zurück Aktenzeichen: 15 U 130/10 Vorinstanz: Landgericht Köln 28 O 146/10 |
Verkündet am: 18. Januar 2011 |
Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzenzüge trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch die Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in der Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
Der
Kläger, der Alleininhaber und Mit-Namensgeber der im Rubrum
näher bezeichneten Anwaltskanzlei ist, die ihren Schwerpunkt
im Bereich der Durchsetzung von Ansprüchen wegen Filesharings
und weiteren Urheberrechtsverstößen im Internet hat,
nimmt die Beklagten auf Unterlassung von Äußerungen
im Rahmen des von der Beklagten zu 1. verlegten Magazins "D.", Heft
1/2010, Seiten 154 – 157, veröffentlichten Artikels
"Die Abmahn-Industrie", dessen Autor der Beklagte zu 2. ist, und wegen
dessen Inhalts auf Bl. 7,8 GA verwiesen wird, mit der
Begründung in Anspruch, die konkret beanstandeten
Äußerungen enthielten den unwahren und in
höchstem Maße ehr-, ruf- und
kreditschädigenden Vorwurf unberechtigter Geldeinforderungen
durch sie im Abmahnbereich. Ferner hat er die Freistellung von
vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 749,95 €
verlangt. Die
Parteien haben im ersten Rechtszug im Wesentlichen darüber
gestritten, ob der Kläger von den konkret beanstandeten
Äußerungen überhaupt betroffen ist, ferner
darüber, ob es sich bei diesen Äußerungen
um Tatsachenbehauptungen bezogen auf den Kläger handelt und
diese unwahr sind.
Der Kläger, der die Zurückweisung der Berufung beantragt, verteidigt das angefochtene Urteil als rechtsfehlerfrei. Er meint unter Wiederholung und Inbezugnahme seines erstinstanzlichen Vorbringens, bereits in der Klageschrift sei er dem späteren Vorbringen der Beklagten zur angeblichen unberechtigten Forderung von Abmahngebühren entgegengetreten, ferner, insoweit obliege den Beklagten über die Annahme des Landgerichts hinausgehend der volle Beweis für die Wahrheit ihrer Behauptungen, da sich deren Äußerungen als üble Nachrede im Sinne von § 186 StGB darstellten.
Wegen des weitergehenden Sach- und Streitstandes wird auf die von den Prozessbevollmächtigten der Parteien zur Akte eingereichten Schriftsätze nebst Unterlagen verwiesen.II.
Die zulässigen Berufungen der Beklagten sind begründet.Dem Kläger steht gegenüber den Beklagten ein Anspruch auf Unterlassung der beanstandeten Äußerungen aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu, insbesondere nicht aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog in Verbindung mit § 823 Abs. 1 BGB unter dem Gesichtspunkt des durch Art. 2 Abs. 1 (i. V. m. § 1 Abs. 1) GG geschützten (Unternehmens-) Persönlichkeitsrechts, und damit auch kein Anspruch auf Freistellung von vorgerichtlich entstandenen Anwaltskosten.
(1) Der Kläger ist durch die in dem Artikel "Die Abmahn-Industrie" enthaltenen und konkret beanstandeten Äußerungen nicht in seinem Persönlichkeitsrecht betroffen.(1.1) Die beiden Äußerungen stehen unter der Zwischenüberschrift "Gebührenfalle" und folgen den allgemeinen Ausführungen, dass sich für Rechtsanwälte das Abmahn-Business nur lohnt, wenn sie auch eigene Gebühren geltend machen können, wofür ihnen durch das RVG aber Grenzen gesetzt seien. Ein Anwalt könne Erstattung von Abmahngebühren nur verlangen, soweit diese dem Mandanten durch seine Einschaltung entstanden seien und er diese diesem auch in Rechnung stellen könne. Genau hier werde aber von vielen Experten ein grober Rechtsbruch im System der Massenabmahner gesehen. Denn über Verträge sei oft geregelt, dass die Rechtsinhaber nicht für die Rechtsverfolgung zahlen, dafür aber auf einen Teil ihres Schadenersatzanspruchs verzichten müssen. Diesen Erklärungen folgen die ebenfalls allgemein gehaltenen konkret beanstandeten zwei Äußerungen. Bis hierhin ergibt sich aus dem Artikel zweifellos kein Bezug auf die Rechtsanwaltskanzlei des Klägers, die unter der genannten Zwischenüberschrift nicht erwähnt wird. Die beanstandeten Äußerungen stehen unter der Prämisse der voranstehend geschilderten Befürchtungen vieler Experten und knüpfen daran den Schluss, dass sich Anwälte in diesem Falle rechtswidrig, wettbewerbswidrig und strafrechtlich relevant verhalten würden. Die Berichterstattung bleibt in diesem Zwischenabschnitt durchgehend abstrakt. Der diesen Abschnitt abschließende Satz "Allein: Es fehlen die Beweise, das Kartell des Schweigens hält noch" führt deutlich vor Augen, dass von den auf der Grundlage dieser Prämisse in der Anwaltschaft vorhandenen schwarzen Schafe, die sich zudem in der Minderzahl befinden sollen, da "sich die überwiegende Anzahl der Kanzleien" an die Grenzen des Gesetzes hält, kein einziges festgemacht werden könne.
(1.2) Die Kanzlei des Klägers wird neben anderen Rechtsanwälten in einem davon klar getrennten Abschnitt unter der eigenständigen Zwischenüberschrift "Kurze Wege" erwähnt. Bei den Zwischenüberschriften "Gebührenfalle" und "Kurze Wege" handelt es sich um verschiedene Aspekte unter dem Hauptthema des Artikels "Abmahn-Industrie". Dementsprechend wird die Kanzlei des Klägers nicht als Exempel für ein Anwaltsbüro angeführt, das unberechtigte Forderungen geltend macht, sondern als Exempel der zur Abmahn-Szene gehörenden Anwaltschaft. Diese wird als eine von mehreren Protagonisten der Abmahn-Szene beleuchtet, zu der die Kanzlei des Klägers auch unstreitig gehört, und es wird unter Beigabe eines Bildes von dem gemeinsamen Eingang von der Kanzlei mit der Firma F. GmbH & Co. KG berichtet, dass sich diese Firma auf die Täterrecherche in Tauschbörsen spezialisiert hat und auf dem Klingelschild dieses Unternehmens steht: "Bitte bei O. + M. klingeln". Der Sinngehalt dieses Artikels beschränkt sich insoweit auf die – insoweit auch unstreitig richtige – Aussage, die Kanzlei des Klägers betätige sich wie viele andere Rechtsanwälte in der Abmahn-Szene. Selbst wenn man eine Verbindung zu dem vorausstehenden Absatz unter der Zwischenüberschrift "Gebührenfalle" sehen wollte, würde sich dieser auf den Sinngehalt beschränken, dass bezogen auf die in der Abmahn-Szene tätigen Rechtsanwälte unter Einschluss der Kanzlei des Klägers bei einem geringeren Teil von diesen laut Expertenerklärung mit rechtswidrigen Gebührenforderungen zu rechnen sein könne. Bezogen auf die Kanzlei des Klägers werden nur unstreitige Umstände, die auf eine besonders ausgeprägte effiziente Abmahntätigkeit hindeuten, vor Augen geführt. Soweit es am Ende desselben Abschnitts, der "unterbrochen" wird durch eine Berichterstattung außerhalb des "L. Klüngels", es bleibe in diesem Zusammenhang zu erwähnen, dass Text-Guard mit Sitz in I. ein "Geschäftsbereich" der N. GmbH ist, die wiederum ebenfalls ihren Sitz im Bürogebäude der Kanzlei des Klägers hat, kommt auch diesen Ausführungen der vorbeschriebene Sinngehalt zu, ohne dass gegenüber der Kanzlei des Klägers irgendein Vorwurf illegalen Verhaltens zu erkennen ist. Die der Wahrheit entsprechende Berichterstattung über eine intensive Abmahntätigkeit im Zusammenwirken mit einem in der Täterrecherche tätigen Unternehmen stellt keine das (Unternehmens-) Persönlichkeitsrecht beeinträchtigende Äußerung dar.