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Klägerin und Berufungsklägerin -
Prozeßbevollmächtigter:
Rechtsanwalt
gegen
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- Beklagter
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Prozeßbevollmächtigter:
Rechtsanwalt
.
Die Angabe "Rechtsanwalt auch zugelassen am
OLG Frankfurt" im Briefkopf eines Rechtsanwaltes ist als Werbung mit
Selbstverständlichkeiten wettbewerbsrechtlich
unzulässig.
A.
Die Klägerin ist eine Partnerschaftsgesellschaft aus
Rechtsanwältinnen, die ihren Sitz in L. hat. Der Beklagte ist
Rechtsanwalt und betreibt seine Kanzlei in X., einem Ort in der
Nähe von H.
Der Beklagte verwendet in seinem Briefpapier oben rechts unter der
Angabe seines Namens "K." den - deutlich kleiner geschriebenen - Zusatz
"Rechtsanwalt auch zugel. am OLG Frankfurt". Das Impressum seines
Internet-Auftritts enthält keine Angaben zu der
Berufshaftpflichtversicherung des Beklagten. Die Klägerin hat
sowohl den Hinweis auf die Zulassung im Briefkopf als auch die fehlende
Angabe der Haftpflichtversicherung als wettbewerbswidrig angesehen und
Unterlassung begehrt.
Das Landgericht hat beide Anträge abgewiesen. Mit ihrer
Berufung verfolgt die Klägerin (nur) den die Angabe der
Zulassung betreffenden Unterlassungsantrag weiter.
Sie beantragt,
unter teilweiser Abänderung der angefochtenen Entscheidung den
Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, auf seinem Briefpapier mit
der Angabe "Rechtsanwalt auch zugelassen am OLG Frankfurt" zu werben.
Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Er sieht die
Klägerin nicht als klagebefugt an und verweist in der Sache
auf die Handhabung der Zulassungsangabe durch andere Kanzleien.
B.
Die Berufung ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.
Der im Berufungsverfahren noch weiter verfolgte Klageantrag zu 1) ist
zulässig und begründet. Der Beklagte ist aus
§§ 3, 5, 8 Abs. 1 Abs. 3 Nr. 1 UWG verpflichtet, die
beanstandete Angabe zu unterlassen.
I.
Die Klägerin ist aus § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG
klagebefugt, weil sie Mitbewerberin des Beklagten ist. Mitbewerber ist
gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG u. a. jeder
Unternehmer, der mit einem oder mehreren Unternehmern als Anbieter von
Dienstleistungen in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis
steht. Das ist der Fall.
Unternehmer im vorstehenden Sinne sind auch die Angehörigen
freier Berufe, namentlich Rechtsanwälte (vgl.
Köhler/Bornkamm, UWG, 30. Aufl., § 2 UWG Rz. 29, 93
m. w. N.). Die Parteien stehen auch in einem konkreten
Wettbewerbsverhältnis zueinander. Ein solches liegt vor, wenn
die geschäftliche Handlung objektiv dazu geeignet und darauf
gerichtet ist, den Absatz des Handelnden zum Nachteil des Absatzes des
jeweils anderen zu fördern. Dabei müssen die Parteien
auf demselben sachlich, räumlich und - was vorliegend
unproblematisch ist - zeitlich relevanten Markt tätig sein
(vgl. BGH GRUR 2007, 1079, Rz. 18 - "Bundesdruckerei"). Diese
Voraussetzungen sind erfüllt. Beide Parteien bieten ihre
Dienstleistung als Rechtsberater bzw. Rechtsvertreter potentieller
Mandanten an und sind um die Erlangung von Mandaten auch zulasten des
jeweils anderen bemüht.
Dabei sind die Parteien insbesondere auf demselben sachlichen Markt
tätig. Der Beklagte, der eine irgendwie geartete fachliche
Spezialisierung nicht vorgetragen hat, ist damit im Ausgangspunkt
allgemein auf allen juristischen Gebieten als Rechtsanwalt
tätig, in denen eine besondere fachliche Spezialisierung nicht
vorausgesetzt ist. Die Partnerinnen der Klägerin sind zwar als
Fachanwältin für gewerblichen Rechtsschutz bzw.
Diplom-Kunstrechtlerin, UK ausgewiesen, dies besagt jedoch nicht, dass
sie nicht auch auf anderen Rechtsgebieten tätig
wären. Die als Anlagen zu ihrem Schriftsatz vom 04.04.2012 in
Kopie vorgelegten Auszüge aus Handakten belegen z. B. eine
anwaltliche Tätigkeit der Klägerin im Bereich des
Leasingrechts, des Darlehensvertragsrechts und des Rechts von
Vertriebspartnern. Es handelt sich insoweit um Rechtsgebiete, die zu
den täglichen Geschäften einer allgemein
tätigen Rechtsanwaltspraxis gehören. Der Beklagte
kann daher nicht mit seinem - für die vorgenannten
Rechtsgebiete gleichförmig vorgetragenen - Einwand
gehört werden, er berate und vertrete nicht in solchen
Vertragsverhältnissen, es seien spezifisch wirtschaftliche
Verträge. Auch wenn der Beklagte in der Vergangenheit mit den
in jenen Mandaten auftauchenden Fragestellungen nicht konfrontiert
worden sein mag, zeigt die Tätigkeit der Klägerin
doch, dass sie in einem weit gefächerten sachlichen Spektrum
Mandanten vertritt und deswegen in sachlicher Hinsicht im Wettbewerb
mit dem nicht auf bestimmte Rechtsgebiete spezialisierten Beklagten
steht.
Die Parteien stehen sich auch auf demselben räumlichen Markt
gegenüber. Trotz der nicht unerheblichen Distanz zwischen L.
und dem Sitz des Beklagten im Einzugsbereich von H. ist diese
Prozessvoraussetzung ebenfalls zu bejahen. Die Klägerin hat
mit Schriftsätzen vom 27.03. und 04.04.2012 vorgetragen, dass
- neben weiteren Personen - u. a. die im Schriftsatz vom 04.04.2012 ab
S.1 aufgelisteten 11 Mandanten zu ihrem Mandantenstamm
gehören. Die Mitbewerbereigenschaft der Klägerin
setzt nicht voraus, dass sie unmittelbar am selben Ort wie der
Beklagte, also in X., ebenfalls über Mandanten
verfügt. Es genügt, dass dies in einer
räumlicher Nähe der Fall ist, die es als ernsthaft
möglich erscheinen lässt, dass Mandanten der
Klägerin sich potentiell auch an den Beklagten wenden
könnten. Das ist nach der Lebenserfahrung der Fall. Es handelt
sich bei sämtlichen aufgelisteten Mandaten um solche aus dem
flächenmäßig kleineren Bundesland Hessen,
teilweise, nämlich bei denjenigen mit den Postleitzahlen
35xxxsowie 36xxx, sogar in unmittelbarer Nähe des Sitzes des
Beklagten.
Der Vortrag der Klägerin zu diesen Mandaten ist der
Entscheidung zugrunde zu legen. Dem steht nicht entgegen, dass er erst
in zweiter Instanz erfolgt ist. Eine Zurückweisung nach
§ 531 Abs. 2 ZPO scheidet aus, weil der Klägerin
mangels entsprechenden Hinweises des Gerichts in erster Instanz der
Vorwurf der Nachlässigkeit (§ 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO)
nicht gemacht werden kann.
Der Senat ist trotz des dies bestreitenden Vortrags des Beklagten davon
überzeugt (§ 286 ZPO), dass die Klägerin
tatsächlich über diejenigen Mandate verfügt,
die in der Anlage K 5 aufgelistet sind. Die Klägerin hat
hierzu - auf entsprechenden Hinweis des Senats - mit Schriftsatz vom
04.04.2012 Auszüge aus ihren diese Mandanten betreffenden
Handakten in Kopie vorgelegt. Von der Existenz gleichlautender
Kopiervorlagen, die der Beklagte nicht bestritten hat, ist auszugehen.
Der Senat hält für ausgeschlossen, dass die
Klägerin mit jenen Anlagen Auszüge aus Handakten
vorgelegt haben könnte, zu denen Mandate in Wahrheit gar nicht
existieren, sondern zu Prozesszwecken manipuliert worden sind.
Anhaltspunkte hierfür bestehen nicht, zumal dem Senat einzelne
aufgeführte Mandanten namentlich bekannt sind.
II.
Der Unterlassungsanspruch ist aus §§ 3, 5, 8 Abs. 1
Abs. 3 Nr. 1 UWG auch begründet.
1.) Die Verwendung des streitigen Zusatzes stellt eine
geschäftliche Handlung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1
UWG dar. Auch freiberufliche Tätigkeiten von
Rechtsanwälten können im Sinne der Bestimmung als
geschäftliche Handlungen anzusehen sein (vgl. näher:
Köhler a. a. O., § 2 Rz.29). Mit der angegriffenen
Angabe beschreibt der Beklagte den Umfang seiner Zulassung als
Rechtsanwalt, weswegen es sich um eine Handlung zugunsten seiner
Kanzlei, also eine geschäftliche Handlung, handelt.
2.) Mit der Angabe "Rechtsanwalt auch zugel. am OLG Frankfurt" auf dem
Briefkopf betreibt der Beklagte für sich Werbung.
Hierfür genügt, dass er auf diese Weise für
sich eine bestimmte Qualifikation und Erfahrung in Anspruch nimmt, die
zu der Zulassung auch bei dem Oberlandesgericht Frankfurt, dem
höchsten Zivilgericht des Landes Hessen, geführt habe.
3.) Diese Werbung ist irreführend, weil es sich um eine solche
mit Selbstverständlichkeiten handelt (dazu allgemein
Köhler/Bornkamm, UWG, 30. Aufl., § 5 Rz. 1.115).
Durch die angegriffene Angabe wird es als etwas Besonderes
herausgestellt, dass der Beklagte nicht nur bei anderen Land- (und
Amts-) Gerichten, sondern auch bei dem OLG Frankfurt auftreten darf.
Dies ist indes seit dem 01.06.2007, dem Tag des Inkrafttretens des
"Gesetz zur Stärkung der Selbstverwaltung der
Rechtsanwaltschaft" (BGBl. I 2007, 258), eine
Selbstverständlichkeit, weil seit diesem Tage jeder an
irgendeinem Gericht in Deutschland zugelassene Anwalt vom ersten Tage
seiner Zulassung an u. a. an allen Oberlandesgerichten, also auch dem
Oberlandesgericht Frankfurt, postulationsfähig und damit
zugelassen ist.
Dass die streitgegenständliche Angabe unter der
früheren Rechtslage zutreffend (und sogar sinnvoll) war,
ändert an dieser Beurteilung nichts. Der Beklagte als
derjenige, der den Zusatz führte, hatte ihn mit der
gewandelten Rechtslage in Einklang zu bringen. Angesichts des
erheblichen vergangenen Zeitraums kommt ihm auch keine sinnvolle
Übergangs- oder Frist zum Aufbrauch noch vorhandener
Geschäftspapiere, auf die er sich selbst nicht beruft, zugute.
4.) Die irreführende Aussage "Rechtsanwalt auch zugelassen am
OLG Frankfurt" ist von wettbewerblicher Relevanz: Derjenige
rechtsuchende Verbraucher, der dem Zusatz im Briefkopf zu Unrecht
entnimmt, der Beklagte verfüge über eine spezielle
Zulassung, wird ihn für besser als andere qualifiziert ansehen
und deswegen grundsätzlich dazu neigen, eher den Beklagten als
einen nicht so qualifizierten Anwalt zu beauftragen. Ausgehend hiervon
scheitert der Anspruch nicht daran, dass er sich
ausschließlich gegen die Verwendung der streitigen Angabe im
Briefkopf des von dem Beklagten verwendeten Geschäftspapiers
richtet. Soweit er dort von seinen eigenen Mandanten wahrgenommen wird,
wird sich die irreführende Wirkung allerdings nur in seltenen
Ausnahmefällen auswirken können. Diejenigen
Rechtssuchenden, die den Beklagten als Anwalt bereits mandatiert haben,
können bezüglich dieser Entscheidung nicht mehr
nachträglich beeinflusst werden. Insofern droht die Gefahr der
Irreführung nur hinsichtlich der Frage der Mandatierung eines
Anwalts für ein sich anschließendes
zweitinstanzliches Verfahren. Indes kann sich die irreführende
Angabe auch bei dem Prozessgegner des jeweiligen Mandanten auswirken,
der mit der Aussage im Briefkopf konfrontiert wird. Dieser kann
nämlich für weitere gerichtliche
Auseinandersetzungen, die mit dem Ausgangsverfahren nicht im
Zusammenhang stehen, die Wahl des Beklagten als Prozessvertreter in
Betracht ziehen.
5.) Das Landgericht hat die klageabweisende Entscheidung auch darauf
gestützt, jedenfalls scheitere der Anspruch daran, dass die
Spürbarkeitsschwelle des § 3 Abs. 1 UWG nicht
erreicht sei. Dieser Auffassung vermag sich der Senat nicht
anzuschließen. Der Irreführungstatbestand des
§ 5 UWG greift nur ein, wenn die Irreführung von
wettbewerblicher Relevanz ist. Ist dies der Fall, so ist ohne Weiteres
davon auszugehen, dass auch die Spürbarkeitsschwelle
überschritten ist (vgl. BGH, GRUR 2009, 888, Rz. 18 -
"Thermoroll"; Bornkamm, a. a. O., § 5 Rz. 2.2.0).
6.) Ohne Erfolg wendet der Beklagte schließlich ein, auch
andere Rechtsanwälte verhielten sich vergleichbar. Dem
Beklagten ist einzuräumen, dass die von ihm vorgetragenen
Bespiele von Internetauftritten anderer Rechtsanwälte
ähnliche Aussagen enthalten. Das steht indes dem Anspruch
nicht entgegen. Dass auch andere Rechtsanwälte die seit dem
Jahre 2007 bestehende Rechtslage ignorieren und ihre Zulassung auch bei
Oberlandesgerichten werbend anführen, ändert an der
durch das Verhalten des Beklagen eintretenden Irreführung
nichts. Insbesondere versteht der Verkehr die Aussage trotzdem dahin,
dass es sich um etwas Besonderes handele. Die Klägerin ist
nicht deswegen gehindert, den Beklagten in Anspruch zu nehmen, weil
andere Rechtsanwälte ebenfalls gegen das
Irrführungsverbot verstoßen.
7.) Soweit der vorstehende Urteilstenor von dem Berufungsantrag der
Klägerin abweicht, stellt dies lediglich eine redaktionelle
Klarstellung und keine Teil-Zurückweisung der Berufung dar,
die Kostenfolgen zulasten der Klägerin haben müsste.
Die von dem Senat verwendete Formulierung schreibt die
Selbstverständlichkeit fest, dass das Verbot lediglich die
anwaltliche Tätigkeit des Beklagten betrifft und stellt zur
Vermeidung des streitigen Begriffs "werben" auf das
tatsächliche Ziel der Klägerin, nämlich die
Verwendung der Zulassungsangabe durch den Beklagten, ab. Soweit der
Tenor die ausgeschriebene Formulierung "Rechtsanwalt auch zugelassen am
OLG Frankfurt" untersagt, geht er zwar - dem Antrag entsprechend -
über die konkrete Verletzungsform der Angabe im Briefpapier
des Beklagten mit dem teils abgekürzten Wortlaut "Rechtsanwalt
auch zugel. am OLG Frankfurt" hinaus, hält sich damit aber im
Kernbereich des bestehenden Anspruches.
C.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs.1, 92 Abs.1 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus
§§ 708 Nr.10, 711 ZPO.
Die Revision ist mit Blick auf die Abweichung von der
Entscheidung des
OLG Saarbrücken (GRUR-RR 08, 176) gem. § 543 Abs. 2
Nr. 2 ZPO zuzulassen.
Streitwert für das Berufungsverfahren: EUR 6.000,-.