Vertragsstrafe
Die Vertragsstrafe, die teils auch als Konventionalstrafe oder Pönale bezeichnet wird, ist eine sogenannte atypische Forderung, die in der Regel einfach feststellbar und kalkulierbar ist. Dies führt dazu, daß sie leicht einzufordern ist.
Das Gesetz beinhaltet dabei im Rahmen des § 309 Nr. 6 BGB die folgende inhaltliche Definition der Vertragsstrafe: Vertragsstrafe ist demnach "eine Bestimmung, durch die dem Verwender für den Fall der Nichtabnahme oder verspäteten Abnahme der Leistung, des Zahlungsverzugs oder für den Fall, dass der andere Vertragsteil sich vom Vertrag löst, Zahlung einer Vertragsstrafe versprochen wird."
Neben ihrer überwiegenden Verwendung im bau- und arbeitsrechtlichen Bereich ist sie vor allem auch im Rahmen von Abmahnungen Inhalt der damit zusammenhängenden strafbewehrten Unterlassungserklärung.
Die Vertragsstrafe hat dabei als Inhalt die Zahlungszusage einer festen Geldsumme, welche an die Nicht-oder Schlechterfüllung der in ihrem Zusammenhang eingegangenen vertraglichen Verpflichtung geknüpft ist. Insbesondere ist hierbei oft die Nichteinhaltung bestimmter Fristen Gegenstand einer solchen Schlechterfüllung.
Der Sinn und Zweck einer Vertragsstrafe besteht dabei darin, daß zum einen auf den Schuldner Druck zur Erfüllung seiner Leistungsverpflichtung ausgeübt wird. Zum anderen dient die Vertragsstrafe dazu, dem Gläubiger einen Ausgleich in Form eines Mindestschadens zukommen zu lassen, ohne daß dieser vorher einen Schadensnachweis führen muß.
Im Rahmen der bei einer Abmahnung abzugebenden strafbewehrten Unterlassungserklärung hat die Vertragsstrafe den Zweck, die Wiederholungsgefahr hinsichtlich des abgemahnten Verhaltens zu beseitigen.
Grundsätzlich entsteht die Verpflichtung zur Zahlung einer Vertragsstrafe verschuldensabhängig. Im Rahmen der Privatautonomie kann dies aber durch die Vereinbarung schuldunabhängiger Vertragsstrafen anders gestaltet sein.
So wird die Vertragsstrafe im Rahmen der Abmahnung fällig, wenn das in der Unterlassungserklärung gegebene Versprechen nicht eingehalten wird.
Vorraussetzung für das Entstehen der Zahlungspflicht aus der zugrunde liegenden Vertragsstrafe ist dabei nach der gesetzlichen Regelung des § 339 BGB stets der Verzug des Verpflichteten. Dies hat zur Folge, daß zur Auslösung der Zahlungspflicht aus dieser Vertragsstrafe immer dann vorher noch eine Mahnung erfolgen muß, wenn nicht schon im Vertragsstrafeversprechen ein bestimmter oder nach dem Kalender bestimmbarer Tag gemäß § 286 Abs. 2 BGB als Beginn der Zahlungsverpflichtung vorgesehen worden ist.
Im Zusammenhang der als Folge einer Abmahnung im Rahmen der Unterlassungserklärung versprochenen Vertragsstrafe ergibt sich dabei die Problematik, ab wann der Zahlungsanspruch durch den Abmahnenden frühest möglich geltend gemacht werden kann, sofern bereits ein erneuter Rechtsverstoß des Abgemahnten zeitlich nach der Abmahnung vorliegt. Die Frage, ob dabei auf den Zeitpunkt der Abgabe der Unterlassungserklärung durch den Abgemahnten oder auf den Zeitpunkt der Annahme der Unterlassungserklärung durch den Abmahnenden abgestellt werden muß, ist dabei durch die Rechtssprechung wie folgt entschieden worden:
In seinem Urteil vom 18.05.2006, Az.I ZR 32/03 hat der BGH entschieden, daß "das Versprechen einer Vertragsstrafe ... sich grundsätzlich nicht auf Handlungen, die der Schuldner vor dem Zustandekommen der Vereinbarung begangen hat" bezieht und stellt insoweit auf die Geltung der allgemeinen Vorschriften über Vertragsschlüsse ab.
Entscheidend ist demnach also der Zeitpunkt der Annahme der Unterlassungserklärung durch den Abmahnenden.
Vorsicht ist hier also geboten, wenn der Abgemahnte nicht eine durch den Abmahnenden bereits vorgefertigte Unterlassungserklärung abgibt, sondern eine eigene modifizierte, aber inhaltlich den Anforderungen entsprechende Unterlassungserklärung abgibt.
Ein Problem im Zusammenhang mit Vertragsstrafen kann auch die Höhe der Vertragsstrafe darstellen. So kann nach der gesetzliche Regelung des § 343 BGB auf Antrag des Schuldners eine Herabsetzung der Vertragsstrafe durch gerichtliches Urteil erfolgen, sofern die Vertragsstrafe sich als in der Höhe unangemessen erweist. Zu beachten ist hierbei, daß gem. § 348 HGB diese Regelung des § 343 BGB allerdings nicht anwendbar ist, sofern es sich beim Schuldner um einen Kaufmann handelt und er ein solches Vertragsstrafeversprechen im Rahmen des Betriebs seines Handelsgewerbes abgibt.
Unwirksam kann eine Vertragsstrafe sein, wenn die zu zahlende Geldsumme nicht mehr in einem angemessenen Verhältnis zum Vertragsverstoß steht. Im Baurecht gelten beispielsweise im Rahmen von AGB (bei Individualverbeinarungen kann davon abgewichen werden) als Folge einer diesbzgl. BGH-Rechtssprechung (Urteil vom 23.01.2003, Az. VII ZR 210/01) für nach dem 30.06.2003 abgeschlossene Bauverträge Höchstgrenzen von 5% der Auftragssumme, bzw. ein Tagessatz darf danach die Grenze von 0,15% pro Werktag nicht überschreiten.
Eine Vertragsstrafe kann auch der Höhe nach reduziert werden, soweit die Grundsätze des § 242 BGB hinsichtlich Treu und Glauben Anwendung finden. Dies ist nach der Rechtsprechung auch in Fällen möglich, in denen § 343 BGB wegen § 348 HGB nicht zur Anwendung gelangt. So hat der BGH beispielsweise in einem Fall, in dem sich aufgrund einer Vielzahl von Verstößen des aus der Unterlassungserklärung Verpflichteten eine Summe von 53 Mio.EURO als Vertragsstrafe ergab, diese trotz des eindeutigen Inhalts des Vertragsstrafeverprechens deutlich - im dort zu entscheidenen Fall auf 200.000 EURO - heruntergesetzt. Er hat jedoch gleichzeitig festgestellt, daß eine solche Vorgehensweise nur in ganz engen Grenzen möglich ist und im dortigen Fall auf das außerordentliche Mißverhältnis zwischen vereinbarter Vertragsstrafe und Bedeutung der Zuwiderhandlung abgestellt. (BGH, Urteil vom 17.07.2008, I ZR 168/05).
Auch nach unten hin sind der Höhe einer Vertragsstrafe Grenzen gesetzt. So hat das LG Hamburg beispielsweise in seinem Urteil vom 24.09.2006, Az. 416 O 216/06 im Rahmen einer wettbewerbsrechtlichen Angelegenheit entschieden, daß eine Vertragsstrafe in Höhe von 13 EURO als viel zu niedrig angesetzt anzusehen ist. Dem Sinn und Zweck der Vertragsstrafe in solchen Fällen, nämlich der Beseitigung der Wiederholungsgefahr, kann damit nicht entsprochen werden. Ebenfalls wurde in einem solchen Zusammenhang bereits durch den Beschluss des OLG Hamburg vom 23.03.2006, AZ. 3 W 47/06 schon eine Vertragsstrafe in Höhe von 2500 EURO als in der Höhe nach nicht ausreichend angesehen. Die Höhe einer Vertragsstrafe muß sich letztlich am Gewicht des Verstoßes und den möglichen daraus resultierenden Folgen orientieren. Eine festgelegte Vertragsstrafe dürfe dabei "nur so hoch bemessen sein, dass sie für die geringste der denkbaren Pflichtverletzungen noch angemessen sei." (LG Coburg, Az. 23 O 176/00)
Im Zusammenhang mit Vertragsstrafen interessante Rechtssprechung: Nachdem einige ebay-Verkäufer dem immer wieder auftretenden Problem der sogenannten "Spaßbieter" durch eine entsprechende Aufnahme von Vertragsstraferegelungen in ihr jeweiliges Auktionsangebot Herr zu werden versuchten, liegen dazu mittlerweile auch aus der Rechtssprechung einige Urteile vor. Die Entscheidungen sind in diesem Zusammenhang aber nicht einheitlich. Während das AG Bremen in seinem Urteil vom 20.10.2005, Az. 16 C 168/05 beispielsweise eine Vertragsstrafenregelung als zulässig erachtet hat, da es in einer solchen Regelung keine AGB sah, hat das AG Waiblingen in seinem Urteil vom 12.11.2008, Az. 9 C 1000/08 einen anderen Weg eingeschlagen. Danach ist eine solche Vertragsstrafenregelung in diesem Zusammenhang als allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne des § 305 Abs. 1 S.1 BGB einzustufen und daher als unzulässig anzusehen. Denn § 309 Nr.6 BGB sieht dann die Unwirksamkeit einer solchen Vertragsstrafen-Regelung im Rahmen von AGB vor, sofern es sich beim Vertragspartner um einen Verbraucher handelt.
Eine anderweitige Schadensersatzpflicht solcher ebay-Spaßbieter ist damit allerdings nicht generell ausgeschlossen.