Kammergericht
Berlin, Wiederholungsgefahr Beschluss
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Aktenzeichen: 9 W 154/04
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Verkündet am:
15.
November 2004
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KAMMERGERICHT
BERLIN
BESCHLUSS
In dem
Rechtsstreit
...
-
Beschwerdeführerin -
Prozeßbevollmächtigte:
Rechtsanwalt ...
g e
g e n
...
-
Beschwerdegegner
-
Prozeßbevollmächtigte:
Rechtsanwalt ...
...
hat der 9. Zivilsenat des Kammergerichts durch den Vorsitzenden am
Kammergericht ..., den Richter am Kammergericht ... und den Richter am
Amtsgericht ... beschlossen:
Die sofortige Beschwerde der
Beschwerdeführerin gegen die Kostenentscheidung in dem Urteil
des Landgerichts vom 31. August 2004
wird auf deren Kosten bei einem
Beschwerdewert von 1.111,00 Euro zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Beschwerdeführerin wendet sich mit ihrer sofortigen
Beschwerde gegen die Kostenentscheidung in dem Urteil des Landgerichts
vom 31. August 2004 soweit diese auf § 91 a ZPO beruht.
Der Beschwerdeführer nahm mit seiner Klage vom 13. Mai 2004
die Beschwerdegegnerin u.a. auf Unterlassung einer
Veröffentlichung vom ... in Anspruch. Die angegriffene,
unstreitig fehlerhafte Berichterstattung erschien am ... auf der
Internetseite „F... -O... “:
„B... J... T... hat mehrere
Projekte ohne Ausschreibung an eine parteieigene Wahlkampfagentur
vergeben.“
Ab dem ... verbreitete die Beschwerdeführerin ohne Hinweis auf
die am ... veröffentlichte Version eine
„berichtigte“
Version.
„B... J... T... hat mehrere
Projekte ohne Ausschreibung an eine Wahlkampfagentur der
Grünen vergeben.“
Nach Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung, die
der Beschwerdeführer vor Klageerhebung vergebens gefordert
hatte, durch die Beschwerdeführerin unter dem 25. Juni 2004
haben die Parteien den Rechtsstreit insoweit in der Hauptsache
für erledigt erklärt.
Das Landgericht hat dem Beschwerdeführer die Kosten des
Rechtsstreits auferlegt.
Die Beschwerdeführerin meint, das Landgericht habe zu strenge
Anforderungen an ein Entfallen der Wiederholungsgefahr gestellt.
II.
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Kostenentscheidung des
Landgerichts gem. § 91 a ZPO ist zutreffend.
Die Klage war bis zur Erledigung des Rechtsstreits zulässig
und begründet. Dem Beschwerdegegner stand ein
Unterlassungsanspruch aus §§ 1004 BGB, 823 Absatz 1
BGB in Verbindung mit Art. 1 und 2 GG zu. Insbesondere war auch die
Wiederholungsgefahr bis zur Abgabe der strafbewehrten
Unterlassungserklärung der Beschwerdeführerin vom 25.
Juni 2004 gegeben.
Ist bereits ein rechtswidriger Eingriff in das allgemeine
Persönlichkeitsrecht des Betroffenen erfolgt, besteht eine
tatsächliche Vermutung für das Vorliegen der
Wiederholungsgefahr. Zwar kann diese Vermutung widerlegt werden.
Grundsätzlich entfällt die Wiederholungsgefahr aber
nur dann, wenn der Verletzer dem Verletzten gegenüber eine
strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung abgibt.
Ohne eine solche Erklärung ist die Verneinung der
Wiederholungsgefahr allenfalls in ganz ungewöhnlichen
Ausnahmefällen denkbar. Im Deliktsrecht kann hierbei der
Schwere des Eingriffs, den Umständen der Verletzungshandlung,
dem fallbezogenen Grad der Wahrscheinlichkeit einer Wiederholung und
vor allem der Motivation des Verletzers für die
Entkräftung der Vermutung der Wiederholungsgefahr Gewicht
zukommen. Im Interesse des Rechtsschutzes des Betroffenen, der bereits
einmal das Opfer eines Eingriffs in sein allgemeines
Persönlichkeitsrecht geworden ist, müssen an die
Widerlegung der Vermutung der Wiederholungsgefahr jedoch hohe
Anforderungen gestellt werden. (BGH NJW 1994, 1281). Diese
Anforderungen sind hier nicht erfüllt.
Allein der Umstand, dass die Beschwerdeführerin den am ... auf
der Internetseite „F..-O...“ erschienen Bericht von
sich aus berichtigte und bereits ab dem ... nur noch die berichtigte
Version verbreitet hat, lässt die Wiederholungsgefahr nicht
entfallen. Es kommt in diesem Zusammenhang gar nicht darauf an, ob es
für den Beschwerdegegner erkennbar war, dass es sich um eine
freiwillige Korrektur gehandelt hat. Im Rahmen der konkreten
Berichterstattung am ... sowie berichtigt ab dem ... mag durch das
Beheben des Fehlers die Wahrscheinlichkeit gering sein, dass die
Beschwerdeführerin in den angegriffenen Bericht erneut die
falsche Behauptung aufnehmen würde; ausgeschlossen werden
konnte dies dadurch allerdings nicht.
Bereits aus diesem Grunde ist die
Vermutung der Wiederholungsgefahr nicht widerlegt. Darüber
hinaus ist in keiner Weise ausgeschlossen, dass die angegriffene
Behauptung im Zusammenhang mit einer anderen, späteren
Berichterstattung seitens der Beschwerdeführerin erneut
aufgestellt wird.
Zwar mag die Vermutung der Wiederholungsgefahr auch in Situationen
entfallen, in denen der Verletzer in anderer Weise als durch Abgabe
einer strafbewehrten Unterlassungserklärung jenseits allen
Zweifels deutlich macht, dass er die beanstandete Behauptung unter
keinen Umständen wiederholen wird. Davon ist der vorliegende
Fall aber weit entfernt. Eine förmliche Entschuldigung durch
die Beschwerdeführerin ist nicht erfolgt.
Insbesondere hat die Beschwerdeführerin weder einen Widerruf
noch eine Richtigstellung veröffentlicht. Insoweit hat das
Landgericht zu Recht darauf abgestellt, dass eine Richtigstellung nur
dann gegenüber dem Äußernden die Wirkung
entfalten kann, diesen von zukünftigen Wiederholungen der
beanstandeten Äußerung abzuhalten, wenn diese
Richtigstellung klar, eindeutig und ausdrücklich
gegenüber den eigenen Lesern oder Zuschauern erfolgt.
Räumt nämlich das Medium gegenüber den
eigenen Lesern ein, falsch berichtet zu haben, so kann davon
ausgegangen werden, dass das Medium schon im eigenen Interesse, sich
nicht unglaubwürdig zu machen, die Äußerung
nicht wiederholen werde. Insoweit ist es durchaus von Belang, dass die
Beschwerdeführerin eher „klamm und
heimlich“ die Berichtigung vorgenommen hat. Mit der
Folgenbeseitigung hat dies nichts zu tun.
III.
Der Beschwerdewert richtet sich nach der Höhe der bis zur
teilweisen Hauptsachenerledigungserklärung entstandenen
anteiligen Kosten.
(Unterschriften)