Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
Bundesgerichtshof
IM
NAMEN DES VOLKES
URTEIL
Amtlicher
Leitsatz:
Die Abtretung einer ärztlichen oder zahnärztlichen
Honorarforderung an eine gewerbliche Verrechnungsstelle, die zum Zweck
der Rechnungserstellung und Einziehung unter Übergabe der
Abrechnungsunterlagen erfolgt, ist wegen Verletzung der
ärztlichen Schweigepflicht (§ 203 Abs. 1 Nr. 1 StGB)
gem. § 134 BGB nichtig, wenn der Patient ihr nicht zugestimmt
hat.
Tatbestand:
Die Klägerin verlangt von den Beklagten als Gesamtschuldnern
aus abgetretenem Recht das Honorar für eine
zahnärztliche Behandlung der Beklagten zu 1 in Höhe
von 9.020,84 DM. Sie macht geltend, sie habe den Honoraranspruch im
Wege des Forderungskaufs und der Abtretung von dem behandelnden
Zahnarzt Dr. Z. erworben. Dem Vorgang liegt eine Vereinbarung zugrunde,
die die Klägerin, die früher als "F. Z. R. GmbH"
firmierte, am 18. Mai 1988 mit Dr. Z. abgeschlossen hat und die u.a.
folgende Bestimmungen enthält:
"1. Um sich von der Abrechnung der privaten Honorarforderungen
gegenüber seinen Patienten zu entlasten, bietet der Zahnarzt
seine sämtlichen gegenwärtigen und
zukünftigen Honorarforderungen, die nicht notwendigerweise
über die K. abgerechnet werden müssen, Z. zum Kauf an
und tritt die Forderungen gleichzeitig an Z. ab. Mit Eingang der
Abrechnungsunterlagen nimmt Z. das Kaufangebot an. Z. nimmt die
Abtretung an. Eine Ablehnung des Kaufangebotes hat Z.
ausdrücklich zu erklären.
...
4. Z. erstellt die Abrechnungen nach den Angaben des Zahnarztes und den
Vorschriften der jeweils gültigen Gebührenordnungen.
Der Zahnarzt verpflichtet sich, alle für die
Liquiditationserstellung notwendigen Unterlagen monatlich oder
quartalsweise einzureichen.
5. Z. übernimmt in vollem Umfang das Bonitätsrisiko
im Hinblick auf die Patienten des Zahnarztes....
6. Forderungen, die nicht oder nicht in voller Höhe bestehen,
bzw. einrede- oder einwendungsbehaftet sind, zeigt Z. dem Zahnarzt an.
Sollte aus den vorgenannten Gründen eine vollständige
oder teilweise Realisierung der Forderung nicht möglich sein,
verrechnet Z. den gesamten oder anteiligen Forderungswert mit den
nächsten nach diesem Vertrag fällig werdenden
Kaufpreiszahlungen an den Zahnarzt.
7. Im Fall Ziffer 6 kauft der Zahnarzt die Forderung zu ihrem Wert
wieder an und nimmt die Rückabtretung durch Z. an.
8. Z. verpflichtet sich, die Verarbeitung personenbezogener Daten
ausschließlich im Rahmen der Weisungen des Zahnarztes
durchzuführen und dabei die einschlägigen
Vorschriften des BDSG zu befolgen. Sämtliche Mitarbeiter des
Z. sind im Hinblick auf die im Rahmen der Privathonorarliquidation zu
bearbeitenden personenbezogenen Daten unter Strafandrohung nach dem
StGB zur strengsten Verschwiegenheit verpflichtet.
...
10. Sollte eine Bestimmung dieser Vereinbarung unwirksam sein oder
werden, so wird die Wirksamkeit der übrigen Bestimmungen
hiervon nicht berührt."
Nach mehrfacher erfolgloser Mahnung hat die Klägerin die
Honorarforderung zuzüglich 11 % Zinsen seit 28. November 1988
sowie 20 DM vorgerichtlicher Mahnkosten gerichtlich geltend gemacht.
Die Beklagten halten die Klage für unbegründet. Sie
wenden ein, die Abtretung der Honorarforderung sei unwirksam, weil sie
ohne Zustimmung der Beklagten zu 1 und daher unter Verletzung der
ärztlichen Schweigepflicht erfolgt sei. Im übrigen
sei die Forderung auch wegen der mangelhaften Leistung des Zahnarztes
Dr. Z. unberechtigt; insoweit seien ihnen jedoch nähere
Darlegungen gegenüber der Klägerin nicht zuzumuten.
Dem Einwand der Nichtigkeit der Abtretung hält die
Klägerin im wesentlichen entgegen, die Beklagte zu 1 habe der
Übermittlung der Behandlungsdaten zumindest stillschweigend
und in schlüssiger Weise zugestimmt; es sei heute
nämlich üblich und allgemein bekannt, daß
Ärzte und Zahnärzte gegenüber
Privatpatienten das Honorar in der Regel nicht mehr in der eigenen
Praxis abrechneten, sondern diese Aufgabe privatärztlichen
Verrechnungsstellen übertrügen. Davon abgesehen
verletze das Abrechnungsverfahren schon
tatbestandsmäßig nicht die ärztliche
Schweigepflicht im Sinne des § 203 StGB; jedenfalls liege kein
Gesetzesverstoß vor, der nach § 134 BGB zur
Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts führe.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete
Berufung hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit ihrer
zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren
in voller Höhe weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
I. Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in NJW 1991, 753
veröffentlicht ist, hält die Abtretung der
streitgegenständlichen Honorarforderung für nichtig.
Es hat hierzu im wesentlichen ausgeführt:
Zwar liege kein Verstoß gegen die Bestimmungen des
Rechtsberatungsgesetzes vor, weil der Forderungsübergang im
Wege des Factoring keine erlaubnispflichtige Inkassotätigkeit
darstelle. Die zur Vertragsnichtigkeit führende Verletzung
eines gesetzlichen Verbots (§ 134 BGB) ergebe sich aber aus
§ 203 Abs. 1 Nr. 1 StGB. Die unbefugte Weitergabe der
Abrechnungsunterlagen verstoße nämlich gegen die
ärztliche Schweigepflicht; insoweit sei der Zahnarzt
Täter, die Klägerin Anstifterin (§ 26 StGB).
Unbefugt sei die Übermittlung der Behandlungsdaten deshalb,
weil die Klägerin - anders als die ärztlichen
Standeseinrichtungen, die beim Honorareinzug im Namen und für
Rechnung des einzelnen Arztes handelten - als juristische Person des
Handelsrechts verfaßt sei und die Forderung im eigenen Namen
und für eigene Rechnung geltend mache. Ein solches Verfahren
entspreche aus der maßgeblichen Sicht der Patienten nicht der
Üblichkeit. Folglich könne auch nicht von einer
stillschweigenden oder mutmaßlichen Einwilligung ausgegangen
werden, die zumindest die Rechtswidrigkeit einer unter § 203
Abs. 1 Nr. 1 StGB fallenden Handlung beseitigen würde. Sowohl
bei der Klägerin als auch bei dem behandelnden Arzt sei
Vorwerfbarkeit in Form des bedingten Vorsatzes anzunehmen. Wegen der
untrennbaren Verbindung zwischen der Forderungsabtretung und dem Delikt
der Verletzung von Privatgeheimnissen führe die Nichtigkeit
des Forderungskaufes auch zur Unwirksamkeit der Abtretung als
Erfüllungsgeschäft.
Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision stand.
II.1. Zu Recht ist das Oberlandesgericht davon ausgegangen,
daß die Klägerin durch den Erwerb und die Einziehung
der Honorarforderung im Wege des echten Factoring nicht gegen die
Bestimmungen des Rechtsberatungsgesetzes verstoßen hat (BGHZ
76, 119, 125 [BGH 23.01.1980 - VIII ZR 91/79] = NJW 1980, 1394; BGHZ
58, 364 = NJW 1972, 1715).
2. Mit im wesentlichen zutreffender Begründung hat das
Berufungsgericht angenommen, daß die Abtretung der
streitgegenständlichen Forderung wegen Verstoßes
gegen ein Verbotsgesetz (§ 203 Abs. 1 Nr. 1 StGB)
gemäß § 134 BGB nichtig ist.
a) Strafvorschriften sind nach allgemeiner Meinung zwar nicht
ausnahmslos, aber im Zweifel Verbotsgesetze im Sinne des § 134
BGB (BGHZ 53, 152, 157; MünchKomm/Mayer-Maly, BGB, 2. Aufl.,
§ 134 Rdnr. 47, 48; Palandt/Heinrichs, BGB, 50. Aufl.,
§ 134 Rdnr. 23). Maßgebend für die Annahme
des Verbotscharakters sind in jedem Fall Sinn und Zweck des Gesetzes
(BGH aaO.; RGRK, BGB, 12. Aufl., § 134 Rdnr. 13;
Staudinger/Dilcher, BGB, 12. Aufl., § 134 Rdnr. 2).
Für die vom Berufungsgericht herangezogene Bestimmung des
§ 203 Abs. 1 Nr. 1 StGB steht danach die Eigenschaft als
Verbotsgesetz außer Frage; denn sie dient - wenn nicht
ausschließlich, so doch jedenfalls in erster Linie - dem
Schutz der Individualsphäre des Patienten, indem sie das
unbefugte Offenbaren eines unter die ärztliche Schweigepflicht
fallenden Geheimnisses mit Strafe bedroht (Dreher/Tröndle,
StGB, 45. Aufl., § 203 Rdnr. l a; LK/Jähnke, StGB,
10. Aufl., § 203 Rdnr. 4, 10 und 14 m.w.Nachw.; a.A.
Schönke/Schröder/Lenckner, StGB, 23. Aufl.,
§ 203 Rdnr. 3). Daß der Individualrechtsschutz im
Vordergrund steht, ergibt sich im übrigen auch aus dem
Strafantragserfordernis des § 205 StGB.
b)aa) Allerdings hat der Verstoß gegen ein Verbotsgesetz in
der Regel die Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts nur dann zur
Folge, wenn sich das Verbot gegen beide Seiten richtet (st.Rspr. seit
RGZ 60, 273). Die Vorschrift des § 203 StGB betrifft aber als
echtes Sonderdelikt (Dreher/Tröndle aaO. Rdnr. l a, 10 ff.;
LK/Jähnke aaO. Rdnr. 100) nur den zur Wahrung des fremden
Geheimnisses Verpflichteten, in Fällen der vorliegenden Art
mithin allein den Arzt; andere Personen können Teilnehmer,
jedoch nicht Täter sein. Derartige einseitige Verbote
führen nach der Rechtsprechung des Senats (BGHZ 46, 24, 26;
Urteil vom 26. No~ember 1980 - VIII ZR 50/80 = WM 1981, 143 unter II l
a) nur ausnahmsweise zur Nichtigkeit des Rechtsgeschäftes,
nämlich dann, wenn es mit dem Zweck des Verbotsgesetzes
unvereinbar wäre, die durch das Rechtsgeschäft
getroffene rechtliche Regelung hinzunehmen und bestehen zu lassen
(ebenso RGRK aaO. Rdnr. 14; Palandt/Heinrichs aaO. Rdnr. 9;
Soergel/Hefermehl, BGB, 12. Aufl., § 134 Rdnr. 15). Diese
Voraussetzungen sind hier erfüllt.
bb) Es bestehen schon Bedenken gegen die Gültigkeit der
Rahmenvereinbarung vom 18. Mai 1988; denn sie sagt weder in ihren Nrn.
1 oder 4 noch an anderer Stelle etwas darüber aus,
daß die Einwilligung des Patienten Voraussetzung für
die Wirksamkeit des Kaufes und der Abtretung einer Honorarforderung
ist. Die etwaige Annahme der Vertragsparteien, es könne von
einer stillschweigenden oder konkludenten Zustimmung der Patienten
ausgegangen werden, wäre unzutreffend und würde
deshalb die Bedenken nicht beseitigen. Die Frage der Wirksamkeit des
Rahmenvertrages kann indessen offenbleiben, weil es hierauf nicht
ankommt. Entscheidend ist vielmehr, ob im Einzelfall die mit dem
jeweiligen konkreten Forderungskauf und der Abtretung nach Nr. 1 des
Rahmenvertrages einhergehende Übergabe der
Abrechnungsunterlagen mit oder ohne Zustimmung des Patienten erfolgt.
Fehlt die Zustimmung, dann is| das Offenbaren des Berufsgeheimnisses
durch den Zahnarzt unbefugt im Sinne des § 203 Abs. 1 StGB,
sofern es nicht ausnahmsweise durch Gesetz oder aus einem
übergesetzlichen Grund gerechtfertigt ist.
cc) Ein ausdrückliches Einverständnis der Beklagten
zu 1 liegt unstreitig nicht vor. Die Annahme einer
mutmaßlichen Einwilligung scheidet aus, weil diese
voraussetzt, daß der Geheimnisträger zweifelsfrei
und erkennbar kein Interesse an der Wahrung des Geheimnisses hat oder
daß er nicht rechtzeitig befragt werden kann
(Dreher/Tröndle aaO. vor § 32 Rdnr. 4;
LK/Jähnke aaO. Rdnr. 81;
Schönke/Schröder/Lenckner aaO. Rdnr. 27). Keine der
beiden Möglichkeiten kommt hier in Betracht.
dd) Unter Berufung auf die strafrechtliche Literatur und Rechtsprechung
meint die Revision, ein Privatpatient erkläre sich jedenfalls
"stillschweigend bzw. konkludent" damit einverstanden, daß
der behandelnde Arzt seine Leistungen über eine
selbständige Abrechnungsstelle abrechnen und einziehen lasse,
sofern er dem nicht bei Beginn der Behandlung ausdrücklich
widerspreche. Angesichts der Arbeitsteilung in heutigen Arztpraxen und
der allgemein bekannten Existenz privatärztlicher
Verrechnungsstellen müsse ein Privatpatient bei jedem
konsultierten Arzt grundsätzlich mit der Weitergabe der
Behandlungsdaten an eine Verrechnungsstelle zum Zwecke der
Honorarabrechnung rechnen. Falls er damit nicht einverstanden sei,
müsse er dies ausdrücklich zu erkennen geben.
Diese Auffassung teilt der Senat nicht.
Die Frage, ob im Regelfall eine stillschweigende Einwilligung des
Privatpatienten mit einer externen Abrechnung des Arzthonorars
angenommen werden kann, wird in Rechtsprechung und Schrifttum
unterschiedlich beurteilt (bejahend: LG Kleve, NJW 1991, 756 [LG Kleve
20.03.1990 - 6 S 337/89]; AG Grevenbroich, NJW 1990, 1535, 1536 [AG
Grevenbroich 16.10.1989 - 11 C 198/89]; LK/Jähnke aaO. Rdnr.
69; SK/Samson, StGB, § 203 Rdnr. 40 - mutmaßliche
Einwilligung -; verneinend: Urteile des LG Köln und des OLG
Köln im vorliegenden Verfahren; AG Neuss, NJW 1990, 2937, 2938
[AG Neuss 11.07.1989 - 40 C 394/88]; ähnlich LG Berlin, NJW
1991, 757 [LG Berlin 12.06.1990 - 55 S 276/89], das einen Fall des
§ 399 BGB annimmt; König, Anm. z. OLG Köln,
NJW 1991, 753, 755 [OLG Köln 29.08.1990 - 27 U 76/90];
Bongen/Kremer, NJW 1990, 2911, 2912; Narr, Arztliches Berufsrecht, 2.
Aufl., Rdnr. 771; ders., Arzt-Patient-Krankenhaus, S. 91 f.; zweifelnd:
Schönke/Schröder/Lenckner aaO. Rdnr. 27; Rieger,
Lexikon des Arztrechts, Rdnr. 1443; Dreher/Tröndle aaO.
§ 203 Rdnr. 228 verneint bei Weitergabe von Patientendaten an
externe Rechenzentren "im Rahmen des Erforderlichen" bereits die
Tatbestandsmäßigkeit).
Ob es für die Annahme einer stillschweigenden Einwilligung in
die Übermittlung der Behandlungsdaten an eine externe
Abrechnungsstelle stets ausreicht, wenn der Patient in Kenntnis einer
entsprechenden Übung des behandelnden Arztes - etwa aufgrund
eines schriftlichen Hinweises im Wartezimmer - dem nicht widerspricht,
erscheint zumindest fraglich. Im Hinblick auf die ärztliche
Schweigepflicht obliegt es nämlich dem Arzt, die Zustimmung
des Patienten in eindeutiger und unmißverständlicher
Weise einzuholen. Es ist grundsätzlich nicht Sache des
Patienten, der Weitergabe seiner Daten zu widersprechen, um den
Eindruck des stillschweigenden Einverständnisses zu vermeiden.
Die Frage kann hier aber offen bleiben; denn weder hat das
Berufungsgericht festgestellt noch hat die Klägerin etwas
dafür vorgetragen, daß der Beklagten zu 1 die
Inanspruchnahme der Klägerin durch den Zahnarzt Dr. Z. bekannt
gewesen sei. Hat die Beklagte zu 1 aber eine solche Kenntnis nicht
gehabt, dann scheidet jedenfalls unter diesem Gesichtspunkt die Annahme
einer schlüssigen Einwilligung aus. Eine rechtserhebliche
Bedeutung könnte das Verhalten der Beklagten zu 1 mithin nur
dann haben, wenn die externe Abrechnung einer privatärztlichen
Leistung in einem solchen Maße üblich und geradezu
selbstverständlich wäre, daß die
Inanspruchnahme der ärztlichen Behandlung ohne gleichzeitigen
Widerspruch bei objektiver Betrachtung vernünftigerweise nur
als Zustimmung verstanden werden könnte; dann nämlich
müßte sich die Beklagte zu 1 entsprechend dem
Grundgedanken des § 157 BGBnach Treu und Glauben und mit
Rücksicht auf die Verkehrssitte an der in schlüssiger
Weise erklärten Zustimmung festhalten lassen.
Von einer derartigen, zur Verkehrssitte erstarkten Üblichkeit
kann jedoch keine Rede sein (vol. Bongen/Kremer aaO.; Narr,
Ärztliches Berufsrecht, Rdnr. 771; Rieger aaO.). Zwar ist die
Existenz berufsständischer privatärztlicher
Verrechnungsstellen unter Privatpatienten heute wohl allgemein bekannt.
Das bedeutet aber nicht, daß der Patient ohne weiteres davon
ausgehen muß, der Arzt, den er zur Behandlung aufsucht, lasse
sein Honorar durch eine solche Stelle abrechnen und einziehen, darauf
hat das Amtsgericht Neuss in seinem Urteil vom 11. Juli 1989 (NJW 1990,
2937 f.) mit Recht hingewiesen. Noch viel weniger gilt dies
für rein gewerbliche Verrechnungsstellen, die - wie die
Klägerin - von einer für den Patienten anonymen, in
erster Linie auf Gewinnerzielung ausgerichteten juristischen Person des
Handelsrechts betrieben werden. Die häufig über
intimste Dinge des Patienten genaue Auskunft gebenden
Abrechnungsunterlagen verdienen einen besonders wirksamen Schutz.
Dieser ist grundsätzlich nur gewährleistet, wenn die
Honorarabrechnung in einem von vornherein und sicher für den
Patienten überschaubaren Bereich erfolgt; das aber ist in
aller Regel allein die Praxis des behandelnden Arztes
einschließlich der für die Abrechnung
zuständigen Mitarbeiter. Jedes Überschreiten der
Grenzen dieses Bereichs stellt ein Offenbaren des dem Arzt anvertrauten
Patientengeheimnisses dar, wobei es ohne Bedeutung ist, ob der
Mitteilungsempfänger seinerseits - etwa als Arzt oder
privatärztliche Verrechnungsstelle (§ 203 Abs. 1 Nr.
1 und 6 StGB) - der Schweigepflicht unterliegt (LK/Jähnke aaO.
Rdnr. 39, 40; Schönke/Schröder/Lenckner aaO. Rdnr.
19; SK/Samson aaO. Rdnr. 35).
ee) Sonstige Gründe, die das Offenbaren eines
Patientengeheimnisses rechtfertigen könnten, liegen nicht vor.
Anders als bei der gerichtlichen Geltendmachung, die als letztes Mittel
zur Durchsetzung einer Honorarforderung erlaubt ist (LK/Jähnke
aaO. Rdnr. 83; Schönke/Schröder/Lenckner aaO. Rdnr.
33; SK/Samson aaO. Rdnr. 44), ist die Weitergabe von Behandlungsdaten
an einen Dritten zum Zweck der Rechnungserstellung nicht zwingend
erforderlich. Vielmehr erleichtert der Einsatz elektronischer
Datenverarbeitung die Honorarabrechnung in der ärztlichen
Praxis erheblich. Soweit ein Arzt von der Möglichkeit externer
Abrechnung Gebrauch macht, erfolgt dies unter dem Gesichtspunkt einer
Kosten-/Nutzen-Analyse (vgl. Hauschildt/Stahrenberg, Zur
Effektivität von Inkasso-Unternehmen, BB 1991, 3). Solche
wirtschaftlichen Erwägungen, von denen die Durchsetzung des
Honoraranspruchs nicht abhängt, vermögen aber die
Verletzung der ärztlichen Schweigepflicht unter keinen
Umständen zu rechtfertigen.
War die Weitergabe der Abrechnungsunterlagen mithin schon wegen Fehlens
einer mündlichen oder konkludent erklärten
Einwilligung der Beklagten zu 1 unzulässig, kommt es
für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht mehr darauf an,
ob nicht nach § 3 Satz 2 BDSG a.F. (§ 4 Abs. 2 Satz 2
BDSG i.d.F. des Gesetzes vom 20. Dezember 1990) sogar eine schriftliche
Zustimmung erforderlich gewesen wäre (so z.B. Bongen/Kremer
aaO. S. 2914; a.A. Rieger aaO. Rdnr. 544).
ff) Ob die beteiligten Mitarbeiter der Klägerin und der
Zahnarzt Dr. Z. bei Abschluß des
verfahrensgegenständlichen Forderungskaufvertrages und der
Abtretung mindestens mit bedingtem Vorsatz gehandelt haben, wie das
Berufungsgericht meint, kann dahinstehen. Der Schutzzweck des
§ 203 StGB gebietet es zwingend, dem - auch - auf das
unbefugte Offenbaren des ärztlichen Berufsgeheimnisses
gerichteten Rechtsgeschäft von vornherein die Wirkung zu
versagen.
Soweit die Vorschrift in den Bereich des Privatrechts hineinwirkt,
würde sie in vielen Fällen ins Leere gehen, wollte
man die Wirksamkeit eines solchen Rechtsgeschäfts davon
abhängig sein lassen, ob die Beteiligten sich im Einzelfall
strafbar gemacht, insbesondere also schuldhaft gehandelt haben.
Für den betroffenen Patienten bedeutet es keinen Unterschied,
ob der Arzt vorsätzlich, fahrlässig oder schuldlos
sein Berufsgeheimnis verletzt hat. Gegen die unbefugte Preisgabe seiner
persönlichen Geheimnisse ist er allein dann hinreichend
geschützt, wenn bereits der objektive Verstoß gegen
den Tatbestand des § 203 Abs. 1 Nr. 1 StGB die zivilrechtliche
Sanktion der Unwirksamkeit des betreffenden Rechtsgeschäfts
zur Folge hat. Jedes andere Ergebnis wäre mit dem Sinn und
Zweck sowohl des § 203 StGB als auch des § 134 BGB
nicht zu vereinbaren. Die Nichtigkeit folgt daher schon aus dem
verbotswidrigen Inhalt des Vertrages, ohne daß es auf die
subjektive Seite ankommt (vgl. Soergel/Hefermehl aaO. Rdnr. 16 und 25).
c) Zu Recht hat das Berufungsgericht schließlich angenommen,
daß sich die Nichtigkeitsfolge des § 134 BGB nicht
auf den Forderungskauf als Grundgeschäft beschränkt,
sondern auch das Erfüllungsgeschäft der Abtretung
erfaßt. Zwar läßt die Nichtigkeit des
Verpflichtungsgeschäfts die Wirksamkeit des
Erfüllungsgeschäfts wegen dessen abstrakter
Rechtsnatur grundsätzlich unberührt
(Palandt/Heinrichs aaO. Rdnr. 13). Das kann aber ausnahmsweise dann
nicht gelten, wenn die Umstände, die die Verbotswidrigkeit des
Kausalgeschäftes begründen, zugleich und unmittelbar
auch das Erfüllungsgeschäft betreffen. Das ist hier
der Fall.
aa) Nach Nr. 1 des Rahmenvertrages vom 18. Mai 1988 "bietet der
Zahnarzt seine sämtlichen gegenwärtigen und
zukünftigen Honorarforderungen... Z. (der Klägerin)
zum Kauf an und tritt die Forderungen gleichzeitig an Z. ab. Mit
Eingang der Abrechnungsunterlagen nimmt Z. das Kaufangebot an. Z. nimmt
die Abtretung an". Diese Formulierung, die von der Klägerin
für eine Vielzahl von Verträgen verwendet wird und
deshalb als Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne des
§ 1 Abs. 1 AGBG der Auslegung durch das Revisionsgericht
unterliegt, läßt keinen Zweifel daran, daß
Abschluß des einzelnen Forderungskaufvertrages, Abtretung der
Forderung und Übergabe der Abrechnungsunterlagen nach dem
Willen der Vertragsparteien - der Klägerin und des Zahnarztes
- ein einheitliches, untrennbares Ganzes bilden sollen. Das im
Einzelfall verbotswidrige Offenbaren des Patientengeheimnisses ist
nicht nur Voraussetzung des Kaufvertrages, sondern ebenso und
unmittelbar auch des Erfüllungsgeschäfts der
Abtretung.
bb) Die salvatorische Klausel in Nr. 10 der Rahmenvereinbarung
ändert an diesem Ergebnis nichts. Es erscheint schon fraglich,
ob unter "Bestimmung" hier nicht lediglich die einzelnen, durch Nummern
gekennzeichneten Vertragsteile gemeint sind, so daß die
"heilende" Wirkung nicht eintritt, wenn innerhalb einer Vertragsnummer
Teilnichtigkeit gegeben ist. Jedenfalls besteht aufgrund des
unmißverständlich an die Übergabe der
Abrechnungsunterlagen gekoppelten gleichzeitigen Zustandekommens von
Kaufvertrag und Abtretung zwischen allen drei Vorgängen ein so
enger innerer Zusammenhang, daß das unzulässige
Offenbaren der Behandlungsdaten auch die Nichtigkeit der an sie
gebundenen Abtretung zwangsläufig zur Folge hat.
Wollte man die Abtretung dagegen als wirksam ansehen, so würde
dies dazu führen, daß die Beklagten sowohl in einer
vorgerichtlichen Auseinandersetzung als auch im Prozeß
gezwungen wären, gegenüber einem außerhalb
des Arzt-Patienten-Verhältnisses stehenden Dritten,
nämlich der Klägerin, Einwände gegen die
Honorarabrechnung vorzubringen und dazu u.U. bisher unbekannte
Einzelheiten aus der Vorgeschichte oder der Behandlung offenzulegen.
Mit Recht haben die Beklagten darauf hingewiesen, daß ihnen
Derartiges nicht zugemutet werden kann. Gegen diese Gefahr ist der
Patient, wie gerade der vorliegende Fall zeigt, auch nicht durch die in
Nr. 7 des Rahmenvertrages enthaltene Rückkaufsklausel bei
fehlgeschlagener Realisierung der Honorarforderung hinreichend
geschützt.