Urteil,
Anspruch, Vernichtung, Fotos, Film, Loeschung, loeschen
zurück
Aktenzeichen: I-15 U
101/11 | 26.10.2011 |
Oberlandesgericht
Düsseldorf
URTEIL
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten und die
Anschlussberufung des Klägers wird das am 23. März
2011 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts
Düsseldorf (Az: 12 O 424/09) jeweils unter
Zurückweisung der weitergehenden Rechtsmittel teilweise
abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die
Beklagte wird verurteilt, die am xx. M. 2009in der Arztpraxis des
Klägers gefertigten Tonaufnahmen zu löschen, soweit
sie Gegenstand der Sendung „E.“ vom xx. J. 2009,
00:00 Uhr, waren.
Die Beklagte wird darüber
hinaus verurteilt, das Bildmaterial der Sendung
„E.“ vom xx. J. 2009, 00:00 Uhr, zu
löschen, soweit darin als Untertitel folgende am xx. M. 2009
in der Arztpraxis des Klägers aufgenommenen Wendungen in
Textform wiedergegeben sind:
„Was man
machen könnte oder was häufig gemacht wird, ist, dass
man Beta-blocker gegeben hat.“
„Eine
andere Möglichkeit ist ein angst- und
spannungslösendes Medikament, das man abends nimmt - eine
halbe Tablette vor dem Schlafen. Das hat auf jeden Fall den Vorteil,
dass man nachts gut schlafen und abschalten kann. Und am
nächsten Tag wirkt das noch ein bisschen an. Es macht einen
natürlich sehr wohligen Effekt. Man fühlt sich halt
sehr wohl.“
Im Übrigen wird die
Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits
tragen der Kläger zu 95 % und die Beklagte zu 5 %.
Dieses
Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten bleibt
nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder
Hinterlegung in Höhe von 6.000 € abzuwenden, wenn
nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher
Höhe leistet. Dem Kläger bleibt nachgelassen, die
Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in
Höhe von 110 % des durch die Beklagte aus dem Urteil
vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der
Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu
vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I.
Die
Beklagte ist ein bekanntes Medienunternehmen, das den privaten
Fernsehsender XY betreibt. Der Kläger betreibt in D. eine
Arztpraxis. Am xx. M. 2009 suchten zwei dem Kläger bis dahin
unbekannte Personen -eine Frau und ein Mann- seine Sprechstunde auf.
Die Frau gab sich als Patientin aus und machte am Empfang die bei der
Neuaufnahme von Patienten üblichen Angaben. In Wirklichkeit
handelte es sich um eine Redakteurin, die für eine bei XY
ausgestrahlte Reportage verdeckt recherchierte und im Zusammenwirken
mit ihrem Begleiter ohne Einwilligung des arglosen Klägers
heimlich Film- und Tonaufnahmen erstellte.
Der
Kläger führte mit der vermeintlichen Patientin ein
ca. 15 bis 20 Minuten dauerndes Behandlungsgespräch. Diese gab
an, aufgrund des Wechsels ihres Arbeitsplatzes unter sehr starker
beruflicher Anspannung zu stehen. Sie müsse in Kürze
eine Präsentation halten, vor der sie sehr aufgeregt sei, da
vom Erfolg der Präsentation ihre Anstellung abhänge.
Der Kläger empfahl autogenes Training als
Stressreduktionstherapie. Dies lehnte die Frau ebenso ab, wie die ihr
vom Kläger sodann empfohlene Behandlung mit pflanzlichen
Präparaten. Der Kläger zog daraufhin eine
Betablockertherapie in Erwägung und maß
hierfür den Blutdruck, der zu niedrig war, um diese Therapie
anwenden zu können. Schließlich stellte er ein
Rezept für Lexotanil 6 mg aus und verordnete die einmalige
Einnahme einer halben Tablette am Abend vor der Präsentation
und empfahl das sofortige Absetzen dieses Medikaments danach.
Ausschnitte
aus diesem Behandlungsgespräch mit dem Kläger, in
denen insbesondere die vorgenannte Absetzungsempfehlung fehlte, wurden
am xx. J. 2009 ab 00:00 Uhr und als Wiederholung in der Nacht vom 1.
auf den 2. J. 2009 ab 00:00 Uhr in der Sendung "E." ausgestrahlt im
Rahmen einer Reportage zum Thema Drogen am Arbeitsplatz. Das
Bildmaterial wurde dabei zum Zwecke der Anonymisierung teilweise
verfremdet. Zwischen den Parteien ist streitig, ob auch die Stimme des
Klägers verfremdet wurde und ob er anhand seiner Stimme und
der Bilder von seiner Person, seinen Praxisräumen und dem
Gebäude identifizierbar ist.
Mit
Anwaltsschreiben vom 2. Juli 2009 forderte der Kläger die
Beklagte auf, "eine strafbewehrte Unterlassungs- und
Verpflichtungserklärung zu übersenden, die
sämtliche Aspekte des o.g. Vorfalls umfasst". Die Beklagte
wies den Unterlassungsanspruch mit Schreiben vom 6. Juli 2009
zurück, da der Kläger anhand der Reportage nicht
individualisierbar sei. Sie teilte zugleich mit, keine erneute
Ausstrahlung der Sendung zu beabsichtigen und gab -ohne Anerkennung
einer Rechtspflicht- folgende Unterlassungserklärung ab:
"Die
XY GmbH verpflichtet sich gegenüber Herrn A. es bei Meidung
einer für jeden Fall der schuldhaften Zuwiderhandlung zu
zahlenden Vertragsstrafe, die von Herrn A. festzusetzen und ggf. vom
zuständigen Gericht zu überprüfen ist, zu
unterlassen, Bild- und Tonaufnahmen von Herrn A. zu
veröffentlichen, soweit Herr A. erkennbar ist, insbesondere
wie in der Sendung E. vom xx. J. 2009 geschehen" (Bl. 46 GA).
Mit
Antrag vom 13. Juli 2009 hat der Kläger den Erlass einer
einstweiligen Verfügung beantragt, mit der der Beklagten
aufgegeben werden sollte, es zu unterlassen, in den
Praxisräumen des Klägers ohne dessen Einwilligung
Ton- und Bildaufnahmen zu fertigen. Das Landgericht hat die
einstweilige Verfügung antragsgemäß
erlassen und nach Widerspruch der Beklagten durch Urteil
bestätigt. Auf die Berufung der Beklagten hat das
Oberlandesgericht Düsseldorf -20. Zivilsenat- das Urteil
abgeändert und den Antrag auf Erlass der einstweiligen
Verfügung zurückgewiesen.
Der
Kläger hat behauptet, ein Patient habe ihm am 30. Juni 2009
mitgeteilt, er sei in der Sendung "E." vom Vortag zu sehen gewesen. Er
habe sich daraufhin am 2. Juli 2009 die Wiederholung angesehen und dies
bestätigt gefunden. Trotz Vernebelung sei er an seinem
Schreibtisch sitzend sowie ohne Vernebelung am Empfang stehend gut
erkennbar gewesen. Seine Statur und die Wiedergabe der Aufnahmen im
Behandlungszimmer ließen eine Identifizierung eindeutig zu.
Außerdem sei seine Stimme unverändert.
Durch
die extrem verkürzte Wiedergabe des
Behandlungsgesprächs erwecke die Reportage den unzutreffenden
Eindruck, er sei ein gewissenloser Arzt und Scharlatan, der ihm
unbekannten Patienten leichtfertig und ohne jedwede
Vorsichtsmaßnahmen schwerste, süchtig machende
Psychopharmaka verschreibe. Der so vermittelte Eindruck sei falsch, da
er Tabletten stets gewissenhaft verschreibe. Die Wirkung der Reportage
werde durch die reißerische Darstellung unter
Anknüpfung an den Tod Michael Jacksons als vermeintliches
Opfer seiner Tablettensucht verstärkt. Ein Zusammenhang
zwischen der Verordnung einer halben Tablette Beruhigungsmittel und dem
Versterben Michael Jacksons nach der Verabreichung von Narkosemitteln
bestehe nicht.
Der Kläger hat weiter die
Ansicht vertreten, die Beklagte habe durch das Herstellen und
spätere Veröffentlichen der Aufnahmen jeweils sein
Persönlichkeitsrecht verletzt und gegen die
§§ 186, 201 StGB, 12 Abs. 1 TMG und 22, 33 KUG
verstoßen. Mit seiner Klage macht er die Zahlung einer
Geldentschädigung und die Erstattung von
Abmahngebühren in Höhe von 1.641,96 € (1,3
Gebühren zzgl. Pauschale für Entgelte für
Post- und Telekommunikationsdienstleistungen und MwSt. nach einem
Streitwert von 50.000 €) geltend. Weiter verlangt er
gestützt auf § 37 KUG die Löschung der Film-
und Tonaufnahmen.
Der Kläger meint, die
Aufnahmen in seiner Praxis stellten sich als rechtswidrig dar. Die
Praxisräume seien aufgrund ihrer räumlichen
Abgeschiedenheit von Dritten und des besonderen
Vertrauensverhältnisses zwischen Arzt und Patient der
besonders geschützten Privatsphäre zuzurechnen. Es
verstoße gegen die Menschenwürde, in "Stasi-Manier"
Personen heimlich und gegen deren Willen zu filmen. Die Vorstellung, es
könnten unerwünschte Aufnahmen gefertigt werden,
schaffe Unsicherheit und beeinträchtige die Konzentration und
die Unbefangenheit im Umgang mit Menschen. Besonders schwerwiegend sei
seine Beeinträchtigung auch deshalb, weil der Beitrag am 19.
Juni 2009 zur besten Sendezeit gegenüber einem
Millionenpublikum veröffentlicht worden sei.
Demgegenüber
könne sich die Beklagte nicht auf die Pressefreiheit berufen.
Die Zwecke der Reportage hätten die Anfertigung von Aufnahmen
in keiner Weise erfordert. Der Beklagten sei es nur darum gegangen,
ihre Reportage spannender zu gestalten und durch das Zurechtschneiden
ihrer Aufnahmen die Behauptung zu untermauern, zahlreiche
Ärzte verschrieben ohne Untersuchungen Beruhigungsmittel.
Der
Kläger hat nach teilweiser Rücknahme des
Klageantrages zu 3) zuletzt beantragt,
die Beklagte
zu verurteilen,
an ihn eine angemessene
Entschädigung, nicht jedoch unter 30.000 €, nebst 5 %
Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit
zu zahlen.
Film- und Tonaufnahmen zu
löschen, welche sich auf dem Videoband
gemäß Anlage K1 befinden und deren Vernichtung
nachzuweisen.
an ihn Abmahngebühren in
Höhe von 1.307,81 € nebst 5 % Zinsen über
dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die
Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die
Beklagte hat behauptet, der Film sei so bearbeitet worden, dass der
Kläger unter keinen Umständen erkennbar sei. Seine
Person sei vollständig vernebelt und auch ihrer Statur nach
nicht auszumachen. Lediglich für einen Augenblick sei er
unvernebelt zu sehen, allerdings unscharf im Hintergrund und mit durch
eine Pflanze verdecktem Gesicht. Die Stimme des Klägers sei
"hochgepitcht" worden.
Die Arztpraxis und der
Hausflur nebst Treppenhaus erlaubten ebenfalls keine Identifizierung.
Es würden ausschließlich Türen und
Wände in "Standardneubauausstattung" gezeigt, wie sie in fast
jeder Arztpraxis vorzufinden sei.
Die im Film
gezeigte Stockwerksanzeige des Fahrstuhls stamme nicht aus dem
Gebäude Platz 1. Zudem zeige sie den 6. Stock an, wohingegen
sich die Praxis des Klägers -unstreitig- im zweiten Stock
befinde. Ohnehin könne der Kläger nicht anhand des
Gebäudes identifiziert werden, weil -unstreitig- in dem
Gebäude vier weitere Ärzte tätig seien. Der
Bericht erwähne nicht einmal, dass es sich um Aufnahmen aus D.
handele. Nach alledem müsse davon ausgegangen werden, dass der
vom Kläger benannte Zeuge den Kläger nicht erkannt
habe. Es sei davon auszugehen, dass der Zeuge allgemein von dem
Fernsehbericht erzählt habe, woraufhin sich der
Kläger an das entsprechende Patientengespräch
erinnert habe.
Die Beklagte hat die Ansicht
vertreten, die Aufnahmen vom Kläger dürften bereits
deshalb hergestellt und veröffentlicht werden, weil der
Kläger nicht zu erkennen sei. § 22 KUG sei nicht
einschlägig, da es kein Erfordernis der Einwilligung
(§ 23 KUG) in die Veröffentlichung gebe für
Bilder, auf denen der Betroffene nicht erkennbar sei.
Ohnehin
falle eine Güter- und Interessenabwägung zu ihren
Gunsten aus. Der Kläger sei bereits nicht in seiner
Privatsphäre betroffen. Er sei in der Arztpraxis -zumal im
Behandlungsgespräch- der Beobachtung durch die Patienten
ausgesetzt und könne sich daher nicht wie in
Privaträumen entspannen oder "gehen lassen". In die
Abwägung der Interessen dürfe nicht
einfließen, dass das Verhältnis des Arztes zum
Patienten besonders schutzwürdig sei. Die ärztliche
Schweigepflicht schütze den Patienten, nicht den Arzt.
Vorliegend handele es sich nicht einmal um eine Patientin, sondern um
eine Redakteurin, die die Aufnahmen selbst veröffentlicht
habe. Hierin erblickt die Beklagte eine Entbindung des Klägers
von seiner ärztlichen Schweigepflicht. Der Kläger
wäre daher, müsste er als Zeuge angehört
werden, nicht einmal zur Zeugnisverweigerung berechtigt.
Seiner
Betroffenheit bei Ausübung der beruflichen Tätigkeit
stehe das überwiegende Informationsinteresse der
Öffentlichkeit entgegen. Es habe sich um Recherchen in
Erfüllung des Informationsauftrages der Medien gehandelt. Dass
Berufstätige dem Alltagsstress nur noch unter Zuhilfenahme von
Psychopharmaka gewachsen seien, sei ein Thema von erheblichem
öffentlichem Interesse. Zusätzliche
Aktualität habe das Thema durch den Tod Michael Jacksons
erfahren, der … Tage vor Ausstrahlung der Sendung an einer
Überdosis verschreibungspflichtiger Medikamente gestorben sei.
Die Berichterstattung sei als ernsthaft und sachbezogen zu werten.
Gerade das Wirkungsfeld des Arztes sei von allgemeinem Interesse,
weshalb sich der Kläger -wenn er denn erkennbar gewesen
wäre- sogar öffentlicher Kritik hätte
stellen müssen. Die Wertung des Klägers, er werde als
gewissenloser Arzt dargestellt, der leichtfertig Medikamente
verschreibe, treffe nicht zu. Der Bericht beschränke sich auf
die Feststellung, dass es möglich sei, ohne medizinische
Indikation an verschreibungspflichtige Beruhigungsmittel zu gelangen.
Der
Kläger könne sich auch nicht auf das Vorhandensein
milderer Mittel berufen. Natürlich hätte die
Journalistin zu den Behandlungsgesprächen befragt werden
können. Investigativer Journalismus zeichne sich jedoch durch
seine Realitätsnähe aus, wozu die Wiedergabe der
vollständig vernebelten Aufnahmen gehöre. Diese
Entscheidung durch das Gericht zu überprüfen laufe
auf eine Qualitätskontrolle hinaus, die sich bei Wahrung der
Pressefreiheit verbiete. Anderenfalls könnten ohne
Einwilligung nur noch absolute Personen der Zeitgeschichte fotografiert
werden.
Der Kläger könne nicht
damit gehört werden, er werde durch die Vorstellung
verunsichert, es könnten jederzeit heimliche Aufnahmen von ihm
gemacht werden. Ein nachträglich unwohles Gefühl
stelle keine erhebliche Betroffenheit in Grundrechten dar. Im Gegenteil
liefere die Vorstellung, der Arzt werde nur in dem Bewusstsein, nicht
aufgenommen zu werden, ein unbefangenes Behandlungsgespräch
führen, Argumente für die Anfertigung heimlicher
Aufnahmen, da nur so eine unbefangene Informationsbeschaffung
gewährleistet sei.
Dass es dem
Kläger in Wahrheit nur ums Geld gehe, zeige sich daran, dass
er den im einstweiligen Verfügungsverfahren geltend gemachten
Unterlassungsantrag nicht weiter verfolge. Gerade die Aufgabe des
Unterlassungsanspruchs stehe dem Entschädigungsanspruch
entgegen, da eine Entschädigung nur verlangen könne,
wer die Beeinträchtigung nicht auf anderem Wege beseitigen
könne. Die Beklagte geht davon aus, der Kläger
verfolge den Unterlassungsanspruch nicht weiter, weil dieser
unbegründet sei. Dies müsse die
Unbegründetheit auch des Anspruchs auf
Geldentschädigung zur Folge haben, weil sonst das Ziel der
Unterlassung durch die "Hintertür" der
Geldentschädigung erreicht werde. Der
Geldentschädigungsanspruch setze weiter eine nachhaltige
Rufschädigung voraus, an der es ebenso fehle, wie an einem
schuldhaften Verhalten ihrerseits. Präventionsgesichtspunkte
spielten ebenfalls keine Rolle, zumal sie freiwillig eine
Unterlassungserklärung abgegeben habe.
Erstattung
der Rechtsanwaltskosten für die Abmahnung könne die
Klägerin ungeachtet des fehlenden Anspruchs in der Hauptsache
auch deshalb nicht verlangen, weil die Abmahnung die angeblich
rechtswidrigen Verhaltensweisen nicht hinreichend umschreibe und weil
dem Schreiben nicht der Entwurf der Unterlassungserklärung
beigefügt gewesen sei.
§ 12 TMG
sei nicht anwendbar, da sie kein Diensteanbieter i.S.d. § 2
Abs. 1 TMG sei und keine Daten zur Bereitstellung von Telemedien erhebe
oder verwende.
Das Landgericht hat die Beklagte zur
Zahlung einer Geldentschädigung in Höhe von 10.000
€ nebst Zinsen, zur Vernichtung des Tonmaterials
gemäß der als Anlage K1 überreichten
Videokassette, auf dem der Kläger zu hören sei sowie
zur teilweisen Zahlung der Abmahnkosten in Höhe von 837,52
€ verurteilt und die darüber hinausgehende Klage
abgewiesen.
Zur Begründung hat es
ausgeführt, dem Kläger stehe wegen unerlaubten
Herstellens und Veröffentlichens von Tonaufnahmen gegen die
Beklagte gemäß §§ 823 Abs. 2 BGB
i.V.m. 201 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2 StGB ein Anspruch auf Zahlung
einer Geldentschädigung zu. Die Aufnahme des Wortes auf
Tonträger stelle einen intensiven Eingriff in das
Persönlichkeitsrecht des Klägers dar. Zum
Persönlichkeitsrecht gehöre das Recht, selbst
darüber zu bestimmen, ob das eigene Wort aufgenommen und
Dritten zugänglich gemacht werde. Dies gelte nicht nur in der
vorliegend nicht berührten Privatsphäre, sondern auch
in der Sozialsphäre. Auf eine besondere Vertraulichkeit komme
es nicht an, da § 201 StGB nicht die Privatsphäre,
sondern das Recht auf Wahrung der Unbefangenheit des gesprochenen
Wortes schütze. Weiter komme es nicht darauf an, ob der
Kläger nach Veränderung seiner Stimme nicht mehr
erkannt werden könne, denn die Aufnahme des gesprochenen
Wortes gelte nicht nur für Worte, die eine Identifizierung des
Sprechers zuließen. Die bei der Prüfung eines
Eingriffs in das Persönlichkeitsrecht des Klägers
vorzunehmende Güterabwägung falle ebenso zu Lasten
der Beklagten aus wie die bei Anwendung des § 201 StGB zu
beantwortende Frage, ob das Handeln gerechtfertigt sei. Um das
Schutzbedürfnis des Belauschten übertreffen zu
können müsse sich die Beklagte auf
überragende öffentliche Interessen berufen
können. Die Beklagte habe mit der Aufnahme jedoch lediglich
ihre These illustriert und vertont, Psychopharmaka seien leicht
zugänglich. Diese Verwendung der Aufnahme trete hinter den
Interessen des Klägers deutlich zurück, da dessen
Verhalten -dies stelle die Beklagte nicht in Abrede- lege artis gewesen
sei, ihre These somit nicht stütze. Der
Entschädigungsanspruch entfalle nicht, weil die Beklagte eine
Unterlassungserklärung abgegeben habe. Die
Beeinträchtigung werde durch diese in die Zukunft gerichtete
Erklärung nicht beseitigt, zumal sich die Beklagte nicht
einmal zur Unterlassung heimlicher Aufnahmen verpflichtet habe, sondern
nur zur Unterlassung von Bild- und Tonaufnahmen, soweit der
Kläger erkennbar sei.
Vernichtung der
Tonaufnahmen könne der Kläger analog § 1004
BGB fordern.
Ihm stehe auch ein Anspruch auf
Erstattung der Abmahnkosten zu, jedoch nur, soweit diese die
Tonaufnahmen beträfen, mithin nach einem Streitwert von 12.000
€.
Wegen der Fertigung und
Veröffentlichung der Bildaufnahmen stehe dem Kläger
jedoch weder ein Anspruch auf Entschädigung, noch ein Anspruch
auf Vernichtung der Aufnahmen zu.
Auf § 823
Abs. 2 BGB i.V.m. § 22 KUG könne der Anspruch auf
Geldentschädigung nicht gestützt werden, weil kein
Bildnis des Klägers veröffentlicht worden sei. Er sei
nämlich -auch unter Einbeziehung der Begleitumstände
und des gezeigten Umfeldes- aufgrund der Verfremdung der Aufnahmen
nicht erkennbar. Der kurze Moment, in dem er unverfremdet zu sehen sei,
reiche zu seiner Identifizierung nicht aus, da sein Gesicht durch eine
Topfpflanze verdeckt sei. Der Anspruch könne auch nicht aus
den §§ 823 Abs. 2 BGB, 201a StGB hergeleitet werden,
da § 201a StGB -anders als dies bei den Tonaufnahmen der Fall
sei- eine Verletzung im höchstpersönlichen
Lebensbereich voraussetze. Der Kläger sei jedoch nur in seiner
beruflichen Sphäre tangiert. Auch auf die Verletzung des
allgemeinen Persönlichkeitsrechtes könne der
Kläger sich wegen der Bildaufnahmen nicht berufen, da deren
Fertigung in dem Umfang zulässig sei, wie die spätere
Verbreitung zulässig wäre. Da die Beklagte die Bilder
vor der Verbreitung unkenntlich gemacht habe, scheide eine Verletzung
des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch die Fertigung der
Aufnahmen aus. Auch dass die Beklagte das Behandlungsgespräch
grob verkürzt dargestellt habe, falle nicht auf den
Kläger zurück, da dieser nicht erkennbar sei.
Vernichtung
der Bildaufnahmen könne der Kläger nicht fordern.
§ 37 KUG setzte voraus, dass die Aufnahmen widerrechtlich
erfolgt seien, was nicht festgestellt werden könne.
Gegen
diese Entscheidung haben beide Parteien Berufung eingelegt.
Die
Beklagte verteidigt das Urteil im Umfang der Klageabweisung und
hält die Klage auch im Übrigen für
unbegründet.
Eine
Geldentschädigung könne der Kläger nicht
verlangen. Das Landgericht habe unberücksichtigt gelassen,
dass der Kläger durch Tonaufnahmen, die infolge Verfremdung
keine Identifizierung zuließen, nicht, jedenfalls aber nicht
schwerwiegend in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt werde,
weshalb es eines Anspruchs auf Geldentschädigung nicht
bedürfe. Weil der Kläger keinen Schutz vor Aufnahmen
verdiene, die ihm nicht zuzuordnen seien, sei der Rechtfertigungsgrund
des § 201 Abs. 2 S. 3 StGB zu Unrecht verneint und verkannt
worden, dass bereits die Bagatellregelung des § 201 Abs. 2 S.
2 StGB greife. Selbst wenn man dem Kläger eine
geringfügige Betroffenheit zubilligen wollte, trete diese
hinter dem öffentlichen Interesse an der Berichterstattung
zurück, zumal sich der Kläger nicht vertraulich,
sondern gegenüber einer ihm unbekannten Patientin
geäußert habe. Weiter sei ein etwaiges Verschulden
der Beklagten ganz gering, zumal die Verfremdung die Erkennbarkeit des
Klägers habe ausschließen sollen. Im
Übrigen wiederholt und vertieft die Beklagte ihr Vorbringen
aus erster Instanz.
Da die Anfertigung der
Tonaufnahmen nicht rechtswidrig und auch keine
Persönlichkeitsrechtsverletzung feststellbar sei, scheide ein
Anspruch auf Vernichtung der Tonaufnahmen aus. Diesbezüglich
lasse das Urteil nicht erkennen, dass sich das Landgericht des
Umstandes bewusst gewesen sei, dass die Vernichtungsanordnung die
Pressefreiheit tangiere; die Abwägung der widerstreitenden
Interessen fehle. Bei dieser Abwägung sei der Pressefreiheit
der Vorrang einzuräumen, zumal weder eine Erstbegehungs-, noch
eine Wiederholungsgefahr vorliege. Selbst wenn die Interessen des
Klägers überwögen, sei es
unverhältnismäßig, ihr die Vernichtung der
Aufnahmen aufzugeben, wenn das Gebot, das Material nur in verfremdeter
Form zu nutzen, ausreichend sei. Selbst dies tangiere die
Pressefreiheit, da es immerhin denkbar sei, dass veränderte
Umstände in der Zukunft dazu führten, dass das
Material auch unverfremdet ausgestrahlt werden dürfe. Diese
Chance dürfe nicht zunichte gemacht werden.
Die
Beklagte beantragt,
die Klage unter
Abänderung des am 23. März 2011 verkündeten
Urteils des Landgerichts Düsseldorf, 12 O 424/09,
vollständig abzuweisen.
Der Kläger
beantragt,
die Berufung der Beklagten
zurückzuweisen.
Im Wege der
Anschlussberufung hat der Kläger seine Anträge aus
erster Instanz weiter verfolgt. Zuletzt hat er -wie in erster Instanz
unter teilweiser Rücknahme des zunächst in
unverminderter Höhe (1.641,96 €)
angekündigten Klageantrages zu 3.- beantragt,
unter
Abänderung des am 23. März 2011 verkündeten
Urteils des Landgerichts Düsseldorf, 12 O 424/09, die Beklagte
zu verurteilen, an ihn eine angemessene Entschädigung, nicht
jedoch unter 30.000 €, nebst 5 % Zinsen über dem
Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
die
Beklagte zu verurteilen, die am xx. M. 2009 in seiner Arztpraxis
gefertigten Bild- und Tonaufnahmen zu löschen, soweit sie
Gegenstand der Sendung "E." vom xx. J. 2009, 00:00 Uhr waren.
die
Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.307,81 € nebst 5 % Zinsen
über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu
zahlen.
Zur Klarstellung hat der Kläger im
Termin vom 28. September 2011 durch seinen
Prozessbevollmächtigten erklärt, es gehe ihm allein
um die Vernichtung des bearbeiteten Materials und nicht um diejenige
des Rohmaterials.
Die Beklagte beantragt,
die
Anschlussberufung zurückzuweisen.
Der
Kläger behauptet, die von ihm vorgenommene ärztliche
Behandlung sei sinnentstellend verzerrt dargestellt worden. Die
Aneinanderreihung der Texte und Bilder zum Tod Michael Jacksons, zu
einer Befragung "gestresster Arbeitnehmer", zur "Kokaingeschichte"
eines Unternehmensberaters und zur Verschreibungspraxis von
Ärzten lasse den Eindruck entstehen, er verschreibe -auf einer
Stufe mit dem Hausarzt Michael Jacksons- binnen Minuten ohne
Veranlassung süchtig machende Medikamente. Dieser Eindruck
werde verstärkt durch die wahrheitswidrige Aussage eines
Sprechers: "Schon nach wenigen Minuten und ohne eine Diagnose
verschreibt der Arzt ein starkes Schmerzmittel." Dass die Reporterin
leichtere Behandlungsmethoden abgelehnt und der Kläger das
sofortige Absetzen des Präparats nach einmaliger Einnahme
empfohlen habe, werde ebenso verschwiegen, wie die
tatsächliche Dauer des Behandlungsgesprächs von 15
bis 20 Minuten. Hierzu wiederholt und vertieft der Kläger
seinen Vortrag aus erster Instanz. Für eine bewusst
sinnentstellende Darstellung der Behandlung könne die Beklagte
sich nicht auf die Pressefreiheit berufen.
Er meint,
wenigstens in einer Gesamtschau eindeutig identifizierbar zu sein. Im
Behandlungszimmer seien im Hintergrund eine Glasvitrine sowie zwei
Wände in unterschiedlichen Farben sichtbar, was
auffällig und von hohem Wiedererkennungswert sei. Hieran habe
ihn auch der Zeuge B. erkannt. Weiter seien das Treppenhaus, der
Hausflur, der Eingang und der Empfang der Praxis gefilmt worden, wobei
er am Empfang stehend anhand von Kopf, Frisur, Statur und Kleidung
erkennbar sei. Zwar sei diese Szene kurz. Betrachtern, die aufgrund der
vorhergehenden Bilder sensibilisiert seien, reiche die Sequenz jedoch
aus, um ihre Vermutung, es könne sich um ihn handeln,
bestätigt zu finden. Man könne ihn sogar
hören, wie er mit unverfremdeter Stimme "Danke schön"
sage. Im Übrigen sei die Verfremdung der Tonaufnahmen
unzureichend. Möglichkeiten, ihn vollständig
unkenntlich zu machen, seien nicht genutzt worden.
Nach
alledem habe er begründeten Anlass zu der Annahme,
identifiziert werden zu können. Ob ihn über den
Zeugen B. hinaus tatsächlich Patienten erkannt
hätten, sei unerheblich. Hierzu sei ihm ohnehin kein Vortrag
möglich, da er nicht wisse, ob sich Patienten aufgrund der
abschreckenden Wirkung des Beitrags nicht mehr in seine Behandlung
begeben hätten.
Eine
Geldentschädigung von 30.000 € sei auch mit Blick auf
die hohe Einschaltquote der Sendung angemessen.
II.
Vor
einer Entscheidung in der Sache ist zunächst der Tatbestand
nach § 319 Abs. 1 ZPO zu berichtigen. Der Kläger hat
in erster Instanz ausweislich des Protokolls der mündlichen
Verhandlung vom 23. Februar 2011 den Klageantrag zu 3., der auf Zahlung
von 1.641,86 € lauten sollte, unter Rücknahme im
Übrigen nur in Höhe von 1.307,81 € gestellt.
Dies ist bei der Abfassung des Urteils übersehen worden.
Deshalb wird hiermit der Tatbestand des am 23. März 2011
verkündeten Urteils der 12. Kammer des Landgerichts
Düsseldorf (Az: 12 O 424/09) wird wegen offensichtlicher
Unrichtigkeit dahin berichtigt, dass es auf Blatt 3 unten eingangs der
Darstellung der Anträge des Klägers statt "Der
Kläger beantragt" richtig: "Der Kläger beantragt nach
teilweiser Rücknahme des Klageantrages zu 3. zuletzt" und auf
Blatt 4 oben bei der Darstellung des Klageantrages zu 3. statt
"1.641,96 €" richtig "1.307,81 €" heißen
muss.
III.
Nachdem beide Parteien
das Urteil angefochten haben, steht die Entscheidung des Landgerichts
vollständig zur Überprüfung des Senats.
Dabei haben beide Rechtsmittel teilweise Erfolg. Zugunsten des
Klägers ist festzustellen, dass der Anspruch auf Vernichtung
der Aufnahmen nicht nur hinsichtlich des Tons, sondern auch
hinsichtlich der visuellen Komponente begründet ist, soweit
diese das gesprochene Wort des Klägers in Textform
wiedergeben. Im Übrigen teilt der Senat die
Einschätzung des Landgerichts, dass der Kläger anhand
des Bildmaterials auch unter Hinzunahme des Tons nicht identifizierbar
ist, was im Ergebnis zur Folge hat, dass kein darüber
hinausgehender Anspruch auf Vernichtung des Bildmaterials besteht. Die
Voraussetzungen eines Anspruchs auf Geldentschädigung liegen
nicht vor. Schließlich stellen die Abmahnkosten aus
Gründen des Einzelfalls keine notwendigen Kosten der
Rechtsverfolgung dar, da es an einer ordnungsgemäßen
Abmahnung fehlt.
1.
Dem
Kläger steht gegen die Beklagte aus den §§
1004 Abs. 1, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 201 Abs. 1 Nr. 1 StGB ein
Anspruch zu auf Löschung der Tonaufnahmen und auf
Löschung der Einblendungen, soweit diese in Textform das
gesprochene Wort des Klägers wiedergeben.
a)
Das
Aufnehmen der Stimme des Klägers auf Tonband erfüllt
den Straftatbestand der Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes
i.S.d. § 201 Abs. 1 Nr. 1 StGB. Der objektive Tatbestand setzt
die Aufnahme des nichtöffentlich gesprochenen Wortes eines
Anderen voraus. Diese Voraussetzung ist erfüllt. Die Stimme
des Klägers wurde aufgezeichnet, als dieser sich
nichtöffentlich geäußert hatte, also nicht
gegenüber einem größeren,
zahlenmäßig unbestimmten oder nicht durch
persönliche oder sachliche Beziehungen miteinander verbundenen
Personenkreis (Lenckner/Eisele in Schönke/Schröder,
StGB, 28. Aufl., § 201 Rz. 6). Dies wussten die Reporter auch,
weshalb Vorsatz festzustellen ist.
b)
Die
Aufnahme erfolgte "unbefugt" im Sinne des § 201 StGB. Dieses
Merkmal umschreibt das allgemeine Deliktsmerkmal der Rechtswidrigkeit
(Lenckner/Eisele a.a.O. § 201 Rz. 29), weshalb sich die Frage
nach Rechtfertigungsgründen stellt. Auf solche vermag sich die
Beklagte nicht zu berufen.
aa)
Eine
Rechtfertigung aufgrund mutmaßlicher Einwilligung
(Lenckener/Eisele a.a.O. § 201 Rz. 30) scheidet aus. Wie sich
aus der heimlichen, auch nicht im Anschluss an das
Behandlungsgespräch offen gelegten Vorgehensweise
erschließt, haben die Reporter nicht auf die
mutmaßliche Einwilligung des Klägers vertraut.
bb)
Für
§ 201a StGB, der ebenfalls auf das Merkmal unbefugt abstellt,
wird vertreten, dass in Fällen der Berichterstattung durch
Medien eine Rechtfertigung durch unmittelbare Anwendung des Art. 5 GG
erfolgen könne (Kühl in Lackner/Kühl, StGB,
27. Aufl., § 201a Rz. 9). Dies überzeugt so nicht, da
Art. 5 GG ein Grundrecht und keinen Rechtfertigungsgrund normiert und
gemäß seinem Absatz 2 seinerseits unter der Schranke
der Vorschriften der allgemeinen Gesetzte steht, zu denen §
201 StGB gehört. Unbestritten ist jedoch, dass die Presse sich
in Ausnahmefällen heimlicher Tonband- und auch Filmaufnahmen
soll bedienen dürfen (OLG München Urt. v. 20.1.2005,
6 U 3236/04 = ZUM 2005, 399 = juris Rz. 129; OLG München Urt.
v. 22. Januar 2004, 29 U 4872/03 = GRUR-RR 2004, 145, 146 f.; OLG
Saarbrücken, Urt. v. 29.4.2009, 5 U 465/08 = OLGR
Saarbrücken 2009, 874, 876; LG Hamburg, Urt. v. 8.4.2008, 234
O 121/08 = AfP 2008, 639 = juris Rz. 18). Ob dies nur bei Vorliegen der
Voraussetzungen der allgemeinen Rechtfertigungsgründe der
§§ 32, 34 StGB möglich sein soll
(Schünemann in Leipziger Kommentar StGB, 12. Aufl., §
201 Rz 41; Hoyer in SK-StGB, § 201 Rz. 44), oder ob eine
entsprechende Anwendung des § 193 StGB (KG Urt. v. 3. Juni
1955, 5 U 452/55 = NJW 1956, 26, 27) oder ein allgemeiner
Rechtfertigungsgrund der Verfolgung überwiegender Interessen
(vgl. Schünemann in Leipziger Kommentar StGB, 12. Aufl.
§ 201 Rz. 40) in Betracht kommt, kann dahinstehen. Selbst wenn
man nämlich -wenigstens zur Feststellung der
Störereigenschaft im Sinne des § 1004 BGB - das
Merkmal unbefugt im Sinne der Beklagten so weit auslegte wie das
Merkmal der Widerrechtlichkeit bei der Prüfung des offenen
Tatbestandes einer Persönlichkeitsrechtsverletzung
gemäß § 823 Abs. 1 BGB, wofür
immerhin spräche, dass § 201 StGB mit der
Vertraulichkeit und Unbefangenheit der menschlichen Kommunikation (OLG
Thüringen, Urt. v. 24. April 1995, 1 Ss 184/94 = NStZ 1995,
502, 503) einen Teil des Persönlichkeitsrechts des Menschen
schützt, das auch Schutzgut des § 823 Abs. 1 BGB ist,
kann vorliegend die Rechtswidrigkeit der Tonaufnahme festgestellt
werden. Die dann vorzunehmende Güter- und
Interessenabwägung unter Würdigung aller
Umstände des Einzelfalles (vgl. Sprau in Palandt, BGB, 69.
Aufl., § 823 Rz. 95) fällt zu Lasten der Beklagten
aus:
Der Eingriff betrifft nicht die Intim-, sondern
die Sozialsphäre. Zwar gehören ärztliche
Behandlungszimmer zu den gemäß § 201a StGB
besonders geschützten Räumen (Lackner/Kühl,
StGB, 27. Aufl., § 201a Rz. 2), da Patienten sich meist
entkleiden müssen und die Offenbarung von Krankheiten dem
höchstpersönlichen Lebensbereich zuzuordnen ist.
Vorliegend kam es jedoch ausschließlich darauf an, die
Behandlung der Reporterin zu dokumentieren, die mit der
Veröffentlichung einverstanden war. Andere Patienten wurden
nicht aufgenommen. Da die Reporter die Kamera, mit der die Bild- und
Tonaufnahmen angefertigt wurden, bei sich geführt und nicht im
Behandlungszimmer installiert haben, bestand auch nicht die Gefahr,
dass andere Behandlungen als diejenige der Reporterin aufgenommen
würden. In diesem Umfang hätte der Kläger
ohne Verstoß gegen Standesregeln sogar in die
Veröffentlichung der Tonaufnahmen einwilligen können.
Obwohl er nicht die Intimsphäre betrifft, ist der Eingriff in
das Persönlichkeitsrecht des Klägers erheblich. Dass
der Kläger Veranlassung für die Reportage gegeben
hätte, ist nicht ersichtlich.
Da die
Aufnahme für einen Fernsehbeitrag erfolgte, streitet zugunsten
der Beklagten die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und
Film (Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG). Da die Reportage kein Presseerzeugnis
darstellt, dürfte statt der von den Parteien bemühten
Presse- ausschließlich die Rundfunk- und Filmfreiheit
tangiert sein, die sich jedoch hinsichtlich ihrer Funktion in Bezug auf
die freie individuelle und öffentliche Meinungsbildung und
Kritik von der Pressefreiheit letztlich nicht unterscheidet (BVerfG,
Beschl. v. 14. Juli 1994, 1 BvR 1595/92 = NJW 1995, 184 = juris Rz. 34
f.). Dabei ist der Beklagten zuzubilligen, dass die Recherche bzw.
Beschaffung von Informationen die Grundlage einer freiheitlichen
Berichterstattung darstellt und dass dies grundsätzlich
unabhängig davon gilt, woher die Informationen stammen und ob
sie rechtmäßig erlangt wurden (BVerfG Beschl. v. 25
Januar 1984, 1 BvR 272/81 = NJW 1984, 1741).
Obwohl
das Herstellen und die Veröffentlichung der Aufnahmen
eigenständige Verletzungshandlungen darstellen, die nach Lage
des Einzelfalls hinsichtlich ihrer Rechtmäßigkeit
unterschiedlich beurteilt werden können (vgl. BVerfG Beschl.
v. 25. Januar 1984, 1 BvR 272/81 "Springer/Wallraff" = BVerfGE 66, 116,
137 f.; BGH Urt. v. 19.12.1978, VI ZR 137/77 = BGHZ 73, 120, 125 ff;
OLG Hamm Urt. v. 21. Juli 2004, 3 U 116/04 = juris Rz. 33; OLG
München Urt. v. 22. Januar 2004, 29 U 4872/03 = GRUR-RR 2004,
145, 146), kann die Rechtmäßigkeit der Aufnahme nur
danach beurteilt werden, welche Veröffentlichung damit
bezweckt wurde, denn wie weitreichend der Schutzbereich der
Filmfreiheit ist, hängt maßgeblich davon ab, welchen
Zweck die Berichterstattung verfolgt und welche Mittel hierzu einsetzt
werden (zur Bildberichterstattung zuletzt BGH NJW 2011, 3153 ff.). Die
Aufnahme erfolgte auch ersichtlich zwecks Recherche für die
streitgegenständlichen Reportage. Dies belegt die zeitliche
Nähe zur Ausstrahlung. Zudem heißt es in der
Reportage:
"Eine Studie besagt, vier von zehn
Arbeitnehmern nehmen Psychopharmaka, um sich aufzuputschen und
Ängste weg zu schlucken. … Und wer sich mit
Tabletten dopen will, der geht zum Arzt. Wir machen den Test: Wie
leichtfertig gehen Ärzte mit der Verschreibung von
Psychopharmaka um?"
Maßgeblich
für die Gewichtung der geschützten Interessen der
Beklagten ist somit der Inhalt der Reportage. Diese betraf die
Öffentlichkeit berührende Fragen, nämlich
die Frage, ob Ärzte leichtfertig mit der Verschreibung von
Medikamenten umgehen, die von Menschen zur Steigerung ihrer
Leistungsfähigkeit in Studium oder Beruf eingesetzt werden und
damit verbunden die Frage, ob Patienten auch in Deutschland relativ
leicht in den Besitz entsprechender Medikamente gelangen
können. Der Senat will der Reportage nicht den Zweck
absprechen, dass sie zu diesen Fragen grundsätzlich einen
Beitrag im geistigen Meinungskampf leisten wollte.
Auf
der anderen Seite sind aber auch die Mittel zu würdigen, mit
denen dieser Zweck verfolgt wird (BVerfG Beschl. v. 25 Januar 1984, 1
BvR 272/81 = NJW 1984, 1741, 1743). In dem veröffentlichten
Beitrag wird das Behandlungsgespräch durch seine
verkürzte Darstellung, aufgrund von falschen Informationen und
aufgrund der Unterdrückung relevanter Informationen aber der
Wahrheit zuwider so geschildert, als wären Missstände
von erheblichem Gewicht aufgedeckt worden. Zur Rechtfertigung solcher
mit journalistischer Sorgfalt bei der Recherche und Darstellung
unvereinbare und gegenüber dem heimlich aufgenommenen
Kläger in hohem Maße unfaire Zuspitzungen kann sich
die Beklagte schlechterdings nicht auf den Schutz des Art. 5 Abs. 1 GG
berufen (Zum berufsethischen Ansatz, also: zur "Lauterkeit" bei der
journalistischen Recherche vgl. den beachtlichen Beitrag des
Geschäftsführers des Deutschen Presserats Lutz
Tillmanns, ZRP 2011, 203). Für diese Einschätzung
sind folgende Gründe maßgeblich:
In
dem Beitrag heißt es, die Reporterin habe dem Kläger
gegenüber angegeben, abgespannt zu sein und unter
Konzentrationsschwäche zu leiden und nach "Dopingmitteln"
gefragt. Aus dem Behandlungsgespräch werden die aus dem Tenor
ersichtlichen Worte des Klägers als zwecks Verfremdung
bearbeitete Tonaufnahme und darüber hinaus als Untertitel in
Textform dargestellt. Dabei äußert sich der
Kläger über die Verschreibung von Betablockern oder
eines angst- und spannungslösenden Medikaments. Als Ergebnis
wird durch einen Sprecher festgehalten: "Schon nach wenigen Minuten und
ohne eine Diagnose verschreibt der Arzt unserer Reporterin ein starkes
Schlafmittel." Hierbei handele es sich um Lexotanil, "ein Mittel, das
schon nach wenigen Wochen süchtig machen kann." Diese
Darstellung ist so in mehrerlei Hinsicht unzutreffend.
Tatsächlich
hat die Reporterin erklärt, aufgrund des Wechsels ihres
Arbeitsplatzes unter sehr starker beruflicher Anspannung zu stehen; sie
müsse in Kürze eine Präsentation halten, vor
der sie sehr aufgeregt sei, da vom Erfolg der Präsentation
ihre Anstellung abhänge. Insbesondere der letztgenannte
Umstand ist insofern von Bedeutung, als der Kläger nicht etwa
die dauerhafte Einnahme von Lexotanil 6 mg verordnet hat, gar eine
solche über Wochen, die süchtig machen
könnte, sondern ausschließlich aus Anlass der
Präsentation die einmalige Einnahme einer halben Tablette am
Vorabend. Schon dies lässt der Beitrag unerwähnt.
Dass
der Kläger zuvor autogenes Training und pflanzliche
Präparate vorgeschlagen und die Reporterin dies jeweils
abgelehnt hatte, erwähnt der Beitrag ebenfalls nicht. Der
Zuschauer muss daher den falschen Eindruck gewinnen, der
Kläger habe ohne die vorherige Erwägung harmloserer
Therapieformen oder Medikamente von vornherein Betablocker oder
Lexotanil verschreiben wollen.
Die Angabe, der
Kläger habe keine Diagnose gestellt, suggeriert, das
Medikament sei gleichsam grundlos verschrieben worden, der
Kläger sei mithin auf die nur vorgespielten Symptome
"hereingefallen". Dies ist insofern irreführend, als die
Eigenanamnese durch Befragung des Patienten Gegenstand der
Befunderhebung ist und keine Gründe ersichtlich sind, weshalb
der Kläger die ihm gegenüber gemachten Angaben
hätte bezweifeln sollen. Er hat zudem den Blutdruck gemessen.
Dass vor der Verschreibung einer halben Tablette Lexotanil
darüber hinausgehende Befunde hätten erhoben werden
müssen oder dass die Voraussetzungen für die
Verschreibung nicht vorgelegen hätten, ist nicht vorgetragen.
Außerdem
ist die Dauer des Behandlungsgesprächs mit "wenige Minuten"
für ein Gespräch von unstreitig 15 bis 20 Minuten
Dauer irreführend.
Insgesamt ist
festzustellen, dass die Behandlung durch den Kläger und
insbesondere seine damit verbundenen Äußerungen
verkürzt und damit im Sensationsinteresse unsachlich
dargestellt wurden. Dabei bleibt -da bei der Herstellung der Aufnahmen
nicht vorhersehbar- sogar noch unberücksichtigt, dass die
Verschreibung von Psychopharmaka durch Ärzte in Deutschland in
Beziehung gesetzt wurde zu dem seinerzeit hinsichtlich der Ursachen
noch ungeklärten Tod Michael Jacksons.
c)
Die
mithin unbefugte Verletzung der Vertraulichkeit des nicht
öffentlich gesprochenen Wortes des Klägers und damit
die rechtswidrige Verletzung dessen allgemeinen
Persönlichkeitsrechtes löst in Verfolgung des
Rechtsgedankens nachhaltiger Störungsbeseitigung aus
§ 1004 BGB einen Anspruch auf Vernichtung der Aufnahme aus
(OLG München, Urt. v. 31. März 1995, 21 U 3377/94 =
NJW-RR 1996, 93 = juris Rz. 84; OLG Stuttgart Urt. v. 30. Januar 1987,
2 U 195/86 = NJW-RR 1987, 1434, 1435). Dieser Anspruch umfasst das
Original ebenso wie Vervielfältigungen (OLG München
a.a.O.). Der Anspruch umfasst somit zumindest auch die von der
Beklagten veröffentlichten verfremdeten Tondateien, auf deren
Vernichtung der Kläger sich beschränkt hat. Da das
Wort des Klägers in jeglicher Form geschützt ist,
muss sich dieser Anspruch über den Ton hinaus auch auf das
Bild erstrecken, soweit als Untertitel die Worte des Klägers
in Textform eingeblendet wurden. Da sich der Klageantrag nach dem
Verständnis des Senats auf das Bildmaterial im Ganzen bezieht,
konnte als "Minus" ohne Verstoß gegen § 308 ZPO auf
die teilweise Vernichtung des Bildmaterials entschieden werden, soweit
die Worte des Klägers darin als Untertitel abgebildet sind.
Dabei
ist allerdings, soweit es -hier in einem die Filmberichterstattung
eingeschlossenen, weiten Sinne- um Pressematerial geht, zu
berücksichtigen, dass der Anspruch auf Vernichtung oder
Herausgabe in das unter dem Schutz von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG stehende
Recht auf Vorhaltung eines Pressearchivs eingreift und
verfassungsrechtlich allenfalls dann unbedenklich sein kann, wenn die
Verbreitung des Tonmaterials zeitlich unbegrenzt unzulässig
ist (vgl. für Bildmaterial BGH Urt. v. 24. Juni 2008, VI ZR
156/06 = BGHZ 177, 119 ff. = juris Rz. 31; Wenzel/von Strobl-Albeg, Das
Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Kap. 9 Rz. 5).
Hinzu kommt, dass die Beklagte den Interessen des Klägers
insofern entgegen gekommen ist, als sie bereits die aus dem Tatbestand
ersichtliche Unterlassungserklärung abgegeben hat, die ihr per
Selbstbindung verbietet, die unzensierten Aufnahmen erneut zu
verbreiten, weil jedenfalls darauf der Kläger zu erkennen ist.
Bei
nochmaliger Würdigung der vorstehend bereits
erwähnten beiderseitigen Grundrechte gelangt der Senat jedoch
auch unter Würdigung des Interesses der Beklagten, das
Material zu archivieren, zu einem Überwiegen der Interessen
des Klägers an der Vernichtung. Die Aufnahmen wurden der
Beklagten nicht zugespielt. Sie hat die Aufnahmen selbst herstellen
lassen und bereits dabei das Recht des Klägers am eigenen Wort
verletzt. Sie hat die Aufnahmen anschließend
veröffentlicht. Dies begründet die jederzeitige
Gefahr einer weiteren Veröffentlichung (vgl. KG Berlin, Urt.
v. 30. November 1999, 9 U 8222/99 = NJW 2000, 2210 = juris Rz. 19;
Wenzel-Burkhardt, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5.
Aufl., Kap. 12 Rz. 8). Die Beklagte hat die Wiederholungsgefahr durch
die Abgabe der strafbewehrten Unterlassungserklärung vom 6.
Juli 2009 nicht umfassend wirksam beseitigt. Diese bezieht sich auf
"Bild- und Tonaufnahmen … soweit Herr A. erkennbar ist,
insbesondere wie in der Sendung E. vom xx. J. 2009". Indem die Beklagte
im vorliegenden Rechtsstreit die Ansicht vertreten hat, der
Kläger sei auf den ausgestrahlten Bild- und Tonaufnahmen nicht
erkennbar, hat sie diese Unterlassungserklärung inhaltlich
entwertet, da es dem Kläger nicht zuzumuten ist, sich der
jeweiligen Einschätzung der Beklagten zu unterwerfen, ob er
erkennbar ist, oder nicht. Darüber hinaus hat die Beklagte
sich ausdrücklich vorbehalten, das ihr zur Verfügung
stehende Bild- und Tonmaterial -dann offenbar sogar unverfremdet-
erneut verwenden zu wollen, falls der Kläger zu einer Person
der Zeitgeschichte werde. Dies beruht offenbar auf einem
Fehlverständnis vom Umfang des Rechtes auf Archivierung. Zwar
hat der BGH (Urt. v. 9. März 2004, VI ZR 217/03 = NJW 2004,
1795, 1797) entschieden, die Veröffentlichung eines Bildnisses
der seinerzeit 15-jährigen Charlotte Casiraghi, einer Tochter
der Prinzessin Caroline von Hannover, könne nicht schlechthin
untersagt werden, da Begleitumstände denkbar seien, in denen
die Presse- und Informationsfreiheit überwiege. Er hat diese
Entscheidung zudem im Jahre 2007 bestätigt (Urt. v. 13.
November 2007, VI ZR 265/06 "kerngleiche Berichterstattung" = juris Rz.
12) für noch anzufertigende Fotografien einer bekannten
früheren Leistungssportlerin. In diesen Fällen
handelte es sich jedoch entweder bereits um eine Person der
Zeitgeschichte, oder es lag aufgrund der Herkunft nahe, dass die
Betroffene eine solche Person der Zeitgeschichte werden würde,
womit zugunsten der Presse bzw. Filmfreiheit ein gesteigertes
Informationsbedürfnis einhergehen würde. In Bezug auf
den Kläger hingegen vermag die Beklagte keinen
vernünftigen Grund für die Annahme vorzutragen, die
Verbreitung der Bild- oder Tonaufnahme könne in Zukunft
zulässig werden. Ihr diesbezüglicher Vortrag ist ohne
Fallbezug spekulativ. Jedwede Vernichtung von Bild- oder Tonmaterial im
Hinblick auf eine rein theoretische Möglichkeit zu versagen,
der Betroffene könne zu einer Person der Zeitgeschichte
werden, ließe den Vernichtungsanspruch leerlaufen.
d)
Die
Beklagte kann dem Vernichtungsanspruch weiter nicht entgegen halten,
vor der Mitteilung des nichtöffentlich gesprochenen Wortes sei
das Bild- und Tonmaterial derart verfremdet worden, dass die
Erkennbarkeit des Klägers ausgeschlossen sei, weshalb ein
Bagatellfall gemäß § 201 Abs. 2 S. 2 StGB
vorliege. Zwar geht der Senat aus unten näher
ausgeführten Gründen tatsächlich davon aus,
dass anhand des veröffentlichten Materials eine
Identifizierung des Klägers ausscheidet. Dies steht der
vorliegend allein in Rede stehenden Störereigenschaft der
Beklagten im Sinne des § 1004 BGB analog aber nicht entgegen,
da das Recht des Klägers, sich spontan, frei und unbefangen
ohne das Gefühl des Misstrauens und des Argwohns
situationsgemäß äußern zu
können, bereits durch das Herstellen der Aufnahme missachtet
wurde. Die Verfremdung der Aufnahme mag für die Beurteilung
der Strafbarkeit der Wiedergabe gemäß § 201
Abs. 2 Nr. 2 StGB von Relevanz sein, ist jedoch für die
Anwendbarkeit des § 201 Abs. 1 Nr. 1 StGB ohne Belang.
§ 201 StGB schützt die Vertraulichkeit und
Unbefangenheit der menschlichen Kommunikation als Teil der
Persönlichkeitssphäre des Menschen (OLG
Thüringen, Urt. v. 24. April 1995, 1 Ss 184/94 = NStZ 1995,
502, 503). Die Unbefangenheit des Wortes und damit das
Persönlichkeitsrecht des Sprechenden werden durch die Aufnahme
des gesprochenen Wortes auf Tonträger (§ 201 Abs. 1
Nr. 1 StGB) unabhängig davon verletzt, ob eine
öffentliche Mitteilung dieses Tonträgers (§
201 Abs. 2 Nr. 2 StGB) erfolgt und ob diese Veröffentlichung
schriftlich bzw. visuell oder akustisch erfolgt. Letztlich
geschützt ist das Recht am gesprochenen Wort, dessen Umfang
das BVerfG (Beschl. v. 9. Oktober 2002, 1 BvR 111/96, 1 BvR 805/98 =
NJW 2002, 3619, 3621) -gekürzt um Zitate- wie folgt
umschrieben hat:
"Dieses gewährleistet die
Selbstbestimmung über die eigene Darstellung der Person in der
Kommunikation mit anderen. Der Schutz umfasst die Möglichkeit,
sich in der Kommunikation nach eigener Einschätzung
situationsangemessen zu verhalten und sich auf die jeweiligen
Kommunikationspartner einzustellen. Zum Grundrecht gehört die
Befugnis, selbst zu bestimmen, ob der Kommunikationsinhalt einzig dem
Gesprächspartner, einem bestimmten Personenkreis oder der
Öffentlichkeit zugänglich sein soll. Das
Selbstbestimmungsrecht erstreckt sich also auf die Auswahl der
Personen, die Kenntnis vom Gesprächsinhalt erhalten sollen.
Dieses
Selbstbestimmungsrecht findet einen Ausdruck in der Befugnis des
Menschen, selbst und allein zu entscheiden, ob sein Wort auf einen
Tonträger aufgenommen und damit möglicherweise
Dritten zugänglich werden soll, womit Wort und Stimme von dem
Kommunikationsteilnehmer losgelöst und in einer für
Dritte verfügbaren Gestalt verselbstständigt werden.
Menschliche Kommunikation soll durch das Grundrecht dagegen
geschützt sein, dass die Worte - eine vielleicht unbedachte
oder unbeherrschte Äußerung, eine bloß
vorläufige Stellungnahme im Rahmen eines sich entfaltenden
Gesprächs oder eine nur aus einer besonderen Situation heraus
verständliche Formulierung - bei anderer Gelegenheit und in
anderem Zusammenhang hervorgeholt werden, um durch Inhalt, Ausdruck
oder Klang gegen den Sprechenden zu zeugen. Das Grundgesetz
schützt deshalb davor, dass Gespräche heimlich
aufgenommen und ohne Einwilligung des Sprechenden oder gar gegen dessen
erklärten Willen verwertet werden. Dass die Rechtsordnung
diesem Aspekt des Schutzes hohe Bedeutung beimisst, zeigt sich auch
daran, dass bereits die unbefugte Aufnahme des nicht
öffentlich gesprochenen Wortes eines anderen auf einem
Tonträger gem. § 201 Absatz I Nr. 1 StGB mit Strafe
bedroht ist."
Dieser hohen Bedeutung des Rechts am
eigenen Wort würde es nicht gerecht, wenn die
gemäß § 201 Abs. 1 Nr. 1 StGB strafbare
Aufnahme wie ungeschehen betrachtet würde, nur weil der
Verletzer keine oder eine den Betroffenen nicht über die
Aufnahme hinaus beschädigende Veröffentlichung
beabsichtigt. An der Verletzung des Rechts am eigenen Wort, die bereits
auf die Herstellung der Aufnahmen zurückgeführt
werden kann, ändert sich nämlich nichts, wenn die
öffentlichen Mitteilung des nichtöffentlichen Wortes
keine Identifizierbarkeit ermöglicht, also das begangene
Unrecht nicht noch vergrößert. Dies führte
lediglich dazu, dass sie nicht zusätzlich -dann ggf.
§ 201 Abs. 1 Nr. 1 StGB verdrängend (Hoyer in
SK-StGB, § 201 Rz. 49)- den Tatbestand des § 201 Abs.
2 Nr. 2 StGB erfüllt, auf den sich die Bagatellklausel
ausschließlich bezieht (vgl. OLG Thüringen, Urt. v.
24. April 1995, 1 Ss 184/94 = NStZ 1995, 502, 503).
Ebenso
wenig kann sich die Beklagte auf die Wahrnehmung überragender
öffentlicher Interessen i.S.d. § 201 Abs. 2 S. 3 StGB
berufen, denn dieser Rechtfertigungsgrund bezieht sich ebenfalls
ausschließlich auf die Verbreitungshandlung des §
201 Abs. 2 Nr. 2 StGB. Eine -noch dazu überragende- Bedeutung
des Beitrages für die Unterrichtung der
Öffentlichkeit oder die öffentliche Meinungsbildung
ist -wie ausgeführt- ohnehin nicht ersichtlich.
2.
Ein
Anspruch des Klägers auf Löschung aller
veröffentlichten Bildaufnahmen besteht hingegen nicht.
a)
Auf
die §§ 1004 Abs. 1 analog, 823 Abs. 2 BGB i.V.m.
§ 201a StGB kann ein solcher Anspruch nicht gestützt
werden. § 201a StGB stellt nur die Anfertigung von
Bildaufnahmen in Wohnungen und besonders geschützten
Räumen unter Strafe. Ärztliche Behandlungszimmer
gehören zwar zu diesen besonders geschützten
Räumen (Lackner/Kühl, StGB, 27. Aufl., §
201a Rz. 2). Dies reicht für die Verwirklichung des
Tatbestandes jedoch noch nicht aus. Es muss als Taterfolg die
Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs
hinzutreten, wie dies beispielsweise bei der Aufnahme von Nacktheit der
Fall ist (Lackner/Kühl a.a.O. § 201a Rz. 3). Ein
solcher Taterfolg ist jedoch nicht eingetreten und war auch nicht
beabsichtigt.
b)
Auch auf
§ 37 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 bis 4 KunstUrhG i.V.m.
§§ 33, 22, 23, 50 Kunst- UrhG kann der Anspruch nicht
gestützt werden, da die Beklagte kein Bildnis des
Klägers veröffentlicht hat.
Ein
Bildnis ist die erkennbare Wiedergabe des äußeren
Erscheinungsbildes einer Person (Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 3.
Aufl., § 22 KunstUrhG Rz. 5). Die Erkennbarkeit muss sich
dabei nicht nur aus den personenbezogenen Bildelementen ergeben (a.A.
Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, § 22 KunstUrhG § 22
Rz. 6). Vielmehr ist es ausreichend, wenn der Betroffene nur Anlass zu
der Befürchtung hat (BGH Urt. v. 26.6.1979, VI ZR 108/78 =
juris Rz. 11), dass sich seine Identität für einen
Teil der Rezipienten ohne weiteres ergibt oder mühelos
ermitteln lässt (BVerfG, Beschl. v. 4. Juli 2004, 1 BvR
263/03). So wie bei Presseerzeugnissen die Erkennbarkeit anhand des
Begleittextes ausreicht (BGH Urt. v. 2. Juni 1979, VI ZR 108/78 = juris
Rz. 11), kann vorliegend über das Filmmaterial auch der Ton
herangezogen werden.
Da ein quotenstarkes Magazin in
Rede steht, welches von einem großen Publikum gesehen wird,
ist davon auszugehen, dass zu den Rezipienten möglicherweise
auch Patienten des Klägers gehören. Gleichwohl ist
der Senat nach der im Verhandlungstermin vollzogenen Inaugenscheinnahme
der Sendung davon überzeugt, dass der Kläger keinen
Anlass für die Befürchtung haben muss, er sei
für einen Teil der Rezipienten mühelos erkennbar.
Zunächst
ist festzuhalten, dass der Zuschauer der Reportage lediglich
erfährt, dass die Reporterin Ärzte aufsucht. Deren
Namen werden nicht mitgeteilt. Es wird auch nicht erwähnt, in
welcher Stadt die Ärzte praktizieren.
Solange
das Beratungsgespräch gezeigt wird, ist die Tonspur
verfremdet. Dem Senat, der sich den Film in Vorbereitung der
mündlichen Verhandlung und anlässlich der
Inaugenscheinnahme innerhalb derselben erneut angesehen hat, war ein
Wiedererkennen der Stimme des im Termin angehörten
Klägers auch anhand von Rhythmus, Tempo oder Betonung nicht
möglich. Der Kläger hat im Termin auch zu keinem
Zeitpunkt mit seiner rechten Hand in einer Weise gestikuliert, wie dies
der Film trotz Vernebelung erkennen lässt.
Die
Verfremdung der Tonspur stellt der Kläger in der
Berufungsinstanz auch nicht mehr in Abrede. Allerdings meint er, bei
der Verabschiedung der Redakteurin seien die von ihm gesprochenen Worte
"Danke schön" im unverfremdeten Originalton zu hören.
Dies vermag der Senat zugunsten des Klägers zu unterstellen,
ohne dass dies die Befürchtung der Erkennbarkeit
begründete. Die zur Verabschiedung gesprochenen Worte sind
nämlich nur für Sekunden zu hören. Dabei
werden sie von einem Sprechertext überlagert, weshalb sie
nahezu unverständlich sind. Bemerkenswert ist in diesem
Zusammenhang, dass der Kläger selbst diese Tonsequenz im
Rahmen der gemeinsamen Inaugenscheinnahme der von der Beklagten
über den Filmbeitrag erstellten DVD zunächst nicht
wahrgenommen hatte, obwohl er als "Opfer" des Beitrages doch gewiss
besonders sensibilisiert und in seiner Wahrnehmungsfähigkeit
auch nicht etwa abgelenkt war. Der Kläger hat im Senatstermin
im Gegenteil zunächst das Fehlen der
"Danke-Schön-Szene" reklamiert, weshalb der Senat sie auf sein
Verlangen erneut abgespielt hat. Dass er, der um die Existenz diese
Szene schließlich wusste, diese überhaupt erst beim
erneuten Abspielvorgang wahrgenommen hat, lässt in besonderer
Weise bezweifeln, ob der gewiss nicht mit einer höheren
Aufmerksamkeit und Aufnahmebereitschaft ausgestattete normale
Fernsehzuschauer sie wahrgenommen hat bzw. in Sekundenschnelle die
Stimme als die des Klägers hat identifizieren können.
Um den Kläger erkennen zu können, reichen diese Worte
mithin auch in Verbindung mit sonstigen Merkmalen nicht aus.
Soweit
die Bilder unvernebelt sind, lenken sie vom Kläger bzw. von
seiner Praxis sogar ab. Die Bilder sind so hintereinander geschnitten,
dass der Zuschauer den Eindruck gewinnt, er begleite die Reporterin vom
Fahrstuhl in die Praxis, dann ins Wartezimmer, schließlich in
das Behandlungszimmer und von dort durch den Flur wieder zur
Eingangstür hinaus. Tatsächlich stammt nur ein Teil
der Aufnahmen überhaupt aus der Praxis des Klägers.
Bereits die Aufnahmen aus der Fahrstuhlkabine wurden unstreitig in
einem anderen Gebäude gefilmt. Weiter zeigt der Film einen
Halt des Fahrstuhls im sechsten Stock. Die Praxis des Klägers
hingegen befindet sich im zweiten Stock. Sodann nimmt die Reporterin im
Wartezimmer in einem auffälligen blauen Ledersessel Platz.
Hierbei handelt es sich, wie der Kläger im Termin klargestellt
hat, nicht um Mobiliar aus seiner Praxis. Auch die Sprechstundenhilfe
mit markanter Statur, die vermeintlich die Reporterin aufruft und zum
Behandlungszimmer geleitet, wurde entgegen dem bis dahin
vorherrschenden Eindruck des Senats, der erst vom Kläger
selbst im Termin korrigiert worden ist, nicht in der Praxis des
Klägers gefilmt und gehörte auch nicht zu seinem
Personal. Die Wahrnehmungsbereitschaft der Patienten, die die Praxis
des Klägers kennen, wird daher bis zu den Aufnahmen aus dem
Behandlungszimmer in keiner Weise gesteigert. Sie müssen im
Gegenteil davon ausgehen, es könne sich nicht um die Praxis
des Klägers handeln. Während des
Behandlungsgesprächs selbst ist das Bild nahezu
vollständig vernebelt. Die vom Kläger behauptete
markante Farbgebung der Wände fällt nicht auf. Die
Wand links schimmert eher weiß, als blau. Der Hintergrund ist
nicht als Vitrinenschrank identifizierbar, sondern könnte auch
ein Bild, eine Tapete oder ein Regal darstellen.
Anschließend
ist für schätzungsweise acht Sekunden der Flur in der
Praxis des Klägers zu sehen. Man sieht die Reporterin durch
den Flur nach draußen gehen. Das Bild ist -abgesehen von der
Reporterin- teils bis zur Unkenntlichkeit vernebelt. Lediglich eine
weiße Tür mit der Aufschrift "Sprechzimmer" ist kurz
gut sichtbar. Markante Auffälligkeiten weist die Tür
sonst nicht auf.
In einer späteren
Einspielung wird der Flur für wenige Sekunden aus der
Gegenrichtung gezeigt, wonach das Bild eingefroren wird. Gut erkennbar
bleiben rechts die offene Tür zum Sprechzimmer und unmittelbar
links daneben eine weitere Tür. Geradeaus befindet sich eine
Türöffnung. Da es sich um weiße
Standardtüren und weiße Wände handelt,
erscheint die Erkennbarkeit der Praxis des Klägers
ausgeschlossen.
Nach dem eingefrorenen Bild erfolgt
ein Schnitt und es wird der Empfang gezeigt. Für einen kaum zu
greifenden Augenblick ist der Kläger zu sehen, dessen Gesicht
-ähnlich einem Augenbalken- teilweise durch die
Blüten einer Zimmerpflanze verdeckt wird. Auch diese Szene,
die insgesamt etwa sechs Sekunden dauert, ermöglicht nicht
dessen Identifizierung. Das etwa aus Kniehöhe aufgenommene
Bild schaukelt auf und ab. Der Empfang weist keine markanten
Besonderheiten auf. Der Kläger und die Blume sind lediglich im
Sekundenbereich am Rande, sichtbar, wobei die Statur des
Klägers aufgrund des Aufnahmewinkels verzerrt ist.
Es
war auch nicht Beweis darüber zu erheben, ob der Zeuge B. den
Kläger erkannt hat. Der Kläger hat eine allgemeine
Erkennbarkeit zu beweisen, die der Senat wie bereits das Landgericht
bei umfassender Würdigung des Bild- und Tonmaterials
für ausgeschlossen erachtet. Ob es einem einzigen Patienten
gleichwohl gelungen ist, den Kläger zu erkennen, kann dahin
stehen, da der Senat die vom Kläger angeführten
Merkmale, die dem Zeugen das Erkennen des Klägers
ermöglicht haben sollen, in seine Bewertung der Erkennbarkeit
eingeschlossen hat.
Der Inaugenscheinnahme auch der
zur Akte gereichten Videokassette bedurfte es nicht. Der Film konnte
von der ebenfalls zur Akte gereichten CD vollständig
abgespielt werden. Anhaltspunkte dafür, der Film habe auf der
Videokassette einen anderen Inhalt, als auf der CD, hat der
Kläger nicht dargelegt. Im Gegenteil hat er im Anschluss an
die gemeinsame Inaugenscheinnahme bestätigt, dass der in
Augenschein genommene Inhalt der CD mit dem Geschehen
übereinstimmte, welches er sich im Fernsehen angesehen hatte.
Weshalb der Kläger im Termin gleichwohl auf der
Inaugenscheinnahme auch noch der Videokassette bestand, erschloss sich
dem Senat daher nicht und lässt sich auch dem Schriftsatz vom
21. Oktober 2011 nicht entnehmen, der deshalb auch keinen Anlass gibt,
die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen.
c)
Schließlich
besteht kein Anspruch auf Löschung des gesamten
veröffentlichten Bildmaterials, soweit es den Kläger
oder seine Praxis zeigt, aus den §§ 1004 Abs. 1
analog, 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG.
Anders
als beim Recht am eigenen Wort genießt das Recht am eigenen
Bild keinen so weitreichenden Schutz, dass jegliche Aufnahme ungeachtet
ihrer Verbreitung bereits einen rechtswidrigen Eingriff darstellte.
Ungeachtet ihrer Verbreitung werden Aufnahmen nur durch § 201a
StGB verboten und unter Strafe gestellt, dessen Voraussetzungen
offensichtlich nicht vorliegen. Das KunstUrhG als Spezialgesetz
betrifft ausschließlich die Verbreitung.
Das
schließt es nicht aus, dass insbesondere heimliche Aufnahmen
das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen bzw. sein Recht am
eigenen Bild verletzen können (von Strobl-Albeg in Wenzel, Das
Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Kap. 7 Rz. 24).
Vorliegend besteht jedoch die Besonderheit, dass die Beklagte die
Aufnahmen vor der Veröffentlichung so umfassend verfremdet
hat, dass sie nicht mehr als Bildnis des Klägers erkennbar
sind, weshalb die Veröffentlichung nicht geeignet ist, das
Persönlichkeitsrecht des Klägers auch insoweit zu
beeinträchtigen. Dass die Beklagte zum Zeitpunkt der Aufnahme
einen anderen Gebrauch beabsichtigte, ist fernliegend und wird vom
Kläger nicht behauptet. Der Senat vermag daher bereits bezogen
auf den Zeitpunkt der Anfertigung der Aufnahme nicht anzunehmen, dass
diese geeignet war, das Recht des Klägers am eigenen Bild zu
verletzen. Immerhin hat sich sein Bild -anders als das von ihm
gesprochene Wort- durch die von der Beklagten eingesetzten
Verfremdungstechniken buchstäblich in Nebel aufgelöst.
3.
Ein
Anspruch auf Geldentschädigung -denkbar aus § 823
Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG - steht dem Kläger
nicht zu, und zwar selbst dann nicht, wenn man entgegen den
vorstehenden Ausführungen seine Erkennbarkeit bejahen und
damit eine Persönlichkeitsverletzung nicht allein unter dem
Aspekt der Verletzung des Rechts am eigenen Wort sondern auch der
Verletzung des Rechts am eigenen Bild annehmen wollte.
Die
Verletzung des Persönlichkeitsrechtes führt
nämlich nur in Ausnahmefällen zu einem Anspruch auf
Entschädigung in Geld. Voraussetzung ist, dass es sich um
einen schwerwiegenden Eingriff handelt und die
Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend
aufgefangen werden kann (BGH NJW 1996, 1131, 1134; BGH GRUR 1996, 227,
229). Es muss mit anderen Worten ein unabwendbares Bedürfnis
für die Zuerkennung einer Geldentschädigung zu
bejahen sein (BGH, Urt. v. 19. Dezember 1978, VI ZR 138/77 = JZ 1979,
351 = juris Rz. 9; Burkhardt in Wenzel, Das Recht der Wort- und
Bildberichterstattung, 5. Aufl., Kap. 14 Rz. 101). Ein solcher
Ausnahmefall liegt nicht vor.
Die Erkennbarkeit des
Klägers unterstellt, ist jedenfalls nicht anzunehmen, dass er
von einer fühlbaren Zahl von Personen, insbesondere aus dem
Kreis seiner Patienten, erkannt worden ist. Die für einen
nicht geringen Teil der Zuschauer schon vergleichsweise späte
Sendezeit um 00:00 Uhr, im Fall der nur einmaligen Wiederholung sogar
erst um 00:00 Uhr, und die geschilderten, von der Person des
Klägers beziehungsweise seinen Praxisräumen in Teilen
des Filmbeitrags gezielt ablenkenden Maßnahmen im Zuge der
Ton- und Bildbearbeitung lassen bezweifeln, dass der Kläger
tatsächlich von einer größeren Zahl von
Menschen erkannt worden ist. So ist er denn auch nur in der Lage, einen
einzigen Patienten zu benennen, der ihn nach seiner Darstellung erkannt
haben will. Selbst wenn der Kläger darüber hinaus von
wenigen weiteren Patienten erkannt worden sein sollte, dürfte
jedenfalls denjenigen, die den Beitrag mit kritischen Augen angesehen
haben, nicht verborgen geblieben sein, dass der Filmbeitrag ungeachtet
seines Hinweises auf die angeblich nur kurze Dauer schwerlich das
gesamte Patientengespräch mitgeteilt haben wird und die
Verschreibung einer Kleinstabgabengröße des dem
verordneten Medikament eigenen, weltweit als Angstlöser und
Beruhigungsmittel verschrieben Wirkstoffs Bromazepam 6 mg nicht
zwingend den von der Redaktion offenbar angestrebten Beweis liefern
muss, Ärzte verschrieben vorschnell und allzu leichtfertig
süchtig machende Medikamente. Auch wenn er das
Behandlungsgespräch in den den Kläger wesentlich
entlastenden Teilen unterschlägt, überlässt
der Bericht es dem - kritischen - Zuschauer doch immer noch, zu
bezweifeln, ob sich der Kläger angesichts der vergleichsweise
ausführlich geschilderten Äußerung der
angeblichen Patientin über ihr temporäres Problem
tatsächlich ärztlich unethisch verhalten hat. Anders
als der im Bericht geschilderte weitere Arzt ("das kriegen Sie")
schildert der Bericht den Kläger immerhin als einen Arzt, der
sich erst nach Befunderhebung seitens einer nicht ersichtlich
unglaubwürdigen Patientin zur Verordnung einer Kleinstmenge
eines Beruhigungsmittels entschließt. Dieser Umstand
lässt nach Auffassung des Senats durchaus Zweifel zu, ob
tatsächlich jeder, der den Kläger erkannt haben
sollte, sich der im Filmbeitrag auch in Bezug auf dessen
ärztliches Handeln intendierten Schlussfolgerung
anzuschließen vermag. Der Kläger ist denn auch
tatsächlich nicht in der Lage vorzutragen, dass sein Renommee
als Arzt und sein guter Ruf durch den Beitrag auch nur
annähernd gelitten haben. Zwar liegt es in der Natur der
Sache, dass Patienten, die den Kläger eventuell doch im Film
erkannt haben und sich dadurch in einer Weise haben gegen ihn einnehmen
lassen, dass sie ihn künftig meiden werden, von ihm nicht
benannt werden können. Indessen wäre wohl doch
anzunehmen, dass dem Kläger jedenfalls eine fühlbare
Beunruhigung seiner Patienten bis zum Senatstermin nicht hätte
verborgen bleiben können. Einen Rückgang von
Patientenanmeldungen oder seines Umsatzes zeigt er konkret nicht auf
und der Umstand, dass der Patient, der ihn tatsächlich erkannt
haben soll, sich ihm offenbart und ihm treu geblieben ist, stellt ein
deutliches Indiz für die vergleichsweise geringe
Belastungsrelevanz des Beitrages dar.
Ungeachtet all
dessen wäre es dem Senat schwerer gefallen, dem
Kläger eine Geldentschädigung zu versagen,
hätte dieser ihm das Gefühl einer echten, tiefen und
nachhaltigen persönlichen Betroffenheit vermittelt. Er hat dem
Kläger daher im Senatstermin Gelegenheit gegeben, seine
subjektive Befindlichkeit darzulegen. Die Reaktion des Klägers
darauf hat den Senat indessen überrascht. Zwar erscheint es
gut nachvollziehbar und wird vom Senat auch als glaubhaft angesehen,
wenn der Kläger zu Beginn seiner Ausführung
geschildert hat, er sehe sich durch den Beitrag in Bezug auf seine
weitere Berufsausübung in der Unbefangenheit
gegenüber seinen Patienten beeinträchtigt, weil er
nun stets damit rechne, dass ihm erneut ein als Patient getarnter
Reporter gegenüber sitze. Nachdem der Kläger diesen
Aspekt seiner Betroffenheit mitgeteilt hatte, gerieten seine weiteren
Ausführungen aber zunehmend zu einem Plädoyer unter
Heranziehung theoretischabstrakter juristischer Begrifflichkeiten, in
dessen Rahmen er sich nicht mehr als Berichtender seiner personalen
emotionalen Befindlichkeit, sondern als Bewerter juristischer
Sachfragen gerierte, weshalb der Senatsvorsitzende ihn dann auch bat,
er möge solche Ausführungen besser seinem
Prozessbevollmächtigten überlassen. Mit dieser
Wendung in seinen eigenen Ausführungen hat der Kläger
es dem Senat enorm erschwert, seiner ohne Zweifel vorhandene
persönliche Betroffenheit ein Gewicht beizumessen, dass im
Zusammenhang mit den weiteren Abwägungsfaktoren die
Zubilligung einer Geldentschädigung unabweisbar erscheinen
ließe. Da die Wiederholung eines vergleichbaren Eingriffs in
das Arzt-Patientenverhältnis durch heimliche Bild- und
Tonaufnahmen ausgerechnet in seiner Praxis aus objektiver Sicht eher
fern liegt und insbesondere die Beklagte sich schließlich
schon im Vorfeld des einstweiligen Verfügungsverfahrens
strafbewehrt dazu verpflichtet hat, das gefertigte Bildmaterial nicht
mehr zu senden, soweit der Kläger darauf erkennbar ist,
erscheinen seine subjektiven Befürchtungen
übergewichtet und können daher für die
Zubilligung einer Geldentschädigung nicht ausschlaggebend sein.
Schließlich
darf im Rahmen der Gesamtabwägung auch nicht außer
Acht gelassen werden, dass der Kläger die Beklagte jedenfalls
im vorliegenden Hauptverfahren nicht (mehr) auf Unterlassung in
Anspruch genommen und daher nicht alle Möglichkeiten genutzt
hat, seine Beeinträchtigung in anderer Weise aufzufangen.
Die
nach alledem verbleibende Verletzung des Rechts am eigenen Wort durch
Aufnahme der Stimme des Klägers sieht der Senat
schließlich auch im Vergleich zu sonstigen vom Senat
entschiedenen Fällen einer Persönlichkeitsverletzung
als nicht so schwerwiegend an, dass eine Geldentschädigung
geboten wäre.
Zwar könnte eine
Geldentschädigung die Beklagte im Sinne der
Prävention zu einer stärkeren Beachtung des
Persönlichkeitsschutzes anhalten. Auch der
Präventionsgedanke reicht im vorliegenden Fall jedoch nicht
aus, um eine Geldentschädigung zuzusprechen, zumal die
Berichterstattung immerhin einen Informationszweck intendierte, es der
Beklagten somit nicht in erster Linie darauf ankam, auf Kosten des
Klägers Quote zu machen.
4.
Die
Erstattung seiner Abmahnkosten kann der Kläger nicht
verlangen. Sie mögen zwar grundsätzlich
gemäß §§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m.
§ 201 Abs. 1 Nr. 1 StGB zu erstattende Rechtsverfolgungskosten
darstellen. Dem steht vorliegend entgegen, dass der Beklagten durch die
Abmahnung kein Weg gewiesen wurde, wie sie sich zu verhalten hatte, um
einen Prozess zu vermeiden (vgl. BGH Urt. v. 16. November 2006, I ZR
191/03 "Telefonwerbung für Individualverträge" =
juris Rz. 24). Während der Kläger mit dem
Abmahnschreiben nämlich noch Unterlassungsansprüche
verfolgt hat, sind durch die Klage Ansprüche auf Vernichtung
des Bild- und Tonmaterials und auf Zahlung einer
Geldentschädigung geltend gemacht worden. Hätte die
Beklagte demzufolge aber selbst durch die Abgabe der
gewünschten Unterlassungserklärung die Klage nicht
verhindern können, erschließt sich die
Erforderlichkeit des Abmahnschreibens und der hierdurch verursachten
Kosten nicht.
5.
Die
Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO, die
Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf den
§§ 708 Nr. 10, 711, 108 S. 1 ZPO.
Es
besteht kein begründeter Anlass, die Revision zuzulassen. Die
Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung (§ 543
Abs. 2 Nr. 1 ZPO), noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die
Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des
Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).
Streitwert
für das Berufungsverfahren: 34.641,96 €
(§§ 3, 5 ZPO, 48 Abs. 1, Abs. 2, 47 Abs. 1 GKG)
Berufung:
Klageantrag
zu 1) 10.000,00 € (Geldentschädigung)
Klageantrag
zu 2) 1.500,00 € (Vernichtung Tonmaterial)
Klageantrag
zu 3) 837,52 € (RA-Kosten als Schadensersatz)
Anschlussberufung:
Klageantrag
zu 1) 20.000,00 € (Geldentschädigung)
Klageantrag
zu 2) 1.500,00 € (Vernichtung Bildmaterial)
Klageantrag
zu 3) 804,44 € (RA-Kosten als Schadensersatz)