Oberlandesgericht Stuttgart Urteil Schriftsatznachlass einstweilige Verfuegung Hinweis Gericht Hinweispflicht
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Aktenzeichen: 2 U 95/16
|
Verkündet
am:
05.01.2017
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle |
Oberlandesgericht
Stuttgart
IM
NAMEN DES VOLKES
URTEIL
In Sachen
...
- Kl. und
Berufungsklägerin -
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte ...
gegen
Rechtsanwälte
...
- Bekl. und
Berufungsbeklagte -
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte
...
Leitsätze
1. Einstweilige Verfügung immer ohne Schriftsatznachlass in der mündlichen Verhandlung.
2. Bei einstweiliger Verfügung gibt es keine
richterliche Hinweispflicht wegen des besonderen Charakters des Eilverfahrens .
3. Nach der Zivilprozessreform 2002 kann der Kläger
grundsätzlich keine Klage im zweiten
Rechtszug ändern, erst recht im
auf Verfahrensbeschleunigung Verfahren der einstweiligen
Verfügung.
Tenor
1. Die Berufung der Verfügungsklägerin gegen das
Urteil des
Vorsitzenden der 42. Kammer für Handelssachen des Landgerichts
Stuttgart vom 22. Juni 2016 (Az.: 42 O 28/16 KfH) wird
zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt die
Verfügungsklägerin.
Der Streitwert wird festgesetzt
für den ersten Rechtszug bis zur Rücknahme der
Anträge
Ziffer I und Ziffer VI auf insgesamt 2,67 Mio. EUR, danach auf
insgesamt 2,025 Mio. EUR, davon im Verhältnis zwischen der
Verfügungsklägerin und jedem
Verfügungsbeklagten bis zur
Teilklagerücknahme auf 890.000,- EUR, danach auf 675.000,- EUR;
für den zweiten Rechtszug auf insgesamt 2.025 Mio. EUR, davon
im
Verhältnis der Verfügungsklägerin zu jedem
der
Verfügungsbeklagten auf 675.000 EUR.
Gründe
I.
Die Verfügungsklägerin begehrt im Wege des
einstweiligen Rechtsschutzes Unterlassung aus Wettbewerbsrecht.
Wegen des Sachverhalts wird auf die tatsächlichen
Feststellungen
in dem Urteil des Vorsitzenden der 42. Kammer für
Handelssachen
des Landgerichts Stuttgart vom 22. Juni 2016 (Az.: 42 O 28/16 KfH)
Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 ZPO).
Das Landgericht hat die nach Rücknahme dreier Anträge
zuletzt
noch gestellten Verfügungsanträge
zurückgewiesen und
hierzu ausgeführt:
Zum Antrag Ziffer II. habe die Verfügungsklägerin
nicht
glaubhaft gemacht, dass der erkennbar redaktionelle Artikel Ast 1
wenigstens mittelbar auf Veranlassung der Beklagten beruhe.
Außerdem sei der Antrag verfrüht, da
gemäß §
75 Abs. 2 HG NRW noch keine Verpflichtung bestehe, die von der
Verfügungsbeklagten Ziff. 1 in Kooperation mit der
medizinischen
Hochschule S... beabsichtigte Einrichtung des Medizinstudiengangs in
K... anzuzeigen. Abzustellen sei auf den 15. Juli 2016. Auch sei nicht
glaubhaft gemacht, dass die Verfügungsbeklagte Ziff. 1 dieser
Anzeigepflicht nicht rechtzeitig nachkommen werde.
Zum Antrag Ziff. III habe die Verfügungsklägerin
nicht
glaubhaft gemacht, dass die von ihr behauptete Voraussetzung
für
eine Zulassung zum Studium bestehe.
Zum Antrag Ziff. IV sei die beanstandete Behauptung der Anlage ASt 1
schon nicht zu entnehmen. Der dortige Artikel im D... Ä...
bringe
lediglich zum Ausdruck, dass „die Anerkennung der
Studienleistungen europaweit gesetzlich gewährleistet ist".
Zudem
fehle die Passivlegitimation der Verfügungsbeklagten (wie zum
Antrag II.). Die Regelungen in der Lissabon-Konvention führten
zu
einer Beweislastumkehr zu Lasten der
Verfügungsklägerin.
Zum Antrag Ziff. V verhalte es sich wie zum Antrag Ziffer II.
Die ungenaue bzw. verkürzte Aussage in der mit dem Antrag
Ziff.
VII (Schriftsatz vom 25.05.2016) angegriffenen Werbeanzeige Ast 15
führe nicht zu einer marktrelevanten Irreführung.
Der Schriftsatz der Verfügungsklägerin vom 07.06.2016
habe
keinen Anlass gegeben, die mündliche Verhandlung
wiederzueröffnen.
Der von der Verfügungsklägerin angegebene Streitwert
von
200.000 EUR erscheine allenfalls in einem Hauptsacheverfahren
angemessen. Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes sei
regelmäßig ein Abschlag, hier in Höhe der
Hälfte,
vorzunehmen.
Gegen dieses Urteil hat die Verfügungsklägerin form-
und
fristgerecht Berufung eingelegt und ihr Rechtsmittel
prozessordnungsgemäß begründet.
Sie trägt vor:
Die Änderungen in den Berufungsanträge
gegenüber den
erstinstanzlichen Verfügungsanträgen stellten
lediglich
Einschränkungen aus Gründen der Bestimmtheit
(§ 253 Abs.
2 Nr. 2 ZPO) dar. Sofern der Senat gegen einen Antrag Bedenken habe,
bittet der Verfügungsklägervertreter um einen Hinweis.
Zum Berufungsantrag Ziffer I.:
Das Landgericht gehe zu Unrecht davon aus, dass der Artikel im D...
Ä... (Ast 1) erkennbar redaktionell sei. Ergänzend zu
der
ersten Instanz berufe sich die Verfügungsklägerin auf
die
Anlage Ast 2 zur Antragsschrift.
Der Verfügungsbeklagte Ziffer 2 habe vor dem Landgericht
angegeben, es habe mehrere Interviewanfragen gegeben, und aus den
Antworten sei der Artikel entstanden. Glaubhaft gemacht hätten
die
Verfügungsbeklagten dies nicht. Im Übrigen
wären die
Verfügungsbeklagten aufgrund ihrer objektiven Mitwirkung
für
den Inhalt verantwortlich.
Die Verfügungsklägerin habe erstinstanzlich
vorgetragen, dass
gleichlautende oder ähnliche Artikel auch in anderen
Zeitschriften
erschienen seien. Durch die Ähnlichkeit der Darstellung und
des
Wortlautes spreche sehr vieles dafür, dass diese Berichte
insgesamt durch die Verfügungsbeklagten veranlasst worden
seien.
Die „Aufnahme des Studienbetriebs" in § 75 HG NRW
sei nicht
gleichbedeutend mit dem Vorlesungsbeginn, sondern der Betrieb laufe
schon, wenn eine Einschreibung möglich sei. Normzweck sei es,
dass
ein unlegitimierter Studienbetrieb erst gar nicht aufgenommen werde.
Zum Vorlesungsbeginn seien schon irreversible Fakten geschaffen. Der
Antrag fehle.
Auch der Beschluss des Landgerichts Stuttgart vom 20. Juni 2016 (Az.:
36 0 42/16 KfH - BKL4) bestätige die Auffassung der
Verfügungsklägerin.
Zum Berufungsantrag Ziffer II:
Die Anlage Ast 6 sei nicht als freundliche Bitte zu verstehen. Es werde
auf das Bewerbungsverfahren Bezug genommen und von
„Formalitäten" gesprochen, was beim Leser die
Vorstellung
auslöse, dass diese zwingend einzuhalten seien.
Die Bezugnahme auf die Angaben des Verfügungsbeklagten Ziffer
2
vor Gericht am 03. Juni 2016 ändere daran nichts; sie
ersetzten
zudem keine Glaubhaftmachung. Durch die Anlage Ast 7 sei glaubhaft
gemacht, dass für die Zulassung zu dem Studiengang nach
bulgarischem Recht Aufnahmeprüfungen in Biologie und Chemie
erforderlich seien. Das bulgarische Recht sei auch auf Standorte in
Deutschland anzuwenden. Zum anderen hätten die
Verfügungsbeklagten durch die Anlage KR3 vorgetragen, dass
hier
die Fächer Biologie und Chemie in der Schule in der Oberstufe
absolviert sein müssten.
Hinzu komme der Englischtest, der auch an dem Standort in Deutschland
durchgeführt werden müsse, wenn und soweit es sich
hier um
eine Niederlassung oder Kooperation handele.
Zum Berufungsantrag zu III:
Die Aussage „europaweit gesetzlich gewährleistet"
sei von dem Unterlassungsantrag erster Instanz umfasst gewesen.
Diese Aussage suggeriere, dass bei der Absolvierung des Studienganges,
den die Beklagten vermeintlich stattfinden lassen wollten, kraft
Gesetzes keinerlei Probleme bei der Anerkennung entstünden.
Dies
schon nach dem Wortsinn (dazu BKL6).
Eine solche Sicherstellung könne niemals vorgenommen werden,
da
eine Beweislastumkehr bestehe. Die Aussage sei daher falsch. Die
Lissabon-Konvention sei den Interessenten nicht zwingend bekannt. Sie
vertrauten der Aussage der Verfügungsbeklagten.
Zum Berufungsantrag Ziffer IV:
Auch hier habe sich die Fehlinterpretation des § 75 HRG durch
das Landgericht ausgewirkt.
Zum Berufungsantrag Ziffer V:
Die Verfügungsbeklagten seien für die Verwendung und
die
Gestaltung des Werbemediums verantwortlich. Es bestehe keine
„räumliche Beschränkung“, sondern
die
Verfügungsbeklagten hätten Geld sparen wollen. Sie
hätten die Anzeigengröße frei
wählen und dann alle
Informationen aufnehmen können.
Die Möglichkeit, weitere Informationen einzuholen, beseitige
die
eingetretene Irreführung nicht. Die Fehlvorstellung sei
entstanden. Dass eine Aufklärung erfolge, werde bestritten und
käme ohnehin zu spät. Die pauschale Aussage zu einem
Studienangebot in Englisch sei unzutreffend.
Es liege ein relevantes Anlocken vor.
Auch hier griffen die obigen Ausführungen zu § 75 HG
NRW.
Nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist hat die
Verfügungsklägerin ihr Vorbringen vertieft:
Die Anzeige an die zuständige Behörde sei
gemäß
KR6 am 02. Mai 2016 erfolgt. Sie sei, wie die
Verfügungsklägerin mittlerweile erfahren habe,
zurückgenommen worden (BK 13). Die Wiederholungsgefahr sei
dadurch
nicht entfallen.
Damit stehe fest, dass ein Studiengang beworben worden sei, der die
Zulassungsvoraussetzungen nie hätte erfüllen
können; er
sei eine große „Luftnummer" gewesen, um
Studieninteressenten mit einem angeblichen Studienbeginn in K...
anzulocken und den Wettbewerbern abzufischen.
Die Berufungsanträge enthielten nur eine Klarstellung und
keinen
neuen Streitgegenstand. Eine Klageänderung wäre aber
sogar
sachdienlich.
Die Anlage BK 12 belege die Angaben des Verfügungsbeklagten
Ziffer
2 vor dem Landgericht, aus denen die Verantwortlichkeit der
Verfügungsbeklagten für die
Presseveröffentlichung Ast
1, die E-Mail Ast 2 und den weiteren Artikel Ast 15 folge.
Die Verfügungsklägerin beantragt, die
Verfügungsbeklagten unter Abänderung des
landgerichtlichen
Urteils und jeweils unter Ordnungsmittelandrohung zu verurteilen,
I.
in Bezug auf die Vermittlung von Studienplätzen zu behaupten,
einen Studiengang und/oder einen Teil eines Studiengang im Bereich der
Medizin selbstständig und/oder in Kooperation mit einer
medizinischen Fakultät einer ausländischen
Universität
aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Union
durchzuführen
und/oder durchführen zu lassen,
sofern zum Zeitpunkt der Behauptung eine Anzeige der Errichtung einer
Niederlassung einer staatlich anerkannten Hochschule aus einem
Mitgliedstaat der Europäischen Union bei dem
zuständigen
Ministerium des Bundeslandes, in dem die Niederlassung ihren
Studienbetrieb aufnehmen soll, nicht vorliegt
und/oder
sofern zum Zeitpunkt der Behauptung eine Feststellung einer Kooperation
einer staatlich anerkannten Hochschule aus einem Mitgliedstaat der
Europäischen Union mit den Antragsgegnern durch das
zuständige Ministerium des Bundeslandes, in dem die
Niederlassung
ihren Studienbetrieb aufnehmen soll, nicht vorliegt,
insbesondere wenn dies geschieht wie in der Anlage Ast.1 und Ast.2 zur
Antragsschrift dargestellt geschehen.
II.
in Bezug auf die Vermittlung von Studienplätzen an einer
ausländischen Universität zu behaupten, einen
Studiengang
und/oder einen Teil eines Studiengang im Bereich der Medizin
selbstständig und/oder in Kooperation mit einer medizinischen
Fakultät einer inländischen und/oder
ausländischen
Universität durchzuführen und/oder
durchführen zu
lassen, und dabei mit folgender Aussage zu werben
„Es gibt 100 Studienplätze. Die ersten 100 Bewerber
erhalten eine Zulassung"
ohne im Rahmen der Bewerbung mitzuteilen, dass für die
Bewerbung
für den beworbenen Studiengang Einschränkungen
bestehen,
nämlich ohne mitzuteilen, dass von den Interessenten und/oder
Bewerbern ein letztes Schulzeugnis angefordert wird, das in den
Schulfächern Biologie und Chemie neun Punkte oder besser
aufweisen
muss
und/oder
ohne mitzuteilen, dass die ausländische Fakultät
rechtliche
und gesetzliche Vorgaben für die Zulassung erfüllen
muss, die
durch den Interessenten und/oder Bewerber zu erfüllen sind,
insbesondere wenn dies geschieht wie in der Anlage Ast.2 und Ast.6 zur
Antragsschrift dargestellt geschehen.
III.
die Vermittlung von Studienplätzen an einer
ausländischen
Universität mit der Behauptung zu bewerben, einen
medizinischen
Studiengang und/oder einen Teil eines medizinischen Studienganges
selbstständig und/oder in Kooperation mit einer medizinischen
Fakultät ausländischen Universität
durchzuführen
und/oder durchführen zu lassen und
1.
dabei zu behaupten, die Anerkennung der Studienleistungen sei
„gewährleistet"
und/oder
2.
ohne darauf hinzuweisen, dass die Anerkennung im Rahmen einer
Einzelfallprüfung erfolgt,
insbesondere wenn dies geschieht wie in der Anlage Ast.1 zur
Antragsschrift dargestellt geschehen.
IV.
die Vermittlung von Studienplätzen an einer
ausländischen
Universität mit der Behauptung zu bewerben, einen
medizinischen
Studiengang und/oder einen Teil eines medizinischen Studienganges
selbstständig und/oder in Kooperation mit einer medizinischen
Fakultät ausländischen Universität
durchzuführen
und/oder durchführen zu lassen und dabei zu behaupten, die
Anerkennung der Studienleistungen sei
„gewährleistet",
sofern zum Zeitpunkt der Behauptung eine Anzeige der Errichtung einer
Niederlassung einer staatlich anerkannten Hochschule aus einem
Mitgliedstaat der Europäischen Union bei dem
zuständigen
Ministerium des Bundeslandes, in dem die Niederlassung ihren
Studienbetrieb aufnehmen soll, nicht vorliegt
und/oder
sofern zum Zeitpunkt der Behauptung eine Feststellung einer Kooperation
einer staatlich anerkannten Hochschule aus einem Mitgliedstaat der
Europäischen Union mit den Antragsgegnern durch das
zuständige Ministerium des Bundeslandes, in dem die
Niederlassung
ihren Studienbetrieb aufnehmen soll, nicht vorliegt
insbesondere wenn die geschieht wie in der Anlage Ast.1 zur
Antragsschrift dargestellt geschehen.
V.
in Bezug auf die Vermittlung von Studienplätzen an
ausländischen Universitäten mit der Aussage
"Neu ab WS 16/17: Englischsprachiges Studium in K..."
zu werben,
sofern zum Zeitpunkt der Bewerbung kein vollständiges Studium
in
den Studienfächern Humanmedizin und/oder Zahnmedizin in
Köln
angeboten wurde
und/oder
sofern zum Zeitpunkt der Bewerbung das beworbene Studienangebot in
deutscher und englischer Sprache angeboten wurde und nicht nur in
englischer Sprache
insbesondere wenn dies geschieht wie in der Anlage Ast.15 zur
Antragsschrift dargestellt geschehen.
Die Verfügungsbeklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigen das landgerichtliche Urteil und tragen vor:
Die Verfügungsklägerin habe in der Berufung
wesentlich
abweichende Sachanträge gestellt. Sie verfolge damit die im
ersten
Rechtszug erhobenen Ansprüche nicht weiter, sondern stelle in
unzulässiger Weise neue, bisher nicht geltend gemachten
Ansprüche zur Entscheidung.
Der Berufungsantrag Ziffer I weiche erheblich vom
Verfügungsantrag
Ziffer II erster Instanz ab. Dabei handele es sich um einen neuen
Streitgegenstand. In diese Klageänderung willigten die
Beklagten
nicht ein. Sie sei auch nicht sachdienlich.
Dasselbe gelte für den Berufungsantrag Ziffer III
(gegenüber
dem Verfügungsantrag Ziffer IV erster Instanz) und
für den
Berufungsantrag Ziffer IV. (gegenüber dem
Verfügungsantrag
Ziffer V. erster Instanz).
Die Berufung sei auch insgesamt unbegründet. ASt 1 sei keine
Werbung der Verfügungsbeklagten, sondern ein redaktioneller
Beitrag in einer von der Bundesärztekammer herausgegebenen
Zeitschrift, der nicht von den Beklagten verfasst worden sei, noch von
ihnen veranlasst. Ungeachtet dessen enthalte der Beitrag auch keine
irreführenden Angaben.
Der Verfügungsbeklagte Ziffer 2 habe nicht in der
mündlichen
Verhandlung vor dem Landgericht erklärt, es habe
Presseanfragen
und Interviews gegeben, die dann zu dem Bericht
gemäß Anlage
Ast 1 geworden seien.
Die Verfügungsbeklagte habe eine
fristgemäße, d.h. vor
dem 15.07.2016 erfolgte, Anzeige gemäß § 75
HG NRW
eingereicht.
Der Berufungsantrag Ziffer I sei unschlüssig. Die
Anträge zu
Ziffer II und Ziffer III scheiterten an der fehlenden
Passivlegitimation.
Der Berufungsantrag zu Ziffer IV gehe daran vorbei, dass
gemäß Anlage KR 6 eine Anzeige
gemäß § 75 HG
NRW fristgemäß erfolgt sei. Auch hier sei die Klage
mit der
und/oder-Verknüpfung unschlüssig.
Der Berufungsantrag zu Ziffer V sei gleichfalls unschlüssig.
Die
Anzeige behandele ein zukünftiges Ereignis, das Wintersemester
2016/2017. Die Voraussetzungen hierfür bereits im Mai 2016 zu
fordern, habe keinen Sinn.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrages im zweiten
Rechtszug nimmt der Senat Bezug auf die im Berufungsverfahren
eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen und auf die
Sitzungsniederschrift vom 01. Dezember 2016.
II.
Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Der
Verfügungsklägerin war kein Schriftsatznachlass mehr
zu
gewähren, weder originär, noch aus einer
gerichtlichen
Hinweispflicht heraus (dazu A). Ihre Berufungsanträge sind
ganz
überwiegend schon unzulässig, der einzig
zulässige
Antrag ist unbegründet (dazu B).
A
Der Senat ist nicht gehalten, der Verfügungsklägerin
in Bezug
auf die Zulässigkeit bzw. Unzulässigkeit ihrer
Berufungsanträge einen Schriftsatznachlass
einzuräumen, wie
in der mündlichen Verhandlung beantragt.
1.
Ein Schriftsatznachlass kann im Verfahren der einstweiligen
Verfügung nicht gewährt werden. Die Verfahren des
einstweiligen Rechtsschutzes nach der Zivilprozessordnung sind auf eine
sofortige Entscheidung des Gerichts ausgerichtet, um einen gegebenen
Anspruch schnell zu sichern oder die durch eine Zustellung des Antrages
geschaffene Rechtsunsicherheit schnell zu beenden. Um diesem Zweck zu
genügen, besteht im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes
über die auch im Hauptsacheverfahren bestehende
Prozessförderungspflicht eine erweiterte
Beibringungsobliegenheit.
Es ist allein Aufgabe der Parteien, in einem angesetzten
Verhandlungstermin vortragen zu können und alle Mittel zur
Glaubhaftmachung ihres Prozessvortrages präsent zu stellen;
eine
Ladung von Zeugen oder Sachverständigen durch das Gericht
findet
nicht statt. Eine Vertagung der mündlichen Verhandlung zum
Zwecke
einer Beweisaufnahme oder zur Ermöglichung weiteren
Vorbringens
scheidet aus, und auch die Gewährung eines
Schriftsatznachlasses
gemäß § 283 ZPO ist mit dieser gesetzlichen
Zielvorgabe
unvereinbar (Hans. OLG Hamburg, Beschluss vom 05. Januar 2009 - 5 U
194/07, bei juris Rz. 18; vgl. zu Besonderheiten des Verfahrens auch
OLG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 08. November 2013 - 10 U
39/13, bei juris Rz. 17).
2.
Der Senat war im Übrigen auch nicht gehalten, der
Verfügungsklägerin einen förmlichen Hinweis
dazu zu
geben, ob er ihre Berufungsanträge als unzulässig im
Sinne
des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO und des § 533 ZPO ansieht.
a)
Das Gericht ist neutral. Es hat auf der Grundlage des ihm vorgetragenen
Sachverhalts (Beibringungsgrundsatz) über die von den Parteien
gestellten Sachanträge zu entscheiden. Die Bestimmung des
Streitgegenstandes obliegt allein den Parteien (Parteimaxime; vgl. OLG
Stuttgart, Urteil vom 19.11.2015 - 2 U 88/15). Nur ausnahmsweise hat
das Gericht zur materiellen Verfahrensleitung nach den
unterschiedlichen Maßgaben der Absätze des
§ 139 ZPO
einer Partei durch einen Hinweis Hilfestellung zu geben,
nämlich
wenn dies geboten ist, um deren Anspruch auf rechtliches Gehör
und
effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten (vgl. zur
Hinweispflicht
und ihren Grenzen BGHZ 185, 11, bei juris Rz. 53 - Modulgerüst
II
BGH, Urteil vom 10. Dezember 2015 - IX ZR 272/14, MDR 2016, 392, bei
juris Rz. 14; s. auch OLG Stuttgart, Urteile vom 23. Juli 2015 - 2 U
72/14; bei juris Rz. 51 ff.; vom 10. Juli 2014 - 2 U 78/12; und vom 02.
Mai 2013 - 2 U 31/12, je m.w.N.; OLG Stuttgart, Beschluss vom 20. Juli
2012 - 19 U 61/12, bei juris Rz. 17; s. ferner OLG München,
Urteil
vom 28. April 2016 - 29 U 179/16, bei juris Rz. 17, u.H. auf BGH,
Beschluss vom 16. September 2015 - V ZR 8/15, MDR 2016, 414 zu der auf
Prozessökonomie ausgerichteten Sachdienlichkeit in der
Ausnahmevorschrift des § 533 ZPO vgl. OLG Stuttgart, Urteil
vom
28. Juli 2014 - 5 U 146/12, bei juris Rz. 35).
b)
Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes kommt eine Hinweispflicht
aufgrund des beschriebenen besonderen Charakters des Verfahrens und der
daraus resultierenden erweiterten Obliegenheiten der Parteien
regelmäßig nicht in Betracht.
Außerdem ist zu beachten, dass der
Verfügungskläger
ohnehin eine Verfahrensart nutzt, die durch ihre prozessualen
Besonderheiten den Verfügungsbeklagten in seiner
Rechtsverteidigung einschränkt, sowohl inhaltlich auf
präsente Mittel zur Glaubhaftmachung, als auch zeitlich durch
abgekürzte oder abkürzbare Fristen. Im Falle einer
Beschlussverfügung wird das rechtliche Gehör sogar
ganz auf
das Widerspruchsverfahren, ein Aufhebungsverfahren oder das
Hauptsacheverfahren verschoben. Der Verfügungskläger
kann
hingegen im Rahmen des nicht dringlichkeitsschädlichen
Zeitraums
seine Prozessführung vorbereiten. Damit hat er einen
strukturellen
Vorteil gegenüber dem Verfügungsbeklagten.
Diese vom Gesetzgeber um einer wirksamen Rechtssicherung willen
geschaffene Asymmetrie darf grundsätzlich nicht noch dadurch
vergrößert werden, dass das Gericht den
Verfügungskläger über Hinweise in seiner
Prozessführung unterstützt.
Er bedarf dieser Unterstützung auch nicht in gleicher Weise
wie im
Hauptsacheverfahren. Denn die Entscheidung im
Verfügungsverfahren
erwächst nicht in materieller Rechtskraft.
c)
Eine Sonderstellung nimmt insoweit die Pflicht des Gerichts ein, auf
eine sachdienliche Antragstellung hinzuwirken (§ 139 Abs. 1 S.
2
ZPO a.E.).
aa)
Nicht sachdienlich im Sinne des § 139 Abs. 1 S. 2 ZPO ist der
Antrag, wenn er eindeutig erkennbar das Rechtsschutzziel des
Klägers nicht abdeckt, weil er an diesem vorbeigeht. Die aus
fehlender Sachdienlichkeit erwachsende Hinweispflicht
beschränkt
sich mithin darauf, dem Kläger durch eine Negativauskunft
Gelegenheit zu geben, im Rahmen des von ihm vorgegebenen
Streitgegenstandes Fehler zu beseitigen, welche der Durchsetzung seines
eindeutig erkennbaren Rechtsschutzziels entgegenstehen. Ein Hinweis ist
insbesondere dann geboten, wenn ein Antrag an
Formulierungsmängeln
leidet oder zu unbestimmt ist und dieser Umstand im Rechtsstreit noch
nicht thematisiert worden war (vgl. BAG, Beschluss vom 27. Juli 2016 -
7 ABR 16/14, bei juris Rz. 21, m.w.N.).
bb)
Fehlt dem Antrag aus anderen Gründen die Erfolgsaussicht, so
ist
dies keine Frage der Sachdienlichkeit im Sinne des § 139 Abs.
1 S.
2 ZPO. Auch zu ihren Anträgen hat die Partei, abgesehen von
dem
Sonderfall, dass das Gericht von seiner als feststehend
geäußerten oder einer vom Erstgericht seiner
Entscheidung
zugrunde gelegten Rechtsauffassung abweicht (vgl. BGH, Beschluss vom
16. September 2015 - V ZR 8/15, MDR 2016, 414, zum Grundsatz bei juris
Rz. 6, zu den Grenzen bei juris Rz. 10 s. auch BAG, a.a.O.) keinen
Anspruch darauf, vorab die Rechtsauffassung des Gerichts kennenzulernen
(vgl. OLG München, Beschluss vom 09. November 2015 - 34 Sch
27/14,
SchiedsVZ 2015, 303, bei juris Rz. 32, u.H. auf BGH, NJW 1990, 3210,
3211).
cc)
Eine Mitteilungs- oder Hinweispflicht des Gerichts kann die Partei auch
nicht durch eine Bitte um einen Hinweis oder durch eine Anfrage
begründen (OLG Stuttgart, Beschluss vom 16. Oktober 2016 - 2 W
57/16). Ob sie besteht, bemisst sich nach objektiven Kriterien.
dd)
Die Hinweispflicht besteht nur im Rahmen des Streitgegenstandes, wie
ihn der Kläger bestimmt hat. Mit seinen Anträgen und
dem
hierzu vorgetragenen Lebenssachverhalt bestimmt und begrenzt der
Kläger den Streitgegenstand (vgl. zum zweigliedrigen
Streitgegenstandsbegriff im Zivilprozess u.a. BGHZ 194, 314, Rn. 18 -
Biomineralwasser; BGH, Urteil vom 07. April 2011 - I ZR 34/09, GRUR
2011, 742, Rn. 14 - Leistungspakete im Preisvergleich) und damit
zugleich gemäß §§ 253 Abs. 2 Nr.
2, 308 Abs. 1 ZPO
den Umfang der Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis des
Gerichts
(vgl. VerfGH des Landes Berlin, Beschluss vom 26. Mai 2005, bei juris
Rz. 12, m.w.N.). Daraus folgt, dass ein gerichtlicher Hinweis auf
fehlende Sachdienlichkeit nicht geboten sein kann, um diesen Rahmen zu
verlassen und den Streitgegenstand zu verändern.
d)
Mangelnde Sachdienlichkeit der Anträge in diesem Sinne liegt
nicht vor.
aa)
Soweit - wie unten aufzuzeigen sein wird - Anträge nach
Maßgabe des § 533 ZPO unzulässig sind,
liegt darin kein
Fall mangelnder Sachdienlichkeit im Sinne des § 139 Abs. 1 S.
2
ZPO. Im Übrigen könnte selbst ein Hinweis des Senates
der
Verfügungsklägerin nicht dazu verhelfen, den Makel
der
Unzulässigkeit ihrer neuen Anträge nach §
533 ZPO zu
beseitigen.
bb)
Mangelnde Bestimmtheit am Maßstab des § 253 Abs. 2
Nr. 2 ZPO
führt vorliegend nach den oben aufgezeigten
Grundsätzen
gleichfalls nicht zu einer gerichtlichen Hinweispflicht.
(1)
Ein gerichtlicher Hinweis ist nicht erforderlich, wenn die Bedeutung
eines Gesichtspunktes vom Prozessgegner konkret aufgezeigt wurde oder
für die Partei auf der Hand liegen musste (BGH, Urteil vom 10.
Dezember 2015 - IX ZR 272/14, MDR 2016, 392, bei juris Rz. 14; OLG
Stuttgart, Beschluss vom 20. Juli 2012 - 19 U 61/12, bei juris Rz. 17;
a.A. OLG Frankfurt, Beschluss vom 21. Januar 2016 - 13 U 84/15,
Nachweis bei juris zu den Grenzen der Hinweispflicht
ausführlich
OLG Stuttgart, Urteil vom 23. Juli 2015 - 2 U 72/14; bei juris Rz. 51
ff.; vom 10. Juli 2014 - 2 U 78/12; und vom 02. Mai 2013 - 2 U 31/12,
je m.w.N.).
(2)
Die Verfügungsklägerin hat sich nach eigenem
Vorbringen mit
Blick auf das Bestimmtheitserfordernis entschlossen, zweitinstanzlich
neue Sachanträge zu stellen, mithin selbst ein -
erstinstanzlich
erörtertes - Bestimmtheitsproblem gesehen.
Auch insoweit könnte eine Präzisierung der
Verfügungsklägerin zudem nicht über die
Zulässigkeitsschranke des § 533 ZPO hinweghelfen. Ein
Hinweis, welcher der Partei aus anderen rechtlichen Gründen
nicht
nutzen kann, braucht aber nicht gegeben zu werden.
B
Die Berufungsanträge sind unzulässig mit Ausnahme des
ersten
Teils des Berufungsantrags Ziffer II; dieser ist zulässig,
aber
unbegründet.
1.
Der Berufungsantrag Ziffer I ist nach Maßgabe des §
533 ZPO
unzulässig. Er ist an die Stelle des
Verfügungsantrages
Ziffer II getreten und enthält eine Klageänderung,
der die
Verfügungsbeklagten nicht zugestimmt haben, die im
Verfügungsverfahren auch nicht sachdienlich ist und
über die
der Senat nicht auf der Grundlage der vom Landgericht getroffenen
Feststellungen entscheiden kann; dies gilt auch in gleicher Weise
für alle anderen Klageänderungen im zweiten Rechtszug.
a)
Nach der Zivilprozessreform 2002 ist es dem Kläger
grundsätzlich verwehrt, seine Klage im zweiten Rechtszug zu
ändern. Dies gilt (erst recht) für das auf besondere
Verfahrensbeschleunigung angelegte Verfahren des einstweiligen
Rechtsschutzes. Inwieweit in diesem Verfahren verschärfende
Unterschiede gegenüber dem Hauptsacheverfahren bestehen, kann
ebenso dahinstehen wie die die Begründetheit betreffende Frage
nach der Dringlichkeit zweitinstanzlich neuer Sachanträge.
Denn
schon nach den für das Hauptsacheverfahren geltenden Regeln
ist
eine Klageänderung nur ausnahmsweise zulässig, wenn
zum einen
entweder der Gegner in sie einwilligt oder das Gericht sie für
sachdienlich erachtet und darüber hinaus (in beiden Varianten)
die
Entscheidung des Berufungsgerichts auf der Grundlage der Feststellungen
des Erstgerichts ergehen kann (§ 533 ZPO). Ob und ggf. unter
welchen Voraussetzungen über den Wortlaut der Norm hinaus auch
Vortrag zu berücksichtigen sein könnte, den das
Berufungsgericht seiner Entscheidung ohnehin zugrunde zu legen
hätte, namentlich weil es infolge eines prozessordnungswidrig
unterbliebenen Hinweises oder einer falschen Auffassung des
Erstgerichts zum materiellen Recht nicht zu einer Tatsachenfeststellung
gekommen ist, zu der es hätte kommen müssen, kann
hier offen
bleiben.
b)
Streitgegenstand eines Rechtsstreits ist nicht ein bestimmter
materiell-rechtlicher Anspruch, sondern der als Rechtsschutzbegehren
oder Rechtsfolgenbehauptung verstandene eigenständige
prozessuale
Anspruch. Dieser wird bestimmt durch den Klageantrag (Rechtsfolge) und
den Lebenssachverhalt (Klagegrund), aus dem der Kläger die
begehrte Rechtsfolge herleitet (zweigliedriger
Streitgegenstandsbegriff; s. dazu schon die Nachweise oben und BGHZ
199, 159, bei juris Rz. 16, u.H. auf BGHZ 157, 47, 50; BGH, Urteile vom
29. Juni 2006 - III ZB 36/06, NJW-RR 2006, 1502, Rn. 8; und vom 13.
Januar 2009 - XI ZR 66/08, NJW-RR 2009, 790, Rn. 17).
Bei der wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsklage bildet die konkrete
Verletzungsform den Streitgegenstand, wenn mit der Klage ein
entsprechendes Unterlassungsbegehren verfolgt wird. Der
Streitgegenstand umfasst in diesem Fall - unabhängig davon, ob
der
Kläger sich auf diese Rechtsverletzung gestützt und
den zu
dieser Rechtsverletzung gehörenden Tatsachenvortrag gehalten
hat -
alle Rechtsverletzungen, die in der konkreten Verletzungsform
verwirklicht sind, auch wenn die verschiedenen Verletzungen jeweils
einen unterschiedlichen Tatsachenvortrag erfordern. Entsprechendes
gilt, wenn dem Beklagten mit der Unterlassungsklage unabhängig
vom
konkreten Umfeld die Verwendung einer bestimmten Bezeichnung untersagt
werden soll (BGHZ 193, 314, Rz. 19 und 24 - Biomineralwasser, unter
Aufgabe von BGH, Urteile vom 08. Juni 2000, I ZR 269/97, GRUR 2001,
181, 182 - dentalästhetika I; und vom 13. Juli 2006 - I ZR
222/03,
GRUR 2007, 161, Rn. 9 - dentalästhetika II).
Eine Änderung des Streitgegenstandes kann daher sowohl in
einer
Änderung des Klageantrages erfolgen, nämlich dann,
wenn diese
das Rechtsschutzziel verändert, als auch in einer
Änderung
des Klagegrundes, nämlich dann, wenn bei natürlicher
Betrachtungsweise der Lebenssachverhalt, aus dem das Rechtsschutzziel
hergeleitet wird, ausgetauscht oder wesentlich verändert wird.
Dem Kläger steht es aber frei, mehrere in einer konkreten
Verletzungsform verwirklichte Rechtsverletzungen im Wege der
kumulativen Klagehäufung jeweils gesondert anzugreifen BGHZ
194,
314, Tz. 25 - Biomineralwasser). Geht er diesen Weg, so erhebt er jeden
einzeln angegriffenen Teilaspekt zu einem eigenständigen
Streitgegenstand, zwingt das Gericht so, über diesen zu
entscheiden und trägt konsequenterweise auch ein
erhöhtes
Kostenrisiko (BGH, a.a.O. - Biomineralwasser).
c)
Der Berufungsantrag Ziffer I weist neben mehreren
einschränkenden
bzw. rein redaktionellen Änderungen gegenüber dem ihm
korrespondierenden Verfügungsantrag Ziffer II erster Instanz
mehrere inhaltliche Änderungen auf, die den Streitgegenstand
verändern. Mit ihnen hat die
Verfügungsklägerin ihr
Rechtsschutzziel und den zugrunde liegenden Klagegrund
geändert.
aa)
Eine Änderung des Streitgegenstandes liegt in der inhaltlichen
Beschreibung dessen, was nach dem Berufungsantrag Ziffer I angezeigt
sein müsse.
(1)
Diesbezüglich enthielt der erstinstanzliche Antrag keine
ausdrückliche Beschreibung. Er war nach der
maßgebenden
Vorschrift des § 133 ZPO dahin auszulegen, dass die Anzeige
sich
auf den angebotenen medizinischen (Teil-)Studiengang beziehen
müsse.
(2)
Hingegen bezieht sich die Anzeige im neuen Antrag nicht auf die
Durchführung eines bestimmten Studienangebotes, sondern auf
die
„Errichtung einer Niederlassung einer staatlich anerkannten
Hochschule (...)“, also nicht mehr auf eine bestimmte
Aktivität am Markt, sondern auf ein institutionsbezogenes
Verhalten, das noch dazu in Verbindung mit einer anderen Institution
erfolgen muss.
bb)
Während erstinstanzlich nur gefordert war, dass eine bestimmte
Anzeige erfolgt sein müsse, verlangt der Berufungsantrag, dass
eine behördliche Feststellung vorliege, das
Verwaltungsverfahren
also schon (positiv) abgeschlossen sei. Dies ist nicht nur ein Mehr
gegenüber dem erstinstanzlichen Antrag, sondern aufgrund des
sogleich unten noch zu beschreibenden neuen Bezugs ein aliud.
cc)
Die geforderte Feststellung muss nach dem Berufungsantrag nicht mehr
„auf Durchführung der Vorbereitung auf den Abschluss
oder
auf die Verleihung einer Hochschulqualifikation einer
Hochschule“
gerichtet sein, sondern auf eine näher beschriebene
Kooperation,
also eine organisatorische Zusammenarbeit, welche ihrem Inhalt nach im
Antrag nicht beschrieben ist.
dd)
Außerdem führt die
Verfügungsklägerin diesen
Antrag nicht mehr nur gegen die Anlage ASt 1, wie im ersten Rechtszug
den Verfügungsantrag Ziffer II, sondern auch gegen die Email
ASt
2. Die Anlagen Ast 1 (Pressebericht) und Ast 2 (Email) sind nach der
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes eigenständige
Streitgegenstände (BGHZ 194, 314, Tz. 19 und 24 -
Biomineralwasser). Beide in Bezug zu nehmen stellt vorliegend auch
keine exemplarische Unterlegung desselben Rechtsschutzziels im Rahmen
desselben Lebenssachverhaltes dar. Denn ein rechtlicher Schwerpunkt der
Beurteilung liegt in den Besonderheiten der Verlautbarungsform (Ast 1
als Presseartikel, Ast 2 als Kundeninformation per Email). Zum anderen
hat die Verfügungsklägerin offenbar selbst die
Notwendigkeit
gesehen, die Anlage Ast 2 in den neuen Antrag aufzunehmen, um die
Unwägbarkeiten in Bezug auf Ast 1 zu eliminieren.
Wäre sie
insoweit von kerngleichen Verstoßfällen ausgegangen,
so
hätte es dieser Erweiterung nicht bedurft. Unbeachtlich
für
die Einstufung ist, dass die Anlage Ast 2 schon erstinstanzlich
vorgelegt worden war. Denn der Verfügungsantrag Ziffer II
erster
Instanz hatte sie nicht erfasst.
2.
Der Berufungsantrag Ziffer II ist an die Stelle des erstinstanzlichen
Verfügungsantrages Ziffer III getreten. Der erste, abtrennbare
und
daher gesondert zu beurteilende Antragsteil ist zwar zulässig,
aber unbegründet, der zweite ist am Maßstab des
§ 253
Abs. 2 ZPO zu unbestimmt und daher unzulässig.
a)
Der erste Antragsteil enthält keine
zulässigkeitsschädlichen Änderungen
gegenüber dem
Verfügungsantrag Ziffer III erster Instanz. Er ist aber
unbegründet. Denn die Verfügungsklägerin
setzt eine den
Lauterkeitskern bestimmende Vorgabe für eine
aufklärende
Mitteilung durch die Verfügungsbeklagten („ohne
mitzuteilen,
dass von den Interessenten und/oder Bewerbern ein letztes Schulzeugnis
angefordert wird, dass in den Schulfächern Biologie und Chemie
neun Punkte oder besser aufweisen muss“), die so schon
deshalb
nicht geboten sein kann, weil die darin beschriebene Voraussetzung
für eine Zulassung zu dem beworbenen Studium nach dem
Parteivortrag gar nicht besteht. Selbst der Vortrag der
Verfügungsklägerin lässt sie nicht erkennen.
Dabei kann
dahinstehen, dass Teile dieses Vortrages unbeachtlich sind, da nicht in
deutscher Sprache gehalten (§ 184 GVG).
b)
Der zweite Antragsteil ist am Maßstab des § 253 Abs.
2 Nr. 2
ZPO nicht hinreichend bestimmt und von daher unzulässig.
aa)
Ob ein Klageantrag hinreichend bestimmt ist, hat das Gericht von Amts
wegen zu prüfen (BGH, Urteil vom 28. November 2013 - I ZR
7/13,
GRUR 2014, 398, Tz. 14 - Online Versicherungsvermittlung).
Nach ständiger Rechtsprechung darf ein Verbotsantrag im
Hinblick
auf § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nicht derart undeutlich gefasst
sein,
dass Gegenstand und Umfang der Entscheidungsbefugnis des Gerichts
(§ 308 Abs. 1 ZPO) nicht erkennbar abgegrenzt sind, sich der
Beklagte deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und
letztlich
die Entscheidung darüber, was dem Beklagten verboten ist, dem
Vollstreckungsgericht überlassen bleibt. Eine
auslegungsbedürftige Antragsformulierung kann dann hinzunehmen
sein, wenn dies zur Gewährleistung des Rechtsschutzes im
Hinblick
auf eine bestimmte Vorgehensweise erforderlich erscheint (vgl. zu
gesetzeswiderholenden Anträgen BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 -
I
ZR 226/13, bei juris Rz. 13 ff. - Deltamethrin, u.H. auf BGH, Urteile
vom 05. Oktober 2010 - I ZR 46/09, GRUR 2011, 433, Rn. 10 -
Verbotsantrag bei Telefonwerbung, m.w.N.; vom 06. Oktober 2011 - I ZR
117/10, GRUR 2012, 407, Rn. 15 - Delan; und vom 02. Februar 2012 - I ZR
81/10, GRUR 2012, 945, Rn. 16 - Tribenuronmethyl; s. auch BGH, Urteile
vom 28. April 2016 - I ZR 23/15, MDR 2016, 1100, bei juris Rz. 13 -
Geo-Targeting; und vom 17. September 2015 - I ZR 92/14 -
Smartphone-Werbung).
Regelmäßig muss schon der Klageantrag diesen
Vorgaben
genügen. Nur ausnahmsweise kann es geboten sein, von diesem
Erfordernis abzugehen, nämlich wenn und soweit eine derart
präzise Formulierung des Klageantrages nicht möglich
ist und
dadurch die Gewährung effektiven Rechtsschutzes faktisch
verhindert wird. Damit das Urteil durch eine Auslegung einen
vollstreckungsfähigen Inhalt erhalten kann. ist es dann
erforderlich, dass der Titel aus sich heraus für eine
Auslegung
genügend bestimmt ist oder doch sämtliche
Voraussetzungen
für seine Bestimmbarkeit klar festlegt (vgl. OLG des Landes
Sachsen-Anhalt, Urteil vom 28. Oktober 2014 - 12 U 25/14, bei juris Rz.
45, u.H. auf BGH, NJW 1993, 324; KG, MDR 1997, 1058; OLG Koblenz, OLGR
2000, 520; OLG Hamm, MDR 2010, 1086).
bb)
Daran fehlt es hier. Der zweite Antragsteil des Berufungsantrages
Ziffer II lässt nicht erkennen, welchen Hinweis die
Verfügungsbeklagten in ihrem Werbeauftritt geben
müssten,
also nicht den Lauterkeitskern, auf den sich dieser Antragsteil
bezieht. Dieser Mangel wird noch dadurch verstärkt, dass der
Antrag in Bezug darauf in sich widersprüchlich ist, wer welche
Voraussetzungen zu erfüllen habe und dass nicht erkennbar
wird,
inwiefern sich dieses Begehren von der ersten Alternative des Antrages
unterscheidet.
3.
Der Berufungsantrag Ziffer III ersetzt den erstinstanzlichen
Verfügungsantrag Ziffer IV. Er enthält in beiden
Antragsteilen - neben unschädlichen Änderungen - eine
nach
Maßgabe des § 533 ZPO unzulässige
Klageänderung.
Die Verfügungsklägerin hat die logische Struktur
ihres
Antrages verändert.
a)
Erstinstanzlich hatte sie mit diesem Antrag im Kern die Werbung mit
einer vollständigen Anerkennung von
Studienabschlüssen durch
Fakultäten beanstandet, wenn diese ohne den im Antrag
genannten
Hinweis erfolge. Mit diesem Hinweis war demnach eine bestimmte Art von
Werbung aus dem Kreis der vom Antrag umfassten Handlungen
ausgeschlossen.
b)
In zweiter Instanz verfolgt sie dieses Klageziel (dazu noch unten) als
Ziffer 1 weiter ohne den Ausschlusstatbestand aus dem Antrag erster
Instanz. Darin liegt zwar sprachlich eine Erweiterung. Diese ist aber
unschädlich. Denn die Verfügungsklägerin
verzichtet
dadurch dem Sinngehalt nach nur darauf, den
Verfügungsbeklagten
einen Weg aus der Unlauterkeit zu weisen. Ob ihr Antrag damit auch
erlaubte Handlungen erfasst, wäre eine Frage der
Begründetheit.
c)
Jedoch enthält die Ziffer 1 des neuen Antrages nicht lediglich
eine Umformulierung des bisherigen Unterlassungsbegehrens.
Während
der Verfügungsantrag erster Instanz auf eine Anerkennung der
Studienleistungen durch Fakultäten beschränkt war,
ist nun
Gegenstand des Antragsteils 1 eine Anerkennung ohne eine
Beschränkung des Kreises der Anerkennenden. Zwar bezieht sich
auch
dieser Antrag auf die nämliche Berichterstattung Ast 1. Aus
ihr
wird aber ein anderes Rechtsschutzziel verfolgt, nämlich die
Unterlassung einer anderen Behauptung.
d)
Daneben enthält der neue Klageantrag als Ziffer 2 einen neuen,
gesonderten Unlauterkeitsvorwurf: Die Werbung ohne den Hinweis,
„dass die Anerkennung im Rahmen einer
Einzelfallprüfung
erfolgt.“ Dieser Hinweis wird nunmehr nicht mehr als Weg aus
der
Unlauterkeit einer Gewährleistungszusage behandelt, sondern
als
unabhängig von einer Gewährleistungszusage stehender
Streitgegenstand. Die Verfügungsbeklagten müssten
nach dieser
Antragsfassung in jedem Fall bei einer Werbung für ihr
Dienstleistungsangebot diesen Hinweis geben und nicht nur, wenn sie die
mit dem Antragsteil Ziffer 1 angegriffene Aussage treffen.
4.
Der Berufungsantrag Ziffer IV ersetzt den früheren
Verfügungsantrag Ziffer V. Er stellt gleichfalls eine nach
§
533 ZPO unzulässige Klageänderung dar. Er
enthält neben
mehreren redaktionellen, klarstellenden oder einschränkenden
Änderungen gegenüber dem Verfügungsantrag
Ziffer V
Änderungen dazu, was beantragt, angezeigt oder festgestellt
sein
müsste. Damit wird der Streitgegenstand verändert.
5.
Der Berufungsantrag Ziffer V ersetzt den früheren
Verfügungsantrag Ziffer VII und stellt in beiden Teilen eine
nach
§ 533 ZPO unzulässige Klageänderung dar. Vor
dem
Landgericht hatte sich der Antrag einzig auf Werbung für das
Wintersemester 2016/17 bezogen. Darüber gehen beide
Antragsteile
des neuen Antrages hinaus.
Für einen Antrag, der sich auf das Wintersemester 2016/2017
bezieht, besteht kein Rechtsschutzbedürfnis mehr. Dieses ist
durch
Zeitablauf entfallen.
III.
A
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
B
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 51 Abs. 1 und
4, 39
Abs. 1 GKG i.V.m. §§ 3 ff. ZPO. Die
Verfügungsklägerin hat durch die
ausdrückliche
Auffächerung in ihren Anträgen verschiedene
Streitgegenstände bestimmt (s. BGHZ 194, 314, Tz. 25 -
Biomineralwasser). Dies führt zu einer entsprechenden
Erhöhung des Gesamtstreitwertes.
1.
Die im ersten Rechtszug gestellten Anträge enthalten jeweils
gegen jeden der Verfügungsbeklagten
- der Verfügungsantrag Ziffer I
einen Streitgegenstand auf Unterlassung,
- der Verfügungsantrag Ziffer II
vier Streitgegenstände auf Unterlassung,
- der Verfügungsantrag Ziffer III
einen Streitgegenstand auf Unterlassung,
- der Verfügungsantrag Ziffer IV
einen Streitgegenstand auf Unterlassung,
- der Verfügungsantrag Ziffer V
einen Streitgegenstand auf Unterlassung,
- der Verfügungsantrag Ziffer VI
sieben Streitgegenstände auf Richtigstellung und
- der Verfügungsantrag Ziffer VII
(Schriftsatz vom 25.05.2016)
zwei Streitgegenstände auf Unterlassung
2.
Im Berufungsverfahren enthalten, wiederum gegen jeden der
Verfügungsbeklagten und nur noch auf Unterlassung gerichtet,
- der Berufungsantrag Ziffer I
zwei Streitgegenstände,
- der Berufungsantrag Ziffer II
zwei Streitgegenstände,
- der Berufungsantrag Ziffer III
zwei Streitgegenstände,
- der Berufungsantrag Ziffer IV
zwei Streitgegenstände und
- der Berufungsantrag Ziffer V
einen Streitgegenstand.
3.
Angesichts der aus früheren Verfahren der Parteien
senatsbekannt
hohen wirtschaftlichen Bedeutung jeder einzelnen Vermittlung
für
die Parteien auf einem wettbewerberschwachen Markt und den aus der Akte
ersichtlichen Umsatzzahlen schätzt der Senat den Wert jedes
Unterlassungsanspruchs aus der Sicht der
Verfügungsklägerin
gegen jeden der Verfügungsbeklagten in der Hauptsache auf
100.000,- EUR und den Wert jedes Richtigstellungsanspruchs auf 20.000,-
EUR.
Nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senates
erfolgt
im Verfügungsverfahren nach § 51 Abs. 4 GKG
regelmäßig ein Abschlag von 25% vom Hauptsachewert.
Einen
Grund, von dieser Rechtsprechung abzugehen oder besondere
Umstände
des vorliegenden Falles, die eine Abweichung im Einzelfall tragen
könnten, bestehen in Bezug auf die
Unterlassungsansprüche
nicht. Was die Richtigstellung angeht, so wäre die Hauptsache
durch eine antragsgemäße Verurteilung im
Verfügungsverfahren miterledigt worden, so dass ausnahmsweise
kein
Abzug vorzunehmen ist.
4.
Dies führt für den ersten Rechtszug zu einem
Streitwert im
Streitverhältnis zwischen der
Verfügungsklägerin und
jedem Verfügungsbeklagten von 890.000,- EUR bis zur
Rücknahme
der Anträge Ziffer I und Ziffer VI, danach von 675.000,- EUR,
Der
Gesamtstreitwert liegt jeweils dreimal so hoch (2,67 Mio. EUR bis zur
Teilrücknahme, danach 2,025 Mio. EUR).
Für den zweiten Rechtszug beträgt der Streitwert
demnach
2.025 Mio. EUR, davon 675.000 EUR im Verhältnis zu jedem der
Verfügungsbeklagten.
C
Die Revision zuzulassen, kommt nicht in Betracht (§ 542 Abs. 2
ZPO).
Unterschriften