Die
Klägerin nimmt die Beklagte auf Ersatz der Kosten einer
anwaltlichen Abmahnung (Anlage K 2, GA Bl. 29) in Anspruch. Die
Klägerin mahnte die Beklagte zunächst mit Schreiben
vom 13.05.2005 (Anlage K 1, GA Bl. 26) unter der Überschrift
"Urheberrechtliche Eigenabmahnung" wegen der Wiedergabe eines
Lichtbildes im Rahmen eines Verkaufsangebots der Beklagten bei der
Internetplattform e-bay mit der Begründung ab, ihr
stünden an dem in das Internet eingestellten Lichtbild
"sämtliche Nutzungsrechte" zu. Die Beklagte bestreitet den
Zugang dieses Schreibens. Mit Schreiben vom 25.05.2005 mahnte der
jetzige Prozessbevollmächtigte der Klägerin die
Beklagte wegen Verwendung des Lichtbilds und eines Verstoßes
gegen § 6 TDG ab. Wegen des näheren Inhalts der
Abmahnung und der dieser beigefügten vorformulierten
"Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung" wird auf die
Anlage K 2 (GA Bl. 29 bis 33) Bezug genommen. Der anwaltlichen
Abmahnung war keine Vollmacht beigefügt. Mit unmittelbar an
die Klägerin übermittelten Telefax-Schreiben vom
27.05.2005 gab die Beklagte die als Anlage K 3 (GA Bl. 34) vorgelegte
Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung ab, in der sie sich
u.a. verpflichtete, "es ... zu unterlassen, nachhaltig –
insbesondere über die Internetplattform ebay –
Telefondienste für deutsche Internetnutzer anzubieten ...".
Die der anwaltlichen Abmahnung beigefügte vorformulierte
Unterlassungserklärung bezog sich hingegen auf das Angebot von
"Telediensten". Mit weiterem Telefax-Schreiben vom 27.05.2005 (Anlage
B1, GA Bl. 121) wies die Beklagte gegenüber dem jetzigen
Prozessbevollmächtigten der Klägerin die Abmahnung
vom 25.05.2005 "mangels Vorlage einer den Regelungen des § 174
BGB entsprechenden Vollmachtsurkunde" zurück und teilte mit,
sie habe mit gleicher Post eine
Unterlassungsverpflichtungserklärung an die Klägerin
übermittelt. Mit Schreiben vom 14.06.2005 forderte der jetzige
Prozessbevollmächtigte der Klägerin –
nunmehr unter Beifügung einer
Vollmachtsurkunde – die Beklagte auf, in ihrer
Unterlassungserklärung das Wort "Telefondienste" durch das
Wort "Teledienste" zu ersetzen. Dem kam die Beklagte mit
Telefax-Schreiben vom 16.06.2005 (Anlage B 3, GA Bl. 124, 125) nach.
Die
Klägerin hat beantragt,
die
Beklagte zu verurteilen, an sie 651,80 € nebst Zinsen nach
einem Zinssatz von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der
Europäischen Zentralbank seit dem 20. Juli 2005 zu zahlen.
Die
Beklagte hat beantragt,
die
Klage abzuweisen.
Sie
hat die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts gerügt
und die gewerbliche Betätigung der Klägerin sowie
ihren Sachvortrag betreffend die Inhaberschaft der Rechte an dem in das
Internet eingestellten Lichtbild bestritten. Sie hat bei der Berechnung
der Anwaltsgebühren für die Abmahnung den in Ansatz
gebrachten Gegenstandswert bemängelt und bestritten, dass die
Klägerin die Anwaltskosten bezahlt habe. Wegen
der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der
Parteien wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug
genommen.
Das
Landgericht hat der Klage stattgegeben und zur Begründung u.a.
ausgeführt, es sei unschädlich, dass der anwaltlichen
Abmahnung zunächst keine Vollmacht beigefügt gewesen
sei. Die Beklagte hätte insoweit noch kurze Zeit zuwarten
können. Die Klägerin habe mit Schreiben vom 14. Juni
2005 sodann eine Originalvollmacht vorgelegt.
Hiergegen
wendet die Beklagte sich mit ihrer zulässigen, insbesondere
form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung,
mit der sie weiterhin die örtliche Zuständigkeit des
Landgerichts Düsseldorf rügt und ihren
erstinstanzlichen Sachvortrag wiederholt und vertieft.
Die
Beklagte beantragt,
das
Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 18.01.2006 (12 O
521/05) abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die
Klägerin beantragt,
die
Berufung zurückzuweisen.
Sie
verteidigt das angefochtene Urteil unter Bezugnahme auf ihr
erstinstanzliches Vorbringen. Sie vertritt die Ansicht, die
wettbewerbsrechtliche Abmahnung sei weder einer
Willenserklärung noch einer
geschäftsähnlichen Handlung gleichzusetzen. Die
Vorlage des Originals einer Vollmachtsurkunde sei für die
Wirksamkeit der Abmahnung und für die Erstattungspflicht
hinsichtlich der hierbei entstandenen Kosten nicht erforderlich.
Hierauf
komme es aber nicht einmal an. Denn der Beklagten habe –
unstreitig – eine Originalvollmacht vorgelegen, als sie eine
Unterlassungserklärung abgegeben habe, die die
Wiederholungsgefahr erst ausgeräumt habe. Die vorgerichtliche
Tätigkeit ihres jetzigen Prozessbevollmächtigten sei
daher adäquat kausal für die
außergerichtliche Ausräumung der Wiederholungsgefahr
gewesen.
Wegen
der weiteren Einzelheiten des Vortrags der Parteien in der
Berufungsinstanz wird auf die zwischen ihnen in dieser Instanz
gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die
zulässige Berufung der Beklagten hat auch in der Sache Erfolg.
Die
in der Berufungsinstanz aufrechterhaltene Rüge der fehlenden
örtlichen Zuständigkeit des Landgerichts
Düsseldorf ist unerheblich (§ 513 Abs. 2 ZPO).
Der
geltend gemachte Anspruch steht der Klägerin nicht aus
§ 12 Abs. 1 Satz 2 UWG, § 97 Abs. 1 UrhG oder nach
den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne
Auftrag (§ 683 Satz 1, §§ 677, 670 BGB) zu.
Grundsätzlich
sind die Kosten einer begründeten anwaltlichen Abmahnung nach
den vorgenannten Vorschriften zu ersetzen, soweit – im Rahmen
des Schadensersatzanspruchs aus § 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG - als
Kosten einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung anzusehen sind oder
es sich gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG bzw.
nach den Grundsätzen der Geschäftsführung
ohne Auftrag um erforderliche Aufwendungen handelt.
Voraussetzung
für einen Kostenerstattungsanspruch ist aber stets, dass die
Abmahnung nach Form und Inhalt berechtigt war (vgl. Piper/Ohly, UWG, 4.
Auflage 2006, § 12, Rdnr. 20).
Ob
in Vertretungsfällen die Beifügung der
Vollmachtsurkunde im Original erforderlich ist, weil die Abmahnung
wirkungslos ist, wenn der Schuldner – wie im Streitfall
– die Erklärung des Vertreters wegen der
Nichtvorlage der Vollmachtsurkunde unverzüglich
zurückweist (§ 174 BGB analog), ist in Rechtsprechung
und Schrifttum umstritten. Teilweise wird angenommen, dass auch eine
vom Schuldner mangels Vollmachtsvorlage zurückgewiesene
Abmahnung wirksam ist (OLG Köln, WRP 1985, 360, 361; OLG
Karlsruhe, NJW-RR 1990, 1323, 1324; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche
Ansprüche, 8. Auflage, Kapitel 41, Rdnr. 6, 6 a m.w.N.).
Begründet
wird dies insbesondere damit, dass der Zweck der Abmahnung, den
Verletzer – im eigenen Interesse – auf eine
drohende Klage hinzuweisen und ihm die Gelegenheit zu einer
außergerichtlichen Streitbeilegung durch Abgabe einer
Unterwerfungserklärung zu geben, auch durch eine Abmahnung
erfüllt werde, für die eine Vollmacht nicht
nachgewiesen werde (vgl. Teplitzky, a.a.O.).
Der
Senat hält demgegenüber nach nochmaliger
Überprüfung an der in den Beschlüssen vom
13.07.2000 (GRUR-RR 2001, 286) und vom 19.04.1999 (NJW E-WettbR 1999,
263) vertretenen Auffassung fest, dass die wettbewerbsrechtliche
Abmahnung ebenso wie die Mahnung (vgl. hierzu BGH NJW 1987, 1546, 1547;
1967, 1800, 1802) eine einseitige
rechtsgeschäftsähnliche Handlung ist, auf die
§ 174 ZPO entsprechende Anwendung findet. Die hiergegen von
der Gegenansicht angeführte Erwägung, dass eine
Abmahnung keine unmittelbar rechtsgestaltende Wirkung entfalte, weshalb
der Abgemahnte nicht vergleichbar schutzwürdig wie der
Adressat eines einseitigen Rechtsgeschäfts sei (vgl. Busch,
GRUR 2006, 477, 479), greift nach Auffassung des Senats nicht durch.
Es
ist allgemein anerkannt, dass § 174 BGB für
geschäftsähnliche Handlungen entsprechend gilt (vgl.
nur BGH NJW 1987, 1546, 1547; NJW 2001, 289, 290; Palandt/Heinrichs,
65. Auflage, § 174, Rdnr. 2 m.w.N.).
Geschäftsähnliche Handlungen sind in erster Linie
Aufforderungen und Mitteilungen, die auf Ansprüche oder
Rechtsverhältnisse Bezug nehmen und vielfach im Bewusstsein
der dadurch ausgelösten Rechtsfolgen ausgesprochen werden,
jedoch nicht unmittelbar auf den Eintritt dieser Rechtsfolgen gerichtet
sind oder gerichtet sein müssen (BGH, NJW 2001, 289, 290
m.w.N.). Unter diese Definition fällt auch eine Abmahnung
wegen eines Wettbewerbsverstoßes oder wegen Verletzung
gewerblicher Schutzrechte. Sie löst – neben dem
anerkannten Anspruch auf Erstattung der erforderlichen Abmahnkosten -
weitere Rechtsfolgen aus, indem sie das gesetzliche
Schuldverhältnis, das durch die Verletzungshandlung zwischen
Gläubiger und Schuldner entstanden ist, konkretisiert. Aus
dieser wettbewerbsrechtlichen Sonderbeziehung ergeben sich für
den Schuldner nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) bestimmte
Aufklärungs- und Antwortpflichten, deren Verletzung unter
Umständen auch zu Schadensersatzansprüchen des
Gläubigers führen kann. So muss z.B. der Schuldner
den Gläubiger nach Erhalt einer Abmahnung fristgerecht
darüber aufklären, dass er sich einem anderen
Gläubiger bereits unterworfen hat, damit der Abmahnende von
der Erhebung einer Klage mit einer ihm ungünstigen Kostenfolge
Abstand nehmen kann. Zur Beantwortung der Abmahnung ist der Abgemahnte
in solchen Fällen innerhalb angemessener Frist stets
verpflichtet, gleichviel ob er sich unterwirft oder die Eingehung einer
Unterlassungsverpflichtung ablehnt (vgl. BGH GRUR 1987, 54, 55 -
Aufklärungspflicht des Abgemahnten; Piper/Ohly, UWG, 4.
Auflage 2006, Rdnr. 19). Im Hinblick auf diese Rechtswirkungen der
Abmahnung und die rechtliche und wirtschaftliche Bedeutsamkeit der
Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung hat der
Schuldner ein berechtigtes Interesse daran zu erfahren, ob der
Vertreter zur Abmahnung bevollmächtigt ist. Auf der anderen
Seite ist nicht erkennbar, dass die Beifügung einer
Originalvollmachtsurkunde eine erhebliche Mühewaltung
für den Abmahnenden bedeutet (ebenso Piper/Ohly, a.a.O.
m.w.N.).
Die
entsprechende Anwendung des § 174 BGB scheidet auch nicht
unter Berücksichtigung der Überlegung aus, dass die
Abmahnung in der Regel – so auch im Streitfall –
zugleich das Angebot zum Abschluss eines strafbewehrten
Unterlassungsvertrags enthält (vgl. Bornkamm in
Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 24. Auflage,
§ 12, Rdnr. 1.27). Denn das Angebot tritt lediglich neben die
Abmahnung, ohne dass diese deshalb ihren Charakter als
geschäftsähnliche Handlung
einbüßte (Pieper/Ohly, a.a.O., § 12, Rdnr.
9).
Die
im Streitfall von dem Prozessbevollmächtigten der
Klägerin ausgesprochene Abmahnung ist daher nach ihrer
Zurückweisung durch das Schreiben der Beklagten vom 27.05.2005
entsprechend § 174 Satz 1 BGB unwirksam geworden. Ein Anspruch
auf Erstattung der Kosten für die unwirksame Abmahnung besteht
nicht.
Dieser
ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt begründet, dass die
Beklagte auf das - dem Gericht nicht vorgelegte - Anwaltsschreiben vom
14.05.2006, dem eine Originalvollmacht beigefügt war, die von
ihr be reits abgegebene Unterlassungsverpflichtungserklärung,
die einen offensichtlichen Übertragungsfehler
("Telefondienste" statt Teledienste) berichtigt hat. Zum einen wird es
sich bei diesem Anwaltsschreiben nicht – Gegenteiliges ist
nicht vorgetragen – um eine erneute Abmahnung gehandelt
haben, die nach den vorgenannten Vorschriften zur Kostenerstattung
verpflichtet. Zum anderen war die Geschäftsgebühr
gemäß Nr. 2400 VVRVG spätestens mit der
Abfassung der Abmahnung vom 25.05.2005 entstanden. Da das Schreiben vom
14.06.2005 dieselbe Angelegenheit betraf, ist hierdurch keine weitere
Gebühr ausgelöst worden.
Die
Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die
Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus
§ 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
Da
die höchstrichterlich – soweit ersichtlich
– noch nicht entschiedene Frage, ob die Vorschrift des
§ 174 BGB entsprechend auf eine Abmahnung anwendbar ist, von
grundsätzlicher Bedeutung ist und von der Rechtsprechung
bisher uneinheitlich beantwortet wird, wird gemäß
§ 543 Abs. 2 ZPO die Revision zugelassen
Unterschriften