zurück Aktenzeichen: 5 U 81/07 Urteil vom
02.04.2008
Hanseatisches
Oberlandesgericht
Hamburg
|
… …,
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte ...
gegen
…. ...,
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Hamburg, Kammer 16 für Handelssachen, vom 17.04.07 wird
zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Parteien sind Wettbewerber bei dem Vertrieb von Computerspielen.
Der Beklagte betreibt einen Online-Shop unter der Internetdomain
www.xxxx.de (Anlage JS1). Auf dieser Internetseite bewarb der Beklagte
im Frühjahr 2006 das Computerspiel „50 Cent
Bulletproof“ in der Version für die PlayStation 2
und bot dieses zum Verkauf an (Anlage JS2).
Das Spiel war zu diesem Zeitpunkt in die Liste der
jugendgefährdende Medien aufgenommen. Die Aufnahme war
gemäß § 24 Abs. 3 Satz 1 JuSchG bekannt
gemacht worden (Anlage JS3)
Auf die Abmahnung der Klägerin vom 07.04.06 (Anlage JS4) gab
der Beklagte eine Unterlassungserklärung (Anlage JS5) ab. Zur
Übernahme der Rechtsanwaltskosten der
Kläger-Vertreter erklärte sich der Beklagte lediglich
auf der Höhe eines Gebührenwertes von €
5.000.- bereit und zahlte insoweit einen Betrag in Höhe von
€ 411,30. Weitergehende Ansprüche der
Klägerin wies der Beklagte zurück (Anlage JS6 bis
JS8).
In den allgemeinen Geschäftsbedingungen auf seiner
Internetseite www.xxx.de verwendet der Beklagte u. a. folgende Klausel
(Anlage JS9):
„ § 11 Schlussbestimmungen
Crudi.de und der Kunde werden die nichtige Bestimmung durch eine solche
wirksame ersetzen, die dem Willen der Vertragspartner wirtschaftlich am
nächsten kommt.“
Auch diese Formulierung beanstandete die Klägerin als
wettbewerbswidrig und mahnte dem Beklagten deswegen mit Schreiben vom
12.06.06 erneut mit der Aufforderung ab, auch insoweit eine
strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben und die Kosten
der vorgerichtlichen Abmahnung zu übernehmen (JS 10). Der
Beklagte gab die begehrte Unterlassungserklärung ab, trat dem
Verlangen, Rechtsanwaltskosten zu erstatten, jedoch entgegen (Anlage
JS11)
Ihren restlichen Kostenerstattungsanspruch, den die Klägerin
insgesamt in Höhe von € 1.286,20 auf der Grundlage
eines Streitwerts von € 42.500.- berechnet, verfolgt sie in
Höhe von € 874,90 in dem vorliegenden Rechtsstreit.
Die Klägerin hat (soweit in der Berufungsinstanz noch von
Interesse) in erster Instanz beantragt,
1. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin €
874,90 nebst Zinsen gemäß § 288 Abs. 1 BGB
seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
2. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, auf die seitens
der Klägerin verauslagten Gerichtskosten Zinsen
gemäß § 288 Abs. 1 BGB seit dem Zeitpunkt
ihrer Einzahlung bis zur Beauftragung der Kostenfestsetzung nach
Maßgabe der auszuurteilenden Kostenquote zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist dem klägerischen Anspruch entgegen getreten. Er
bestreitet u. a. eine wettbewerbliche Relevanz der angegriffenen
AGB-Klausel. Er hält auch den von der Klägerin
angesetzten Streitwert für erheblich
überhöht und weist darauf hin, dass die Abmahnung der
Klägerin nur wenige Tage nach Bekanntgabe der Indizierung im
Bundesanzeiger erfolgt ist. Eine nachhaltige Störung der
Geschäftstätigkeit bzw. Absatzmöglichkeiten
der Klägerin könne hierdurch nicht eingetreten sein.
Das Landgericht hat den Beklagten mit Urteil vom 17.04.07
antragsgemäß verurteilt. Hiergegen richtet sich die
form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Beklagten. Er verfolgt
in zweiter Instanz sein Klagabweisungsbegehren unter Vertiefung seines
erstinstanzlichen Sachvortrags weiter.
Der Beklagte beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Hamburg, Kammer
16 für Handelssachen, vom 17.04.07 die Klage abzuweisen.
hilfsweise,
Schutzanordnungen gem. § 712 ZPO zu Gunsten des Beklagten zu
erlassen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Sie verteidigt das landgerichtliche Urteil auf der Grundlage der
bereits erstinstanzlich gestellten Anträge. Den Antrag auf
Feststellung der Verpflichtung des Beklagten zur Verzinsung der
Gerichtskosten hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 18.03.08
– ohne Präjudiz für die Sach- und
Rechtslage – zurückgenommen.
Die Parteien haben mit Schriftsätzen vom 29.02. und 10.03.08
ihre Zustimmung zu einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren
erteilt.
Wegen der tatsächlichen Feststellungen im Übrigen
wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils sowie auf die von
den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen
Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das
Landgericht hat den Beklagten zu Recht und mit zutreffender
Begründung zur Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten
verurteilt. Der Senat nimmt zur Vermeidung unnötiger
Wiederholungen auf die Ausführungen in der angefochtenen
Entscheidung Bezug. Das Berufungsvorbringen rechtfertigt keine
abweichende Entscheidung. Es gibt dem Senat Anlass zu folgenden
ergänzenden Anmerkungen:
1. Soweit der Beklagte auch in zweiter Instanz die Rüge der
örtlichen Unzuständigkeit des Landgerichts Hamburg
erhebt, kann gemäß § 513 Abs. 2 ZPO hierauf
die Berufung nicht gestützt werden. Das Landgericht hat seine
Zuständigkeit auch nicht offensichtlich willkürlich
angenommen.
a. Das Landgericht hatte sich zur Begründung seines
Rechtsstandpunkts auf die Rechtsprechung des Senats (Senat GRUR-RR, 05,
31 - Firmenporträt) bezogen. In dem ersten Leitsatz zu dieser
Entscheidung ist ausgeführt:
„Isoliert - ohne den entsprechenden Unterlassungsanspruch -
geltend gemachte Klagen auf Auskunftserteilung und Feststellung der
Schadensersatzpflicht aus einem wettbewerbswidrigen Verhalten
können selbst dann ebenfalls im Gerichtsstand des vorbeugenden
Unterlassungsanspruchs erhoben werden, wenn der Kläger keine
schadensverursachende Handlung in diesem Bezirk dargelegt
hat.“
Ein Gerichtsstand des Unterlassungsanspruchs wäre
unzweifelhaft vor dem Landgericht Hamburg eröffnet gewesen,
weil der Beklagte mit einem Online-Shop im Internet bundesweit auftritt.
b. Zwar mag es Zweifeln unterliegen, ob diese Rechtsprechung auch auf
bezifferte Schadens- bzw. Aufwendungsersatzansprüche
übertragbar ist. Der Senat hatte diese Frage in dem in Bezug
genommenen Urteil nicht zu entscheiden gehabt, ebenso wenig wie die
Frage, was zu gelten hat, wenn ein Schadenersatzfeststellungsanspruch
isoliert in dem Gerichtsstand des Unterlassungsanspruchs erhoben wird
(Senat, a.a.O., Seite 32). Selbst wenn man die begründete
Auffassung des Landgerichts zur örtlichen
Zuständigkeit Hamburger Gerichte im vorliegenden Fall -
wofür einiges spricht - inhaltlich nicht zu teilen vermag,
liegen die Voraussetzungen einer willkürlichen Annahme des
Gerichtsstandes bzw. sachwidriger Erwägungen noch nicht einmal
in Ansätzen vor. Es hat deshalb dabei zu bleiben, dass ein
Berufungsangriff hierauf gemäß § 513 Abs. 2
ZPO nicht gestützt werden kann.
2. Durch das Angebot des streitgegenständlichen Computerspiels
hat der Beklagte gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG in
Verbindung mit § 15 Abs. 1 Nr. 6 JuSchG verstoßen.
Denn Vorschriften zum Schutze der Jugend stellen
Marktverhaltensregelungen zum Schutze des Verbrauchers dar (BGH WRP 07,
1173, 1177 - Jugendgefährdende Medien bei eBay).
a. Der Umstand, dass es sich bei dem streitgegenständlichen
Computerspiel „50 Cent Bulletproof“ um ein
jugendgefährdendes und dementsprechend verbotenes Produkt
handelt, steht zwischen den Parteien nicht ernsthaft im Streit. Soweit
der Beklagte in Zweifel zieht, dass es sich bei dem von ihm angebotenen
Spiel gerade um die indizierte „EU-Version“
handelt, kann er damit keinen Erfolg haben. Die Klägerin
durfte in Abwesenheit sonstiger Anhaltspunkte ohne Weiteres davon
ausgehen, dass ein in der Europäischen Union
ansässiger Anbieter die für diesen Wirtschaftsraum
auf den Markt gebrachte und allgemein zugelassene Version anbietet.
Weiterer Sachvortrag war hierfür zunächst nicht
erforderlich. Sofern der Beklagte geltend machen wollte, sein Angebot
beziehe sich auf eine andersartige Programmversion (wobei noch nicht
einmal konkret vorgetragen ist, dass in Deutschland überhaupt
andere Versionen erhältlich sind), hätte es ihm
oblegen, diesen abweichenden Sachverhalt seinerseits vorzutragen. Dies
insbesondere deshalb, weil der Beklagte in dem vorgerichtlichen
Schriftwechsel den Rechtsverstoß nicht bestritten, sondern
sich darauf berufen hatte, das Spiel "unwissentlich" im Bestand
geführt zu haben. Keinesfalls konnte sich der Beklagte im
Hinblick auf § 138 Abs. 2 und Abs. 4 ZPO für eine
erfolgreiche Anspruchsverteidigung darauf beschränken, den
Sachvortrag der Klägerin insoweit - ohne eine
Identität ausdrücklich zu bestreiten – nur
allgemein im Zweifel zuziehen.
b. Wird gegen verbraucherschützende Marktverhaltensnormen des
JuSchG verstoßen, so wird der Wettbewerb im Sinne von
§ 3 UWG zum Nachteil der Verbraucher nicht nur unerheblich
beeinträchtigt.
aa. Die Beschränkung des Versandhandels mit indizierten Medien
dient insbesondere dem Schutz der Kinder und Jugendlichen, bei denen es
sich um besonders schutzwürdige Verbraucher handelt. Die
erhebliche Bedeutung dieses Jugendschutzes findet Ausdruck in der
strafrechtlichen Ahndung von Zuwiderhandlungen gegen das Verbot des
Versand- und damit auch Internethandels mit derartigen Medien (BGH WRP
07, 1173, 1177 - Jugendgefährdende Medien bei eBay). Eine
derartige Beeinträchtigung stellt sich damit schon aus der
Natur der Sache als "nicht nur unerheblich“ im Sinne dieser
Vorschrift dar. In diesem Zusammenhang ist es unerheblich, wie viele
Zugriffe es in dem Referenzzeitraum auf das beanstandete Produkt
tatsächlich gegeben hat. Eine unerlaubte Handlung ist auch
nicht schon deshalb nicht "erheblich, weil sie nur einmal oder nur
für eine kurze Zeit vorgenommen worden ist
(Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, 26. Aufl., § 3 Rdn.
61) Die gegenteilige Auffassung des Beklagten teilt der Senat nicht.
bb. Die von dem Beklagten gegen eine (fehlende) Würdigung der
Erheblichkeit im Einzelfall durch das Landgericht vorgebrachten
Einwände überzeugen nicht. Der Beklagte war in
eigener Verantwortung verpflichtet, sein Angebot fortlaufend daraufhin
zu überprüfen, ob es indizierte Produkte enthielt
bzw. ob sich der Status bislang unbeanstandeter Produkte
verändert hatte. Der Beklagte konnte diese rechtliche
Verpflichtung insbesondere nicht auf seinen
Großhändler delegieren ("im Rahmen eines
automatisierten EDV-Prozesses abrufbereit gestellt", "Modifikation der
Daten an zentraler Stelle" und "automatisch zu einer entsprechenden
Änderung im Shop des Beklagten") und sich darauf verlassen,
dass dieser beizeiten die erforderlichen Maßnahmen ergreift.
Schon der Umstand, dass er dies getan hat, begründet
wettbewerbsrechtliche Wiederholungsgefahr für weitere
erhebliche Verstöße, denn der Beklagte konnte die
Erfüllung und Einhaltung seiner Rechtspflichten nicht mehr
eigenverantwortlich gewährleisten.
cc. Selbst auf der Grundlage der Darlegungen des Beklagten hat dieses
System indes versagt und sich als unzuverlässig erwiesen. Die
Veröffentlichung der Indizierung ist am 31.03.06 im
Bundesanzeiger erfolgt (Anlage JS3). Die Klägerin hat den
Beklagten erst eine Woche später, nämlich am 07.04.06
abgemahnt, wobei das Abmahnschreiben nach einem handschriftlichen
Vermerk auf der Anlage JS4 erst am 09.04.06 zur Post gegeben worden ist
und damit den Beklagten nicht vor dem 10.04.06 erreicht hat. Der Senat
muss aus Anlass dieses Rechtsstreits nicht entscheiden, ob die
Erheblichkeitsschwelle im Einzelfall möglicherweise
ausnahmsweise dann nicht überschritten sein kann, wenn sofort
nach der Veröffentlichung im Bundesanzeiger abgemahnt wird.
Darum geht es hier nicht. Bereits der Zeitraum von 7 Tagen, allemal
aber der Zeitraum von 10 Tagen ist geeignet, in erheblicher Weise den
Wettbewerb zu Lasten rechtstreuer Mitbewerber zu
beeinträchtigen, die die Veröffentlichung im
Bundesanzeiger beachten und sofort eine Umstellung vornehmen. Die
genannten Zeitläufe sind zudem auch mehr als ausreichend, um
dem Beklagten eine angemessene Gelegenheit zugeben, die Angaben in
seinem Produktangebot anzupassen, ohne dass der Senat aus Anlass dieses
Rechtsstreits darüber zu entscheiden hat, ob dem Beklagten
eine derartige Umstellungsfrist überhaupt zuzubilligen ist.
Bei dieser Sachlage kann sich der Beklagte jedenfalls nicht erfolgreich
darauf berufen, dass die wettbewerbliche Beeinträchtigung nur
unerheblich gewesen sei und er sich auf eine automatische
Aktualisierung durch seinen Großhändler habe
verlassen dürfen.
3. Auch die von der Klägerin beanstandete Klausel in den
allgemeinen Geschäftsbedingungen des Beklagten ist als
Verstoß gegen § 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit
§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB wettbewerblich unzulässig.
a. Allerdings ist der Senat - worauf der Beklagte zutreffend hinweist -
in seiner bisherigen Rechtsprechung davon ausgegangen, dass nicht jede
Verwendung einer unwirksamen AGB-Klausel zugleich einen relevanten
Wettbewerbsverstoß i. S. v. §§ 3,4 Nr. 11
UWG darstellt. Der Senat hat hierzu u. a. ausgeführt (Senat
OLGRep 07, 149 – Marktverhaltensregelnde AGB):
„Nach Auffassung des Senats könnte daher allenfalls
die Verwendung solcher allgemeiner Geschäftsbedingungen
Gegenstand eines Verbots nach § 4 Nr.11 UWG sein, deren
Verwendung sich im Markt, d.h. bei der Nachfrageentscheidung des
Verbrauchers im Vorfeld des Vertragsschlusses auswirkt. Als
gemäß § 307 BGB unzulässige
Klausel, die sich auch am Markt, und zwar zu Lasten der Mitbewerber und
Verbraucher – nämlich bei der Kundenaquise
– auswirken könnte und daher möglicherweise
über § 4 Nr.11 UWG verboten werden könnte,
sei beispielhaft auf den bei Ulmer/Brandner/Hensen (AGB-Recht,
10.Aufl., § 1 UKlaG Rn.2) genannten Fall hingewiesen, dass
eine Bank sich in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines
Sparkontovertrags das Einverständnis des Kunden geben
lässt, ihn zwecks Verabredung von Besuchsterminen zum
Abschluss von Versicherungsverträgen anrufen zu
dürfen (nach OLG Stuttgart BB 97, 2181). Beispiel für
eine Verbraucherschutzvorschrift, die eine Regelung des Marktverhaltens
enthält, ist die Belehrungspflicht des Verkäufers im
Fernabsatz nach § 312 c Abs.1 BGB i.V.m. Art. 1 Abs.1
BGB-InfoVO, welche rechtzeitig vor Abgabe der
Vertragserklärung des Käufers zu erfolgen
hat.“
Diese Auffassung ist in der Rechtsprechung zum Teil auf Ablehnung
gestoßen (KG GRUR-RR 07, 291 - Postwegvorbehalt), zum Teil
hat sie Zustimmung gefunden (OLG Köln GRUR-RR 07, 285 ff. -
Schriftformklauseln). Die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits
erfordert keine Stellungnahme dazu, ob an dieser Rechtsprechung des
Senats auch in Zukunft festzuhalten ist (vgl. hierzu zuletzt
Köhler NJW 08, 177 ff). Ein Wettbewerbsverstoß liegt
im vorliegenden Fall auch bereits auf der Grundlage der bisherigen
Rechtsprechung des Senats vor.
b. Denn bei der von der Klägerin angegriffenen AGB-Klausel in
§ 11 der Geschäftsbedingungen handelt es sich um eine
solche Bestimmung, deren Verwendung sich am Markt, d. h. bei der
Nachfrageentscheidung des Verbrauchers im Vorfeld des Vertragsschlusses
auswirken kann.
aa. Die streitgegenständliche sog. "salvatorische Klausel" ist
AGB-rechtlich gem. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam und damit
nichtig. Hierauf hat das Landgericht zutreffend hingewiesen. Weitere
Ausführungen hierzu sind nicht veranlasst, zumal auch der
Beklagte die Unwirksamkeit nicht ernsthaft in Frage stellt.
bb. Die rechtliche Besonderheit dieser Klausel in
wettbewerbsrechtlicher Hinsicht liegt darin, dass eine salvatorische
Klausel aus der Natur der Sache keinen materiell-rechtlichen
Regelungsgehalt zum konkreten Vertragsinhalt bzw. zur
Vertragsabwicklung enthält. Vielmehr handelt es sich hierbei
um eine allgemeine Bestimmung, die sich uneingeschränkt auf
das gesamte AGB-Klauselwerk bezieht. Die Funktion der nichtigen
salvatorischen Klausel ist deshalb nicht die Regelung einer bestimmten
Vertragskonstellation, sondern die Vorsorge, dass irgendeine
AGB-Bestimmung wegen Unwirksamkeit ersatzlos entfallen könnte.
Mit diesem Regelungsgehalt erfasst die salvatorische Klausel
sämtliche anderen AGB-Bestimmungen, deren Schicksal sie zu
regeln gedacht ist. Dementsprechend besteht ihr (wettbewerbs)rechtlich
relevanter Gehalt nicht darin, dass sie einen bestimmten
Wettbewerbssachverhalt regelt, sondern darin, dass sie verhindert soll,
dass eine wettbewerbsrechtliche relevante AGB-Klausel ersatzlos
fortfällt. Die unwirksame salvatorische Klausel entfaltet
damit bei jeder einzelnen AGB-Bestimmung des
streitgegenständlichen Klauselwerks des Beklagten ihre
Wirkung. Sie erfasst damit zwar nicht nur, aber auch solche
AGB-Bestimmungen, die sich im Vorfeld des Vertragsschlusses auswirken.
Dies ist etwa bei AGB-Klauseln der Fall, die den Vertragsschluss,
dessen Zustandekommen bzw. nähere Ausgestaltung selbst oder
z.B. Vorschriften über die Speicherung von Kundendaten im
Falle eines Vertragsschlusses regeln. Derartige Klauseln, deren
Verwendung - wenn sie unwirksam sind - auch nach der Rechtsprechung des
Senats einen Wettbewerbsverstoß darstellt, soll die
salvatorische Klausel vor einer ansonsten drohenden Nichtigkeit
bewahren. Sie ist deshalb auch dazu gedacht, insoweit die
Nachfrageentscheidung des Verbrauchers im Markt zu beeinflussen und dem
Beklagten Wettbewerbsvorteile zu verschaffen. Aus den genannten
Gründen stellt sich deshalb auch auf der Grundlage der
Rechtsprechung des Senats die Verwendung der
streitgegenständlichen salvatorische Klausel als
Verstoß gegen §§ 3,4 Nr. 11 UWG dar.
cc. Für die wettbewerbsrechtliche Relevanz einer unwirksamen
salvatorische Klausel ist es unerheblich, ob sich das sonstige
Klauselwerk konkret als rechtlich unbedenklich darstellt oder nicht. Es
insbesondere nicht veranlasst, für die Frage der
wettbewerbsrechtlichen Zulässigkeit einer derartigen Klausel
das gesamte Regelungsgefüge der AGB vollständig auf
seine rechtliche Unbedenklichkeit zu überprüfen.
Wettbewerbsrechtlich relevant ist eine derartige Klausel bereits dann,
wenn sie darauf zielt, gegenwärtige oder zukünftige
Vertragsbestimmungen vor den Folgen einer etwaigen rechtlichen
Unwirksamkeit möglichst effektiv im Sinne des
Klauselverwenders zu schützen.
4. Dementsprechend war der Beklagte verpflichtet,
gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG die der
Klägerin erwachsenen Kosten der Abmahnung zu erstatten.
a. Der von der Klägerin für den Verstoß
gegen das Jugendschutzgesetz festgesetzte vorgerichtliche Streitwert
von € 30.000.- ist nicht zu beanstanden. Eine Wertfestsetzung
in dem Bereich von rund € 25.000.- bis € 30.000.-
€ entspricht insoweit auch der Rechtsprechung des Senats. Die
Wertfestsetzung orientiert sich in Fällen von
Verstößen gegen das JuSchG nicht in erster Linie an
den gefährdeten Umsatzinteressen des Klägers, sondern
an der Gefährlichkeit der angegriffenen Handlung und damit an
dem Angriffsfaktor. Denn ein (auch nur kurzzeitiger) Verstoß
gegen § 15 Abs. 1 Nr. 6 kann gem. § 27 Abs. 1 Nr. 1
JuSchG mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe geahndet
werden. Die Annexansprüche waren ebenfalls - wenngleich nur
pauschal - Gegenstand der vorgerichtlichen Abmahnung wegen der
indizierten Software. Der hierfür von der Klägerin
festgesetzte Streitwert übersteigt zwar die übliche
Wertfestsetzung des Senats geringfügig. Im Hinblick darauf,
dass die Klägerin beide Abmahnungen auf der Grundlage eines
einheitlichen Streitwert verfolgt, belastet dies den Beklagten indes
nicht, zumal sich insoweit auch kein Gebührensprung ergibt
(€ 42.500.- statt € 41.000.-). Auch für den
Verstoß gegen das AGB-Gesetz ist der festgesetzte Streitwert
von € 5.000.- nicht zu beanstanden.
b. Im Hinblick auf die von dem Beklagten bereits vorprozessual
gezahlten Anwaltskosten ergibt sich damit ein weiterer Anspruch in
Höhe von € 874,90.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97, 269 Abs.
3, 92 Abs. 2 ZPO, die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§
708 Nr. 10, 713 ZPO. Die Rücknahme des Verzinsungsantrages
wirkt sich auf die Kostenverteilung nicht aus.
Die beantragten Schutzanordnungen gemäß §
712 ZPO sind demgemäß nicht zu Gunsten des Beklagten
zu erlassen, zumal der Beklagte insoweit auch die
tatsächlichen Voraussetzungen nicht dargelegt hat.
Der Rechtsstreit bietet dem Senat keine Veranlassung, gem. §
543 Abs. 2 ZPO die Revision zuzulassen. Der Rechtsstreit hat keine
grundsätzliche Bedeutung, sondern beschränkt sich auf
die Anwendung feststehender Rechtsgrundsätze auf den konkreten
Einzelfall. Einer Entscheidung des Revisionsgerichts bedarf es auch
nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung.