanträgen.
II.
Nach der übereinstimmenden Erledigungserklärung der Parteien hatte das Gericht gem. § 91 a ZPO über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen durch Beschluß zu entscheiden. Ausgangspunkt einer solchen Entscheidung ist zunächst der zu erwartende Verfahrensausgang. Der Partei sind in der Regel die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen, die den Prozeß voraussichtlich verloren hätte, wenn er nicht in der Hauptsache für erledigt erklärt worden wäre und die deshalb nach den allgemeinen kostenrechtlichen Bestimmungen der Zivilprozessordnung die Kosten zu tragen gehabt hätte.
Dies wäre vorliegend die Beklagte gewesen. Die Abmahnung der Beklagten war unberechtigt. Aus der Reservierung und Verwendung des beschreibenden Begriffs "Prüfungsrecht" folgt grundsätzlich kein Wettbewerbsverstoß (BGH NJW 2001, 3262 - Mitwohnzentrale, OLG Braunschweig CR 2000, 614 stahlguss.de).
Dies ist von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung auch nicht mehr in Zweifel gezogen worden.
Ein Unterlassungsanspruch hätte sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt von § 1 UWG in Verbindung mit dem Rechtsberatungsgesetz herleiten lassen. Eine individuelle, dem Rechtsberatungsgesetz unterfallende Beratung, wurde auf der Internetseite nicht angeboten.
Ein Unterlassungsanspruch wäre auch nicht aus §§ 1, 3 UWG unter dem Gesichtspunkt der Irreführung gegeben, da der Kläger Rechtsanwalt ist.
Allerdings ist im Rahmen der Kostenentscheidung nach § 91 a ZPO sowohl der Rechtsgedanke des § 93 ZPO sowie eine mögliche Verletzung der Aufklärungspflicht des Abgemahnten zu berücksichtigen. Es wäre eine unnötige Förmelei, die Verfahrenskosten zunächst dem Abmahnenden aufzuerlegen und ihn dann auf einen Schadensersatzprozeß zu verweisen, in dem er für diese Kosten Ausgleich verlangen kann ( Mellulis, Handbuch des Wettbewerbsprozesses 3. A. Rdnr. 708, 725 ).
Aber auch unter diesem Gesichtspunkt ergibt sich hier keine Kostentragungspflicht des Klägers. Der Kläger war nicht aufgrund der Abmahnung verpflichtet, die Beklagten darüber aufzuklären, daß er Rechtsanwalt ist. Er war auch nicht seinerseits zu einer Gegenabmahnung vor Erhebung der negativen Feststellungsklage verpflichtet. Entgegen der Auffassung der Beklagten begründet die Abmahnung als solche noch keine Sonderrechtsbeziehung, die zu einer Aufklärung oder Gegenabmahnung verpflichten würde ( Melullis a.a.O., Rdnr. 725a ). Denkbar wäre hier allenfalls ein Schuldverhältnis aus unerlaubter Handlung, welches durch den Wettbewerbsverstoß begründet worden wäre ( Melullis a.a.O., Rdnr. 726 ). An einem solchen Schuldverhältnis fehlt es hier aber, da die Abmahnung, unabhängig von der Rechtsanwaltseigenschaft des Klägers, von vornherein unbegründet war. Weder aus der Bezeichnung der Domain ( www.pruefungsrecht.de ) noch aus der vorgetragenen Gestaltung der Internetseite ergab sich, daß der Kläger für sich in Anspruch nimmt, Rechtsanwalt zu sein. Nur dies hätte bei fehlender Rechtsanwaltseigenschaft einen Unterlassungsanspruch begründen können. Der Verkehr folgert aus dem allgemeinen Hinweis "Prüfungsrecht" nicht notwendigerweise, daß sich unter dieser Adresse ein Rechtsanwalt befindet. Es sind unter dieser Bezeichnung ebenso Internetseiten von Schulen, Schulbehörden, spezialisierten Verlagsprogrammen, Universitäten oder etwa Selbsthilfegruppen zu erwarten. Die Klage des Klägers hätte daher, unabhängig von seiner Rechtsanwaltseigenschaft Erfolg gehabt. Die Abmahnung war daher von vornherein unbegründet und hat keine Sonderrechtsbeziehung und damit auch keine Aufklärungspflicht begründet.
Darüber hinaus hat die Beklagte ihre Abmahnung nach der Begründung der
Abmahnung nicht allein auf die fehlende Rechtsanwaltseigenschaft des
Klägers gestützt, sondern auch ausgeführt, daß durch die Blockierung
der genannten Domain eine Behinderung vorliege und auch gegen das Verbot
der Alleinstellungswerbung verstoßen würde. Der Kläger hatte daher
keinen Anlaß anzunehmen, daß die bloße Information der Beklagten
über den Umstand, daß er auch Rechtsanwalt ist, die Beklagte zum
Fallenlassen ihres Anspruchs bewogen hätte.
Die Beklagte hat einen rechtlich nicht zu beanstandenden
Internetauftritt des Klägers zum Anlaß genommen, diesen abzumahnen. Es
entspricht daher auch der Billigkeit, wenn sie nach dem Fallenlassen
ihres Anspruchs die Kosten des Verfahrens trägt.
Der Streitwert wird auf 100.000,- DM festgesetzt.
Dr. Meyer