Oberlandesgericht
Hamm sexuelle Nötigung, Gewalt Beschluss
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Aktenzeichen: 5 RVs 5/14 |
18.03.2014
|
Oberlandesgericht
Hamm
Beschluss
Die
in § 177 Abs. 1 Nr. 1 StGB erforderliche Nötigung
durch Gewalt setzt regelmäßig voraus, dass der
Täter durch eigene Kraftentfaltung das Opfer einem
körperlich wirksamen Zwang aussetzt, um gerade damit den
geleisteten oder den erwarteten Widerstand zu überwinden. Ein
Handeln allein gegen den Willen des Opfers oder dessen blosses
Nichteinverstandensein genügt für die
Erfüllung des Straftatbestandes nicht.
Tenor
Auf die Revision des Angeklagten vom 16. September 2013 gegen
das Urteil der XIII. kleinen Strafkammer des Landgerichts Essen vom 13.
September 2013 hat der 5. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am
18.03.2014 durch nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft
sowie des Angeklagten bzw. seiner Verteidigerin beschlossen:
Das
angefochtene Urteil wird mit den zugrundeliegenden Feststellungen
aufgehoben.
Der Angeklagte wird freigesprochen.
Die
Kosten des Verfahrens einschließlich der dem Angeklagten
entstandenen notwendigen Auslagen hat die Staatskasse zu tragen; die
der Nebenklägerin entstandenen notwendigen Auslagen
trägt diese selbst.
Gründe:
I.
Das
Amtsgericht – Schöffengericht – Essen
verurteilte den Angeklagten durch Urteil vom 13. März 2013
wegen sexueller Nötigung zu einer Freiheitsstrafe in
Höhe von sechs Monaten mit Strafaussetzung zur
Bewährung. Auf die zuungunsten des Ange-klagten eingelegte
Berufung der Staatsanwaltschaft Essen hat das Landgericht Essen das
amtsgerichtliche Urteil im Rechtsfolgenausspruch dahin
abgeändert, dass es den Angeklagten zu einer Freiheitsstrafe
in Höhe von zehn Monaten mit Strafaussetzung zur
Bewährung verurteilt hat. Die weitergehende Berufung der
Staatsanwalt-schaft und die Berufung des Angeklagten hat es verworfen.
Gegen
dieses seiner Verteidigerin am 23. Oktober 2013 zugestellte Urteil hat
der Angeklagte mit dem beim Landgericht am 16. September 2013
eingegangenen Schriftsatz seiner Verteidigerin vom selben Tage Revision
eingelegt, diese mit der Verletzung materiellen Rechts
begründet und diese Rüge durch weiteren Schriftsatz
vom 25. November 2013, eingegangenen beim Landgericht am selben Tag,
näher ausgeführt.
Die
Generalstaatsanwaltschaft hat hierzu unter dem 14. Januar 2014 Stellung
genommen und die Verwerfung des Rechtsmittels beantragt.
II.
Die
Revision ist zulässig, insbesondere ist sie rechtzeitig
eingelegt und begründet worden. Sie hat mit der
erhobenen Sachrüge Erfolg und führt zur Aufhebung des
angefochtenen Urteils insgesamt und zum Freispruch des Angeklagten.
1.
Das
Landgericht hat zum Schuldspruch wegen sexueller Nötigung
folgende Feststellungen getroffen:
„Der
Angeklagte und die Nebenklägerin lernten sich im September
2011 während einer Bahnfahrt kennen. In der Folgezeit hatten
sie zunächst Kontakt per SMS und E-Mail, später
trafen sie sich regelmäßig, etwa zwei- bis dreimal
in der Woche, so dass sich in der Folgezeit eine Freundschaft zwischen
beiden entwickelte und es auch zu einvernehmlichem Geschlechtsverkehr
kam.
Auch am 07.12.2011 trafen sich der Angeklagte
und die Nebenklägerin. Gegen Abend suchten sie gemeinsam die
Wohnung der Nebenklägerin in Essen auf, kochten
zunächst zusammen und schauten sich anschließend
gemeinsam einen Film an.
Es kam sodann
einvernehmlich zum Austausch gegenseitiger Zärtlichkeiten und
– ebenfalls einvernehmlich – wollte man dann auch
den vaginalen Geschlechtsverkehr ausüben. Dafür legte
sich die Nebenklägerin auf den Rücken,
während der Angeklagte sich über sie legte und sich
dabei mit seinen Armen neben ihrem Körper abstützte.
Da
die Nebenklägerin während der Durchführung
des vaginalen Geschlechtsverkehrs Schmerzen verspürte,
forderte sie den Angeklagten mehrfach laut und deutlich auf
aufzuhören. Obwohl der Angeklagte, der sich immer noch
über der Nebenklägerin befand und dabei auch
unmittelbaren Blickkontakt mit ihr hatte, die Aufforderung der
Nebenklägerin hörte, übte er entgegen des
von der Nebenklägerin geäußerten
entgegenstehenden Willens weiterhin den vaginalen Geschlechtsverkehr
mit ihr aus. Auch als die Nebenklägerin versuchte, sich unter
dem Angeklagten herauszuwinden, indem sie mit ihrem Oberkörper
gegen den Angeklagten drückte, um so den Abbruch des
Geschlechtsverkehrs zu erreichen, gelang es dem Angeklagten durch
Einsatz seines eigenen Körpergewichts die
Nebenklägerin in der unter ihm liegenden Position zu halten
und den Geschlechtsverkehr entgegen ihrem Willen fortzusetzen. Die
Nebenklägerin versuchte weiterhin, sich durch den Einsatz
ihrer Körperkraft aus ihrer unter dem Angeklagten liegenden
Position zu befreien, was ihr letztlich nach einigen Minuten auch mit
erheblichem Kraftaufwand gelang. Der Angeklagte brach daraufhin den
vaginalen Geschlechtsverkehr ab, ohne dass es bei ihm zum Samenerguss
kam.
Der Angeklagte, der aufgrund des Verhaltens
der Nebenklägerin und dem letztendlichen Abbruch des
Geschlechtsverkehrs aufgebracht und wütend war, begab sich
nunmehr ins Badezimmer unter die Dusche. Die Nebenklägerin
folgte ihm und forderte ihn auf, ihre Wohnung zu verlassen. Der
Angeklagte, der emotional sehr aufgebracht war, beleidigte daraufhin
die Nebenklägerin und warf den Duschkopf so feste auf den
Boden, dass dieser kaputt ging. Gleichzeitig drohte er
sinngemäß damit, dass er sich das Leben nehmen
werde, wenn er jetzt gehen müsse.
Aufgrund
des emotionalen Verhaltens des Angeklagten nahm die
Nebenklägerin seine Drohung tatsächlich ernst und
gestattete ihm, über Nacht in ihrer Wohnung zu bleiben.
Letztlich erklärte sie sich sogar damit einverstanden, dass
der Angeklagte neben ihr im einzigen Bett der Wohnung schlief, wobei es
jedoch zu keinerlei Zärtlichkeiten zwischen ihnen mehr kam. Am
Morgen des nächsten Tages forderte die Nebenklägerin
den Angeklagten erneut auf, die Wohnung zu verlassen, was dieser dann
auch tat.“
Diese Feststellungen zum
Tathergang sind lückenhaft und belegen nicht hinreichend die
in § 177 Abs. 1 Nr. 1 StGB vorausgesetzte Nötigung
durch Gewalt. Diese erfor-dert regelmäßig, dass der
Täter durch eigene Kraftentfaltung das Opfer einem
kör-perlich wirksamen Zwang aussetzt, um gerade damit
geleisteten oder erwarteten Widerstand zu überwinden (BGH,
Beschluss vom 13. Juni 2006, 4 StR 178/06, zitiert nach juris Rn. 10;
OLG Karlsruhe, NJW 2003, 1263). Ein Handeln allein gegen den Willen des
Opfers oder dessen bloßes Nichteinverstandensein
genügt für die Erfül-lung des Tatbestandes
nicht, da dieser die erkennbare Beugung der Willensfreiheit unter
Strafe stellt (OLG Karlsruhe, NJW 2003, 1263; OLG Köln,
Beschluss vom 05. März 2004, Ss 493/03, zitiert nach juris Rn.
11 m.w.N.). Zwar reicht es zur Erfüllung des Tatbestandes des
§ 177 Abs. 1 (und auch Abs. 2) StGB aus, wenn der
Täter mit der Gewaltanwendung zu einem Zeitpunkt beginnt, in
dem sich sein Glied bereits in der Scheide seines Opfers befindet, er
also den Beischlaf gegen den dabei einsetzenden Widerstand des Opfers
fortsetzt (BGH, NStZ 1991, 431; BGH, Urteil vom 23. Oktober 2002, 1 StR
274/02, zitiert nach juris Rn. 12). Denn die einmal gegebene
Einwilligung ist kein Freibrief, sondern jederzeit widerruflich (BGH,
GA 1970, 57; OLG Köln, Beschluss vom 05. März 2004,
Ss 493/03, zitiert nach juris Rn. 10). In den Fällen des
einvernehmlich begonnenen Geschlechtsverkehrs, in denen die freiwillige
Hingabe durch den Widerstand des Opfers gegen dessen Fortsetzung endet,
sind aber besonders strenge Anforderungen an die Urteilsfeststellungen
im Hinblick auf jedes einzelne Tatbestandsmerkmal des § 177
Abs. 1 (und auch Abs. 2) StGB zu stellen.
Diesen
strengen Maßstäben genügen die
Feststellungen vorliegend nicht. Sie sind weder hinsichtlich der
Stärke der körperlichen Einwirkung durch den
Angeklagten (Gewalt) und des Ausmaßes der Gegenwehr durch die
Nebenklägerin (Widerstand) noch in Bezug auf die finale
Verknüpfung zwischen Nötigungsmittel und
Willensbeugung erschöpfend.
Zwar kann im
Einzelfall bereits das – mit nicht ganz unerheblicher
Kraftaufwendung verbundene – Festhalten des Opfers ebenso wie
die Überwindung von nur geringfügiger Gegenwehr als
Gewalt zu qualifizieren sein (BGH, NStZ-RR 2003, 42, 43 m.w.N.). Je
nach den Umständen des Falles kann auch das
Sich-auf-das-Opfer-Legen bzw. der Einsatz überlegener
Körperkraft zur Bejahung von Gewalt ausrei-chend sein (BGH,
NStZ-RR 2003, 42, 43 m.w.N.; BGH, Beschluss vom 13. Juni 2006, 4 StR
178/06, zitiert nach juris Rn. 12).
Zu
sämtlichen dieser Umstände enthält das
angefochtene Urteil aber keine ausreichenden Feststellungen.
Insoweit
ist den Feststellungen lediglich zu entnehmen, dass „die
Nebenklägerin ver-suchte, sich unter dem Angeklagten
herauszuwinden, indem sie mit ihrem Ober-körper gegen den
Angeklagten drückte“ und es dem Angeklagten
„gelang (…) durch Einsatz seines eigenen
Körpergewichts die Nebenklägerin in der unter ihm
liegenden Position zu halten und den Geschlechtsverkehr gegen ihren
Willen fortzusetzen“. Dabei sind zur Stärke des
versuchten „Herauswindens“ in Form des
Drückens mit dem Oberkörper gegen den Angeklagten
keine genauen Feststellungen getroffen. Gleiches gilt zur Art und Weise
sowie zur Intensität des Einsatzes der eigenen
Körperkraft des Angeklagten und zum zeitlichen Ablauf dieses
Geschehens. Dass der Angeklagte insoweit (objektiv)
„Gewalt“ gegen einen (von ihm als solchen
erkannten) Widerstand einsetzte, versteht sich in der vorliegenden
Konstellation auch nicht von selbst. Denn der Angeklagte lag bereits
aufgrund des einvernehmlich begonnenen Geschlechtsverkehrs in der sog.
Missionarsstellung mit seitlich aufgestützten Armen und in
ihre Vagina eingeführtem Penis auf der Nebenklägerin,
als diese begann, mit ihrem Oberkörper gegen den Angeklagten
zu drücken. Angesichts dessen wären insoweit genaue
Feststellungen zum Agieren der Nebenklägerin gegen den
Angeklagten und zu dessen „Einsatz seines eigenen
Körpergewichts“ für eine Verurteilung
erforderlich gewesen.
Auch soweit in den
Feststellungen zum weiteren Ablauf ausgeführt wird, dass
„die Nebenklägerin weiterhin versuchte, sich durch
den Einsatz ihrer Körperkraft aus ihrer unter dem Angeklagten
liegenden Position zu befreien, was ihr letztlich nach einigen Minuten
mit erheblichem Kraftaufwand gelang“, sind auch diese
Feststellungen wenig konkret in Bezug auf den geleisteten Widerstand
der Nebenklägerin.
Ungeachtet der Zweifel,
ob vorliegend das Merkmal der „Gewalt“
erfüllt ist, finden sich auch keine Feststellungen dazu, ob
der Angeklagte im Rahmen des mit dem Geschlechtsakt einhergehenden
dynamischen Geschehens den Widerstand der Nebenklägerin als
solchen erkannte, zumal diese ihm nach den Urteilsfeststellungen den
Grund ihres plötzlichen Wunsches, den Geschlechtsverkehr zu
beenden, nicht mitteilte.
2. Aber auch
wenn die Strafkammer festgestellt hätte, der Angeklagte habe
den einsetzenden Widerstand der Nebenklägerin als solchen
erkannt und der „Einsatz seines
Körpergewichts“ sei (objektiv) als Gewaltanwendung
i.S.d. § 177 Abs. 1 Nr. 1 StGB zu qualifizieren, fehlt es
jedenfalls an den erforderlichen Feststellungen zum subjek-tiven
Tatbestand.
Es finden sich keine
Ausführungen dazu,
ob der Angeklagte einen von ihm erkannten Widerstand der
Nebenklägerin gegen die Fortsetzung des Geschlechtsverkehrs
mit Gewalt brechen wollte (unbedingter Vorsatz) oder ob ihm wenigstens
dieser Widerstand gleichgültig war und er sich
darüber hinwegsetzen wollte, um sein Ziel (Samenerguss) zu
erreichen (bedingter Vorsatz). Denn selbst wenn dem Angeklagten das
nicht mehr vorhandene Einverständnis der
Nebenklägerin bewusst war, besagt dies noch nichts
darüber, ob er deren Widerstand auch mit Gewalt brechen wollte
und ob er zu diesem Zweck sein Körpergewicht bewusst einsetzte
oder ob es ihm in diesem Augenblick nicht allein um seine
Lustbefriedigung ging (vgl. dazu: BGH NStZ 1991, 431 m.w.N.; BGH,
Beschluss vom 13. Juni 2006, 4 StR 178/06, zitiert nach juris Rn. 10).
Dient nämlich im Falle einer Gewalthandlung die Vorgehensweise
des Täters ausschließlich der Lustbefriedigung und
nicht (auch) der Überwindung eines Abwehrwillens, fehlt es an
der erforderlichen finalen Verknüpfung zwischen
Nötigungsmittel und Willensbeugung des Opfers (BGH, Urteil vom
07. November 1961, 1 StR 407/61, zitiert nach juris Rn. 11 m.w.N.,
veröffentlicht in: BGHSt 17, 1-5; OLG Köln, Beschluss
vom 05. März 2004, Ss 493/03, zitiert nach juris Rn. 11
m.w.N.).
Soweit das Landgericht im Rahmen der
rechtlichen
Würdigung ausführt, der Tatbestand des § 177
Abs. 1 Nr. 1 StGB sei erfüllt, da der Angeklagte
„sein Körpergewicht bewusst so eingesetzt habe, dass
die Nebenklägerin nicht in der Lage war, sich unter ihm
wegzubewegen, um so den Geschlechtsverkehr mit ihr fortsetzen zu
können“, handelt es sich bereits um eine Wertung,
für die es an einer ausreichenden Feststellungsgrundlage fehlt.
Im
Falle eines bestreitenden Angeklagten - wie hier - ist der Schluss auf
einen ent-sprechenden Vorsatz - wenn überhaupt - nur aufgrund
von äußeren Tatumständen und Indizien
möglich, die gleichsam den zwingenden Schluss auf eine
entsprechende innere Tatseite zulassen, woran – insbesondere
in Konstellationen des einvernehmlich begonnenen Geschlechtsverkehrs -
besonders strenge Anforderungen zu stellen sind.
Jedoch
fehlt es auch dazu an entsprechenden Urteilsfeststellungen. Vielmehr
spricht der Umstand, dass es letztlich der Angeklagte war, der den
Geschlechtsverkehr abbrach, nachdem die Nebenklägerin den
nicht näher festgestellten „erheblichen
Kraftaufwand“ eingesetzt hatte, dafür, dass es ihm
lediglich um seine Lustbefriedigung und nicht um die Willensbeugung der
Nebenklägerin ging. Dies gilt umso mehr, als nicht
festgestellt ist, dass der Angeklagte den Geschlechtsakt nicht dennoch
hätte fortführen können.
Auch
hat das Landgericht zum zeitlichen Ablauf des Geschehens keine
tragfähigen Feststellungen in objektiver Hinsicht getroffen,
die zwingend auf einen entsprechen-den Vorsatz des Angeklagten
schließen lassen. Denn zum einen widerspricht die
festgestellte Zeitspanne von „einigen Minuten“ den
Ausführungen im Rahmen der Beweiswürdigung, wonach
die Nebenklägerin den Ablauf des Gesamtgeschehens auf
lediglich „ca. zwei Minuten“ geschätzt
hat. Ungeachtet dieser Tatsache hat das Landgericht zum anderen nicht
festgestellt, dass die Nebenklägerin binnen der festgestellten
Zeitspanne von „einigen Minuten“ durchgehend einen
„erheblichen Kraftaufwand“ aufwandte.
Auch
das Nachtatverhalten des Angeklagten, namentlich dass er ohne
übergriffiges Verhalten die gesamte Nacht neben der
Nebenklägerin in deren Bett verbrachte und am
nächsten Morgen auf ihre Aufforderung anstandslos die Wohnung
verließ, spricht dagegen, dass er ihren Widerstand mit Gewalt
überwinden wollte. Demgegenüber lässt sich
aus seinem Verhalten im Badezimmer unmittelbar nach dem Abbruch des
Geschlechtsverkehrs (Beleidigung der Nebenklägerin und
Zerschmettern des Duschkopfes auf dem Boden) sowie seiner
späteren Entschuldigung über Facebook nicht ohne
Weiteres ein anderer Schluss ziehen. Denn dies mag der emotional
aufgeladenen Situation geschuldet gewesen sein, ohne dass dies
für sich genommen Schlüsse auf den Willen des
Angeklagten zulässt, er habe zuvor den Willen der
Nebenklägerin durch Gewalt überwinden wollen.
Nach
dem Zusammenhang der Feststellungen ist vielmehr nicht
auszuschließen, dass das Handeln des Angeklagten
ausschließlich seiner Lustbefriedigung und nicht auch der
Willensbeugung diente. Dass er es für möglich hielt,
dabei gegen den Wil-len der Nebenklägerin zu agieren, reicht
zur Begründung der für den Tatbestand der sexuellen
Nötigung erforderlichen finalen Verknüpfung zwischen
Gewaltanwendung und Beischlaf aber gerade nicht aus.
Mangels
einer genaueren Schilderung des Verhaltens sowohl des Angeklagten als
auch der Nebenklägerin und des genauen zeitlichen Ablaufs ist
es dem Senat nicht möglich, zu überprüfen,
ob das Landgericht im Ergebnis zu Recht die Anwendung von Gewalt zur
Überwindung des Widerstandes der Nebenklägerin
angenommen hat. Die Verurteilung wegen sexueller Nötigung
aufgrund eines gewaltsam fortgesetzten, zunächst gewaltlos und
einvernehmlich begonnenen Geschlechtsverkehrs kann daher - ungeachtet
der Bedenken, die der Senat bereits objektiv zur Gewaltanwendung durch
den Angeklagten hat - jedenfalls wegen unzureichender Feststellungen
zum subjektiven Tatbestand keinen Bestand haben.
Aufgrund
der aufgezeigten Mängel war das Urteil insgesamt mit den
zugrundeliegenden Feststellungen aufzuheben.
3.
Der
Angeklagte war freizusprechen. Denn auch unter Auswertung des
Akteninhalts, dessen sich der Senat für die Entscheidung der
Frage, ob auf Freispruch durchentschieden werden kann oder ob die Sache
zurückzuverweisen ist, ergänzend bedienen darf (vgl.
dazu: KG Berlin, NStZ-RR 2006, 276 f. m.w.N.; KG Berlin, NStZ-RR 2007,
246; OLG Köln, NJW 1979, 729, 730; a.A.: Hanack, in: LR, StPO,
25. Aufl., § 354 Rn. 2; Kuckein, in: KK, StPO, 5. Aufl.,
§ 354 Rn. 3; offengelassen in: BGHR StPO § 354 Abs. 1
Freisprechung 1), sind weitere Feststellungen, die eine Verurteilung
tragen könnten, nicht zu erwarten. Denn
ausschließlich der - die Tat bestreitende - Angeklagte
könnte Angaben zu seiner subjektiven Tatseite machen. Aus
seiner Einlassung ergeben sich indes nicht ansatzweise Anhaltspunkte
für die erforderliche „finale
Verknüpfung“ von Gewalt und Beischlaf. Auf die
fernliegende Möglichkeit, der Angeklagte könnte in
diesem zentralen Punkt im Rahmen einer erneuten Hauptverhandlung ein
dahingehendes Geständnis ablegen, darf eine
Zurückweisung aber nicht gestützt werden (vgl. dazu
auch: KG Berlin, NStZ-RR 2006, 276, 277). Auch die
Nebenklägerin als einzige Tatzeugin ist mehrfach vernommen
worden. Zur Überzeugung des Senats werden sich auch bei einer
(erneuten) Vernehmung angesichts des langen Zeitablaufs seit der Tat
und insbesondere ihrer bisherigen, in der Akte dokumentierten
Bekundungen im gesamten Verfahren, die zu den entscheidenden Punkten
weder konstant noch ausreichend konkret waren, keine
ergänzenden Feststellungen zu Lasten des Angeklagten in
objektiver Hinsicht mehr treffen lassen, die den zwingenden Schluss auf
einen entsprechenden Vorsatz zulassen und damit eine Verurteilung
tragen könnten. Weitere Erkenntnisquellen sind nicht
ersichtlich.
III. Die Kosten und
Auslagenentscheidung beruht auf §§ 467 Abs. 1, 472
Abs. 1 und 2 StPO e contrario (vgl. dazu: Meyer-Goßner, StPO,
56. Aufl., § 472 Rn. 2).
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