Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
Oberlandesgericht
Celle
Beschluss
In der Beschwerdesache hat der 13. Zivilsenat des
Oberlandesgerichts Celle durch … am 20. Januar 2014
beschlossen:
Die sofortige Beschwerde der
Antragstellerin vom 17. Dezember 2013 gegen den Beschluss der
Einzelrichterin der 9. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg
vom 5. Dezember 2013 wird auf Kosten der Antragstellerin
zurückgewiesen.
Beschwerdewert: 10.000
€
Entscheidungsgründe
I.
Die
Antragstellerin wendet sich im Wege der einstweiligen
Verfügung gegen die Darstellung und Bewertung ihres
Brautmodengeschäfts „B. t.“ im
Internetportal der Antragsgegnerin. Die Antragstellerin hatte auf einer
inzwischen von der Antragsgegnerin übernommenen
Bewertungsplattform „www… .de“
für ihr Brautmodengeschäft eine durchschnittliche
Bewertung von fünf Sternen aus insgesamt 29 Bewertungen
erhalten. Nach Übernahme des Bewertungsportals durch die
Antragsgegnerin wird die Antragstellerin durchschnittlich mit drei
Sternen bewertet. Die Antragsgegnerin teilte der Antragstellerin mit,
dass sie unter Verwendung einer automatisierten Software die
vorhandenen Beiträge gefiltert habe. Dies hat zur Folge, dass
die Antragsgegnerin einen Großteil der früheren
Beiträge als „momentan nicht empfohlen“
bewertet; vielmehr erklärt sich die aktuelle Bewertung durch
zwei nach dem Aufrufen der Seite sofort sichtbare Beiträge mit
Bewertungen von einem bzw. fünf Sternen. Hierdurch sieht sich
die Antragstellerin beeinträchtigt und behauptet einen
deutlichen Rückgang ihres Geschäftsbetriebes. Sie
meint, die Antragsgegnerin filtere die Beiträge
willkürlich und dies stelle einen Eingriff in den
eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar und sei als
unwahre Tatsachenbehauptung zu qualifizieren.
Das
Landgericht hat den Antrag auf Erlass der einstweiligen
Verfügung mit Beschluss vom 5. Dezember 2013
zurückgewiesen. Zur Begründung hat es
ausgeführt, es fehle an einem Verfügungsanspruch,
weil die von der Antragstellerin angegriffene Bewertung weder einen
Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb
darstelle noch eine Verletzung ihrer
Unternehmenspersönlichkeit festzustellen sei. Dem Betreiber
eines Internetportals stehe es frei, Beiträge zu filtern und
nur aktuelle Beiträge aus der letzten Zeit einzustellen, an
der sich eine aktuelle Gesamtbewertung orientiere. Darüber
hinaus fehle es auch an einem Verfügungsgrund. Die
Antragstellerin verfolge mit der einstweiligen Verfügung eine
Leistung, indem die Antragsgegnerin verpflichtet werden solle, ihr
Internetportal in einer bestimmten Art und Weise zu gestalten. Es sei
aber nicht ersichtlich, dass die Antragstellerin auf eine dahingehende
sofortige Leistung aus Gründen drohender
Existenzgefährdung angewiesen sei. Auf den Beschluss des
Landgerichts vom 5. Dezember 2013 wird Bezug genommen (Bl. 35 ff. d.
A.).
Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde
der Antragstellerin vom 17. Dezember 2013, mit der sie ihre
Anträge unter Aufrechterhaltung ihrer Rechtsauffassung weiter
verfolgt. Hilfsweise verlangt sie, der Antragsgegnerin zu untersagen,
auf der Internetseite für ihr Geschäft nur drei von
fünf Sternen anzuzeigen und die weiteren derzeit als
„nicht empfohlen“ gekennzeichneten Bewertungen
nicht auf der ersten ersichtlichen Internetseite anzuzeigen, die
erscheint, wenn man das Geschäft der Antragstellerin unter der
Domain der Antragsgegnerin in die Suchmaske eingibt.
Das
Landgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die
Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Die
sofortige Beschwerde ist gem. § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO
zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
Es
kann dahinstehen, ob sich ein Verfügungsanspruch der
Antragstellerin gegenüber der Antragsgegnerin aus §
823 Abs. 1, § 1004 analog BGB wegen eines rechtswidrigen
Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb
der Antragstellerin, wegen Verletzung eines
Unternehmerpersönlichkeitsrechts der Antragstellerin oder auch
wegen eines Verstoßes gegen § 4 Nr. 8 UWG (zum
Wettbewerbsverhältnis vgl. Köhler/Bornkamm, UWG, 31.
Aufl., § 2 UWG, Rn. 101, 102) ergeben kann. Der Antrag auf
Erlass einer einstweiligen
Verfügung bleibt erfolglos, weil
die Antragstellerin einen Verfügungsgrund nicht hinreichend
glaubhaft gemacht hat.
1. Bei der Geltendmachung
eines Unterlassungsanspruchs im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes
im einstweiligen Verfügungsverfahren wird der
Verfügungsgrund gem. § 12 Abs. 2 UWG wegen der
generellen Eilbedürftigkeit von Wettbewerbssachen vermutet.
Die Vermutung für das Bestehen der Dringlichkeit ist nach
allgemeiner Auffassung widerlegt, wenn der Verletzte durch sein eigenes
Verhalten zu erkennen gegeben hat, dass die Verfolgung des
beanstandeten Verstoßes für ihn selbst nicht eilig
ist. In der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte schwankt die Spanne,
innerhalb derer der Verletzte nach Erlangung der Kenntnis von dem
Verstoß tätig werden muss, damit die
Dringlichkeitsvermutung nicht entfällt, zwischen vier Wochen
und mehreren Monaten (vgl. Beispiele in Köhler/Bornkamm, UWG,
31. Aufl., § 12 Rdnr. 3.15 b). Eine feste zeitliche Grenze
lässt sich nicht ziehen, vielmehr kommt es auf die
Umstände des Einzelfalls, insbesondere auf den Grund des
Zuwartens an (OLG Celle, Urteil vom 20. Januar 1999 – 13 U
307/98, juris Rdnr. 4). Der Senat geht davon aus, dass die
Dringlichkeitsvermutung regelmäßig widerlegt ist,
wenn der Verletzte ab Kenntnis der beanstandeten Wettbewerbshandlung
bis zur Antragstellung länger als einen Monat zuwartet. Dann
müssen, jedenfalls wenn es sich um einen Fall mittleren
Umfangs und durchschnittlicher Schwierigkeit handelt, besondere
Umstände vorliegen, damit der Verletzte sich auf die
Dringlichkeitsvermutung berufen kann. Ein deutliches Indiz gegen das
Fortbestehender Dringlichkeit ist in dem Umstand zu sehen, wenn der
Antragsteller zwar unmittelbar nach Kenntniserlangung und Beschaffung
der erforderlichen Unterlagen durch einen Rechtsanwalt
den
Antragsgegner abmahnen und ihm dabei eine nach Tagen bemessene kurze
Frist setzten lässt, den Antrag auf Erlass einer einstweiligen
Verfügung aber erst mehrere Woche nach Ablauf dieser Frist
einreicht, obwohl der Gegner der Abmahnung
nichts Erhebliches
entgegengesetzt hat (Ahrens, Der Wettbewerbsprozess, 6. Aufl., Kap. 45
Rdnr. 39 m. w. N.).
Unter Berücksichtigung
der Umstände des Einzelfalls ist vorliegend die
Dringlichkeitsvermutung widerlegt. Die Antragstellerin hatte
spätestens seit dem 22. Oktober 2013 Kenntnis von der
Änderung der Bewertung für ihr Geschäft nach
Übernahme des Internetportals durch die Antragsgegnerin. Dies
ergibt sich aus den dem Antrag beigefügten E-Mail-Kontakten.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 25. Oktober 2013 wurde die
Antragsgegnerin unter Fristsetzung zum 31. Oktober 2013 aufgefordert,
die negative Bewertung zu entfernen bzw. die früheren
positiven Beiträge auf der Internetplattform der
Antragsgegnerin auf der ersten Seite zu veröffentlichen.
Gleichzeitig wurde die Antragsgegnerin auf die Inanspruchnahme
gerichtlicher Hilfe nach fruchtlosem Verstreichen dieser Frist
hingewiesen. Nachdem eine Reaktion der Antragsgegnerin nicht erfolgte,
erbat die Antragstellerin mit weiterem Schreiben ihrer
Prozessbevollmächtigten vom 1. November 2013 unter erneuter
Fristsetzung zum 5. November 2013 eine Stellungnahme. Auch in diesem
Schreiben wurde erneut auf die Notwendigkeit der Inanspruchnahme
gerichtlicher Hilfe hingewiesen. Die Antragsgegnerin lehnte mit E-Mail
vom 8. November 2013 den geltend gemachten Anspruch ab. Sie teilte mit,
dass es ihr freistehe, die Inhalte, die von den Nutzern auf der
Plattform hinzugefügt werden, zu veröffentlichen, sie
habe auch die Freiheit, Entscheidungen hinsichtlich der
Veröffentlichung zu treffen. Die Antragstellerin stellte erst
am 5. Dezember 2013 den Antrag auf Erlass der einstweiligen
Verfügung. Einen nachvollziehbaren Grund für das
über einen Monat andauernde Zuwarten seit Kenntnis der
behaupteten Verletzung hat die Antragstellerin nicht vorgetragen. Es
ist nicht ersichtlich, aus welchen Gründen die Antragstellerin
nach Ablauf der von ihr gesetzten Frist zum 31. Oktober nicht alsbald
den Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung stellte,
sondern der Antragsgegnerin eine weitere Frist setzte, obwohl diese auf
das Schreiben vom 25. Oktober 2013 nicht reagiert hatte und damit
offensichtlich nicht einlenkungsbereit war. Es ist ferner nicht
nachvollziehbar dargetan, warum die Antragstellerin nach der
eindeutigen E-Mail der Antragsgegnerin vom 8. November 2013 bis zum 5.
Dezember 2013 mit dem Antrag auf Erlass der einstweiligen
Verfügung zuwartete. Die streitgegenständliche
Materie ist weder besonders komplex noch schwierig, so dass die
Abfassung der Antragsschrift kurzfristig, jedenfalls innerhalb weniger
Tage hätte erfolgen können. Dies lässt sich
der Antragsschrift entnehmen, die im Wesentlichen die Schilderung des
überschaubaren, bekannten Sachverhalts enthält und
diesem eine kurze rechtliche Würdigung zum
Verfügungsanspruch anfügt. Soweit die Antragstellerin
auf den Versuch eines telefonischen Kontakts mit der Antragsgegnerin
zur Erklärung des Zeitverlustes verweist, vermag dies an der
Beurteilung nichts zu ändern. Es war schriftlich eine Frist
gesetzt worden, die weitere Vorgehensweise war angekündigt und
die Antragsgegnerin hatte hierauf nicht reagiert, so dass es keinen
plausiblen Grund dafür gab, ein fernmündlicher
Kontakt könnte ein Einlenken der Antragsgegnerin bewirken. Im
Übrigen erklärt dies auch nicht den nach Ablehnung
der Ansprüche durch die Antragsgegnerin am 8. November 2013
weiteren Zeitraum des Zuwartens von fast einem Monat.
Die
Antragstellerin kann sich ferner nicht darauf berufen, sie
hätte zunächst eine Deckungszusage ihrer
Rechtsschutzversicherung für die Kosten des Verfahrens
abwarten müssen. Eine wirtschaftliche Notsituation hat die
Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht. Eine solche ist im Hinblick
darauf, dass die Antragstellerin – wie sich aus ihrer E-Mail
vom 22. Oktober 2013 ergibt – jedenfalls Inhaberin von zwei
Geschäften ist, auch nicht nachvollziehbar. Darüber
hinaus erklärt die Antragstellerin auf Seite 5 unten ihrer
Beschwerdebegründung, sie habe die Kosten eines
Gerichtsverfahrens nicht zusätzlich auf sich nehmen wollen.
Dies rechtfertigt es nicht, mit dem Antrag auf Erlass einer
einstweiligen Verfügung zuzuwarten, sondern lässt
vielmehr erkennen, dass es der Antragstellerin selbst nicht so eilig
war und widerlegt die Vermutung der Eilbedürftigkeit.
2.
Ein Verfügungsgrund liegt erst recht nicht hinsichtlich
etwaiger Ansprüche aus bürgerlichem Recht vor, bei
denen die Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 2 UWG nicht
gilt. Die Kostentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.