Auf die
Berufung des Klägers wird das am 9. Januar 2008
verkündete Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des
Landgerichts Krefeld unter Zurückweisung des weitergehenden
Rechtsmittels teilweise geändert und insgesamt wie folgt neu
gefasst:
Die
Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 20.000,-- €
nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten
über dem Basiszinssatz seit dem 12. Juni 2007 zu zahlen. Im
Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die
Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil
ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe:
Die
zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache mit
Ausnahme eines geringen Teils des Zinsanspruchs Erfolg. Der
Kläger hat einen Anspruch auf Zahlung der vereinbarten
Vertragsstrafe nicht nur – wie vom Landgericht angenommen
– in Höhe von EUR 4.000,--, sondern in Höhe
von weiteren EUR 16.000,--, insgesamt also EUR 20.000,-- nebst Zinsen.
Die Vertragsstrafe ist in der vollen geltend gemachten Höhe
verwirkt im Sinne des § 339 Satz 2 BGB.
1.
Mit dem Faxversand der vom Kläger aufgeführten sieben
Werbeschreiben (Anlagen K 3 ff.) verstieß die Beklagte gegen
ihre vertragliche Unterlassungsverpflichtung. Diese ging nach ihrer
Vertragserklärung vom 29.10.2003 (Anlage K 1 = Bl. 6 GA)
dahin, es zu unterlassen, Werbung per Telefax ohne zumindest zu
vermutendes Einverständnis des Empfängers
vorzunehmen. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung versprach sie
die Zahlung einer Vertragsstrafe von EUR 4.000,-- an den
Kläger. Dass die beanstandeten Schreiben aus dem Jahre 2006
dieser Unterlassungsverpflichtung widersprachen, hat das Landgericht
zutreffend festgestellt. Den hierauf bezogenen Ausführungen
schließt der Senat sich an.
Die
im Senatstermin vom Prozessbevollmächtigten der Beklagten
erneut angesprochene Erweiterung des Geschäftsbetriebs steht
dem nicht entgegen. Das Vertragsstrafenversprechen ist inhaltlich nicht
an eine bestimmte Größe des Betriebs der Beklagten
geknüpft. Letztere stellt auch keine
Geschäftsgrundlage der Vereinbarung dar. Es ist nicht
ersichtlich, dass die Parteien bei Abschluss der Vereinbarung von einem
Zusammenhang zwischen dem Verbot unerbetener Faxwerbung und einer
bestimmten Betriebsgröße der Beklagten als Grundlage
ihrer Vereinbarung ausgegangen sein könnten. Im Gegenteil hat
der Umfang des Geschäftsbetriebs grundsätzlich keinen
Einfluss auf die Art und Weise von Werbung. Die Übernahme
zusätzlicher Betriebsstätten führte auch
nicht zu einer unzumutbaren Leistungserschwerung. Von der Beklagten ist
unabhängig von ihrer Betriebsgröße zu
verlangen, dass sie bestehende Verpflichtungen einhält.
Organisatorische Vorkehrungen hierfür verbunden mit
entsprechenden Hinweisen auf unzulässige
Werbemaßnahmen sind intern ohne weiteres auch in einem
größeren Unternehmen möglich. Immerhin war
auch die Werbeaktion als solche nach dem Vortrag der Beklagten zentral
abgesprochen und geplant.
Die
Beklagte verstieß auch schuldhaft gegen ihre vertragliche
Unterlassungsverpflichtung. Die Adressen, die sie angeschrieben hat,
hatte sie von Drittunternehmen als deren Kundenadressen erworben. Sie
darf zur Vermeidung eines Fahrlässigkeitsvorwurfs dann die
entsprechenden Kunden nicht anschreiben, ohne zu
überprüfen, ob deren Einverständnis mit
dieser Werbung besteht oder ob zumindest Umstände vorliegen,
aus denen eine solche Einwilligung vernutet werden kann. Daran
ändert auch nichts, dass die Beklagte ihren
Geschäftsbetrieb vergrößert hatte. Die
Beklagte trägt selbst vor, Faxschreiben an Adressaten aus den
Adresslisten der übernommenen Unternehmen versandt zu haben,
die sie von letzteren erhalten hatte. Dabei habe sie, so die Beklagte
weiter, "ausschließlich die postalischen Adressen der Kunden,
ohne Transaktionsdaten" erhalten (Schriftsatz vom 26.11.2007, S. 1 =
Bl. 107 GA). Sie habe daher nicht gewusst, wann, was, oder wie viel der
Kunde gekauft habe (a.a.O.). Bei dieser Sachlage ist es zumindest
fahrlässig, wenn die Beklagte ohne jede weitere
Prüfung Faxschreiben an diese Kunden schickt, von denen sie
keine Einzelheiten kannte. Sie musste nämlich nach dem Inhalt
der Übernahmeverträge damit rechnen, nicht nur
aktuelle Kundenadressen erhalten zu haben, weil ausdrücklich
auch "inaktive" Adressen mit übernommen worden waren (vgl.
etwa den Kaufvertrag mit A., Bl. 57 GA). Weiterhin sprach die Beklagte
sogar gezielt Kunden an, die nicht zum aktuellen Kundenbestand
zählten. So ist etwa das erste Fax vom 27.9.2006 (K 3 = Bl. 11
GA) ausdrücklich damit eingeleitet, die Beklagte habe den
angesprochenen Kunde "lange nicht mehr ... im Online-Shop
begrüßen dürfen". Schließlich ist
auch der lange zeitliche Abstand zwischen den
Übernahmeverträgen (2003 bis 2005,
überwiegend 2004) und der streitgegenständlichen
Werbeaktion im Herbst 2006 zu berücksichtigen. Diese Zeit
reichte aus, damit die Beklagte sich über den Bestand an
aktuellen Kunden Klarheit verschaffen konnte, bei denen wegen der
bereits bestehenden Geschäftsbeziehung ein
Einverständnis mit der Faxwerbung zu vermuten ist, wie dies
der Unterlassungsvertrag umschreibt.
2.
Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist nicht nur ein einziger
Verstoß gegen die Unterlassungsverpflichtung anzunehmen.
Vielmehr hat ihr die Beklagte – wie von dem Kläger
vorgetragen – zumindest fünf Mal zuwider gehandelt.
Das geschah aufgrund sieben unverlangt außerhalb einer
aktuellen Kundenbeziehung versandter Faxe, wie sie zuletzt in der
Berufungsbegründung (Seite 2 = Bl. 149 GA, mit Anlage K 3 ff.)
aufgelistet sind. Dabei fasst die Klägerin drei Faxe, die an
einem Tag (23.10.2006) versandt wurden, zu einem Verstoß
zusammen und kommt so auf fünf Verstöße.
Eine
natürliche Handlungseinheit scheidet hier ersichtlich aus.
Ausgangspunkt der weiteren Prüfung ist dann, wie vom
Landgericht unter zutreffender Bezugnahme auf die Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs (BGHZ 146, 318 = GRUR 2001, 758 –
Trainingsvertrag) ausgeführt, die Auslegung des
Unterlassungsvertrages. Er sieht nur in allgemeiner Form die Verwirkung
der Vertragsstrafe "für jeden Fall zukünftiger
schuldhafter Zuwiderhandlungen" vor. Hier können die vom
Landgericht angeführten Gesichtspunkte wie insbesondere der
zeitliche Zusammenhang und die einheitlich geplante Werbeaktion
grundsätzlich für die Annahme nur einer einzigen
Handlung sprechen.
Das
allein ist indes im vorliegenden Fall nicht ausschlaggebend. Die
Werbeaktion mag auf einem einheitlichen internen, für
sämtliche Betriebsstätten gültigen
Willensentschluss beruhen, wie von der Beklagten vorgetragen, weil die
Geschäftsführer und Betriebsstättenleiter
sich auf die Werbung mit einem bis Jahresende 2006 befristeten
Gutschein geeinigt hatten. Die Einigung auf eine derartige Werbeaktion
ist indes nicht maßgeblich. Es ist der Beklagten vertraglich
nicht verboten, eine derartige Werbeaktion unter Verwendung eines
Gutscheins durchzuführen. Vertragswidrig war erst die
Umsetzung dieser Werbeentscheidung in einigen Einzelfällen
dadurch, dass auch Adressaten mit einbezogen wurden, die mit der
Zusendung von Faxwerbung nicht einverstanden waren. Diese Umsetzung
indes erfolgte offensichtlich nicht aufgrund eines einheitlichen
Entschlusses, sondern in den jeweiligen Betriebsstätten in
unterschiedlicher Weise.
Das
zeigt sich darin, dass abgesehen von der Gutscheinwerbung die
Faxschreiben nicht gleich sind und wesentliche Unterschiede aufweisen.
So nennen sie mit der Bezugnahme auf die einzelnen
Betriebsstätten unterschiedliche Absender (O., A., L.
& K.). Sie sind vor allem aber in unterschiedlicher Weise auf
den jeweils angesprochenen Adressaten bezogen, indem sie auf die
Besonderheiten der jeweiligen Kundenbeziehung Bezug nehmen. So wird der
Kunde im Schreiben vom 27.9.2006 (O., Anlage K 3) damit angesprochen,
dass er schon lange nicht mehr habe begrüßt werden
dürfen (ähnlich in K 8 und K 9: "wir wollen wieder,
dass Sie bei uns bestellen"). Die Schreiben vom 23.10.2006 (A., Anlagen
K 4 bis K 6), die der Kläger zu einem Verstoß
zusammenfasst, sprechen die Verschmutzung des Druckers, dies zudem mit
einem Bild an und enthalten so eine Werbung, die das Schreiben in
Anlage K 3 nicht aufweist. Entsprechendes gilt für die
übrigen Schreiben in den Anlage K 7 bis K 9, die mit
unterschiedlichen Formulierungen und unterschiedlichen Angeboten (im
Schreiben vom 29.10.2006 in Anlage K 7 wird noch eine Packung Kaffee
schenkweise angeboten) werben. Von sämtlichen Schreiben sind
lediglich die von der Klägerin als ein Verstoß
zusammengefassten, am selben Tag versandten Schreiben in den Anlagen K
4 bis K 6 gleich, im Übrigen sind sie auf die beschriebene
Weise höchst unterschiedlich und sprechen vor allem den
jeweiligen Kunden auf unterschiedliche Weise an. Das zeigt, dass diesen
Schreiben eben keine einheitliche Willensbildung zugrunde gelegen haben
kann, die es rechtfertigen könnte, lediglich einen einzigen
Verstoß anzunehmen. Intern einheitlich abgesprochen mag die
Werbeaktion als solche unter Anpreisung eines befristeten Gutscheins
gewesen sein. Die nähere Ausführung und damit auch
Entscheidung der Frage, an wen im einzelnen die Faxe gehen sollten,
erfolgte offensichtlich aber keineswegs einheitlich. Die Verneinung von
mehreren Einzelverstößen und die Annahme nur eines
einzigen Verstoßes liegen vor diesem Hintergrund fern.
Offen
bleiben kann daher, ob einer Zusammenfassung der Einzelakte zu einem
einzigen Verstoß auch entgegensteht, dass von einem
vorsätzlichen Verhalten der Beklagten auszugehen sein
könnte. Der Bundesgerichtshof (a.a.O.) hat angenommen, dass
ein vorsätzliches Verhalten der Zusammenfassung der Einzelakte
zu einer einzigen Zuwiderhandlung regelmäßig
entgegensteht. Wie bereits erwähnt, sind einzelne der
Schreiben ihrer Formulierung nach gezielt an Kunden gerichtet, zu denen
längere Zeit kein Kontakt mehr bestand. In diesem
Fällen liegt ein Verstoß gegen die
Unterlassungsverpflichtung aus der damaligen Sicht der Beklagten
besonders nahe. Ob daraus ein vorsätzliches Verhalten folgt,
mag dahin stehen.
Der
Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.
Der zuzusprechende Zinssatz beträgt gemäß
§ 288 Abs. 1 Satz 2 BGB fünf Prozentpunkte
über dem Basiszinssatz. Zinsen in Höhe von acht
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz, wie erstinstanzlich
beantragt und mit der Berufung weiter verfolgt, sind nicht
gerechtfertigt, weil die Voraussetzungen des § 288 Abs. 2 BGB,
der diesen Zinssatz regelt, nicht vorliegen. Der Anspruch auf Zahlung
von Vertragsstrafe ist keine "Entgeltforderung".
3.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die
Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit
folgt aus § 708 Nr. 10, § 713 ZPO.
Die
Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht
vor.
Streitwert
für das Berufungsverfahren: EUR 16.000,--.