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Oberlandesgericht Frankfurt, Urteil 11 U 51/06, Aufhebungsverfahren, Zustellung, einstweilige Verfuegung, 93 ZPO, 927 ZPO
Aktenzeichen: 11 U 51/06
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4.
September 2007
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Oberlandesgericht Frankfurt am Main
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
In
dem Rechtsstreit
.........
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwalt ..........................
gegen
.........
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwalt ..........................
wegen
Aufhebung einer einstweiligen Verfügung
gemäß § 927 ZPO
hat
der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch die
Richter … aufgrund der mündlichen Verhandlung vom
04.09.2007
f
ü r R e c h t e r k a n n t:
Das
Urteil vom 06.02.2007 (Az.: 11 U 51/06) wird im
Kostenpunkt aufgehoben.
Die
Kosten des Anordnungs- und des Aufhebungsverfahrens
hat der Antragsgegner zu tragen.
G r ü n d e:
I.
Der
Antragsgegner (nachfolgend Verfügungsgläubiger) hat
den Antragsteller (nachfolgend Verfügungsschuldner)
im Wege der einstweiligen Verfügung auf Unterlassung einer
Bildberichterstattung in Anspruch genommen. Wegen der Einzelheiten wird auf
das Senatsurteil vom 06.02.2007 Bezug genommen.
Das
Landgericht hatte dem Antrag mit Beschlussverfügung vom
26.05.2006 zunächst stattgegeben,
die einstweilige Verfügung aber auf den Widerspruch des
Verfügungsschuldners mit Urteil
vom 05.10.2006 aufgehoben. Mit Urteil vom 06.02.2007 hat der
Senat dieses Urteil abgeändert und die einstweilige
Verfügung (wieder) erlassen. Dieses
Urteil ist den Parteivertretern am 07.03.2007 im Wege der
Amtszustellung zugestellt
worden (Blatt 423, 424 d.A.). Mit Schreiben vom 08.03.2007 hat der
Prozessbevollmächtigte des
Verfügungsgläubigers den Gerichtsvollzieher mit der Zustellung
des Urteils an den Verfügungsschuldner durch Aufgabe zur Post
beauftragt (Blatt 449
d.A.). Mit
Schreiben vom 13.03.2007 hat der Verfügungsgläubiger
eine ihm vom Verfügungsschuldner angebotene
strafbewehrte Unterlassungserklärung angenommen und
unwiderruflich auf die Durchsetzung der Rechte aus Ziffer 1) des
Senatsurteils vom
06.02.2007 verzichtet. Unter dem 27.03.2007 hat er die vollstreckbare
Ausfertigung des
Urteils an den Prozessbevollmächtigten des
Verfügungsschuldners heraus gegeben.
Der
Antragsteller beantragt,
1.
das Verfügungsurteil des OLG Frankfurt vom 06.02.2007 (Az.: 11
U 51/06) wird in II.
aufgehoben,
2.
der Verfügungsgläubiger trägt die Kosten des
Aufhebungsverfahrens und des Anordnungsverfahrens.
Der
Verfügungsgläubiger tritt dem entgegen und meint, die
Amtszustellung des Urteils am
07.03.2007 sei ausreichend, weil der Vollziehungswille klar zum
Ausdruck gekommen
sei. Jedenfalls die Kosten des Anordnungsverfahrens seien dem
Verfügungsschuldner aufzuerlegen,
weil sein, des Verfügungsgläubigers, Verzicht (auf
die Rechte aus
dem Titel) auf der Unterlassungserklärung des
Verfügungsschuldners beruhe, die
nach Anordnung der Verfügung erklärt worden sei und
daher nicht zurückwirke. Nach dem
Grundgedanken des erklärten Verzichts, trage der
Verfügungsschuldner auch die
Kosten des Aufhebungsverfahrens.
II.
1.)
Der
Antrag ist zulässig, insbesondere ist der Senat
gemäß § 927 Absatz 2 ZPO
zuständig, weil er die
einstweilige Verfügung mit Urteil vom 06.02.2007 erlassen hat.
Der
Verfügungsschuldner hat auch ein
Rechtsschutzbedürfnis (dazu sogleich unter 2. b).
2.)
Eine
einstweilige Verfügung ist gemäß §
927 ZPO aufzuheben, wenn sie nicht innerhalb der
Vollziehungsfrist des § 929 Absatz 2 ZPO vollzogen wurde
(Zöller/ Vollkommer,
ZPO, 26. Auflage, § 927 Rn. 6 m.w.N.). Dies ist hier der Fall.
a) Erlässt das Berufungsgericht, nachdem das erstinstanzliche
Gericht eine einstweilige Verfügung
durch vorläufig vollstreckbares Urteil aufgehoben hat, die
Verfügung durch
Berufungsurteil erneut, so löst dies eine neue
Vollziehungsfrist aus (OLG Düsseldort,
NJW-RR 2000, 68 hM, vgl. nur Zöller/Vollkommer a.a.O.,
§ 929 Rn. 15 m.w.N.).
Trotz der Amtszustellung ist deshalb auch die Urteilsverfügung
grundsätzlich durch
Parteizustellung zu vollziehen. Die
Vollziehungsfrist beginnt bei einer Urteilsverfügung mit der
Verkündung des Urteils (§
929 Abs. 2 ZPO) und beträgt einen Monat. Diese Frist hat der
Verfügungsgläubiger versäumt.
Das am 06.02.2007 verkündete Urteil hätte dem
Verfügungsschuldner zur Wahrung
der Vollziehungsfrist spätestens am 06.03.2007 im
Parteibetrieb zugestellt werden müssen (§ 929 Abs. 2
ZPO, 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB).
Da das Urteil
von Amts wegen dem Verfügungsschuldner erst am 07.03.2007
zugestellt worden ist,
kommt es auf die Frage, inwieweit eine Heilung der Zustellung durch
Zustellung im
Parteibetrieb anzunehmen ist, nicht an (vgl. zum streitigen
Meinungsstand Zöller/Vollkommer,
a.a.O. Rn. 16 sowie Zöller/Stöber a.a.O. §
189 Rn. 3).
b)
Zwar hat der Verfügungsgläubiger auf seine Rechte aus
Ziffer 1. der einstweiligen Verfügung
verzichtet und den vollstreckbaren Titel an den
Verfügungsschuldner herausgegeben, so dass
sich ein Aufhebungsverfahren grundsätzlich mangels
Rechtsschutzbedürfnisses erübrigen
würde. Ein Rechtsschutzbedürfnis ist aber zu bejahen,
weil
die Aufhebung im Interesse der Abänderung der
Kostenentscheidung verfolgt wird und
der Verfügungsgläubiger es ablehnt, den
Kostenerstattungsanspruch des Verfügungsschuldners
anzuerkennen (BGH NJW 93, 2687).
c)
Der Kostenausspruch im Aufhebungsverfahren bezieht sich
grundsätzlich nur auf die
in diesem Verfahren entstandenen Kosten und lässt die
Kostenentscheidung des
Anordnungsverfahrens unberührt. Etwas anderes gilt, wenn die
Aufhebung erfolgt,
weil der Verfügungsgläubiger die Vollziehungsfrist
des § 929 Absatz 2 versäumt hat
(Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 927 Rn. 12 m.w.N; OLG
Düsseldorf a.a.O. m.w.N).
Dem
ist auch im vorliegenden Fall zu folgen, weil eine erneute Vollziehung
möglich war und die
unterlassene Vollziehung das gesamte Verfahren nachträglich
überflüssig macht. Der
rechtzeitigen Vollziehung steht insbesondere nicht entgegen, dass das
Senatsurteil im unmittelbaren Anschluss an die mündliche
Verhandlung am 06.02.2003
verkündet und vollständig mit Gründen
versehen erst am 28.02.2007 zur Geschäftsstelle
gelangt ist. Für die Vollziehung der einstweiligen
Verfügung hätte eine
vollstreckbare Ausfertigung des Tenors ausgereicht, der sich aus der
Anlage zum
Verkündungsprotokoll ergibt. Vernünftige
Gründe, weshalb einer Partei eine solche Ausfertigung
nicht innerhalb weniger Tage ausgehändigt werden kann,
bestehen nicht.
d)
Die Einwendungen des Verfügungsgläubigers greifen im
Ergebnis nicht durch. Soweit er
meint, die Amtszustellung des Verfügungsurteils reiche aus,
stellt sich die Frage, ob
hierdurch eine Heilung der mangelhaften Parteizustellung anzunehmen
sein
kann, wie dargelegt schon deshalb nicht, weil die Amtszustellung nicht
mehr innerhalb
der Vollziehungsfrist erfolgte. Soweit er
geltend macht, sein Verzicht auf die Rechte aus der einstweiligen
Verfügung beruhe
(nicht auf der Versäumnis der Vollziehungsfrist, sondern) auf
der Unterlassungserklärung des
Verfügungsschuldners, die nach Anordnung der einstweiligen Verfügung
erklärt worden sei, rechtfertigt dies ebenfalls kein anderes
Ergebnis. Fällt der
Verfügungsanspruch nachträglich, aber vor Ablauf der
Vollziehungsfrist weg, so kann im
Falle einer Aufhebung nach § 927 ZPO nicht auch die
Kostenentscheidung des
Anordnungsverfahrens aufgehoben werden, weil die Aufhebung in einem
solchen Fall
letztlich nicht wegen der unterbliebenen Vollziehung, sondern wegen des
nachträglich
weggefallenen Verfügungsanspruchs erfolgt (OLG Karlsruhe WRP
96, 120). So
liegt der vorliegende Fall aber nicht, weil die Vollziehungsfrist
bereits abgelaufen war und
erst im Anschluss der Verfügungsschuldner eine
Unterlassungserklärung abgegeben
und damit den Unterlassungsanspruch erfüllt hat. In diesem
Fall ist allein
maßgeblich, dass die Aufhebung infolge der
Versäumnis der Vollziehungsfrist erfolgt.
Anderenfalls würde der Verfügungsschuldner mit den
Kosten des Anordnungsverfahrens nur deshalb
belastet, weil er nach Ablauf der Vollziehungsfrist eine Unterlassungserklärung
abgegeben hat, obwohl er sich nach Ablauf der Vollziehungsfrist ausschließlich
auf den Aufhebungsantrag nach § 927 ZPO hätte
beschränken können.
3.)
Danach hat der Verfügungsgläubiger sowohl die Kosten
des Anordnungs- wie des Aufhebungsverfahrens
zu tragen. Insbesondere kann er sich im Rahmen des Aufhebungsverfahrens
nicht
auf ein sofortiges Anerkenntnis gemäß § 93
ZPO berufen. Zwar hat er
auf die Rechte unter I. der Urteilsverfügung vom 06.02.2007
verzichtet und die
vollstreckbare Ausfertigung des Urteils an den
Verfügungsschuldner herausgegeben. Ein
sofortiges Anerkenntnis im Sinne des § 93 ZPO setzt im
Aufhebungsverfahren nach
§ 927 ZPO aber außer dem Verzicht auf die Rechte aus
der einstweiligen Verfügung
und der Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigung auch die
Übernahmen der Kosten
des Anordungsverfahrens voraus, wenn der Verfügungsschuldner -
wie hier - im Aufhebungsverfahren eine entsprechende Kostenregelung hätte
erreichen können (OLG Karlsruhe a.a.O.). Die Kosten
des Aufhebungsverfahrens hat der Antragsgegner gemäß
§ 91 ZPO zu tragen.
(Unterschriften)