Hanseatisches
Oberlandesgericht Hamburg Urteil 7 W
144/08 Haftung Webhoster Hostprovider Webhosting
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Aktenzeichen: 7 W 144/08 |
19.11.2008 |
Hanseatisches
Oberlandesgericht Hamburg
Urteil
Im
Namen des Volkes
In dem Rechtsstreit
[...]
beschließt das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 7.
Zivilsenat, am: 19.11.2008 durch den Senat
1. Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss
des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 25, vom 17.10.2008,
Geschäftsnummer 325 O 242/08, abgeändert. Im Wege der
einstweiligen Verfügung - der Dringlichkeit wegen ohne
mündliche Verhandlung - wird der Antragsgegnerin bei
Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der
Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den
Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft
oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im
Einzelfall höchstens 250.000,-- Euro; Ordnungshaft insgesamt
höchstens zwei Jahre) verboten,
das ungeschwärzte Urteil des Amtsgerichts Kassel vom 4.9.2008,
AZ 413 C 2962/08, über die Domains r.org unter der URL:
http://....org/nachricht,...G.+F.+G.+verlor+und+muss+mal+wieder+zahlen
zu verbreiten.
2. Die Kosten des Verfahrens fallen der Antragsgegnerin nach einem Wert
von 6.000 Euro zur Last.
Gründe:
Die gem. § 567 ZPO zulässige Beschwerde ist
begründet. Dem Antragsteller steht gegen die Antragsgegnerin
ein Unterlassungsanspruch aus §§ 823 Abs.1, 1004
analog zu.
Die Veröffentlichung des Urteils des Amtsgerichts Kassel
verletzt nämlich den Antragsteller in seinem allgemeinen
Persönlichkeitsrecht. Die Veröffentlichung betrifft
zwar überwiegend die Sozialshhäre des Antragstellers.
Sie erfolgt indessen in erster Linie zur Anprangerung des
Antragstellers als Unterlegenem des geführten Rechtsstreits
und ist nicht von einem allgemeinen Informationsinteresse gedeckt, da
aus der Veröffentlichung nicht hervorgeht, dass das Urteil
nicht rechtskräftig ist und da weder der Anlass noch der
Hintergrund des dortigen Rechtsstreits dargestellt wird. Wie bereits
die Bezeichnung der Seite deutlich macht, ist es vielmehr das Ziel der
Veröffentlichung, den Antragsteller als einen Menschen
darzustellen, der andere mit unbegründeten Klagen
überzieht.
Für diese Veröffentlichung haftet die Beklagte in
ihrer Eigenschaft als Störer, da sie als Host-Provider einen
Beitrag zu der technischen Verbreitung der Rechtsverletzung erbracht
hat. Wie das Landgericht im Grundsatz zutreffend ausgeführt
hat, besteht zwar die Störerhaftung des Host-Providers nicht
grenzenlos. Voraussetzung ist vielmehr, dass dieser von der
Verletzungshandlung Kenntnis hatte oder aufgrund konkreter
Umstände mit der Vornahme von Verletzungshandlungen rechnen
musste und im Hinblick darauf Prüfungshflichten hatte, die im
konkreten Fall verletzt worden sind. Die hierzu in Literatur und
Rechtssprechung gefundene Linie bestimmter Prüfhflichten (vgl.
nur: Wilmer, Überspannte Prüfpflichten für
Host-Provider?, NJW 2008, 1845 ff; Hamburger Kommentar Medienrecht/von
Petersdorff-Camhen, 32, Rn. 10 m.w.N.; OLG Düsseldorf, CR
2006, 682; OLG Hamburg AfP 2006, 565 (Forenbetreiber)) betrifft
indessen lediglich die Frage, ob ein in die Zukunft gerichteter
Unterlassungsanspruch bestehen kann, obgleich der als Störer
in Anspruch genommene alsbald nach Abmahnung die Löschung des
Beitrags veranlasst hat. Es erhebt sich dann nämlich die
Frage, ob die technische Verbreitung in einem solchen Fall als
rechtswidrig anzusehen ist, was Voraussetzung eines in die Zukunft
gerichteten Unterlassungsanspruches ist.
Im vorliegenden Fall besteht die Störung indessen fort, sodass
ohne weiteres ein Beseitigungsanspruch gemäß
§ 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB analog besteht. Darüber
hinaus steht dem Antragsteller auch ein in die Zukunft gerichteter
Unterlassungsanspruch gemäß § 1004 Abs. 1
Satz 2 BGB analog zu, da aufgrund des Umstandes, dass die
Antragsgegnerin sich mit Schreiben vom 01. Oktober 2008 geweigert hat,
die Beseitigung zu veranlassen, weitere Beeinträchtigungen zu
besorgen sind. Nach Kenntnis von der beanstandeten
Veröffentlichung war die Antragsgegnerin verpflichtet, auf die
Löschung der Eintragung hinzuwirken, ohne dass es darauf
ankäme, ob sie zuvor Prüfungs- und
Überwachungspflichten verletzt hat. Da der
Unterlassungsanspruch kein Verschulden voraussetzt, ist in diesem
Zusammenhang ferner ohne Bedeutung, ob die Antragsgegnerin die
Rechtswidrigkeit erkannt hat und ob diese offenkundig war. Allein die
Tatsache, dass die Antragsgegnerin seit der Abmahnung von dem
tatsächlichen Vorgang der Einstellung des Urteils ins Internet
Kenntnis hatte und nichts zur Abhilfe unternahm, stellte ein
rechtswidriges Verhalten dar, welches zu einem in die Zukunft weisenden
Unterlassungsanspruch führt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.