OLG
Naumburg eMail Eingriff Gewerbebetrieb
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Aktenzeichen: 10 U 60/06 |
Verkündet
am:
22.12.2006
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle |
OLG Naumburg
URTEIL
In dem
Rechtsstreit
… …,
Klägerin
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte ...
gegen
…. ...,
Beklagte
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte ...
hat
der 10. Zivilsenat des OLG Naumburg durch den Richter am
OLG Handke als Vorsitzenden, die Richterin am OLG Göbel und
den Richter am LG Lienau auf die mündliche Verhandlung vom 01.
12. 2006 für Recht erkannt:
Die
Berufung der Bekl. gegen das am 06. 7. 2006
verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des
LG Magdeburg wird zurückgewiesen.
Die
Kosten des Berufungsverfahrens hat die Bekl. zu tragen.
Das
Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die
Revision wird nicht zugelassen.
Die
Beschwer der Bekl. übersteigt 20.000,- Euro nicht.
Gründe
A.
Die
Kl. nimmt die Bekl. auf Unterlassung der unaufgeforderten Zusendung von
E-Mails zu Werbezwecken sowie auf Erstattung von Abmahnkosten in
Anspruch.
Die
Kl. ist eine Dienstleistungsgesellschaft für freie Berater und
Vermittler der Finanzdienstleistungsbranche. Sie betreut in ihrem
Geschäftsbetrieb nahezu 2000 Netzwerkpartner und kommuniziert
mit ihren Kunden überwiegend per E-Mail. Die Bekl. organisiert
in ihrem Geschäftsbetrieb Messen und Kongresse. Sie
übersandte der Kl. am 16. 8. 2005 per elektronischer Post
unter deren E-Mail-Adresse eine allgemeine Information mit
Ausstellereinladung. Am 07. 9. 2006 übermittelte sie an die
geschäftliche E-Mail-Adresse der Mitarbeiterin der Kl. Frau T.
eine Werbe-E-Mail mit einem Newsletter zu der Fachmesse „I.
2006“ im Anhang. Wegen der Einzelheiten der E-Mail-Werbung
wird auf den Ausdruck des Schreibens vom 07. 9. 2006 – Anlage
K 1 – Blatt 11 d. A. – Bezug genommen.
Mit
Anwaltsschreiben vom 18. 10. 2005 ließ die Kl. die Bekl.
wegen des unaufgeforderten Versendens von E-Mail-Werbung abmahnen und
forderte sie zur Abgabe einer strafbewehrten
Unterlassungsverpflichtungserklärung bis zum 02. 11. 2005 auf.
Zugleich machte die Kl. die unter Zugrundelegung eines
Geschäftswertes von 10.000,- Euro berechneten Anwaltskosten
für die Abmahnung
gegenüber der Bekl. geltend. Die
Bekl. gab die geforderte Unterlassungsverpflichtungserklärung
nicht ab und erwiderte in dem Anwaltsschreiben vom 02. 11. 2005, dass
die Versendung der Informationsmaterialien per elektronischer Post
nicht wettbewerbswidrig sei, da sie sich auf eine zuvor telefonisch
eingeholte Einwilligung der Kl. berufen könne. Die Kl. stellte
mit weiteren Schreiben vom 07. 11. 2005 ein Einverständnis zur
E-Mail-Werbung in Abrede und setzte der Bekl. zur Abgabe der
Unterlassungsverpflichtungserklärung sowie zur Erstattung der
Abmahnkosten eine Nachfrist bis zum 15. 11. 2005. Unter dem 08. 11.
2005 teilte die Bekl. mit, dass die Kl. aus dem Verteiler ihres
elektronischen Newsletter zwischenzeitlich gestrichen worden sei, die
Abgabe einer strafbewehrten
Unterlassungsverpflichtungserklärung verweigerte die Bekl.
endgültig.
Unter
dem 20. 1. 2006 erbat die Kl. per E-Mail von der Bekl. einen Lageplan
für die Messe „I. Professional“. Am 31. 1.
2006 zeigte der Vorstandsvorsitzende der Kl. Interesse an
zusätzlichen Informationen über die Ausstellung
„I. Professional“.
Die
Kl. hat die Ansicht vertreten, dass die Übersendung der
Informations- und Werbematerialien per elektronischer Post mit E-Mails
vom 16. 8. und 07. 9. 2005 wettbewerbswidrig sei, die Bekl.
verstoße gegen das Verbot des § 7 I, II Nr. 3 UWG,
denn sie habe in eine Zusendung von Werbung unter Verwendung der
elektronischen Post nicht eingewilligt. Die Bekl. könne sich
hier auch nicht auf den Ausnahmetatbestand des § 7 III UWG
berufen. Sie hat ist der Meinung gewesen, dass selbst für den
Fall, dass der Vortrag der Bekl. richtig sei, nämlich dass das
Callcenter der Bekl. tatsächlich bei der Kl. vorab angerufen
habe und ein Mitarbeiter der Kl. den Namen des Vorstandsvorsitzenden S.
als Ansprechpartner benannt habe, hierin aber noch keineswegs eine
Zustimmung mit der Zusendung von E-Mail-Werbung zu sehen sei. Die Kl.
habe ein schützenswertes Interesse daran, von unverlangter
E-Mail-Werbung verschont zu bleiben, weil die Kl. hierdurch in ihrem
reibungslosen Betriebsablauf auf Grund der Art der von ihr angebotenen
Dienstleistung empfindlich gestört werde.
Die
Kl. hat beantragt,
die
Bekl. zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der
Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes
in Höhe von
1.000,- EURO, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder
Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, wobei die Ordnungshaft an deren
Geschäftsführer zu vollstrecken ist, unter Ausschluss
der Einrede des Fortsetzungszusammenhanges zu unterlassen, ohne
Einwilligung Werbung unter Verwendung elektronischer Post an die Kl. zu
versenden;
die
Bekl. ferner zu verurteilen, an sie 756,09 Euro nebst 4 % Zinsen
über den Basiszinssatz seit dem 27. 1. 2006 zu zahlen.
Die
Bekl. hat beantragt,
die
Klage abzuweisen.
Sie
hat behauptet, ihr Callcenter habe am 11. 7. 2005 bei der Kl. angerufen
und darauf hingewiesen, dass die Kl. im Verteiler der Bekl.
für die Messe „I. „ aufgenommen worden
sei. Auf Frage der Bekl., ob es einen Ansprechpartner bei der Kl.
für Messen gebe, sei ihr der Name des Vorstandsvorsitzenden
der Kl. genannt und Interesse für die neue Veranstaltung I.
Professional bekundet worden. Sie hat daher die Ansicht vertreten, dass
die Übersendung der Werbe-E-Mails nicht unlauter sei und nicht
gegen das Verbot aus § 7 II Nr. 3 UWG verstoße, da
sie sich auf eine Einwilligung der Kl. mit der elektronischen Post
berufen könne. Dass die Kl. mit der Übersendung von
Werbe-E-Mails der Bekl. grundsätzlich einverstanden sei, zeige
sich schließlich auch darin, dass ein Mitarbeiter der Kl. am
20. 1. 2006 und anschließend der Vorstandsvorsitzende S.
unter dem 31. 1. 2006 Informationsmaterialien von der Bekl. abgefordert
hätten. Die Kl. selbst bediene sich in ihrem
Geschäftsbetrieb des Internets als Medium und wirke an einem
Experten-Presse-Rundschreiben per E-Mail mit, dann könne sie
sich aber selbst nicht als unzumutbar belästigt sehen, wenn
man ihr nun ihrerseits Werbe-E-Mails zusendet. Der Kl. sei
schließlich verwehrt, einen Unterlassungsanspruch aus dem nur
subsidiär anwendbaren Rahmenrecht des eingerichteten und
ausgeübten Gewerbebetriebs nach §§ 1004 I,
823 I BGB herzuleiten. Der eingerichtete und ausgeübte
Gewerbebetrieb sei kein Rechtsgut i.S. des § 823 I BGB,
sondern könne allenfalls einen Auffangtatbestand
begründen. Das Recht des Unternehmens sei dabei aber nicht
geeignet, das UWG zu ergänzen oder gar fortzuschreiben und
Unternehmerinteressen zu schützen, die das UWG nicht habe
schützen wollen.
Das
LG hat mit dem am 06. 7. 2006 im schriftlichen Verfahren
verkündeten Urteil der Klage überwiegend statt
gegeben und die Bekl. verurteilt, es bei Meidung eines für
jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes
in
Höhe von 1.000,- Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6
Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, wobei die Ordnungshaft
hinsichtlich der Bekl. an deren Geschäftsführer zu
vollstrecken ist, unter Ausschluss der Einrede des
Fortsetzungszusammenhanges zu unterlassen, ohne Einwilligung Werbung
unter Verwendung elektronischer Post an die Kl. zu
ver</p>senden, sowie
ferner an die Kl. 378,04 Euro nebst 4 % Zinsen über dem
Basiszinssatz seit dem 28. 1. 2006 zu zahlen. Im übrigen hat
das LG die Klage abgewiesen. Zur Begründung ist im
wesentlichen ausgeführt, dass die Kl. ihren Abwehranspruch
zwar mangels eines Wettbewerbsverhältnisses nicht auf
§§ 7, 8, 12 UWG stützen könne, wohl
aber wegen eines Eingriffs in den ausgeübten und
eingerichteten Gewerbebetrieb auf §§ 823 I, 1004 I
BGB. Bereits die Übersendung einer einzigen elektronischen
Werbenachricht begründe einen betriebsbezogenen Eingriff in
den Gewerbebetrieb des Empfängers, was in der
Verbotsvorschrift des § 7 II Nr. 3 UWG in der seit dem 08. 7.
2004 geltenden Fassung letztlich auch seine Bestätigung
gefunden habe. Im Rahmen einer richtlinienkonformen Auslegung
müsse das Belästigungsverbot des § 7 II Nr.
3 UWG auch außerhalb eines konkreten
Wettbewerbsverhältnisses Geltung beanspruchen, anderenfalls
liefe nämlich Artikel 13 der Datenschutzrichtlinie 2002/58/EG
ins Leere. Für die Annahme einer unzumutbaren
Belästigung komme es auch nicht auf die Anzahl der den
Empfänger zugehenden E-Mails an, vielmehr stelle sich jede
einzelne E-Mail als Teil des zu bekämpfenden Spammings dar.
Ein hinreichend substantiierter Vortrag der insoweit
darlegungspflichtigen Bekl. zu dem Vorliegen einer Einwilligung der Kl.
mit dem Versenden der Werbe-E-Mails fehle. Die Bekl. habe
schließlich auch versäumt, zu den Voraussetzungen
des Ausnahmetatbestandes aus § 7 III UWG hinreichend
vorzutragen.
Gegen
dieses Urteil richtet sich die Berufung der Bekl., mit der sie ihren
erstinstanzlichen Klageabweisungsantrag weiter verfolgt.
Sie
trägt unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens
ergänzend vor, dass die Kl. anlässlich des
Telefonates vom 11. 7. 2005 Interesse für die neue
Veranstaltung „I. „ geäußert
habe und ihren Vorstandsvorsitzenden unter Angabe der genauen
Anschrift, der Telefonnummer sowie der E-Mail-Adresse als
Ansprechpartner benannt habe. Diese Angaben und persönlichen
Daten seien in einem sog. „Kontaktreport“ vom 11.
7. 2005 aufgenommen worden. Sie meint, da ihr die E-Mail-Adresse des
Vorstandsvorsitzenden der Kl. mitgeteilt worden sei, habe sie auch
davon ausgehen können, dass die Kl. keine Einwände
gegen den Empfang elektronischer Werbenachrichten erhebe. Das LG habe
im übrigen zu Unrecht auf den Auffangtatbestand des
eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebes aus
§§ 823 I, 1004 BGB zurück gegriffen. Da der
Bundesgesetzgeber die Datenschutzrichtlinie in der Weise umgesetzt
habe, dass er dem Marktteilnehmer, der nicht Mitbewerber sei, keinen
Unterlassungsanspruch nach § 8 I, III UWG zuerkannt habe,
könne nicht von einer ausfüllungsbedürftigen
Regelungslücke ausgegangen werden. Auch könnten
vereinzelt gebliebenen Mails nicht ein solches Gewicht beigemessen
werden, so dass ein haftungsbegründender Eingriff in das
Unternehmen gerechtfertigt erscheine.
Die
Bekl. beantragt,
unter
Abänderung des Urteils des LG Magdeburg vom 06. 7. 2006 die
Klage abzuweisen.
Die
Kl. beantragt,
die
Berufung der Bekl. zurückzuweisen.
Wegen
des weitergehenden Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten
Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
B.
Die
zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und
begründete Berufung der Bekl. bleibt in der Sache ohne Erfolg.
Das
LG hat in der angefochtenen Entscheidung zu Recht und mit zutreffender
Begründung einen Unterlassungsanspruch der Kl. gegen die Bekl.
wegen der unaufgeforderten Versendung der Werbe-E-Mails bejaht und der
Bekl. zudem einen Kostenerstattungsanspruch wegen der Anwaltskosten
für die berechtigte Abmahnung
zugesprochen.
I.
Wie
das LG zutreffend ausgeführt hat, kann die Kl. ihren
Abwehranspruch allerdings nicht auf § 8 I UWG in Verbindung
mit § 7 II Nr. 3 UWG stützen. Für die
Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs aus § 8 I UWG
fehlt ihr die Aktivlegitimation nach § 8 III UWG. Denn sie
steht nicht als Mitbewerberin i.S. des § 2 I Nr. 3 UWG in
einem konkreten Wettbewerbsverhältnis zu der Bekl.. Es ist
nichts dafür ersichtlich, dass sich die
Geschäftsbereiche der Parteien überschneiden und die
Bekl. auch nur potentiell oder mittelbar in der Lage wäre, die
Absatzchancen der Kl. zu beeinträchtigen. Als eine
bloße Marktteilnehmerin, die nur im
Vertikalverhältnis und nicht als Mitbewerberin (§ 8
III Nr. 1 UWG) durch die Zusendung der Werbe-E-Mails betroffen ist, ist
ihr durch § 8 III UWG verwehrt, aus Wettbewerbsrecht
vorzugehen.
II.
Der
Unterlassungsanspruch der Kl. folgt hier jedoch wegen eines Eingriffs
in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb aus
§§ 1004 I, 823 I BGB.
1.
Die nach dem Gesetz über den unlauteren Wettbewerb fehlende
Sachbefugnis des als Empfänger der elektronischen Post
Betroffenen erfordert einen Rückgriff auf den durch die
Rechtsprechung entwickelten Auffangtatbestand des eingerichteten und
ausgeübten Gewerbebetriebes.
Entgegen
der Ansicht der Bekl. wird die Anwendung des als „sonstiges
Recht“ i.S. des § 823 I BGB anerkannten
Rahmensrechts des eingerichteten und ausgeübten
Gewerbebetriebes und ein hieraus resultierender quasinegatorischer
Abwehranspruch aus §§ 1004 I, 823 I BGB nicht schon
wegen einer Subsidiarität gegenüber den
spezialgesetzlichen Schutzvorschriften der §§ 3, 7 II
Nr. 3, 8 I UWG verdrängt. Zutreffend ist, dass es sich bei dem
deliktsrechtlichen Unternehmensschutz nach §§ 1004 I,
823 I BGB um einen offenen Auffangtatbestand handelt, der eine
ansonsten bestehende Lücke, insbesondere im gewerblichen
Rechtsschutz, zur Wahrung schutzwürdiger Interessen des
Gläubigers schließen soll und dessen Inhalt und
Grenzen sich erst im Ergebnis einer umfassenden Interessen- und
Rechtsgüterabwägung mit der im Einzelfall konkret
kollidierenden Interessensphäre anderer ergeben (vgl. Thomas
in Palandt, BGB, 66. Aufl., § 823 BGB Rdnr. 126 m.w. Nachw.).
Der durch Rechtsprechung und Lehre entwickelte deliktische
Unternehmensschutz ist dazu bestimmt, den wettbewerbsrechtlichen Schutz
bei Bestehen regelungsbedürftiger Lücken zu
ergänzen; dem § 823 I BGB kommt im Wettbewerbsrecht
mithin eine lückenausfüllende Funktion zu (vgl. BGH
GRUR 2004, 877, 880 – Werbeblocker;
Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, 24. Aufl., Einl.UWG Rdnr.
7.26).
Eine
Rechtsschutzlücke, die einen Rückgriff auf den
subsidiär anwendbaren Auffangtatbestand des eingerichteten und
ausgeübten Gewerbebetriebes rechtfertigt, hat hier vorgelegen.
Der durch die E-Mail-Werbung belästigte Unternehmer kann, da
er nur als Marktteilnehmer im Vertikalverhältnis und nicht als
Mitbewerber i.S. der §§ 2 I Nr. 3, 8 III Nr. 1 UWG
betroffen ist, nicht aus Wettbewerbsrecht nach § 8 I UWG
vorgehen. Ihm bleibt nur der subsidiär geltende Weg
über das Deliktsrecht nach §§ 1004 I, 823 I
BGB (vgl. Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG,
24. Aufl., § 7 UWG Rdnr. 74; Brömmelmeyer,
E-Mail-Werbung nach der UWG-Reform, GRUR 2006, 285, 287, 289). Es ist
schließlich auch nichts dafür ersichtlich, dass der
Reformgesetzgeber mit der am 08. 7. 2004 in Kraft getretenen
UWG-Novelle im Hinblick auf die §§ 7 II Nr. 3, 8 I
UWG eine abschließende Exklusivregelung für
unzumutbare Belästigungen durch unaufgeforderte Versendung
elektronischer Post hat schaffen wollen, die außerhalb eines
konkreten Wettbewerbsverhältnisses eine subsidiäre
Heranziehung des Bürgerlichen Rechts ausschließen
sollte. Das Lauterkeitsrecht geht vielmehr davon aus, dass der
Individualschutz der von § 8 III UWG nicht
berücksichtigten Verbraucher und sonstigen Marktteilnehmer
durch das Bürgerliche Recht ausreichend sicher gestellt wird
(vgl. Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, 24. Aufl.,
§ 8 UWG Rdnr. 3.4; ders., a.a.O., Einl. UWG Rdnr. 7.38).
Würde
man den durch den Empfang von Werbe-E-Mails betroffenen Unternehmen
eine Berufung auf das Recht am eingerichteten und ausgeübten
Gewerbebetrieb versagen wollen, liefe die Datenschutzrechtlinie
2002/58/EG im Ergebnis ins Leere (vgl. OLG Düsseldorf MMR
2004, 820 – 821 zitiert nach juris). Denn die Betroffenen
würden in diesem Fall darauf angewiesen sein, dass Mitbewerber
oder aber Verbände, abhängig von den jeweiligen
Interessen, tätig werden.
2.
Die haftungsbegründenden Voraussetzungen eines auf den
deliktsrechtlichen Unternehmensschutz gestützten,
quasinegatorischen Unterlassungsanspruches hat das LG zutreffend bejaht.
a)
Durch die per elektronischer Post unaufgefordert übermittelte
Werbung wird der Schutzbereich des eingerichteten und
ausgeübten Gewerbebetriebes der Kl. verletzt.
aa)
Einen in tatbestandlicher Hinsicht erforderlichen unmittelbaren,
betriebsbezogenen Eingriff in den gewerblichen
Tätigkeitsbereich der Kl. hat das LG zutreffend bejaht.
Unerwünschte
Werbezusendungen stellen wegen ihres besonders belästigenden
Charakters in der Regel einen unterlassungsrelevanten Eingriff in den
eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des
E-Mail-Empfängers dar, dies gilt selbst dann, wenn allein die
Übersendung einer einzigen Werbenachricht in Rede steht (vgl.
OLG München MMR 2004, 324 ff zitiert nach juris; OLG
Düsseldorf MMR 2004, 820 - 821 zitiert nach juris;
Thüringer OLG WRP 2006, 611 zitiert nach juris). Diese Wertung
findet ihre Bestätigung in § 7 II Nr. 3 UWG in der
seit dem 08. 7. 2004 geltenden Fassung, der präzise Kriterien
für die Beurteilung der Zusendung von Werbeinformationen an
private oder geschäftliche Empfänger aufstellt und
zur Ausfüllung des Rahmenrechts des eingerichteten und
ausgeübten Gewerbebetriebs aus § 823 I BGB
herangezogen werden kann (vgl. OLG Düsseldorf MMR 2004, 820 -
821 zitiert nach juris; Thüringer OLG, WRP 2006, 611 zitiert
nach juris; Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, 24. Aufl., Einl.
UWG Rdnr. 7.38). § 7 II Nr. 3 UWG, der Artikel 13 der
Datenschutzrichtlinie 2002/58/EG umsetzt, verbietet
ausdrücklich Werbung mit elektronischer Post als unzumutbare
Belästigung des Marktteilnehmers, soweit eine Einwilligung des
Adressaten nicht vorliegt oder der Werbende die E-Mail-Adresse eines
Kunden nicht im Zusammenhang mit dem Kauf einer Ware oder
Dienstleistung erhalten hat und er sie deshalb auch nicht unter
bestimmten weiteren Voraussetzungen für die Direktwerbung
für eigene oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen
nutzen darf (§ 7 III UWG). Eine Unterscheidung zwischen
Verbrauchern und Unternehmern findet in § 7 II Nr. 3 UWG nicht
statt.
Eine
per elektronischer Post übersandte Werbe-E-Mail ist danach -
auch wenn sie gegenüber Gewerbetreibenden erfolgt - auf Grund
ihres besonderen belästigenden Charakters nur bei vorherigen
ausdrücklichen oder konkludenten Einverständnis
zulässig. Ansonsten begründet sie eine nicht
unerhebliche Störung der betrieblichen Arbeitsabläufe
(vgl. Thüringer OLG WRP 2006, 611 zitiert nach juris; OLG
Düsseldorf MMR 2004, 820 – 821 zitiert nach juris;
KG NJW-RR 2005, 51).
bb)
Die tatbestandlichen Voraussetzungen der zur Ausfüllung des
Rahmenrechts aus § 823 I BGB heranzuziehenden
Verbotsvorschrift des § 7 II Nr. 3 UWG liegen hier vor.
(1)
Die Kl. hat unter dem 16. 8. 2005 und 07. 9. 2005 Werbe-E-Mails von der
Bekl. empfangen. Sie hat in diesem Zusammenhang überdies
unbestritten vorgetragen, dass sie bei Ausübung ihrer
betrieblichen Tätigkeit in besonderem Maße auf den
E-Mail-Verkehr angewiesen sei. Der Schriftverkehr mit ihren Kunden, die
ihr Dienstleistungsangebot in Anspruch nehmen würden, erfolge
in erster Linie über E-Mails, was aber zugleich bedeute, dass
jede im Betrieb der Kl. eingehende E-Mail als potentielle Kundenanfrage
geöffnet und auch gesichtet werden müsse. Das
Herausfiltern der unaufgeforderten Werbezusendungen von den
interessierenden Kundenzusendungen binde danach aber Arbeitszeit der
Mitarbeiter, die anderenfalls für die Beantwortung von
Kundenanschreiben verwendet werden könne.
(2)
Mit Recht hat das LG das Vorliegen einer Einwilligung der Kl. in die
Übersendung der elektronischen Post verneint. Unter einer
Einwilligung i.S. des § 7 II Nr. 3 UWG versteht man jede
Willensbekundung, die in Kenntnis der Sachlage ohne Zwang für
den konkreten Fall erfolgt und mit der die betroffene Person
akzeptiert, dass personenbezogene Daten, die sie betreffen, verarbeitet
werden (vgl. Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm,
UWG, 24. Aufl., § 7 UWG Rdnr. 72). Die insoweit darlegungs-
und beweispflichtige Bekl. hat die Erteilung eines entsprechenden
Einverständnisses nicht schlüssig und hinreichend
substantiiert darzulegen vermocht.
(a)
Soweit sich die Bekl. auf das mit dem Callcenter ihres Unternehmens am
11. 7. 2005 geführte Telefonat beruft, behauptet sie selbst
nicht, dass sich die Kl. ausdrücklich mit der
Übersendung von Werbe-E-Mails einverstanden erklärt
habe. Sie trägt in diesem Zusammenhang vielmehr lediglich vor,
dass der nicht näher bestimmbare Mitarbeiter der Kl., der das
Telefonat am 11. 7. 2005 entgegen genommen habe, Interesse an der neuen
Veranstaltung „I. „ geäußert und
im übrigen den Vorstandsvorsitzenden der Kl. als
Ansprechpartner für alle mit Messen im Zusammenhang stehenden
Fragen benannt habe. Dass die Kl. dabei zugleich der Zusendung von
Werbematerialien zugestimmt habe, geht aus diesem Sachvortrag indessen
nicht hervor. Etwas anderes lässt sich auch nicht aus dem
erstmals in der Berufungsinstanz vorgelegten sog. Kontaktreport vom 11.
7. 2006 (Anlage B 3 – Blatt 120 d. A.) entnehmen.
Keiner
abschließenden Entscheidung des Senat bedarf die Frage, ob
der erstmals im Berufungsrechtszug vorgelegte Kontaktreport als neues
Verteidigungsvorbringen der Bekl. nach §§ 529 I Nr.
2, 531 II ZPO zugelassen werden darf. Denn auch ungeachtet des
Vorliegens der qualifizierten Zulassungsvoraussetzungen des §
531 II ZPO ist der zur Akte gereichte Kontaktreport jedenfalls nicht
geeignet, den Vortrag der Bekl. zu einer
Einverständniserklärung der Kl. zu substantiieren.
Zwar ist in dem Gesprächsformular die Rubrik angekreuzt, dass
Interesse bestehe, Infos zu bekommen. Diese generelle
Interessensbekundung konnte die Bekl. jedoch noch nicht zweifelsfrei
als Aufforderung werten, der Kl. insbesondere per E-Mail nunmehr
Werbematerialien versenden zu dürfen. Von der besonderen Form
der Werbeübermittlung per elektronischer Post ist in dem
Report nicht die Rede. Die Bekundung eines allgemeinen Interesses an
der Messeveranstaltung „I. Professional 2006“
konnte auch durchaus so verstanden werden, dass die Kl. über
ihren Vorstandsvorsitzenden im Bedarfsfall von sich aus entsprechende
Informationsmaterialien abfordern wollte. Im übrigen weist der
Kontaktreport keine Unterschrift des Gesprächsführers
auf, so dass die Authenzität des Gesprächsvermerkes
nicht gewährleistet ist. Der Kontaktreport ist zum Nachweis
des Gesprächsinhaltes insofern ungeeignet.
(b)
Die Bekl. konnte schließlich auch nicht aus den
Umständen des Falls auf ein konkludent erklärtes
Einverständnis der Kl. mit der E-Mail-Versendung weiterer
Werbematerialien schließen.
(aa)
Das anlässlich des Gesprächs potentiell
geäußerte Interesse der Kl. an „I.
2006“, das von der Bekl. auch nicht vor der Versendung der
E-Mail konkret hinterfragt worden ist, vermag zur Begründung
derartiger konkreter Umstände jedenfalls nicht zu
genügen (vgl. ebenso OLG Düsseldorf MMR 2004, 820-
821 zitiert nach juris; Thüringer OLG WRP 2006, 611 zitiert
nach juris). Durch ein lediglich unspezifiziertes und abstrakt
geäußertes Interesse an einer
Geschäftsbeziehung hat die Kl. nämlich nicht schon
stillschweigend zum Ausdruck gebracht, dass sie mit der besonderen
Übersendungsform der E-Mail-Werbung einverstanden sei.
Gleiches gilt für die Annahme eines Bedarfs bei dem Beworbenen
(vgl. Thüringer OLG WRP 2006, 611 zitiert nach juris).
(bb)
Auch in der Bekanntgabe der Telefax-Nummer oder der E-Mail-Adresse des
Vorstandsvorsitzenden kann eine Einwilligung in die Zusendung von
Werbung nicht ohne weiteres erblickt werden (vgl. Köhler in
Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, 24. Aufl., § 7 UWG
Rdnr. 73). Die Kl. hat im übrigen zu Recht darauf hingewiesen,
dass die Bekl. die Werbenachrichten nicht etwa an die laut
Gesprächsreport anlässlich des Telefonates vom 11. 7.
2005 angegebene E-Mail-Adresse des Vorstandsvorsitzenden versandt hat,
sondern an die E-Mail-Adresse einer Mitarbeiterin der Kl.. Selbst wenn
man also in der Bekanntgabe der E-Mail-Anschrift eine konkludent
erteilte Einwilligung in die Übersendung von Nachrichten per
elektronischer Post sehen wollte, würde sich diese
Einwilligung aber auch nur auf die mitgeteilte E-Mail-Adresse beziehen
können und nicht auf jede andere.
(cc)
Ein bloßes Schweigen auf die Ankündigung der Bekl.
einer Telefon- oder Telefaxwerbung stellt regelmäßig
noch kein konkludent erklärtes Einverständnis dar
(vgl. Thüringer OLG WRP 2006, 611 zitiert nach juris).
(dd)
Soweit sich die Bekl. ferner darauf berufen hat, dass die Kl. selbst
Werbung über das Internet betreibe und sogar an einem
Experten-Presse-Rundschreiben per E-Mail mitgewirkt habe und sich daher
als Werbetreibende, die selbst das Medium Internet nutze, nicht
belästigt fühlen könne, wenn man ihr
E-Mail-Werbung zusende, vermag sie mit diesem Argumentationsansatz
nicht zu überzeugen. Wer sein Unternehmen selbst über
E-Mail bewirbt, gibt hiermit noch keineswegs konkludent zu verstehen,
dass er auch mit dem Empfang von E-Mail-Werbung per elektronischer Post
generell einverstanden ist (ähnlich Thüringer OLG WRP
2006, 611 zitiert nach juris).
(ee)
Die Tatsache, dass sich die Kl. später, nämlich im
Januar 2006, ihrerseits an die Bekl. gewandt und um
Übersendung von Informationsmaterialien gebeten hat,
rechtfertigt ebenfalls keine abweichende Beurteilung. Die
spätere Bitte um Zusendung weiterer Informationen aus Januar
2006 lässt insbesondere nicht den Verstoß gegen
§ 7 II Nr. 3 UWG wegen der unaufgeforderten
Übersendung von Werbe-E-Mails aus August und September 2005
nachträglich entfallen.
Die
späteren Anfragen der Kl. aus Januar 2006 stehen mit den
beanstandeten Werbe-E-Mails der Kl. inhaltlich nicht im Zusammenhang.
Es ist auch weder dargetan noch nach den Umständen
ersichtlich, dass die Kl. die Zusendung der Werbematerialien unter
Verwendung der elektronischen Post nachträglich genehmigen
wollte. Im übrigen ist eine nachträglich
erklärte Genehmigung für den Verbotstatbestand des
§ 7 II Nr. 3 UWG ohne Bedeutung; die begangene Verletzung wird
hierdurch nicht gerechtfertigt; nur bei vorheriger Erteilung der
Zustimmung, nämlich bei einer Einwilligung, entfällt
ein Verstoß gegen die Verbotsnorm des § 7 II Nr. 3
UWG.
(c)
Die Annahme einer mutmaßlichen Einwilligung auf Grund einer
gewerblichen Tätigkeit der Kl. kommt nicht in Betracht.
(aa)
Bereits systematische Erwägungen sprechen gegen eine
Anknüpfung an eine mutmaßliche Einwilligung des
Gewerbetreibenden im Rahmen des Tatbestandes des § 7 II Nr. 3
UWG (vgl. OLG Bamberg, Urteil vom 27. 9. 2006, 3 U 363/05).
Während § 7 II Nr. 2 UWG ausdrücklich
zwischen Verbraucher und Gewerbetreibenden differenziert und
für den Gewerbetreibenden ein mutmaßliches
Einverständnis genügen lässt,
enthält § 7 II Nr. 3 UWG keine derartige
Differenzierung zwischen Verbraucher und Unternehmer. Aus der Tatsache,
dass in dem hier entsprechend heranzuziehenden Tatbestand des
§ 7 II Nr. 3 UWG eine entsprechende Differenzierung fehlt,
kann aber gefolgert werden, dass sie der Gesetzgeber bei den dort
genannten Werbemethoden auch nicht gewollt hat (vgl. OLG Bamberg,
Urteil vom 27. 9. 2006, 3 U 363/05 zitiert nach juris).
(bb)
Das Ergebnis dieser systematischen Auslegung wird gestützt
durch die Gesetzesmaterialien. In der Begründung des
Regierungsentwurfes ist nämlich ausgeführt, dass die
genannten Werbeformen gerade im geschäftlichen Bereich einen
stark belästigenden Charakter aufweisen und daher von der in
der Richtlinie 2002/58/EG eröffneten Möglichkeit der
Differenzierung bewusst kein Gebrauch gemacht wird (vgl. BT-Drucksache
15/1487 vom 22. 8. 2003; OLG Bamberg, Urteil vom 27. 9. 2006, 3 U
363/05 zitiert nach juris).
(cc)
Eine Differenzierung entsprechend § 7 II Nr. 2 UWG
wäre für Telefaxsendungen und den elektronischen
Verkehr auch weder sach- noch interessengerecht. Die
Arbeitsabläufe eines Gewerbebetriebes können durch
Werbemails besonders nachhaltig gestört werden. Denn anders
als Privatpersonen wird ein Gewerbetreibender kaum darauf vertrauen
dürfen, dass die in der E-Mail-Software enthaltenen
SPAM-Filter ausschließlich Werbemails aussortieren und
deshalb gehalten seien, den Inhalt eingehender Werbemails stets selbst
zu überprüfen, um sicher ausschließen zu
können, dass es sich nicht um Kundenpost handelt. Hinzu kommt,
dass gerade Gewerbetreibende häufig Internetseiten zur
Darstellung ihrer Tätigkeit unterhalten und wegen der dort
veröffentlichten E-Mail-Adressen einem verstärkten
Aufkommen unerwünschter Werbemails ausgesetzt sind (vgl. OLG
Bamberg, Urteil vom 27. 9. 2006, 3 U 363/05 zitiert nach juris). Die
hieraus resultierenden Belastungen rechtfertigen es aber, für
Gewerbetreibende schärfere Anforderungen an das Vorliegen
einer Einwilligung anzunehmen und ein bloß
mutmaßliches Einverständnis nicht ausreichen zu
lassen.
cc)
Die Voraussetzungen des Ausnahmetatbestandes des § 7 III UWG
hat das LG ebenfalls zu Recht verneint. Hierzu fehlt jeglicher
Sachvortrag der insoweit darlegungs- und beweispflichtigen Bekl..
Danach
aber stellt die Übersendung der Werbe-E-Mails am 16. 8. und
07. 9. 2005 ein Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot des
§ 7 II Nr. 3 UWG dar. Auch wenn die Kl. mangels Vorliegens
eines Wettbewerbsverhältnisses hieraus keinen
wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch nach § 8 I UWG
stützen kann, ist – wie bereits ausgeführt
– die gesetzliche Wertung des § 7 II Nr. 3 UWG
jedoch auch unter dem Gesichtspunkt des betriebsbezogenen Eingriffs in
das Recht des Unternehmens von Bedeutung (vgl. OLG Düsseldorf
MMR 2004, 820 – 821 zitiert nach juris; Köhler in
Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, 24. Aufl., § 7 UWG
Rdnr. 84; ders., a.a.O., Einl.UWG Rdnr. 7, 38).
b)
Aufgrund einer umfassenden Gesamtwürdigung sowohl der
Eingriffshandlung als auch der Art der Schädigung und des
Schutzzweckes des verletzten Rechts ist der Senat zu dem Ergebnis
gelangt, dass der in der unaufgeforderten Zusendung der
Werbenachrichten per elektronischer Post liegende unmittelbare,
betriebsbezogene Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten
Gewerbebetrieb der Kl. auch rechtswidrig ist.
Im
Rahmen der gebotenen Interessen- und
Rechtsgüterabwägung kann dabei gleichfalls wieder auf
die gesetzliche Wertung des § 7 II UWG zurück
gegriffen werden (vgl. Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, 24.
Aufl., Einl. UWG Rdnr. 7.38).
Eine
einzelne unerwünschte Werbe-E-Mail mag zwar den Grad einer
bloßen Belästigung nicht überschreiten. Die
bloß vereinzelt gebliebene Mail ist für die
Interessenabwägung aber auch nicht maßgeblich. Bei
den Übermittlungsformen per elektronischer Post ist
für die Frage der unzumutbaren Belästigung
nämlich nicht auf die einzelne Zusendung, sondern auf das
Massenphänomen abzustellen (vgl. BGH; Urteil vom 01. 6. 2006,
I ZR 167/03 bezüglich Telefaxwerbung; BGH NJW 2004, 1655 ff
zitiert nach juris; OLG Düsseldorf MMR 2004, 820 - 821 zitiert
nach juris; KG NJW-RR 2005, 51, 52). Das Internet hat eine weite
Verbreitung gefunden, da durch die Übermittlung per E-Mail
eine billige, schnelle und durch Automatisierung arbeitssparende
Versendungsmöglichkeit besteht. Diese Werbeart ist daher,
soweit sie nicht ohnehin schon einen erheblichen Umfang erreicht hat,
auf ein immer weiteres Umsichgreifen angelegt. Denn ohne
Einschränkungen der E-Mail-Werbung ist auf Grund ihrer
Vorteilhaftigkeit für den Werbenden mit einem
Nachahmungseffekt bei denjenigen Mitbewerbern zu rechnen, die bislang
nicht mittels E-Mail geworben haben, sich aus
Wettbewerbsgründen jedoch hierzu gezwungen sehen (vgl. BGH NJW
2004, 1655 – 1658 zitiert nach juris).
Der
zu erwartenden Flut an Werbe-E-Mails gilt es daher möglichst
in einem frühen Stadium wirkungsvoll Schranken zu setzen.
Müssten
bei Sichten eingehender Werbe-E-Mails die interessierenden Zusendungen
nämlich zunächst einmal stets mühsam aus
einer Fülle unaufgeforderter Werbezusendungen herausgefiltert
werden, kann dies eine erhebliche Belastung des Arbeitsablaufes in
einem Unternehmen bedeuten. Denn selbst das Aussortieren von
unerbetener Werbung anhand der entsprechenden Betreffzeile ist mit
erheblichen Aufwand und Mühen verbunden. Hinzu kommt, dass
gerade Gewerbetreibenden häufig Internetseiten zu eigenen
Werbezwecken vorhalten und wegen der dort veröffentlichten
E-Mail-Adressen mit einem erhöhten Aufkommen
unerwünschter Werbe-Mails rechnen müssen. In diesem
Zusammenhang ist auch die Gefahr der Virenverbreitung nicht zu
unterschätzen, die von dem Empfänger der Mail die
Entscheidung abverlangt, ob eine E-Mail überhaupt
geöffnet werden kann (vgl. LG Hamburg, Urteil vom 09. 7. 2004,
327 O 155/04 zitiert nach juris). Die einzelne Werbe-E-Mail darf
insofern nicht isoliert betrachtet werden, sondern ist als Teil des
nach allgemeiner Auffassung zu bekämpfenden Spammings
aufzufassen. Es besteht dabei ein schutzwürdiges Interesse der
Gewerbetreibenden, eine Überflutung der Empfänger mit
elektronischer Post bzw. Werbepost abzuwehren (vgl. OLG
Düsseldorf MMR 2004, 820 – 821 zitiert nach juris).
Diese
Bewertung steht im übrigen im Einklang mit der
Datenschutzrechtlinie 2002/58/EG (vgl. OLG Düsseldorf MMR
2004, 820 – 821 zitiert nach juris).
Höherwertige
schutzwürdige Interessen der Bekl., die eine Zusendung der
Werbung per E-Mail ausnahmsweise gerechtfertigt erscheinen
ließen, sind hier weder dargetan noch nach den
Umständen ersichtlich. Durch die Untersagung der
E-Mail-Werbung wird der Bekl. nicht jegliche Werbemöglichkeit
für ihr Leistungsangebot unterbunden; selbst die hier in Rede
stehende Werbung durch elektronische Post bleibt zulässig,
wenn eine Einwilligung des Empfängers vorliegt.
3.
Die für den Unterlassungsanspruch nach § 1004 I S. 2
BGB erforderliche Wiederholungsgefahr
ist hier auf Grund der
vorangegangenen Verletzungshandlungen vom 16. 8. und 07. 9. 2005
anzunehmen. Die vorangegangene rechtswidrige Beeinträchtigung
des Rechts am Unternehmen begründet nämlich in der
Regel eine tatsächliche Vermutung für das Bestehen
einer Wiederholungsgefahr,
an deren Widerlegung hohe Anforderungen zu
stellen sind (vgl. BGH NJW 1986, 2503, 2504; OLG Düsseldorf
MMR 2004, 820 - 821). Der Umstand, dass die Bekl. die Kl. aus ihrem
Verteiler gestrichen hat, lässt die Wiederholungsgefahr
jedenfalls als solches noch nicht entfallen, zumal die Bekl. ihre
frühere Verfahrensweise auch noch weiterhin als
zulässig verteidigt hat. Hier kommt hinzu, dass die Bekl. sich
geweigert hat, die geforderte strafbewehrte
Unterlassungserklärung abzugeben. Dies aber indiziert
ebenfalls eine ernsthafte Besorgnis zukünftiger weiterer
Störungen.
III.
Die
Entscheidung über die Androhung von Ordnungsmitteln beruht auf
§ 890 II ZPO.
IV.
Der
Anspruch auf Erstattung der Kosten der vorprozessualen Abmahnung
unter
Einschaltung eines Rechtsanwaltes folgt aus den Grundsätzen
der Geschäftsführung ohne Auftrag nach
§§ 670, 677, 683 BGB, da sich die Abmahnung
als
berechtigt erwiesen hat (vgl. Bornkamm in
Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, 24. Aufl., § 12 UWG
Rdnr. 1.90 m.w. Nachw.).
Die
Bekl. hat die Rechtsanwaltskosten in dem durch das LG zuerkannten
Umfang auch nicht mit der Berufung angegriffen.
V.
Die
Kostenentscheidung beruht auf § 97 I ZPO.
Die
Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit
beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Die
Revision an den BGH wird nicht nach § 543 I ZPO zugelassen, da
der Rechtssache weder eine grundsätzliche Bedeutung
beizumessen ist (§ 543 II Nr. 1 ZPO) noch die Fortbildung des
Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine
Entscheidung des RevGer. erfordert (§ 543 II Nr. 2 ZPO).