Bundesgerichtshof Urteil Zahnarzt, Abtretung, Honorar, Schweigepflicht, Verletzung, 203 StGB
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Aktenzeichen:   VIII ZR 296/90
Verkündet am:
10.07.1991

Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle

Bundesgerichtshof

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL



Amtlicher Leitsatz:

Die Abtretung einer ärztlichen oder zahnärztlichen Honorarforderung an eine gewerbliche Verrechnungsstelle, die zum Zweck der Rechnungserstellung und Einziehung unter Übergabe der Abrechnungsunterlagen erfolgt, ist wegen Verletzung der ärztlichen Schweigepflicht (§ 203 Abs. 1 Nr. 1 StGB) gem. § 134 BGB nichtig, wenn der Patient ihr nicht zugestimmt hat.

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt von den Beklagten als Gesamtschuldnern aus abgetretenem Recht das Honorar für eine zahnärztliche Behandlung der Beklagten zu 1 in Höhe von 9.020,84 DM. Sie macht geltend, sie habe den Honoraranspruch im Wege des Forderungskaufs und der Abtretung von dem behandelnden Zahnarzt Dr. Z. erworben. Dem Vorgang liegt eine Vereinbarung zugrunde, die die Klägerin, die früher als "F. Z. R. GmbH" firmierte, am 18. Mai 1988 mit Dr. Z. abgeschlossen hat und die u.a. folgende Bestimmungen enthält:

"1. Um sich von der Abrechnung der privaten Honorarforderungen gegenüber seinen Patienten zu entlasten, bietet der Zahnarzt seine sämtlichen gegenwärtigen und zukünftigen Honorarforderungen, die nicht notwendigerweise über die K. abgerechnet werden müssen, Z. zum Kauf an und tritt die Forderungen gleichzeitig an Z. ab. Mit Eingang der Abrechnungsunterlagen nimmt Z. das Kaufangebot an. Z. nimmt die Abtretung an. Eine Ablehnung des Kaufangebotes hat Z. ausdrücklich zu erklären.

...

4. Z. erstellt die Abrechnungen nach den Angaben des Zahnarztes und den Vorschriften der jeweils gültigen Gebührenordnungen. Der Zahnarzt verpflichtet sich, alle für die Liquiditationserstellung notwendigen Unterlagen monatlich oder quartalsweise einzureichen.

5. Z. übernimmt in vollem Umfang das Bonitätsrisiko im Hinblick auf die Patienten des Zahnarztes....

6. Forderungen, die nicht oder nicht in voller Höhe bestehen, bzw. einrede- oder einwendungsbehaftet sind, zeigt Z. dem Zahnarzt an.

Sollte aus den vorgenannten Gründen eine vollständige oder teilweise Realisierung der Forderung nicht möglich sein, verrechnet Z. den gesamten oder anteiligen Forderungswert mit den nächsten nach diesem Vertrag fällig werdenden Kaufpreiszahlungen an den Zahnarzt.

7. Im Fall Ziffer 6 kauft der Zahnarzt die Forderung zu ihrem Wert wieder an und nimmt die Rückabtretung durch Z. an.

8. Z. verpflichtet sich, die Verarbeitung personenbezogener Daten ausschließlich im Rahmen der Weisungen des Zahnarztes durchzuführen und dabei die einschlägigen Vorschriften des BDSG zu befolgen. Sämtliche Mitarbeiter des Z. sind im Hinblick auf die im Rahmen der Privathonorarliquidation zu bearbeitenden personenbezogenen Daten unter Strafandrohung nach dem StGB zur strengsten Verschwiegenheit verpflichtet.

...

10. Sollte eine Bestimmung dieser Vereinbarung unwirksam sein oder werden, so wird die Wirksamkeit der übrigen Bestimmungen hiervon nicht berührt."

Nach mehrfacher erfolgloser Mahnung hat die Klägerin die Honorarforderung zuzüglich 11 % Zinsen seit 28. November 1988 sowie 20 DM vorgerichtlicher Mahnkosten gerichtlich geltend gemacht.

Die Beklagten halten die Klage für unbegründet. Sie wenden ein, die Abtretung der Honorarforderung sei unwirksam, weil sie ohne Zustimmung der Beklagten zu 1 und daher unter Verletzung der ärztlichen Schweigepflicht erfolgt sei. Im übrigen sei die Forderung auch wegen der mangelhaften Leistung des Zahnarztes Dr. Z. unberechtigt; insoweit seien ihnen jedoch nähere Darlegungen gegenüber der Klägerin nicht zuzumuten.

Dem Einwand der Nichtigkeit der Abtretung hält die Klägerin im wesentlichen entgegen, die Beklagte zu 1 habe der Übermittlung der Behandlungsdaten zumindest stillschweigend und in schlüssiger Weise zugestimmt; es sei heute nämlich üblich und allgemein bekannt, daß Ärzte und Zahnärzte gegenüber Privatpatienten das Honorar in der Regel nicht mehr in der eigenen Praxis abrechneten, sondern diese Aufgabe privatärztlichen Verrechnungsstellen übertrügen. Davon abgesehen verletze das Abrechnungsverfahren schon tatbestandsmäßig nicht die ärztliche Schweigepflicht im Sinne des § 203 StGB; jedenfalls liege kein Gesetzesverstoß vor, der nach § 134 BGB zur Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts führe.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit ihrer zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren in voller Höhe weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

I. Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in NJW 1991, 753 veröffentlicht ist, hält die Abtretung der streitgegenständlichen Honorarforderung für nichtig. Es hat hierzu im wesentlichen ausgeführt:

Zwar liege kein Verstoß gegen die Bestimmungen des Rechtsberatungsgesetzes vor, weil der Forderungsübergang im Wege des Factoring keine erlaubnispflichtige Inkassotätigkeit darstelle. Die zur Vertragsnichtigkeit führende Verletzung eines gesetzlichen Verbots (§ 134 BGB) ergebe sich aber aus § 203 Abs. 1 Nr. 1 StGB. Die unbefugte Weitergabe der Abrechnungsunterlagen verstoße nämlich gegen die ärztliche Schweigepflicht; insoweit sei der Zahnarzt Täter, die Klägerin Anstifterin (§ 26 StGB). Unbefugt sei die Übermittlung der Behandlungsdaten deshalb, weil die Klägerin - anders als die ärztlichen Standeseinrichtungen, die beim Honorareinzug im Namen und für Rechnung des einzelnen Arztes handelten - als juristische Person des Handelsrechts verfaßt sei und die Forderung im eigenen Namen und für eigene Rechnung geltend mache. Ein solches Verfahren entspreche aus der maßgeblichen Sicht der Patienten nicht der Üblichkeit. Folglich könne auch nicht von einer stillschweigenden oder mutmaßlichen Einwilligung ausgegangen werden, die zumindest die Rechtswidrigkeit einer unter § 203 Abs. 1 Nr. 1 StGB fallenden Handlung beseitigen würde. Sowohl bei der Klägerin als auch bei dem behandelnden Arzt sei Vorwerfbarkeit in Form des bedingten Vorsatzes anzunehmen. Wegen der untrennbaren Verbindung zwischen der Forderungsabtretung und dem Delikt der Verletzung von Privatgeheimnissen führe die Nichtigkeit des Forderungskaufes auch zur Unwirksamkeit der Abtretung als Erfüllungsgeschäft.

Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision stand.

II.1. Zu Recht ist das Oberlandesgericht davon ausgegangen, daß die Klägerin durch den Erwerb und die Einziehung der Honorarforderung im Wege des echten Factoring nicht gegen die Bestimmungen des Rechtsberatungsgesetzes verstoßen hat (BGHZ 76, 119, 125 [BGH 23.01.1980 - VIII ZR 91/79] = NJW 1980, 1394; BGHZ 58, 364 = NJW 1972, 1715).

2. Mit im wesentlichen zutreffender Begründung hat das Berufungsgericht angenommen, daß die Abtretung der streitgegenständlichen Forderung wegen Verstoßes gegen ein Verbotsgesetz (§ 203 Abs. 1 Nr. 1 StGB) gemäß § 134 BGB nichtig ist.

a) Strafvorschriften sind nach allgemeiner Meinung zwar nicht ausnahmslos, aber im Zweifel Verbotsgesetze im Sinne des § 134 BGB (BGHZ 53, 152, 157; MünchKomm/Mayer-Maly, BGB, 2. Aufl., § 134 Rdnr. 47, 48; Palandt/Heinrichs, BGB, 50. Aufl., § 134 Rdnr. 23). Maßgebend für die Annahme des Verbotscharakters sind in jedem Fall Sinn und Zweck des Gesetzes (BGH aaO.; RGRK, BGB, 12. Aufl., § 134 Rdnr. 13; Staudinger/Dilcher, BGB, 12. Aufl., § 134 Rdnr. 2). Für die vom Berufungsgericht herangezogene Bestimmung des § 203 Abs. 1 Nr. 1 StGB steht danach die Eigenschaft als Verbotsgesetz außer Frage; denn sie dient - wenn nicht ausschließlich, so doch jedenfalls in erster Linie - dem Schutz der Individualsphäre des Patienten, indem sie das unbefugte Offenbaren eines unter die ärztliche Schweigepflicht fallenden Geheimnisses mit Strafe bedroht (Dreher/Tröndle, StGB, 45. Aufl., § 203 Rdnr. l a; LK/Jähnke, StGB, 10. Aufl., § 203 Rdnr. 4, 10 und 14 m.w.Nachw.; a.A. Schönke/Schröder/Lenckner, StGB, 23. Aufl., § 203 Rdnr. 3). Daß der Individualrechtsschutz im Vordergrund steht, ergibt sich im übrigen auch aus dem Strafantragserfordernis des § 205 StGB.

b)aa) Allerdings hat der Verstoß gegen ein Verbotsgesetz in der Regel die Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts nur dann zur Folge, wenn sich das Verbot gegen beide Seiten richtet (st.Rspr. seit RGZ 60, 273). Die Vorschrift des § 203 StGB betrifft aber als echtes Sonderdelikt (Dreher/Tröndle aaO. Rdnr. l a, 10 ff.; LK/Jähnke aaO. Rdnr. 100) nur den zur Wahrung des fremden Geheimnisses Verpflichteten, in Fällen der vorliegenden Art mithin allein den Arzt; andere Personen können Teilnehmer, jedoch nicht Täter sein. Derartige einseitige Verbote führen nach der Rechtsprechung des Senats (BGHZ 46, 24, 26; Urteil vom 26. No~ember 1980 - VIII ZR 50/80 = WM 1981, 143 unter II l a) nur ausnahmsweise zur Nichtigkeit des Rechtsgeschäftes, nämlich dann, wenn es mit dem Zweck des Verbotsgesetzes unvereinbar wäre, die durch das Rechtsgeschäft getroffene rechtliche Regelung hinzunehmen und bestehen zu lassen (ebenso RGRK aaO. Rdnr. 14; Palandt/Heinrichs aaO. Rdnr. 9; Soergel/Hefermehl, BGB, 12. Aufl., § 134 Rdnr. 15). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

bb) Es bestehen schon Bedenken gegen die Gültigkeit der Rahmenvereinbarung vom 18. Mai 1988; denn sie sagt weder in ihren Nrn. 1 oder 4 noch an anderer Stelle etwas darüber aus, daß die Einwilligung des Patienten Voraussetzung für die Wirksamkeit des Kaufes und der Abtretung einer Honorarforderung ist. Die etwaige Annahme der Vertragsparteien, es könne von einer stillschweigenden oder konkludenten Zustimmung der Patienten ausgegangen werden, wäre unzutreffend und würde deshalb die Bedenken nicht beseitigen. Die Frage der Wirksamkeit des Rahmenvertrages kann indessen offenbleiben, weil es hierauf nicht ankommt. Entscheidend ist vielmehr, ob im Einzelfall die mit dem jeweiligen konkreten Forderungskauf und der Abtretung nach Nr. 1 des Rahmenvertrages einhergehende Übergabe der Abrechnungsunterlagen mit oder ohne Zustimmung des Patienten erfolgt. Fehlt die Zustimmung, dann is| das Offenbaren des Berufsgeheimnisses durch den Zahnarzt unbefugt im Sinne des § 203 Abs. 1 StGB, sofern es nicht ausnahmsweise durch Gesetz oder aus einem übergesetzlichen Grund gerechtfertigt ist.

cc) Ein ausdrückliches Einverständnis der Beklagten zu 1 liegt unstreitig nicht vor. Die Annahme einer mutmaßlichen Einwilligung scheidet aus, weil diese voraussetzt, daß der Geheimnisträger zweifelsfrei und erkennbar kein Interesse an der Wahrung des Geheimnisses hat oder daß er nicht rechtzeitig befragt werden kann (Dreher/Tröndle aaO. vor § 32 Rdnr. 4; LK/Jähnke aaO. Rdnr. 81; Schönke/Schröder/Lenckner aaO. Rdnr. 27). Keine der beiden Möglichkeiten kommt hier in Betracht.

dd) Unter Berufung auf die strafrechtliche Literatur und Rechtsprechung meint die Revision, ein Privatpatient erkläre sich jedenfalls "stillschweigend bzw. konkludent" damit einverstanden, daß der behandelnde Arzt seine Leistungen über eine selbständige Abrechnungsstelle abrechnen und einziehen lasse, sofern er dem nicht bei Beginn der Behandlung ausdrücklich widerspreche. Angesichts der Arbeitsteilung in heutigen Arztpraxen und der allgemein bekannten Existenz privatärztlicher Verrechnungsstellen müsse ein Privatpatient bei jedem konsultierten Arzt grundsätzlich mit der Weitergabe der Behandlungsdaten an eine Verrechnungsstelle zum Zwecke der Honorarabrechnung rechnen. Falls er damit nicht einverstanden sei, müsse er dies ausdrücklich zu erkennen geben.

Diese Auffassung teilt der Senat nicht.

Die Frage, ob im Regelfall eine stillschweigende Einwilligung des Privatpatienten mit einer externen Abrechnung des Arzthonorars angenommen werden kann, wird in Rechtsprechung und Schrifttum unterschiedlich beurteilt (bejahend: LG Kleve, NJW 1991, 756 [LG Kleve 20.03.1990 - 6 S 337/89]; AG Grevenbroich, NJW 1990, 1535, 1536 [AG Grevenbroich 16.10.1989 - 11 C 198/89]; LK/Jähnke aaO. Rdnr. 69; SK/Samson, StGB, § 203 Rdnr. 40 - mutmaßliche Einwilligung -; verneinend: Urteile des LG Köln und des OLG Köln im vorliegenden Verfahren; AG Neuss, NJW 1990, 2937, 2938 [AG Neuss 11.07.1989 - 40 C 394/88]; ähnlich LG Berlin, NJW 1991, 757 [LG Berlin 12.06.1990 - 55 S 276/89], das einen Fall des § 399 BGB annimmt; König, Anm. z. OLG Köln, NJW 1991, 753, 755 [OLG Köln 29.08.1990 - 27 U 76/90]; Bongen/Kremer, NJW 1990, 2911, 2912; Narr, Arztliches Berufsrecht, 2. Aufl., Rdnr. 771; ders., Arzt-Patient-Krankenhaus, S. 91 f.; zweifelnd: Schönke/Schröder/Lenckner aaO. Rdnr. 27; Rieger, Lexikon des Arztrechts, Rdnr. 1443; Dreher/Tröndle aaO. § 203 Rdnr. 228 verneint bei Weitergabe von Patientendaten an externe Rechenzentren "im Rahmen des Erforderlichen" bereits die Tatbestandsmäßigkeit).

Ob es für die Annahme einer stillschweigenden Einwilligung in die Übermittlung der Behandlungsdaten an eine externe Abrechnungsstelle stets ausreicht, wenn der Patient in Kenntnis einer entsprechenden Übung des behandelnden Arztes - etwa aufgrund eines schriftlichen Hinweises im Wartezimmer - dem nicht widerspricht, erscheint zumindest fraglich. Im Hinblick auf die ärztliche Schweigepflicht obliegt es nämlich dem Arzt, die Zustimmung des Patienten in eindeutiger und unmißverständlicher Weise einzuholen. Es ist grundsätzlich nicht Sache des Patienten, der Weitergabe seiner Daten zu widersprechen, um den Eindruck des stillschweigenden Einverständnisses zu vermeiden.

Die Frage kann hier aber offen bleiben; denn weder hat das Berufungsgericht festgestellt noch hat die Klägerin etwas dafür vorgetragen, daß der Beklagten zu 1 die Inanspruchnahme der Klägerin durch den Zahnarzt Dr. Z. bekannt gewesen sei. Hat die Beklagte zu 1 aber eine solche Kenntnis nicht gehabt, dann scheidet jedenfalls unter diesem Gesichtspunkt die Annahme einer schlüssigen Einwilligung aus. Eine rechtserhebliche Bedeutung könnte das Verhalten der Beklagten zu 1 mithin nur dann haben, wenn die externe Abrechnung einer privatärztlichen Leistung in einem solchen Maße üblich und geradezu selbstverständlich wäre, daß die Inanspruchnahme der ärztlichen Behandlung ohne gleichzeitigen Widerspruch bei objektiver Betrachtung vernünftigerweise nur als Zustimmung verstanden werden könnte; dann nämlich müßte sich die Beklagte zu 1 entsprechend dem Grundgedanken des § 157 BGBnach Treu und Glauben und mit Rücksicht auf die Verkehrssitte an der in schlüssiger Weise erklärten Zustimmung festhalten lassen.

Von einer derartigen, zur Verkehrssitte erstarkten Üblichkeit kann jedoch keine Rede sein (vol. Bongen/Kremer aaO.; Narr, Ärztliches Berufsrecht, Rdnr. 771; Rieger aaO.). Zwar ist die Existenz berufsständischer privatärztlicher Verrechnungsstellen unter Privatpatienten heute wohl allgemein bekannt. Das bedeutet aber nicht, daß der Patient ohne weiteres davon ausgehen muß, der Arzt, den er zur Behandlung aufsucht, lasse sein Honorar durch eine solche Stelle abrechnen und einziehen, darauf hat das Amtsgericht Neuss in seinem Urteil vom 11. Juli 1989 (NJW 1990, 2937 f.) mit Recht hingewiesen. Noch viel weniger gilt dies für rein gewerbliche Verrechnungsstellen, die - wie die Klägerin - von einer für den Patienten anonymen, in erster Linie auf Gewinnerzielung ausgerichteten juristischen Person des Handelsrechts betrieben werden. Die häufig über intimste Dinge des Patienten genaue Auskunft gebenden Abrechnungsunterlagen verdienen einen besonders wirksamen Schutz. Dieser ist grundsätzlich nur gewährleistet, wenn die Honorarabrechnung in einem von vornherein und sicher für den Patienten überschaubaren Bereich erfolgt; das aber ist in aller Regel allein die Praxis des behandelnden Arztes einschließlich der für die Abrechnung zuständigen Mitarbeiter. Jedes Überschreiten der Grenzen dieses Bereichs stellt ein Offenbaren des dem Arzt anvertrauten Patientengeheimnisses dar, wobei es ohne Bedeutung ist, ob der Mitteilungsempfänger seinerseits - etwa als Arzt oder privatärztliche Verrechnungsstelle (§ 203 Abs. 1 Nr. 1 und 6 StGB) - der Schweigepflicht unterliegt (LK/Jähnke aaO. Rdnr. 39, 40; Schönke/Schröder/Lenckner aaO. Rdnr. 19; SK/Samson aaO. Rdnr. 35).

ee) Sonstige Gründe, die das Offenbaren eines Patientengeheimnisses rechtfertigen könnten, liegen nicht vor. Anders als bei der gerichtlichen Geltendmachung, die als letztes Mittel zur Durchsetzung einer Honorarforderung erlaubt ist (LK/Jähnke aaO. Rdnr. 83; Schönke/Schröder/Lenckner aaO. Rdnr. 33; SK/Samson aaO. Rdnr. 44), ist die Weitergabe von Behandlungsdaten an einen Dritten zum Zweck der Rechnungserstellung nicht zwingend erforderlich. Vielmehr erleichtert der Einsatz elektronischer Datenverarbeitung die Honorarabrechnung in der ärztlichen Praxis erheblich. Soweit ein Arzt von der Möglichkeit externer Abrechnung Gebrauch macht, erfolgt dies unter dem Gesichtspunkt einer Kosten-/Nutzen-Analyse (vgl. Hauschildt/Stahrenberg, Zur Effektivität von Inkasso-Unternehmen, BB 1991, 3). Solche wirtschaftlichen Erwägungen, von denen die Durchsetzung des Honoraranspruchs nicht abhängt, vermögen aber die Verletzung der ärztlichen Schweigepflicht unter keinen Umständen zu rechtfertigen.

War die Weitergabe der Abrechnungsunterlagen mithin schon wegen Fehlens einer mündlichen oder konkludent erklärten Einwilligung der Beklagten zu 1 unzulässig, kommt es für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht mehr darauf an, ob nicht nach § 3 Satz 2 BDSG a.F. (§ 4 Abs. 2 Satz 2 BDSG i.d.F. des Gesetzes vom 20. Dezember 1990) sogar eine schriftliche Zustimmung erforderlich gewesen wäre (so z.B. Bongen/Kremer aaO. S. 2914; a.A. Rieger aaO. Rdnr. 544).

ff) Ob die beteiligten Mitarbeiter der Klägerin und der Zahnarzt Dr. Z. bei Abschluß des verfahrensgegenständlichen Forderungskaufvertrages und der Abtretung mindestens mit bedingtem Vorsatz gehandelt haben, wie das Berufungsgericht meint, kann dahinstehen. Der Schutzzweck des § 203 StGB gebietet es zwingend, dem - auch - auf das unbefugte Offenbaren des ärztlichen Berufsgeheimnisses gerichteten Rechtsgeschäft von vornherein die Wirkung zu versagen.

Soweit die Vorschrift in den Bereich des Privatrechts hineinwirkt, würde sie in vielen Fällen ins Leere gehen, wollte man die Wirksamkeit eines solchen Rechtsgeschäfts davon abhängig sein lassen, ob die Beteiligten sich im Einzelfall strafbar gemacht, insbesondere also schuldhaft gehandelt haben. Für den betroffenen Patienten bedeutet es keinen Unterschied, ob der Arzt vorsätzlich, fahrlässig oder schuldlos sein Berufsgeheimnis verletzt hat. Gegen die unbefugte Preisgabe seiner persönlichen Geheimnisse ist er allein dann hinreichend geschützt, wenn bereits der objektive Verstoß gegen den Tatbestand des § 203 Abs. 1 Nr. 1 StGB die zivilrechtliche Sanktion der Unwirksamkeit des betreffenden Rechtsgeschäfts zur Folge hat. Jedes andere Ergebnis wäre mit dem Sinn und Zweck sowohl des § 203 StGB als auch des § 134 BGB nicht zu vereinbaren. Die Nichtigkeit folgt daher schon aus dem verbotswidrigen Inhalt des Vertrages, ohne daß es auf die subjektive Seite ankommt (vgl. Soergel/Hefermehl aaO. Rdnr. 16 und 25).

c) Zu Recht hat das Berufungsgericht schließlich angenommen, daß sich die Nichtigkeitsfolge des § 134 BGB nicht auf den Forderungskauf als Grundgeschäft beschränkt, sondern auch das Erfüllungsgeschäft der Abtretung erfaßt. Zwar läßt die Nichtigkeit des Verpflichtungsgeschäfts die Wirksamkeit des Erfüllungsgeschäfts wegen dessen abstrakter Rechtsnatur grundsätzlich unberührt (Palandt/Heinrichs aaO. Rdnr. 13). Das kann aber ausnahmsweise dann nicht gelten, wenn die Umstände, die die Verbotswidrigkeit des Kausalgeschäftes begründen, zugleich und unmittelbar auch das Erfüllungsgeschäft betreffen. Das ist hier der Fall.

aa) Nach Nr. 1 des Rahmenvertrages vom 18. Mai 1988 "bietet der Zahnarzt seine sämtlichen gegenwärtigen und zukünftigen Honorarforderungen... Z. (der Klägerin) zum Kauf an und tritt die Forderungen gleichzeitig an Z. ab. Mit Eingang der Abrechnungsunterlagen nimmt Z. das Kaufangebot an. Z. nimmt die Abtretung an". Diese Formulierung, die von der Klägerin für eine Vielzahl von Verträgen verwendet wird und deshalb als Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne des § 1 Abs. 1 AGBG der Auslegung durch das Revisionsgericht unterliegt, läßt keinen Zweifel daran, daß Abschluß des einzelnen Forderungskaufvertrages, Abtretung der Forderung und Übergabe der Abrechnungsunterlagen nach dem Willen der Vertragsparteien - der Klägerin und des Zahnarztes - ein einheitliches, untrennbares Ganzes bilden sollen. Das im Einzelfall verbotswidrige Offenbaren des Patientengeheimnisses ist nicht nur Voraussetzung des Kaufvertrages, sondern ebenso und unmittelbar auch des Erfüllungsgeschäfts der Abtretung.

bb) Die salvatorische Klausel in Nr. 10 der Rahmenvereinbarung ändert an diesem Ergebnis nichts. Es erscheint schon fraglich, ob unter "Bestimmung" hier nicht lediglich die einzelnen, durch Nummern gekennzeichneten Vertragsteile gemeint sind, so daß die "heilende" Wirkung nicht eintritt, wenn innerhalb einer Vertragsnummer Teilnichtigkeit gegeben ist. Jedenfalls besteht aufgrund des unmißverständlich an die Übergabe der Abrechnungsunterlagen gekoppelten gleichzeitigen Zustandekommens von Kaufvertrag und Abtretung zwischen allen drei Vorgängen ein so enger innerer Zusammenhang, daß das unzulässige Offenbaren der Behandlungsdaten auch die Nichtigkeit der an sie gebundenen Abtretung zwangsläufig zur Folge hat.

Wollte man die Abtretung dagegen als wirksam ansehen, so würde dies dazu führen, daß die Beklagten sowohl in einer vorgerichtlichen Auseinandersetzung als auch im Prozeß gezwungen wären, gegenüber einem außerhalb des Arzt-Patienten-Verhältnisses stehenden Dritten, nämlich der Klägerin, Einwände gegen die Honorarabrechnung vorzubringen und dazu u.U. bisher unbekannte Einzelheiten aus der Vorgeschichte oder der Behandlung offenzulegen. Mit Recht haben die Beklagten darauf hingewiesen, daß ihnen Derartiges nicht zugemutet werden kann. Gegen diese Gefahr ist der Patient, wie gerade der vorliegende Fall zeigt, auch nicht durch die in Nr. 7 des Rahmenvertrages enthaltene Rückkaufsklausel bei fehlgeschlagener Realisierung der Honorarforderung hinreichend geschützt.