Oberlandesgericht Saarbrücken Rechtsanwalt "zugelassen am OLG und LG Dresden" - vgl. Oberlandesgericht Köln, "Rechtsanwalt auch zugelassen am OLG Frankfurt"
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Aktenzeichen: 1 W 193/07 |
30.11.2007
|
Oberlandesgericht Saarbrücken
Im
Namen des Volkes
Beschluss
In
dem Rechtsstreit
........................................
-
Klägerin -
Prozeßbevollmächtigter:
Rechtsanwalt
gegen
........................................
- Beklagte -
Prozeßbevollmächtigter:
Rechtsanwalt
[…]
Tenor
1.) Die sofortige Beschwerde der Verfügungskläger
gegen den am 20. Juli 2007 verkündeten Beschluss der 12.
Zivilkammer des Landgerichts Saarbrücken – Az.:
12.0.91/07 – wird zurückgewiesen.
2.) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen den
Verfügungsklägern zur Last.
3.) Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.000,–
Euro festgesetzt.
Gründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde der
Verfügungskläger ist gemäß
§§ 91 a Abs. 2; 567 ff ZPO zulässig.
Dem Rechtsmittel muss jedoch in der Sache der Erfolg versagt bleiben,
da die mit ihm angefochtene Entscheidung des Landgerichts über
die erstinstanzlichen Kosten des Rechtsstreits rechtlich nicht zu
beanstanden ist.
Nachdem die Parteien erstinstanzlich den Rechtsstreit
übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt
erklärt und wechselseitige Kostenanträge gestellt
haben (Bl. 165 d. A.), war nur noch gemäß §
91 a Abs. 1 ZPO über die Kosten des erstinstanzlichen
Verfahrens zu entscheiden, wobei diese Entscheidung nach der
ausdrücklichen Anordnung der Vorschrift unter
Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach
billigem Ermessen zu treffen war. Dies hat das Landgericht nicht
verkannt. Die von ihm getroffene Kostenentscheidung lässt
insbesondere keinen Ermessensfehler zum Nachteil der
Verfügungskläger erkennen.
Nach allgemeiner Auffassung (vgl. etwa Zöller-Vollkommer, ZPO,
25. Aufl., Rdnr. 24 zu § 91 a ZPO; Thomas-Putzo, ZPO, 28.
Aufl., Rdnr. 48 zu § 91 a ZPO; Musielak-Wolst, ZPO, 5. Aufl.,
Rdnr. 23 zu § 91 a ZPO) ist das Gericht bei einer Entscheidung
nach § 91 a ZPO an die allgemeinen Grundsätze des
Kostenrechts gebunden, die sich aus den §§ 91
– 97, 100 ZPO ergeben. Die von § 91 a ZPO geforderte
Ermessensentscheidung ist daher in der Weise zu treffen, dass
grundsätzlich der Partei die Kosten aufzuerlegen sind, die sie
nach §§ 91 ff ZPO hätte tragen
müssen, wenn die Hauptsache sich nicht erledigt hätte
bzw. nicht für erledigt erklärt worden wäre.
Es ist somit regelmäßig diejenige Partei mit den
Kosten zu belasten, die ohne die Erledigung der Hauptsache
voraussichtlich unterlegen gewesen wäre
(Zöller-Vollkommer a. a. O.; Thomas-Putzo a. a. O.;
Musielak-Wolst a. a. O.).
Die von dem Landgericht getroffene Entscheidung, die
Verfügungskläger mit den gesamten Kosten des
erstinstanzlichen Rechtsstreits zu belasten, trägt diesen
Grundsätzen Rechnung. Der von den
Verfügungsklägern verfolgte wettbewerbsrechtliche
Unterlassungsanspruch war nämlich rechtlich nicht
begründet, so dass ihr Antrag auf Erlass einer einstweiligen
Verfügung zurückzuweisen gewesen wäre, wenn
die Parteien die Hauptsache nicht für erledigt
erklärt hätten.
Die Verfügungskläger beanstandeten, dass der
Verfügungsbeklagte noch am 8. Juni 2007 und damit eine Woche
nach dem am 1. Juni 2007 erfolgten Inkrafttreten des Gesetzes zur
Stärkung der Selbstverwaltung der Anwaltschaft (BGBl. I 2007,
358) im Rahmen seiner Berufsausübung ein Schreiben versandte,
das im Briefkopf unterhalb der Namensnennung und der Berufsbezeichnung
die Angabe "zugelassen am OLG und LG Dresden" enthielt (Bl. 6 d. A.),
obgleich das früher geltende Erfordernis der Zulassung eines
Rechtsanwalts bei einem bestimmten Gericht der ordentlichen
Gerichtsbarkeit durch die genannte Neuregelung aufgehoben worden war
mit der Folge, dass seit dem 1. Juni 2007 jeder von einer
Rechtsanwaltskammer zugelassene Rechtsanwalt bei allen Landgerichten
und Oberlandesgerichten in Deutschland auftreten konnte. Diese
Beibehaltung der bisher von ihm verwendeten Briefkopfangaben durch den
Verfügungsbeklagten stand zwar nicht mehr in Einklang mit der
seit dem 1. Juni 2007 geltenden Neuregelung der anwaltlichen Zulassung.
Sie war jedoch gleichwohl nicht geeignet, einen wettbewerbsrechtlichen
Unterlassungsanspruch der Verfügungskläger
gemäß §§ 3; 4 Nr. 11; 5 Abs. 1; 8
Abs. 1, 3 Nr. 1 UWG zu begründen.
Ein auf Unterlassung gerichteter Verfügungsanspruch der
Verfügungskläger nach diesen Vorschriften
hätte nur bejaht werden können, wenn das beanstandete
Verhalten des Verfügungsbeklagten als unlautere
Wettbewerbshandlung zu werten wäre, die geeignet ist, den
Wettbewerb mehr als nur unerheblich zu beeinträchtigen, und
darüber hinaus die Gefahr einer zukünftigen
Wiederholung ernsthaft bestanden hätte. Vom Vorliegen dieser
Voraussetzungen konnte jedoch nicht ausgegangen werden.
Es bestehen bereits Bedenken dagegen, das beanstandete Verhalten des
Verfügungsbeklagten überhaupt als Wettbewerbshandlung
im Sinne der §§ 2 Abs. 1 Nr. 1; 3 UWG anzusehen. Nach
§ 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG kann eine Tätigkeit nur dann als
Wettbewerbshandlung gewertet werden, wenn sie objektiv geeignet ist,
die Stellung des Unternehmens im Wettbewerb zu fördern, und
subjektiv von einer entsprechenden Absicht getragen wird (vgl.
Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 24. Aufl., Rdnr.
23 – 24 zu § 2 UWG m. w. Nachw.). Im vorliegenden
Fall muss es jedoch äußerst zweifelhaft erscheinen,
ob die Beibehaltung der Angabe "zugelassen am OLG u. LG Dresden"
überhaupt objektiv geeignet sein konnte, die Stellung des
Verfügungsbeklagten im Wettbewerb mit anderen Anwaltskanzleien
zu fördern, nachdem die Zulassung der Rechtsanwälte
bei einem bestimmten Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit durch die
am 1. Juni 2007 in Kraft getretene Neuregelung aufgehoben und damit
jedem Rechtsanwalt die Möglichkeit eröffnet worden
war, bei allen Landgerichten und Oberlandesgerichten Deutschlands
aufzutreten. Zwar ist die Möglichkeit einzuräumen,
dass die in Rede stehende Angabe von einem – kleinen
– Teil des Publikums dahin missverstanden werden konnte, dass
eine Zulassung am OLG und am LG Dresden deshalb von dem
Verfügungsbeklagten eigens hervorgehoben wurde, weil er
verdeutlichen wollte, dass manche anderen Anwälte im Gegensatz
zu ihm nicht bei den genannten Gerichten zugelassen seien. Diese
Möglichkeit eines Missverständnisses war jedoch
letztlich kaum geeignet, in relevantem Umfange zu einer Verbesserung
der Wettbewerbssituation des Verfügungsbeklagten beizutragen.
Die in Rede stehende Zulassungsangabe war nämlich zugleich
– und zwar in erheblich höherem Maße
– geeignet, eine Fehlvorstellung dahin zu bewirken, dass der
Verfügungsbeklagte ausschließlich am OLG und am LG
Dresden zugelassen sei und deshalb im Gegensatz zu anderen
Anwälten, die keine entsprechenden besonderen Angaben zu ihrer
Zulassung machten, nicht bei allen ordentlichen Gerichten Deutschlands
auftreten dürfe. Eine derartige Fehlvorstellung konnte sich
naturgemäß nur nachteilig auf die
Wettbewerbssituation des Verfügungsbeklagten auswirken. Dies
berücksichtigend muss es erheblichen Zweifeln begegnen, die
beanstandete Beibehaltung der Zulassungsangabe im Briefkopf eines
Schreibens vom 8. Juni 2007 als Wettbewerbshandlung im Sinne der
§§ 2 Abs. 1 Nr. 1; 3 UWG zu qualifizieren. Dies gilt
um so mehr, als der Verfügungsbeklagte nachvollziehbar
dargetan und durch Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung vom 22.
Juni 2007 (Bl. 41 d. A.) glaubhaft gemacht hat, dass die Beibehaltung
des früher verwendeten Kanzleibriefkopfes unreflektiert sowie
rein gewohnheitsmäßig erfolgte und keineswegs von
einer Absicht getragen war, durch unzutreffende bzw.
missverständliche Angaben zur anwaltlichen Zulassung
Werbeeffekte zu erzielen.
Die voraufgezeigte Problematik bedarf jedoch keiner weiteren Vertiefung
und abschließenden Entscheidung durch den Senat, da ein
Verfügungsanspruch der Verfügungskläger
selbst dann verneint werden muss, wenn das Verhalten des
Verfügungsbeklagten als Wettbewerbshandlung gewertet wird. Die
Bejahung eines wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruchs der
Verfügungskläger gemäß
§§ 3; 4 Nr. 11; 5 Abs. 1; 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 UWG
verbietet sich nämlich jedenfalls deshalb, weil das
beanstandete Verhalten des Verfügungsbeklagten nicht als
geeignet angesehen werden kann, den Wettbewerb mehr als nur unerheblich
zu beeinträchtigen.
Nach der Bagatellklausel des § 3 UWG ist Voraussetzung eines
wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruchs, dass das beanstandete
Verhalten geeignet ist, den Wettbewerb zum Nachteil der Mitbewerber
nicht nur unerheblich zu beeinträchtigen. Dabei ist
entsprechend dem Zweck der Klausel, nur wirkliche
Bagatellfälle auszuschließen, die Schwelle der
Erheblichkeit nicht zu hoch anzusetzen
(Hefermehl/Köhler/Bornkamm a. a. O., Rdnr. 54 zu § 3
UWG m. w. Nachw.). Erforderlich ist jedoch stets, dass die beanstandete
Wettbewerbshandlung tatsächlich geeignet ist, wettbewerblich
geschützte Interessen der Marktteilnehmer zu
beeinträchtigen, und die zu erwartenden
Beeinträchtigungen im Hinblick auf die Schwere der
Verletzungshandlung, ihre Dauer, die Anzahl der Betroffenen, eine
eventuelle Nachahmungsgefahr oder sonstige Umstände so
erheblich erscheinen, dass ihnen kein Bagatellcharakter mehr
beigemessen werden kann (vgl. Hefermehl/Köhler/Bornkamm a. a.
O., Rdnr. 53, 59 ff zu § 3 UWG). Das beanstandete Verhalten
des Verfügungsbeklagten erfüllt diese Voraussetzungen
jedoch nicht. Die Fehlerhaftigkeit bzw. Missverständlichkeit
der Briefkopfangabe des Verfügungsbeklagten zu seiner
Zulassung am OLG und am LG Dresden war aus den oben dargelegten
Gründen eher geeignet, sich nachteilig auf die
Einschätzung der Kanzlei des Verfügungsbeklagten
auszuwirken, als Werbeeffekte zu ihren Gunsten zu entfalten. Sie war
nicht geeignet, wettbewerblich geschützte Interessen anderer
Anwälte in mehr als nur unerheblichem Maße zu
beeinträchtigen. Das Bestehen einer relevanten
Nachahmungsgefahr ist schwerlich anzunehmen. Soweit die
Verfügungskläger demgegenüber geltend
machen, sie sähen ihre beruflichen Interessen sehr wohl als
beeinträchtigt an, erscheint dies subjektiv und nicht objektiv
begründbar.
Darüber hinaus war dem Verfügungsbeklagten in
entsprechender Anwendung der zur sog. Aufbrauchsfrist entwickelten
Rechtsgrundsätze (vgl. hierzu
Hefermehl/Köhler/Bornkamm a. a. O., Rdnr. 1.58 zu § 8
UWG m. w. Nachw.) nach dem Inkrafttreten der Neuregelung der
Anwaltszulassung am 1. Juni 2007 ein gewisser Überlegungs-,
Reaktions- und Organisationszeitraum zuzubilligen, um die Angaben im
Briefkopf seiner Anwaltsschreiben der neuen Rechtslage anzupassen, der
jedenfalls länger als eine Woche zu bemessen war.
Während dieses Anpassungszeitraumes konnte die
Weiterverwendung des dem bisher geltenden Recht entsprechenden
Briefkopfes mit den in Rede stehenden Angaben zur Zulassung (noch)
nicht als unlauter im wettbewerbsrechtlichen Sinne gewertet werden mit
der Folge, dass das beanstandete Schreiben vom 8. Juni 2007 auch
deshalb nicht als Wettbewerbsverstoß zu werten war. Dies hat
zur Folge, dass ein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch
weiterhin zu verneinen war, weil für die Zukunft nach dem
Ablauf eines dem Verfügungsbeklagten zuzubilligenden
Anpassungszeitraumes keine einschlägige Begehungsgefahr
glaubhaft gemacht war. Die Annahme einer Wiederholungsgefahr verbot
sich im Hinblick darauf, dass das während des
Anpassungszeitraumes versandte Schreiben vom 8. Juni 2007 nicht als
Erstbegehung eines Wettbewerbsverstoßes gewertet werden
konnte, die eine Wiederholungsgefahr indizierte. Für eine
Begehung der beanstandeten Handlung auch noch nach dem Ablauf des
Anpassungszeitraumes bestanden auch sonst keine hinreichenden
Anhaltspunkte.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung
wäre nach alldem zurückzuweisen gewesen, wenn die
Parteien die Hauptsache nicht übereinstimmend für
erledigt erklärt hätten. Bei dieser Sachlage waren
die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens in Anwendung des §
91 a Abs. 1 ZPO den Verfügungsklägern aufzuerlegen.
Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens
folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens entspricht dem Betrag der durch
den angefochtenen Beschluss begründeten Kostenbeschwer der
Verfügungskläger. Letztere beläuft sich nach
der Rechnung des Senats bei Zugrundelegung eines erstinstanzlichen
Streitwertes von 7.500,– Euro auf rund 3.000,– Euro.