Oberlandesgericht Stuttgart Urteil Bodenseekanzlei ortsname-kanzlei.de Domain region-kanzlei.de Rechtsanwalt Anwalt
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Aktenzeichen: 2 U 147/05
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Verkündet
am:
16.03.2006
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle |
Oberlandesgericht
Stuttgart
IM
NAMEN DES VOLKES
URTEIL
In Sachen
...
- Kl. und
Berufungskläger -
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte ...
gegen
Rechtsanwälte
...
- Bekl. und
Berufungsbeklagte -
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte
...
wegen Unterlassung
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten Ziff. 1- 3 und 6 - 9 gegen das Urteil des
Einzelrichters der 6. Zivilkammer des Landgerichts Ravensburg vom
28.07.2005 wird
z u r ü c k g e w i e s e n .
2. Die Kläger tragen als Gesamtschuldner 2/9 der
Gerichtskosten in beiden Instanzen.
Die übrigen Gebühren und Kosten des Rechtsstreits in
beiden
Rechtszügen tragen die in Ziff. 1 des Tenors bezeichneten
Beklagten.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagten können die Vollstreckung der Kläger in
der
Hauptsache durch Sicherheitsleistung in Höhe von 30.000,00 EUR
abwenden, diejenigen der Kosten durch Sicherheitsleistung in
Höhe
von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages, wenn nicht die
Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in jeweils gleicher
Höhe leisten.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gegenstandswert des Berufungsverfahrens: 30.000,00 EUR
Gründe
I.
Die Berufung der Beklagten ist zulässig, der Sache nach jedoch
ohne Erfolg.
A.
Zum einen wird auf die Feststellungen im angegriffenen Urteil Bezug
genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Zusammenfassend:
Die Beklagten - die Beklagte Ziff. 1 als von Rechtsanwälten
und
Steuerberatern gebildete Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die
Beklagten Ziff. 2 bis 9 als bei der Beklagten Ziff. 1 jedenfalls im
Zeitpunkt der Klageerhebung tätige Rechtsanwälte oder
Steuerberater - haben, nach Verlegung des Kanzleisitzes von R. weg, ab
März 2005 in F. ihren Kanzleisitz begründet und
treten dort
im geschäftlichen Verkehr, zum Teil mit einer graphischen
Ausschmückung, als Bodenseekanzlei auf.
Darin sehen die Kläger, unterschiedliche Anwalts- und
teilweise
Notarkanzleien aus F., eine irreführende
Spitzenstellungsberühmung, weil damit dem angesprochenen
Verkehr
neben einem gewissen geographischen Verweis jedoch auch eine
Sonderstellung am Markt, sei es qualitativ oder quantitativ, suggeriert
werde, welche den Beklagten nicht zukomme.
Die Kläger haben beantragt:
- wie zuerkannt -.
Die Beklagten haben beantragt:
Die Klage wird abgewiesen.
Sie haben hauptsächlich eingewandt,
der maßgebliche durchschnittlich informierte, aufmerksame
(und
verständige) Verbraucher sehe in dieser Bezeichnung nur eine
Orts-
und Herkunftsangabe, nicht die von Klägerseite ihr beigelegte
Spitzenstellungsbehauptung. Dies werde auch darin sinnfällig,
dass
es den Bodensee nicht als Region gebe, sondern nur als Naturdenkmal in
Form eines Sees. Der Verkehr sei auch, wie vielfältig zu
belegen
sei, an den Einsatz geographischer Namenselemente auch von Unternehmen
gewöhnt und messe solchem Gebrauch nicht die
Berühmung einer
wirtschaftlichen oder qualitativen Dominanz zu, jedenfalls wenn eine
gewisse Relation zwischen wirtschaftlicher Raumschaft und
unternehmerischer Stärke nicht verlassen werde. So liege es
hier.
Denn die Beklagte Ziff. 1 sei immerhin nach der Klägerin Ziff.
1,
was die Anzahl der Berufsträger anbelange, die
zweitgrößte Kanzlei in F., bzw. habe nach einer
gewissen
personellen Veränderung auf Seiten der Beklagten mit ihr
gleichgezogen. Jedenfalls liege das Verfolgungsinteresse der
Kläger unter der Bagatellschwelle des § 3 UWG und
greife
zudem unvertretbar in das auch durch Art. 12 GG geschützte
berufliche Werberecht ein.
Das Landgericht sprach wie beantragt aus:
Den Beklagten wird es bei Meidung eines für jeden Fall der
Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR,
ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall
Ordnungshaft bis zu 2 Jahren, wobei die Ordnungshaft hinsichtlich der
Beklagten Ziffer 1 an ihren Gesellschaftern zu vollstrecken ist,
verboten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs
mit
der Bezeichnung „Bodenseekanzlei“ zu werben,
denn im angegriffenen werblichen Auftreten liege eine
beanstandungswürdige „Hegemoniekomponente“.
Dagegen wendet sich die Berufung der Beklagten ,
welche unter vertiefender Wiederholung an ihrem erstinstanzlichen
Vorbringen und den damit verbundenen Wertungen festhalten.
Ergänzend heben sie u.a. darauf ab, dass der Richter erster
Instanz für diese eigene Bewertung seine Sachkunde nicht
nachgewiesen habe, gegen die auch stehe, dass er als der Rechtspflege
selbst Angehöriger nicht zu den angesprochenen Verkehrskreisen
gehöre. Zudem verbiete das landgerichtliche Urteil insgesamt
den
werblichen Einsatz des Begriffes. Es sei jedenfalls eine
unterschiedliche Betrachtung angezeigt hinsichtlich des Werbemediums
(Zulässigkeit als Domainname) und bezüglich der
jeweiligen
Berufsgruppe (Zulässigkeit für die Steuerberater in
der
Kanzlei), da insoweit ein unterschiedliches
Verkehrsverständnis
herrsche.
Unstreitig ist, dass die Beklagten Ziff. 4 und 5 zwischenzeitlich aus
der Kanzlei der Beklagten Ziff. 1 ausgeschieden und dass in diese
weitere Personen eingetreten sind.
Die Beklagten beantragen:
Das Urteil des Landgerichts Ravensburg vom 28. Juli 2005 - 6 O 176/05 -
wird aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Zudem sehen sie für sich einen großen Nachteil,
falls durch
übergeordnete Gerichte die angegriffene Begriffsverwendung im
Ergebnis gestattet würde, sie aber aufgrund
instanzgerichtlicher
Titel - und sei es nur vorübergehend - gezwungen
wären, diese
ihre Selbstdarstellung und die auch auf diese Weise im Wirtschaftsleben
erfolgte Verankerung aufzugeben.
Sie beantragen deshalb ergänzend:
Vollstreckungsschutz gemäß § 712 ZPO.
Die Kläger haben mit Zustimmung der Beklagten in der
mündlichen Verhandlung vor dem Senat die
Klage gegen die Beklagten Ziff. 4 und 5 zurückgenommen,
im Übrigen beantragen sie,
die Berufung zurückzuweisen.
Ferner sind sie dem
Antrag gemäß § 712 ZPO entgegengetreten.
Sie verteidigen die angefochtene Entscheidung als richtig.
Hinsichtlich des weiteren Parteivorbringens wird auf die
Schriftsätze sowie die Verhandlungsniederschriften verwiesen
(§ 313 Abs. 2 S. 2 ZPO).
B.
1. Zwar hat das Gericht im Anwaltsprozess einer vom Verfahrensgegner
vorgebrachten Rüge mangelnder Vollmacht nachzugehen
(§ 88
Abs. 1 und 2 ZPO; vgl. hierzu Hüßtege in
Thomas/Putzo, ZPO,
27. Aufl., § 88, 5; Vollkommer in Zöller, ZPO, 25.
Aufl.,
§ 88, 2 und 3). Eine solche Rüge liegt jedoch nicht
vor. In
der Wendung: „Der möglicherweise bestehende Mangel
der
fehlenden Prozessvollmacht ...“ (Bl. 135) ist keine
Rüge zu
sehen, vielmehr werden nur Zweifel angemeldet. Diese
Einschätzung
durch den Senat haben die Kläger in der mündlichen
Verhandlung auf Nachfrage bestätigt.
2. a) Die Frage der Irreführung einer Werbung, bei welcher auf
das
Verständnis eines durchschnittlich informierten und
verständigen Verbrauchers abzustellen ist, welcher der Werbung
die
der Situation angemessene Aufmerksamkeit entgegenbringt (zuletzt BGH
NJW 2005, 2229 = GRUR 2005, 690 [II 2 a] - Internet-Versandhandel ;
evtl. auch nur der Durchschnittsverbraucher, der angemessen gut
unterrichtet und angemessen aufmerksam und kritisch ist, so Helm WRP
2005, 931, 940), kann das Gericht unter Umständen aus eigener
Sachkunde beurteilen. Die Beurteilung der Verkehrsauffassung aus
eigener Sachkunde setzt u.a. voraus, dass es sich bei dem verwendeten
Begriff um einen solchen handelt, dessen Verständnis in einem
bestimmten Sinn einfach und nahe liegend ist, und dass keine
Gründe vorliegen, die Zweifel an dem vom Gericht angenommenen
Verkehrsverständnis wecken. Diese Annahme liegt umso
näher,
wenn die Richter selbst zu den angesprochenen Verkehrskreisen
gehören und sich die Angabe auf Gegenstände des
allgemeinen
Bedarfs richtet (BGHZ 156, 250 = NJW 2004, 1163, 1164 -
Marktführerschaft ; bestätigt in GRUR 2006, 79, 81
[Rz. 27] -
Jeans ; WRP 1999, 650, 653/54 - Holsteiner Pferd ).
b) Die Richter des Senates gehören zu den angesprochenen
Verkehrskreisen, da es sich vorliegend um eine an das rechtsuchende
Publikum gerichtete werbliche Aussage handelt. Danach ist eine
alltägliche Werbebotschaft mit dem der Begrifflichkeit
innewohnenden Bedeutungsgehalt zu beurteilen, den auch die zur
Entscheidung aufgerufenen Richter selbst ermitteln können. Der
Umstand, dass bei Richtern eine besondere Sachnähe zur
Rechtspflege und auch zur Rechtsanwaltschaft besteht,
beschränkt
sie nicht auf eine reine Binnenschau mit der Folge, dass sie die
Außenwirkung von werblichen Verlautbarungen von
Rechtsanwälten gegenüber Nichtrichtern nicht zu
erfassen
vermögen (vgl. auch OLG München NJW 2002, 2113).
3. a) Die Parteien haben aus Rechtsprechung und Literatur zum
Irreführungspotenzial von geographischen Zusätzen bei
Berufs-
oder beruflichen Tätigkeitsbezeichnungen (vgl. hierzu BGH GRUR
1990, 52, 53 - Ortsbezeichnung [„Bad Säckingen ...
Steuerberatungsgesellschaft“]; 1975, 380, 381 - Die
Oberhessische
; 1968, 702, 703 - Hamburger Volksbank ; OLG Düsseldorf GRUR
1980,
315 [„W & P Düsseldorfer Revisions- und
Beratungsgesellschaft mbH“]; OLG Stuttgart [8. ZS] B. v.
03.07.2003 - 8 W 425/02 [dort Beschwerde im Rahmen des § 18
Abs. 2
HGB zu „Sparkasse Bodensee“]; Bornkamm in
Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 24. Aufl. [2006];
§ 5 UWG, 5.100 und 2.148; Marx in Fezer, UWG [2005],
§ 4-S10,
194 f und Peifer a.a.O. § 5 UWG, 373; Helm in Gloy/Loschelder,
Handbuch des Wettbewerbsrechts, 3. Aufl., § 61, 20; Dreyer in
Harte/Henning, UWG [2004], § 5, 721 und 705; vgl. zu
Domainnamen
etwa: OLG München NJW 2002, 2113
[www.rechtsanwaelte-dachau.de];
OLG Celle NJW 2001, 2100 [www.rechtsanwaelte-hannover.de]; ferner OLG
Hamburg NJW-RR 2002, 1582 [www.rechtsanwalt.com]; Kleine-Cosack, Das
Wettbewerbsrecht der rechts- und steuerberatenden Berufe, 2. Aufl.
[2004] Rdn. 614 f), wonach es zu dieser Frage keinen eindeutigen
Grundsatz und damit auch keine eindeutige Antwort gibt, die ihnen
günstigen Elemente der jeweiligen Fundstelle wechselseitig
entnommen.
b) Das OLG Hamm hatte über den werblichen Auftritt einer der
drei
in Dortmund ansässigen Tauchschulen u.a. mit
„Tauchschule
Dortmund“ zu befinden. Es hat eine darin liegende
Irreführung bejaht und dazu ausgeführt: Die
Bezeichnung
„Tauchschule Dortmund“ erweckt nicht nur den
Eindruck, dass
es sich um eine Tauchschule in Dortmund handelt, sondern dass es sich
gewissermaßen um d i e Tauchschule in Dortmund handelt. Wird
-
wie hier - die Ortsbezeichnung zugleich mit dem Namen des
Geschäftsbetriebs verknüpft, geht der Verkehr von
einer
überragenden Stellung des so bezeichneten
Geschäftsbetriebs
in der entsprechenden Branche aus. Dem Verkehr mag zwar bekannt
sein, dass es in einer Stadt der Größe von Dortmund
noch
weitere Tauchschulen geben mag, sodass hier keine
Alleinstellungswerbung vorliegt. Es liegt aber zumindest eine
Spitzenstellungswerbung vor. Denn die Gleichsetzung des Namens der
Tauchschule mit dem Stadtnamen, wo sie residiert, erweckt auch den
Eindruck einer Gleichsetzung mit der Größe der so in
Bezug
genommenen Stadt. Die Kunden gewinnen den Eindruck, dass es in Dortmund
jedenfalls eine Tauchschule, die sich mit der des Beklagten vergleichen
kann, nicht gibt, wenn der Beklagte glaubt, allein schon durch die Wahl
des Namens der Stadt, in der er residiert, sich hinreichend von den
anderen Tauchschulen abgrenzen zu können. Für die
Irreführung durch den Domainnamen und die E-Mail-Adresse gilt
nichts anderes. Es geht hier nicht um die Problematik der Verwendung
von Gattungsbegriffen als Domainnamen ... In der Wahl solcher
bloßen Gattungsbegriffe mag der Verkehr lediglich einen
Branchenhinweis sehen, der über die Größe
und sonstigen
Geschäftsverhältnisse des Domaininhabers noch nichts
aussagt
... Einen solchen Gattungsbegriff hat der Beklagte hier aber als Domain
gerade nicht gewählt. Der Beklagte hat nicht den
bloßen
Gattungsbegriff der Tauchschule gewählt, sondern die
Bezeichnung
„Tauchschule Dortmund“ (GRUR-RR 2003, 289). Der BGH
hat die
dagegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen
(B. v.
23.11.2003 - I ZR 117/03; vgl. auch Bornkamm a.a.O.
§ 5 UWG,
4.106
und 2.148). Diese Fallgestaltung erscheint dem
Senat dem vorliegenden
Streitstoff in so hohem Maße angenähert, dass die
dortigen
Wertungen und das dortige Ergebnis auf die vorliegende Konstellation
übertragen werden können.
„Bodenseekanzlei“ ist neben der
reinen Naturerscheinung eine Tourismusregion und auch ein
Wirtschaftsraum, möglicherweise in der Zusammenfassung
wirtschaftlicher Raumschaften, die je nach Anrainerstaat oder
Bundesland unterschiedlich gestreut oder untergliedert sind. Ein
intensiverer geographischer Bezug zum Bodensee als allen dort in den
umliegenden Kommunen ansässigen Kanzleien steht den Beklagten
nicht zu Gebote (etwa Lage auf einer Insel o.Ä.). Deshalb
verfängt das von den Beklagten herangezogene Beispiel
„S.“ nicht, wo es um eine punktuelle geographische
Anbindung an eine lokale städtebauliche Erscheinung geht. Die
Wortschöpfung der Beklagten nimmt vielmehr die ganze Region
und
den ganzen Wirtschaftsraum Bodensee auf und setzt das eigene
Unternehmen mit ihm in Beziehung, indem es - als allgemeinen Bezug -
sich als Unternehmen für diesen Wirtschaftsraum anbietet, was
aber
auch die Deutung eröffnet, als Unternehmen zu diesem
Wirtschaftsraum in ganz besonderer Beziehung zu stehen. Damit
transportiert die werbliche Botschaft dieser Begriffsbildung jedenfalls
für einen erheblichen (vgl. hierzu BGH NJW 2005, 2085, 2086 -
Traumcabrio ; Bornkamm a.a.O. § 5, 2.106) Teil des
angesprochenen
Verkehrs, dass die Beklagten sich den Rechtsuchenden in diesem
Wirtschaftsraum in gegenüber anderen Kanzleien hervorgehobener
Weise in diesem Dienstleistungsbereich anbieten zu können
vorgeben. Dies kann sich nur beziehen auf Qualität und/oder
Quantität. Damit nehmen die Beklagten mit dieser Bezeichnung
eine
Spitzenstellung für sich in Anspruch.
c) Dieses Verständnis eines besonderen Geltungsanspruches der
Beklagten spaltet sich auch nicht - anders als die Beklagten in der
mündlichen Verhandlung vor dem Senat geltend gemacht haben -
auf
nach Zugehörigkeit des Werbenden zu einer jeweiligen
Berufsgruppe
der rechtsberatenden Berufe. Zum einen macht die
Klagebegründung
und - folgerichtig auch - die Reaktion der Kläger auf das
Ausscheiden oder Eintreten von Berufsträgern bei der Beklagten
Ziff. 1 deutlich, dass Streitgegenstand ausschließlich diese
Selbstbenennung der Beklagten mit ihren Mitgliedern ist, sei es als
Gesellschafter, sei es durch sonstige
Beschäftigungsverhältnisse verbundene Rechtsberater.
Danach
ist unzweifelhaft angegriffen diese Bezeichnung von
Berufsträgern
in dieser Kanzlei. Befinden sich Steuerberater unter deren Dach und
unter dieser Bezeichnung, nehmen sie an dieser für
wettbewerbsrechtlich anstößig zu erachtenden
Bezeichnung
teil, sind mithin Störer und damit ungeachtet eines
für
diesen Berufsstand in Anspruch genommenen gelockerten Werberechtes
unterlassungspflichtig. Wie diese Berufsgruppe unter dem Dach der
Beklagten Ziff. 1 diese Bezeichnung für sich allein in
Anspruch
nehmen wolle, ist auch auf Nachfrage nicht vollziehbar gemacht. Ob
diese Parteien bei Ausscheiden aus der Kanzlei der Beklagten Ziff. 1,
bei Begründung einer eigenständigen Kanzlei oder beim
Anschluss an bestimmte Kanzleien diese Bezeichnung dort dann
führen dürfen, ist nicht Streitgegenstand und damit
auch
nicht zu bescheiden. Zudem vermag der Senat nicht zu erkennen, dass
für diese Berufsgruppe in Bezug auf die streitbetroffene
Bezeichnung andere wettbewerbsrechtliche Maßstäbe
gelten
würden, zumal auch die entsprechenden berufsrechtlichen
Regelungen
(§ 43 b BRAO, § 57 a StBerG) praktisch wortgleich
sind.
4. Dass die Beklagten diesem in dieser Werbung suggerierten Anspruch
nicht gerecht werden, ergibt der Sachstand. Dabei muss der Senat -
ungeachtet der Frage der Zulässigkeit einer nur darauf
bezogenen
geographischen Angabe - nicht etwa über die Stellung der
Beklagten
unter den Kanzleien im Wirtschaftsraum F. oder R. unter dem
Gesichtspunkt der Kopfzahl der jeweiligen Berufsträger
befinden.
Denn die Beklagte greift mit ihrer Selbstbezeichnung über
diesen
lokalen Ausschnitt hinaus und bezieht zumindest alle Rechtsberatung im
deutschen Recht anbietenden Kanzleien am Bodensee ein. Dass sie bei
diesem gebotenen Fokus der insinuierten Spitzenstellung gerecht
würde, behauptet sie selbst nicht.
5. Die Berühmung mit einer Sonderstellung gehört zu
den
besonders schlagkräftigen Waffen im Marketing. Daraus folgt
die
wettbewerbliche Relevanz einer (unberechtigten) Inanspruchnahme einer
solchen Position und auch das Überschreiten der Bagatellgrenze
des
§ 3 UWG.
6. a) Danach haben die Beklagten den Einsatz dieser Berühmung
im
geschäftlichen Verkehr gemäß
§§ 3, 5 UWG zu
unterlassen. Ob daneben auch eine Rechtsverletzung nach § 43 b
BRAO i.V.m. § 4 Nr. 11 UWG vorliegt (vgl. hierzu etwa
Becker-Eberhard in Fezer a.a.O. § 4-S3, 78; ferner
Kleine-Cosack
a.a.O. 192), bedarf danach keiner Entscheidung.
b) aa) Ob mit weiteren Zusätzen oder einer anderen Einbindung
der
Bezeichnung zulässigerweise geworben werden dürfte,
muss,
anders als die Beklagten meinen, nicht - auch nicht über einen
einschränkenden Ausspruch - entschieden werden. Denn es ist
Sache
eines Beklagten, Wege zu finden, die aus dem Verbotsbereich
herausführen (BGH NJW 1999, 3638 [I] -
Kontrollnummernbeseitigung
; Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm a.a.O.
§ 12, 2.45).
bb) Der Verbotsausspruch bedarf auch keiner Einschränkung
dahin,
dass ein Auftreten der Beklagten unter einer entsprechenden
Internet-Adresse auszunehmen wäre.
Soweit die Beklagten dabei auf Rechtsprechung verweisen, wonach etwa
www.rechtsanwaelte.de für zulässig angesehen worden
sei,
fehlt es an der Vergleichbarkeit solcher Beispiele. Zwar wird eine
solche Domain im Allgemeinen für noch nicht unlauter angesehen
(Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm a.a.O.
§ 4 UWG,
10.95; vgl. auch LG Berlin NJW 2004, 1254, 1255 [zu:
www.rechtsbeistand.info]; vgl. auch OLG Hamburg NJW-RR 2002, 1582, 1583
[www.rechtsanwalt.com], dort aber Verwendung durch Betreiber, welche
der Berufsgruppe nicht angehörten und in diesem Auftritt sich
auch
nicht auf einen reinen Anwaltssuchdienst beschränkten). Zwar
kann
mit der Verwendung eines Gattungsbegriffs eine gewisse Kanalisierung
von Kundenströmen einhergehen. Der Verbraucher kennt insoweit
aber
die Besonderheiten des Internets und weiß um die
Besonderheiten
dieser Suchmethode (vgl. hierzu Köhler a.a.O. 10.95), so dass
eine
Irreführung bei diesem Gebrauch in vielen Fällen
ausgeschlossen ist. Gleichwohl kann aber eine irreführende
Werbung
gegeben sein, insbesondere wenn darin eine unzulässige
Alleinstellungswerbung aufscheint (Köhler a.a.O. 10.95 m.N.).
So
ist denn auch die Verwendung der Domain www.rechtsanwalt-dachau.de
untersagt worden, weil der unzutreffende Eindruck erweckt werde, dort
sei ein örtliches Anwaltsverzeichnis zu finden (OLG
München
NJW 2002, 2113; vgl. auch OLG Celle NJW 2001, 2100 [Rz. 5]). Vorliegend
geht es aber schon nicht um die Verwendung eines Gattungsbegriffes
(vgl. insoweit auch OLG Hamm GRUR 2003, 289). Vielmehr wird auch in
einem solchen Internet-Auftritt der vom Senat dargestellte
Irreführungsgehalt transportiert, weshalb auch diese
Irreführung in diesem Medium vom Verletzungs- und damit
Untersagungsbereich nicht auszunehmen ist.
7. a) Dem in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat
gestellten
Antrag der Beklagten gemäß § 712 ZPO, der
als in der
Berufungsinstanz noch nachholbar unterstellt sein mag (vgl. zum
Streitstand insoweit Thomas/Putzo, ZPO, 27. Aufl., § 714, 3
und
5), kann nicht entsprochen werden.
aa) Voraussetzung dafür ist ein unersetzbarer Nachteil.
Dafür
genügen bloße finanzielle Nachteile nicht, solange
sie nicht
mit irreparablen Folgeschäden verbunden sind wie Verlust der
Existenzgrundlage (Herget in Zöller, ZPO, 25. Aufl.,
§ 712, 1
i.V.m. § 707, 13; Lackmann in Musielak, ZPO, 4. Aufl.,
§ 712,
1 i.V.m. § 707, 9; vgl. auch Putzo a.a.O. § 712, 4).
In
Betracht kommen also Fälle des Schweregrades, dass die
Vernichtung
der wirtschaftlichen Existenz des Schuldners sicher erscheint (Lackmann
a.a.O. § 712, 1). Im Zweifel haben die Interessen des
Gläubigers Vorrang, insbesondere bei
Unterlassungsansprüchen
(Putzo a.a.O. § 712, 5).
bb) Gemessen an diesen Grundsätzen ist ein nicht zu
ersetzender
Nachteil schon nicht dargetan. Müssten die Beklagten im Falle
eines letztlichen Obsiegens vor einem dem Senat übergeordneten
Gericht vorübergehend auf dieses - wie sie meinen - nur
eingängige Wiedererkennungszeichen verzichten, so mag im einen
oder anderen Falle die Mundpropaganda oder der Wiedererkennungseffekt
für einen zur erneuten Mandatierung bereiten Mandanten etwas
erschwert sein, wenn ihnen dieses Schlagwort nicht zu Gebote gestanden
hatte. Dass dies jedoch von existenzgefährdender Auswirkung
sein
soll, ist weder nachvollziehbar gemacht noch sonst ersichtlich. Auch
ist bei der gebotenen Abwägung der Interessen der Beteiligten
gerade angesichts der Anspruchsart ein Zurücktreten der
Gläubigerinteressen nicht angezeigt. Soweit die Beklagten -
zur
Begründung dieses Antrages als zweites Argument in der
mündlichen Verhandlung vor dem Senat - anführten -
insoweit
nicht protokolliert -, im - dann - Hin und Her des Schlagwortes fiele
es den Beklagten schwer, Mandanten sich als Rechtsberater in deren
Angelegenheit vertrauenswürdig darzustellen, wenn man die
eigenen
rechtlichen Angelegenheiten nicht verlässlich betreiben
könne, so besteht schon kein Anlass, den Mandanten diesen
Vorgang
so und mit diesen Einzelheiten zu erläutern.
Im Übrigen ist nicht zu erkennen, dass die Beklagten durch den
ohnehin gebotenen Ausspruch im Rahmen der Vollstreckbarkeit nicht
hinreichend geschützt wären.
b) Auch ist keine Aufbrauchsfrist zu gewähren. Trotz eines
entsprechenden Hinweises der Kläger haben die Beklagten diesen
Gesichtspunkt nicht - auch nicht hilfsweise - aufgegriffen. Selbst wenn
in ihrem Antrag gemäß § 712 ZPO als Minus
ein solches
Anliegen zu ihren Gunsten mitgedacht würde, fehlt es
dafür
schon an jeglichem hinlänglichen Vorbringen. Die Beklagten
mussten
aber etwa bei Ausscheiden und Eintreten von neuen Kanzleimitgliedern
ebenfalls recht kurzfristig mit dem Austausch von Briefbögen
oder
der Änderung etwa ihrer Homepage reagieren. Dass ihnen dies
bei
Untersagung der streitbetroffenen Bezeichnung schwerer fiele, ist weder
ersichtlich und insbesondere auch nicht vorgetragen.
II.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97, 269 Abs.
3, 708 Nr. 10, 711, 542, 543 i.V.m. § 3 ZPO.
Durch die Rücknahme der Klage gegen die Beklagten Ziff. 4 und
5
trifft die Kläger insoweit die Kostenfolge nach § 269
Abs. 3
S. 2 ZPO. Der Kostenausspruch insoweit muss sich jedoch nicht auf die
außergerichtlichen Kosten dieser vormaligen Beklagten
beziehen.
Durch deren Verzicht auf Kostenerstattung (B 1 und 2 = Bl. 149 und 150)
fehlt ihnen ein Rechtsschutzinteresse an einer solchen
Kostengrundentscheidung (vgl. hierzu Reichold in Thomas/Putzo a.a.O.
§ 269, 20).
Die Revision ist nicht zuzulassen. Der Senat folgt anerkannten, auch
höchstrichterlich gebilligten Rechtsgrundsätzen. Die
Fallbehandlung erschöpft sich einzig in deren Umsetzung auf
die
Besonderheiten des vorliegenden Einzelfalls.
Unterschriften