Verwaltungsgericht
Freiburg Dissertation Plagiat Doktorgrad Urteil
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Aktenzeichen: 1 K 58/12
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Verkündet am:
23.05.2012
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Leitsätze
Die Verleihung des Doktorgrades ist ein begünstigender
Verwaltungsakt, der nach § 48 LVwVfG zurückgenommen
werden kann.
Die Verleihung des Doktorgrades ist rechtswidrig, wenn in ganz
erheblichem Umfang Passagen aus Werken anderer Autoren wortgleich oder
nahezu wortgleich übernommen werden, ohne das in der
Dissertation durch die Verwendung von Anführungszeichen oder
auf andere gleichwertige Weise kenntlich zu machen.
Die Aufnahme der Werke anderer Autoren lediglich im
Literaturverzeichnis der Dissertation stellt die Berechtigung des
Plagiatsvorwurfs nicht in Frage.
Es begründet keine Verletzung der Pflicht zur
wissenschaftlichen Betreuung, wenn der Doktorrand vom Betreuer der
Dissertation auf diese Kennzeichnungspflicht nicht
ausdrücklich hingewiesen wird.
VERWALTUNGSGERICHT FREIBURG
IM
NAMEN DES VOLKES
URTEIL
In
dem
Rechtsstreit
...
-
Klägerin -
Prozeßbevollmächtigte:
Rechtsanwalt ...
g e
g e n
...
- Beklagte
-
Prozeßbevollmächtigte:
Rechtsanwalt ...
...
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die rückwirkende
Entziehung
des akademischen Grades eines Doktors der Rechtswissenschaft.
Die 1977 geborene Klägerin studierte ab Herbst 1997 an der
xxx-xxx-xxx in xxx Rechtswissenschaften. Im Februar 2003 nahm sie mit
Erfolg an der Ersten Juristischen Staatsprüfung teil und
erhielt
vom Bayrischen Staatsministerium der Justiz -
Landesjustizprüfungsamt - die Prüfungsgesamtnote
„ausreichend (4,66)“. Im Juni 2005 legte sie
erfolgreich
die Zweite Juristische Staatsprüfung ab und erhielt vom
Landesjustizprüfungsamt die Prüfungsgesamtnote
„befriedigend (6,96)“. Im Sommersemester 2005 nahm
sie im
Rechtswissenschaftlichen Fachbereich der beklagten Universität
Konstanz an einem europarechtlichen Seminar teil und entsprach den dort
gestellten Anforderungen ausweislich der hierüber
ausgestellten
Bescheinigung mit der Note „gut (15 Punkte)“.
Mit Schreiben vom 29.06.2006 teilte ihr der Fachbereich
Rechtswissenschaft der Beklagten mit, dass sie auf ihren Antrag als
Doktorandin im Fach Rechtswissenschaft angenommen worden sei. Der
damals noch bei der Beklagten tätige Privatdozent Dr. J. hatte
im
März 2006 bestätigt, dass er beabsichtige, an die
Klägerin eine Dissertation mit dem Thema
„Regulierung im
Mobilfunk“ zu vergeben und bereit sei, die wissenschaftliche
Betreuung zu übernehmen.
Im Juni 2008 legte die Klägerin ihre insgesamt 294 Seiten
umfassende Dissertation mit dem Thema „Regulierung im
Mobilfunk“ vor und unterschrieb in ihrem Antrag auf
Eröffnung eines Promotionsverfahrens folgende von der
Beklagten
vorgegebene Erklärung:
„Ich erkläre hiermit, dass ich die vorliegende
Arbeit ohne
unzulässige Hilfe Dritter und ohne Benutzung anderer als der
angegebenen Hilfsmittel angefertigt habe. Die aus anderen Quellen
direkt oder indirekt übernommenen Daten und Konzepte sind
unter
Angabe der Quelle gekennzeichnet. Weitere Personen, insbesondere
Promotionsberater, waren an der inhaltlich materiellen Erstellung
dieser Arbeit nicht beteiligt. Die Arbeit wurde bisher weder im In-
noch im Ausland in gleicher oder ähnlicher Form einer anderen
Prüfungsbehörde vorgelegt.“
Privatdozent Dr. J. fertigte unter dem 11.08.2008 das Erstgutachten zu
dieser Dissertation und bewertete sie mit der Note „magna cum
laude (1,5)“. Prof. Dr. H. vergab in seinem Zweitgutachten
vom
18.08.2008 die Note „cum laude (2,5)“.
Am 29.10.2008 verlieh die Beklagte der Klägerin aufgrund der
mit
„gut“ bewerteten Dissertation und einer
mündlichen
Prüfung über Spezialgebiete aus den Fachrichtungen
Öffentliches Recht und Privatrecht den akademischen Grad eines
Doktors der Rechtswissenschaft (Dr. jur.) mit dem Gesamturteil
„cum laude (gut)“.
Die Klägerin veröffentlichte ihre Dissertation in der
Reihe
„Rechtswissenschaft und Praxis“ als Band 16. Am
18.12.2008
erhielt sie die Promotionsurkunde.
Im Februar 2011 erhielt die Beklagte erstmals einen Hinweis, dass Teile
der veröffentlichten Fassung der Dissertation der
Klägerin
aus dem Werk „Telekommunikationsrecht“ von
Koenig/Loetz/Neumann abgeschrieben seien.
Der Promotionsausschuss des Fachbereichs Rechtswissenschaft befasste
sich daraufhin in seiner Sitzung vom 08.03.2011 mit dem Plagiatsvorwurf
und fasste den Beschluss, das Verfahren zur Entziehung des Doktorgrades
einzuleiten. Mit Schreiben vom 10.03.2011 gab der Fachbereichssprecher
der Klägerin Kenntnis von dem eingegangenen Hinweis und teilte
ihr
ferner mit, dass sich der Promotionsausschuss eingehend mit der
Dissertation befasst habe und bislang Übereinstimmungen mit
fünf Werken anderer Autoren registriert habe. In dem Schreiben
sind die einzelnen Seiten der vorgelegten Dissertation (beginnend mit
Seite 13, endend mit Seite 240) aufgelistet, die ohne explizite
Kennzeichnung beinahe wortgleiche Übereinstimmungen mit den im
Einzelnen aufgeführten Drittwerken aufweisen. Ferner
heißt
es in dem Schreiben, dieser Befund sei Anlass für den
Promotionsausschuss ein Verwaltungsverfahren einzuleiten, an dessen
Ende die Entscheidung des Promotionsausschusses stehen könne,
den
Doktorgrad zu entziehen. Der Klägerin wurde Gelegenheit
gegeben,
sich zu den entscheidungserheblichen Tatsachen zu
äußern.
Der Fachbereichssprecher und Vorsitzende des Promotionsausschusses
unterrichtete den Erstgutachter und den Zweitgutachter von der
Einleitung des Verwaltungsverfahrens und übersandte diesen die
Unterlagen über die nicht explizit gekennzeichneten
Übereinstimmungen der Dissertation mit Passagen aus den
fünf
Werken anderer Autoren. Die Gutachter wurden um Stellungnahme hierzu
gebeten.
Der Erstgutachter Dr. J. führte in seiner Stellungnahme vom
28.03.2011 aus, er sei zu dem Ergebnis gekommen, dass wesentliche Teile
der Dissertation wörtlich ohne hinreichende Kennzeichnung aus
vorhandener Literatur übernommen worden seien. Er empfehle
deshalb
dem Promotionsausschuss, den Doktorgrad zu entziehen. Er bedaure sehr,
dass er trotz stichprobenartiger Untersuchung während der
Erstellung des Erstgutachtens die Plagiate nicht bemerkt habe.
Der Zweitgutachter führte in seiner Stellungnahme vom
14.03.2011
aus, nach eingehender Durchsicht der überlassenen Unterlagen
bestehe aus seiner Sicht kein Zweifel daran, dass die Voraussetzungen
für die Entziehung des Doktorgrades in vollem Umfang
erfüllt
seien. Die Vielzahl der nahezu wörtlich abgeschriebenen
Stellen
könne nicht versehentlich oder unabsichtlich geschehen sein.
Er
empfehle daher dem Promotionsausschuss, den Doktorgrad zu entziehen.
Die Klägerin nahm durch ihren
Prozessbevollmächtigten,
zuletzt mit Schriftsatz vom 04.05.2011, zu den Vorwürfen
ausführlich Stellung.
Am 10.05.2011 beschloss der Promotionsausschuss des Fachbereichs
Rechtswissenschaft der Beklagten, der Klägerin den Doktorgrad
zu
entziehen. In Ausführung dieses Beschlusses entzog der
Vorsitzende
des Promotionsausschusses mit Bescheid vom 24.05.2011 den akademischen
Grad eines Doktors der Rechtswissenschaft rückwirkend und gab
der
Klägerin auf, die übersandte Promotionsurkunde bis
zum
31.07.2011 an die Beklagte zurückzugeben. Zur
Begründung
wurde ausgeführt: Auf zahlreichen Seiten der Dissertation
fänden sich Passagen, die ohne explizite Kennzeichnung beinahe
wortgleiche Übereinstimmungen mit Passagen aus acht
Drittwerken
anderer Autoren aufwiesen. Solche Übereinstimmungen
fänden
sich beginnend auf Seite 10 und endend mit Seite 256 der schriftlichen
Dissertation. Die rückwirkende Entziehung des Doktorgrades
finde
ihre Rechtsgrundlage in § 19 Abs. 2 Satz 1 der
Promotionsordnung -
PromO - i. V. m. § 48 Abs. 1 LVwVfG. Die Verleihung des
Doktorgrades an die Klägerin sei rechtswidrig gewesen, weil
die
Voraussetzungen für den Erwerb des Doktorgrades nicht
vorlägen. Die Klägerin habe sich einer
Täuschung
schuldig gemacht. Sie habe im Promotionsverfahren u. a.
erklärt,
die aus anderen Quellen direkt oder indirekt übernommenen
Daten
und Konzepte unter Angabe der Quelle zu kennzeichnen. Durch die
Einreichung der Dissertationsschrift habe sie außerdem
konkludent
erklärt, die Grundsätze wissenschaftlichen Arbeitens
beachtet
zu haben. Die wörtliche oder sinngemäße
Übernahme
von Textpassagen aus fremden Werken ohne hinreichende Kennzeichnung
verstoße gegen die Grundsätze wissenschaftlichen
Arbeitens.
Nur eine unter Offenlegung aller verwendeten Quellen und Hilfsmitteln
erbrachte wissenschaftliche Leistung genüge den Anforderungen
an
eine eigenständige Dissertation. Auf zahlreichen Seiten der
Dissertationsschrift fänden sich ungekennzeichnete und nahezu
wörtliche Übernahmen aus Drittwerken. Dadurch habe
die
Klägerin eine eigene Autorschaft vorgetäuscht. Die
Täuschung entfalle nicht dadurch, dass sie die Drittwerke im
Literaturverzeichnis aufgeführt habe, denn der Leser einer
Dissertation erwarte Quellenangaben bei den jeweiligen Textstellen.
Vereinzelte Hinweise auf die Originalstellen beseitigten den
Plagiatsvorwurf nicht. Diesen Nachweisen könne nicht entnommen
werden, dass ganze Passagen wörtlich entlehnt worden seien.
Ohnehin fänden sich die Hinweise auf die Originalstellen nur
ganz
vereinzelt in den Passagen der Arbeit, die nahezu wörtlich aus
den
Drittwerken übernommen worden seien. Die Klägerin
habe auch
mit Täuschungsvorsatz gehandelt. Die nahezu wörtliche
Wiedergabe fremder Texte - häufig einschließlich der
Fußnoten und bisweilen einschließlich der
Überschriften - lasse keinen anderen Schluss zu, als dass die
Passagen abgeschrieben worden seien. Erst- und Zweitgutachter seien
dadurch getäuscht worden. Beide hätten bei
Anfertigung ihrer
Gutachten die Täuschung nicht erkannt. In ihren Stellungnahmen
zum
Entziehungsverfahren hätten sie dargelegt, dass sie nach
heutiger
Kenntnis von einer Täuschung ausgingen. Es sei irrelevant, ob
sich
die Täuschung eher auf deskriptive Passagen, auf Passagen mit
im
engeren Sinne juristischen Ausführungen oder auf Passagen mit
ökonomischen oder technischen Vorfragen beziehe. Bei der
Erstattung von Erst- und Zweitgutachten, bei der Feststellung des
Gesamtergebnisses durch die Prüfungskommission und bei der
Verleihung des Doktorgrades seien wesentliche Voraussetzungen
irrigerweise als gegeben angenommen worden. Zu den wesentlichen
Voraussetzungen gehöre das Vorliegen eines
selbständig
erarbeiteten wissenschaftlich beachtlichen Beitrags und allgemein die
Einhaltung der Grundanforderungen wissenschaftlichen Arbeitens,
namentlich die Offenlegung aller verwendeten Quellen an der Stelle
ihrer Verwendung. Diese wesentlichen Voraussetzungen lägen
nicht
vor. Wäre der Irrtum aufgedeckt worden, wäre der
Doktorgrad
nicht verliehen worden. Die Entziehung des Doktorgrades sei auch
ermessensgerecht. Für die Klägerin entfalle
Vertrauensschutz
nach § 48 Abs. 2 Satz 3 Nrn. 1 und 2 LVwVfG. Dass Erst- und
Zweitgutachter oder die Prüfungskommission die erheblichen
Mängel nicht schon bei der Annahme der Arbeit oder in der
mündlichen Prüfung aufgedeckt hätten,
begründe
keinen Vertrauensschutz. Die Entziehung des Doktorgrades sei auch
verhältnismäßig. Sie schütze den
wissenschaftlichen Ruf des Fachbereichs der Universität und
das
Ansehen der Rechtswissenschaft insgesamt. Zwar werde die
Klägerin
durch die Entziehung in wichtigen persönlichen Belangen
betroffen.
Wegen des großen Umfang des Plagiats und des
Ausmaßes der
wissenschaftlichen Unredlichkeit seien die öffentlichen
Interessen
jedoch höher zu gewichten.
Am 24.06.2011 erhoben die Prozessbevollmächtigten der
Klägerin gegen den Bescheid Widerspruch, zu dessen
Begründung
vorgebracht wurde: Bei Abgabe ihrer Dissertation habe sie nicht
getäuscht. Es sei nicht ersichtlich, dass sie der von der
Beklagten vorgegebenen Erklärung zuwidergehandelt habe. Sie
habe
alle in ihrer Dissertation verwendeten Hilfsmittel angegeben. Ihre
Literaturübersicht schlüssele alle Quellen auf, die
ihrer
Arbeit zugrundelägen und von ihr verarbeitet worden seien.
Auch in
den Fußnoten habe sie in dem Ausmaß, wie sie dies
für
richtig gehalten habe, die Quellen weiter konkretisiert. Fehl gehe auch
der Einwand, sie habe in erheblichem Maße Fremdtexte
übernommen, ohne dies durch Anführungszeichen
kenntlich zu
machen. Ein Täuschungsvorsatz könne ihr auf keinen
Fall
unterstellt werden. Die rückwirkende Entziehung des
Doktorgrades
sei außerdem ermessensfehlerhaft. Der Erstkorrektor habe die
ihm
obliegende Betreuungspflicht eklatant verletzt. Als Folge der
unterbliebenen Betreuung habe die Beklagte selbst die entscheidende
Ursache dafür gesetzt, dass ihre Dissertation die jetzt
erstmals
behaupteten Mängel aufweise. Die Verletzung der
Betreuungsverpflichtung sei bei der Ermessenausübung nicht in
Rechnung gestellt worden. Es verstoße gegen den
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, trotz dieser
eigenen
Pflichtverletzung den Doktorgrad rückwirkend zu entziehen. Der
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebiete
es, ihr eine
Nachbesserung der Dissertation mit dem Ziel der Erhaltung des
akademischen Grades einzuräumen.
Mit Bescheid vom 16.12.2011 änderte der Prorektor für
Lehre
Ziff. 2 des angefochtenen Bescheides dahin ab, dass der
Klägerin
aufgegeben wurde, die Promotionsurkunde einen Monat nach Eintritt der
Unanfechtbarkeit des Bescheides zurückzugeben. Im
Übrigen
wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung
wurde
unter Bezugnahme auf den Ausgangsbescheid ergänzend
ausgeführt: Die Grundsätze wissenschaftlichen
Arbeitens seien
jedenfalls verletzt, wenn - wie bei der Dissertation der
Klägerin
- ca. 120 Seiten ungekennzeichnet wörtlich aus Fremdwerken
übernommen würden. Die Klägerin habe auch
schuldhaft
gehandelt. Dass sie die Anforderungen an das Zitieren gekannt habe,
ergebe sich aus dem Umstand, dass diese an anderen Stellen ihrer
Dissertationsschrift beachtet worden seien. Die Ausführungen
zu
einem etwaigen Betreuungsmangel gingen fehl. Der Betreuer habe nicht
von der wissenschaftlichen Unredlichkeit und von einer
Täuschungsbereitschaft der Klägerin ausgehen
müssen. Die
Ausführungen in der Widerspruchsbegründung zur
öffentlichen Diskussion über Prominente, die unter
Plagiatsverdacht stünden, seien unerheblich. Das
Entziehungsverfahren stehe damit in keinem Zusammenhang. Soweit die
Klägerin auf Verwaltungsverfahren an anderen
Universitäten
verweise, gäben die dortigen Entscheidungen keine Veranlassung
zu
einer abweichenden tatsächlichen oder rechtlichen Bewertung.
Die
sinngemäß beanspruchte Gleichbehandlung sei bereits
im
Ansatz verfehlt.
Am 12.01.2012 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie verweist auf
ihren bisherigen Vortrag und führt ergänzend und
vertiefend
aus: Sie stelle nicht in Abrede, dass in ihrer Dissertation wortgleiche
Übernahmen von Dritttexten enthalten seien. Eine
Täuschung
liege aber nicht vor, da sie offengelegt habe, diese Texte in ihrer
Dissertation verarbeitet zu haben. Jeder, der die
Literaturübersicht und die Fußnoten nachvollziehe,
stoße auf die Verfasser dieser Dritttexte. Sie habe sich
deshalb
auch gemäß ihrer Formularerklärung
verhalten, die sie
bei der Eröffnung des Promotionsverfahrens abgegeben habe. Die
Beklagte habe darauf verzichtet, in dieser Formularerklärung
die
Doktoranden darauf zu verpflichten, wörtlich
übernommene
Textstellen durch Anführungszeichen kenntlich zu machen.
Dieser
Hinweis wäre ohne weiteres in der Erklärung
unterzubringen
gewesen und hätte zu einer deutlich stärkeren
Bestimmtheit
dieser Erklärung beigetragen. Insgesamt sei die
Formularerklärung unbestimmt und könne ihr nicht
entgegengehalten werden. Sie habe alle Werke, aus denen
Auszüge in
der Dissertation übernommen worden seien, im
Literaturverzeichnis
der Dissertation aufgeführt. In ihrer Dissertation
fänden
sich in aller Regel auch mehrfach Fußnoten, die auf das Werk,
aus
dem die Dritttexte auszugsweise übernommen worden seien,
verwiesen. Die Übernahme von Fremdtexten, ohne diese
durchgängig zu kennzeichnen, könne zwar objektiv der
Wissenschaftlichkeit der Dissertation entgegenstehen. Sie weise aber
mit Nachdruck den Vorwurf zurück, sie habe darüber
vorsätzlich getäuscht. Im Gegensatz zu anderen
gerichtlich
entschiedenen Fällen beinhalte ihr Literaturverzeichnis
lückenlos die in der Dissertation verwendete Literatur. Sie
habe
auch bei den übernommenen Fremdtexten in der Regel die
jeweiligen
Verfasser in den Fußnoten zitiert. Hätte sie
täuschen
wollen, hätte sie auf derartige Fußnoten oder auf
Hinweise
im Literaturverzeichnis ganz verzichtet. Außerdem habe sie
ihre
Arbeit in einer Schriftenreihe der Öffentlichkeit
zugänglich
gemacht. Hätte sie Täuschungsvorsatz gehabt,
hätte sie
diesen Schritt nie getan, sondern sich auf die zugelassene
Vervielfältigung beschränkt. Die
Ermessensentscheidung sei
rechtswidrig, weil die Verletzung der Betreuungspflichten hierbei
völlig unberücksichtigt geblieben sei. Die wenigen
E-Mails,
die zwischen ihr und dem Betreuer ausgetauscht worden seien, und die
einmalige Besprechung, die sich auf der Ebene von
Allgemeinplätzen
bewegt habe, entsprächen den Anforderungen an eine Betreuung
offenkundig nicht. Eine verantwortungsvolle Durchsicht des zugeleiteten
Entwurfs der Dissertation hätte Fragen zu erkennbar nicht
belegten
Tatsachenmitteilungen aufwerfen müssen. Das sei jedoch nicht
geschehen. Der Zweck der Betreuungsverpflichtung bestehe auch darin,
die handwerkliche Ordnungsgemäßheit der Dissertation
sicher
zu stellen und dem Doktoranden bei dem erfolgreichen Abschluss der
Arbeit zu helfen. Nach § 38 Abs. 5 LHG verpflichte die Annahme
als
Doktorand die Hochschule zur wissenschaftlichen Betreuung. Diese
Betreuungsverpflichtung schließe auch die Bewertung der
Dissertation ein. Es sei auch nicht ungewöhnlich, dass nach
einer
ersten Durchsicht der Dissertation diese mit Korrekturen und Hinweisen
zur vertieften Bearbeitung zurückgegeben werde. Es begegne
deshalb
größten Bedenken, dass ihr Betreuer mindestens 10
weitere
Doktoranden gleichzeitig wissenschaftlich betreut habe. Hätte
sich
der Betreuer gesetzesentsprechend um die Dissertation bemüht,
wäre ihm zwangsläufig aufgefallen, dass Fremdtexte
übernommen worden seien. Diese Bearbeitungstechnik der
Klägerin hätte rechtzeitig korrigiert werden
können, so
dass die Promotion insgesamt nicht in Frage gestellt worden
wäre.
Die Entziehung des Doktorgrades führe für sie zu
schwerwiegenden beruflichen, sozialen und psychischen Nachteilen. Das
Bekanntwerden des Entziehungsverfahrens habe zu einer großen
öffentlichen Aufmerksamkeit geführt. Dies belaste sie
und
ihre Familie erheblich. Eine an den wechselseitigen
Verursachungsbeiträgen orientierte richtige
Ermessensabwägung
könne nur zu einer Lösung führen, die die
Einzelfallgerechtigkeit mit der Rechtssicherheit aussöhne. Es
sei
geboten, ihr zumindest die Nachbesserung der Dissertation mit dem Ziel
der Erhaltung des akademischen Grades zu eröffnen.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 24.05.2011 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheids des Prorektors für Lehre der Beklagten
vom
16.12.2011 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie nimmt Bezug auf die angefochtenen Bescheide und trägt
ergänzend vor: Die Klägerin habe in ihrer
Dissertation, die
269 Textseiten umfasse, auf 122 Seiten Texte aus acht unterschiedlichen
Werken Dritter verwendet, ohne diese ordnungsgemäß
kenntlich
zu machen. Dabei beschränke sie sich nicht auf einzelne
Formulierungen, sondern habe wiederholt über mehrere Seiten
abgeschrieben, wobei sie neben den Zwischenüberschriften auch
die
Absatzformatierung und den größten Teil der
Fußnoten
der Originalquellen verwende. Damit stehe fest, dass auf fast der
Hälfte der Seiten Fremdtexte ohne Offenlegung verwendet
würden und insgesamt mindestens 1/3 des gesamten Textes der
Dissertation nicht von der Klägerin selbst verfasst worden
sei,
sondern von anderen Personen stamme. Es bestehe kein Zweifel, dass die
Klägerin vorsätzlich gehandelt habe. Die
Voraussetzungen
für eine Entziehung des Doktorgrades nach § 48 LVwVfG
lägen deshalb vor. Die Entscheidung sei auch ermessensgerecht.
Der
Promotionsausschuss habe bei der Entziehung des Doktorgrades das ihm
zustehende Ermessen korrekt ausgeübt. Die von der
Klägerin
behaupteten Betreuungsmängel gäben keine
Veranlassung, an der
Rechtmäßigkeit der Entziehung zu zweifeln. Die
Klägerin
verkenne im Übrigen Art und Umfang der in § 38 Abs. 5
LHG
niedergelegten Betreuungspflicht der Universität. Die von der
Klägerin geschilderten Nachteile durch die Berichterstattung
in
der Presse über ihren Fall seien nicht geeignet, an der
Rechtmäßigkeit der Ermessensentscheidung zu
zweifeln. Auch
ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz liege nicht
vor.
Dem Gericht liegen drei Hefte Akten der Beklagten vor. Auf den Inhalt
dieser Akten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren,
sowie auf die Schriftsätze der Beteiligten wird wegen der
weiteren
Einzelheiten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der angefochtene
Bescheid der Beklagten vom 24.05.2011 in Gestalt des
Widerspruchsbescheids vom 16.12.2011 ist rechtmäßig
und
verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113
Abs. 1
Satz 1 VwGO).
Die angegriffenen Verfügungen sind formell
ordnungsgemäß zu Stande gekommen.
Die Zuständigkeit für die Entziehung des Doktorgrades
liegt
bei der Hochschule, die den Grad verliehen hat (§ 35 Abs. 7
Satz 2
LHG). Zuständiges Organ hierfür ist nach §
19 Abs. 2
Satz 2 PromO der Beklagten der Promotionsausschuss, der in seiner
Sitzung vom 10.05.2011 hierüber abschließend
entschieden
hat. In Ausführung dieses Beschlusses hat der
Fachbereichssprecher
des Fachbereichs Rechtswissenschaft als Vorsitzender des
Promotionsausschusses den Bescheid vom 24.05.2011 erlassen (vgl.
§
2 Abs. 1 und 2 PromO). Sonstige Bedenken gegen die formelle
Rechtmäßigkeit des Ausgangsbescheids sind nicht
ersichtlich.
Die Klägerin wurde zu der beabsichtigten Maßnahme im
Vorfeld
angehört und der Verwaltungsakt wurde auch
ordnungsgemäß begründet.
Auch der Widerspruchsbescheid lässt formelle Rechtsfehler
nicht
erkennen. Für den Widerspruchsbescheid in Entziehungsverfahren
enthält die Promotionsordnung keine Regelung. Insoweit
verbleibt
es bei den gesetzlichen Vorgaben aus § 8 Abs. 2 Satz 3 LHG,
nach
denen die Entscheidung über Widersprüche in
Prüfungsangelegenheiten dem für die Lehre
zuständigen
Mitglied des Vorstands obliegt, was nach §§ 1, 2 Abs.
3 Satz
2, 10 Abs. 2 Nr. 1a der Grundordnung der Beklagten der Prorektor
für Lehre ist. Dass diese Zuständigkeit für
Hochschulprüfungen grundsätzlich auch Promotionen
erfasst und
damit auch deren Entziehung als „actus contrarius“,
ist in
der Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg geklärt
(vgl.
zuletzt Urt. v. 14.09.2011 - 9 S 2667/10 -, juris).
II.
Die rückwirkende Entziehung des Doktorgrades ist auch in
materieller Hinsicht nicht zu beanstanden.
1. Sie findet ihre erforderliche Rechtsgrundlage in § 48 Abs.
1 Satz 1 LVwVfG.
§ 19 Abs. 1 PromO scheidet als Rechtsgrundlage bereits deshalb
aus, weil diese Bestimmung nur die hier nicht gegebene
Fallkonstellation regelt, dass sich noch vor der Aushändigung
der
Doktorurkunde ergibt, dass sich der Bewerber bei den
Promotionsleistungen einer Täuschung schuldig gemacht hat,
oder
dass wesentliche Voraussetzungen für die Promotion
irrigerweise
als gegeben angenommen worden sind.
Zwar ist in § 35 Abs. 7 LHG eine spezialgesetzliche Regelung
für die Entziehung akademischer Grade für den Fall
enthalten,
in dem sich der Inhaber durch sein späteres Verhalten der
Führung des Grades als unwürdig erwiesen hat. Diese
Regelung
schließt den Rückgriff auf die allgemeinen
Rücknahmevorschriften in anderen Fallkonstellationen jedoch
nicht
aus, wie sich bereits aus der ausdrücklichen Formulierung
„unbeschadet der §§ 48 und 49
LVwVfG“ ergibt. Die
Entziehung des Doktorgrades ist in Baden-Württemberg auch
nicht
vom Anwendungsbereich des Verwaltungsverfahrensgesetzes ausgenommen
(vgl. § 2 Abs. 4 Satz 2 LVwVfG).
Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG kann ein
rechtswidriger
Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder
teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die
Vergangenheit zurückgenommen werden (vgl. zur unbedenklichen
Anwendbarkeit dieser Rücknahmeregelung beim Entzug des
Doktorgrades, BVerwG, Beschl. v. 20.10.2006 - 6 B 67.06 -, juris).
Die tatbestandlichen Rücknahmevoraussetzungen sind hier
gegeben.
Die Verleihung des Doktorgrades, die durch die Aushändigung
der
Urkunde über die bestandene Doktorprüfung an die
Klägerin am 16.12.2008 erfolgte (vgl. § 16 Abs. 1
PromO), ist
ein begünstigender Verwaltungsakt, der rechtswidrig war; denn
die
von der Klägerin im Juni 2008 eingereichte Dissertation
erbrachte
nicht den Nachweis der Befähigung zu vertiefter und
selbständiger wissenschaftlicher Arbeit (§ 38 Abs. 1
Satz 1
LHG, § 1 Abs. 1 PromO). Damit lagen die rechtlichen
Voraussetzungen für die Verleihung des Doktorgrades nicht vor.
Dieser wurde der Klägerin vielmehr zu Unrecht verliehen.
Das ergibt sich daraus, dass die Klägerin in der eingereichten
Dissertation in ganz erheblichem Umfang Passagen aus insgesamt 8 Werken
anderer Autoren wortgleich oder nahezu wortgleich übernommen
hat,
ohne das in der Dissertation, etwa durch die Verwendung von
Anführungszeichen oder auf andere gleichwertige Weise,
kenntlich
zu machen. Die betroffenen 122 Seiten ihrer Dissertation, die insgesamt
269 Textseiten umfasst, sind unter Gegenüberstellung der
entsprechenden Stellen aus den Werken der anderen Autoren im
angefochtenen Bescheid im Einzelnen aufgelistet. Die Klägerin
stellt nicht in Abrede, dass sie in dem vorgeworfenen Umfang Texte
anderer Autoren wortgleich oder nahezu wortgleich in ihrer
eingereichten Dissertation übernommen hat.
Hierauf stützt die Beklagte zu Recht den Plagiatsvorwurf und
geht
außerdem zutreffend davon aus, die Klägerin habe
vorsätzlich eine eigene Autorenschaft hinsichtlich der aus
fremden
Texten übernommenen Passagen vorgetäuscht. Die
hiergegen
erhobenen Einwände der Klägerin bleiben ohne Erfolg.
Dass die Klägerin die 8 Werke anderer Autoren, aus denen sie
ganze
Passagen wortgleich oder nahezu wortgleich übernommen hat, in
ihrem 24-seitigen Literaturverzeichnis aufgenommen hat, stellt die
Berechtigung des Plagiatsvorwurfs nicht in Frage; denn der Leser eines
wissenschaftlichen Werks erwartet, dass wörtliche
Übernahmen
aus anderen Werken bei den jeweiligen Textstellen als Zitate oder auf
andere geeignete Weise kenntlich gemacht werden (vgl. VGH
Bad.-Württ., Urt. v. 19.04.2000 - 9 S 2435/99 -, juris; VG
Frankfurt, Urt. v. 23.05.2007 - 12 E 2262/05 -, juris). Der
Kennzeichnungs- und Offenbarungspflicht in einer Dissertation wird
nicht dadurch genügt, dass die Werke, aus denen die
wörtlich
übernommenen Textpassagen stammen, lediglich im
Literaturverzeichnis aufgeführt sind (vgl. auch Schroeder,
NWVBl
2010, 176, 179 mit zahlreichen weiteren Nachweisen aus der
Rechtsprechung).
Auch der Einwand der Klägerin, auf mehreren Seiten ihrer
Dissertation, in denen Textstellen anderer Autoren wörtlich
oder
nahezu wörtlich übernommen wurden, fänden
sich
Fußnoten, die auf die Dritttexte verwiesen,
entkräftet den
Plagiatsvorwurf nicht. Ohne klare Kenntlichmachung als Zitat erweckt
die Klägerin mit der Nennung des fremden Werkes und des Autors
lediglich in einer Fußnote den Eindruck, sie habe die
Aussagen in
diesem Werk als Teil der eigenen Argumentation verarbeitet, anstatt
deutlich zu machen, dass es sich um die bloße Wiedergabe der
bereits erbrachten gedanklichen Leistung eines anderen handelt.
Hinzu kommt, dass die Klägerin an zahlreichen Stellen ihrer
Dissertation, an denen sie fremde Texte wortgleich übernommen
hat,
die Autoren nicht einmal in Fußnoten angibt. Hinzuweisen ist
beispielsweise auf die 26 Seiten der Dissertation, die nahezu
wortgleich ohne Kennzeichnung als Zitat aus dem im Jahr 2000 erschienen
Werk von Eisenblätter (Regulierung in der Telekommunikation)
übernommen wurden. Auch den größten Teil
der in diesem
Werk enthaltenen umfangreichen Fußnoten hat die
Klägerin
wortgleich in ihre Dissertation eingearbeitet. An keiner dieser Seiten
ihrer Dissertation wird aber auf das Werk von Eisenblätter in
Fußnoten hingewiesen.
Hierbei handelt es sich nicht um eine nur
unsachgemäße
Handhabung der Zitierweise; vielmehr lässt dieses Vorgehen nur
den
Schluss zu, dass die Klägerin fremde Passagen
planmäßig
als eigenständige wissenschaftliche Arbeit ausgewiesen hat
(vgl.
VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 13.10.2008 - 9 S 494/08 -, juris).
Die nahezu wörtliche Übernahme von Texten anderer
Autoren im
hier gegeben erheblichen Umfang hat die Beklagte zu Recht als
Täuschung zu bewertet. Der große Umfang der
Übernahme
fremder Texte ohne Kennzeichnung als Zitate, die Art und Weise der
Übernahme einschließlich der Einarbeitung der
wörtlich
übernommenen Fußnoten aus den Fremdtexten in die
eigene
Dissertation lässt keinen Zweifel zu, dass die
Klägerin
vorsätzlich gehandelt hat.
Die Täuschungshandlung der Klägerin und der durch sie
hervorgerufene Irrtum, es handle sich bei der Dissertation um eine in
jeder Hinsicht eigenständige Leistung, waren für die
Verleihung des Doktorgrades ursächlich; denn dieser Grad
wäre
ihr sonst für die vorgelegte Arbeit nicht zuerkannt worden.
Das
folgt deutlich aus den Stellungnahmen der beiden Gutachter zum
Plagiatsvorwurf. Beide Gutachter haben in diesen Stellungnahmen
angesichts des Umfangs der Übernahme fremder Texte ohne
Kennzeichnung ebenso wie der Promotionsausschuss in seiner
abschließenden Entscheidung die Entziehung des Doktorgrades
wegen
Plagiats befürwortet.
Es kommt hierbei nicht darauf an, ob der Klägerin für
die
eingereichte Dissertation ohne die beanstandeten Seiten oder bei
jeweils wörtlicher Zitierung der Doktorgrad noch verliehen
worden
wäre. Derartige hypothetische Erwägungen finden nicht
statt.
Es ist für die Ursächlichkeit der von der
Klägerin
begangenen Täuschung nicht von Bedeutung, ob ihr für
eine
andere Arbeit, als sie sie tatsächlich vorgelegt hat, der
Doktorgrad verliehen worden wäre (so ausdrücklich VGH
Bad.-Württ., Beschl. v. 13.10.2008 - 9 S 494/08 -, NVwZ-RR
2009,
285).
2. Die von der Beklagten verfügte rückwirkende
Entziehung des
Doktorgrades weist auch im Übrigen keine Rechtsfehler auf. Die
Beklagte hat nicht verkannt, dass die Entscheidung
gemäß
§ 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG in ihrem Ermessen steht. Die
Ermessenserwägungen im Ausgangsbescheid und im
Widerspruchsbescheid sind auch nicht fehlerhaft im Sinne von §
114
VwGO.
Die erheblichen Nachteile, die diese Entscheidung für die
Klägerin in beruflicher, gesellschaftlicher und
familiärer
Hinsicht nach sich zieht, werden im Einzelnen aufgeführt und
nicht
verkannt. Dass die öffentlichen Interessen an der
rückwirkenden Entziehung des Doktorgrades im Ergebnis
höher
bewertet wurden, ist rechtlich in keiner Weise zu beanstanden.
Zutreffend hat der Promotionsausschuss hierbei auf das ganz erhebliche
Ausmaß der Plagiate der Klägerin und das Gewicht der
wissenschaftlichen Unredlichkeit abgehoben.
Ohne Erfolg bleibt die Rüge der Klägerin, die
Ermessensausübung sei deshalb rechtsfehlerhaft, weil hierbei
unberücksichtigt geblieben sei, dass die Beklagte ihre Pflicht
zur
wissenschaftlichen Betreuung während der Anfertigung und
Bewertung
der Dissertation verletzt habe.
Zwar verpflichtet die Annahme als Doktorand die Hochschule zur
wissenschaftlichen Betreuung (§ 38 Abs. 5 Satz 3 LHG). Welche
inhaltlichen Anforderungen an diese Betreuungspflicht im Einzelnen zu
stellen sind, braucht die Kammer anlässlich der Entscheidung
des
vorliegenden Falles nicht zu klären; denn eine
Pflichtverletzung,
die die Beklagte im Rahmen der Ermessensausübung bei der
Bewertung
und Gewichtung des Plagiats als eigenen Verursachungsbeitrag zugunsten
der Klägerin hätte berücksichtigen
müssen, liegt
jedenfalls nicht vor.
Mit der Einreichung der Dissertation war die Klägerin
verpflichtet, alle wörtlich oder sinngemäß
übernommenen Gedanken fremder Autoren kenntlich zu machen.
Diese
Pflicht ergibt sich - worauf die Beklagte zutreffend hinweist - bereits
aus elementaren Grundsätzen wissenschaftlichen Arbeitens, die
als
ungeschriebene Regeln anerkannt sind. Dass die von der Beklagten
vorgegebene Erklärung, die die Klägerin bei
Einreichung ihrer
Dissertation unterschrieben hat, nicht ausdrücklich verlangt,
dass
wörtliche Übernahmen fremder Texte im laufenden Text
durch
Anführungszeichen gekennzeichnet werden müssen, ist
unerheblich. Diese Erklärung ruft elementare
Grundsätze
wissenschaftlichen Arbeitens für den Doktoranden nur in
Erinnerung.
Dass der Betreuer ihrer Dissertation die Klägerin hierauf
nicht
aufmerksam gemacht hat, begründet jedenfalls keine Verletzung
der
wissenschaftlichen Betreuungspflicht. Er konnte vielmehr ohne weiteres
davon ausgehen, dass der Klägerin als Doktorandin diese
elementaren Grundsätze wissenschaftlichen Arbeitens bekannt
sind.
Das gilt um so mehr, weil die Klägerin bereits beide
juristische
Staatsexamen abgelegt hatte und bereits als Volljuristin beruflich
tätig war.
Dass Erst- und Zweitgutachter die ganz erheblichen Plagiate nicht schon
bei der Annahme und bei der Bewertung der schriftlichen Dissertation
entdeckt haben, begründet für die Klägerin
ebenfalls
keinen Vertrauensschutz dahingehend, die elementaren Grundlagen
wissenschaftlicher Arbeitstechnik zu missachten (so
ausdrücklich
BayVGH, Urt. v. 04.04.2006 - 7 BV 05.388 -, juris).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Kammer
hat
keinen Anlass, das Urteil wegen der Kosten für
vorläufig
vollstreckbar zu erklären (§ 167 Abs. 2 VwGO).
Unterschriften