Landgericht Saarbrücken, Verpflichtung Entfernung Google Cache
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Aktenzeichen:    9 O 258/08
Verkündet am:
10.12.2008

Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle

Landgericht Saarbrücken

URTEIL



Tenor:


1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 5.001 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.09.2008 zuzüglich weiterer 439,40 € zu zahlen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v. H. des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.


Tatbestand

Die Klägerin stellt Software-Produkte auf dem Gebiete der Warenwirtschaft für Unternehmen her. Sie hatte den Beklagten und dessen frühere Lebensgefährtin Frau … vor dem Landgericht Hamburg wegen Veröffentlichung negativer Äußerungen über die Produkte der Klägerin im Internet auf Unterlassung in Anspruch genommen. Im dortigen Verhandlungstermin vom 16.05.2008 schlossen die Parteien einen Vergleich, in dem sich Frau … und der Beklagte verpflichteten, es bei Meidung einer für jeden Fall der schuldhaften Zuwiderhandlung von der Klägerin nach billigem Ermessen festzusetzenden, gegebenenfalls vom zuständigen Gericht zu überprüfenden Vertragsstrafe zu unterlassen, „wie aus der Anlage“ zur Sitzungsniederschrift „zu verbreiten“. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die dortige Sitzungsniederschrift nebst Anlage verwiesen (Bl. 7 – 12 d. A.). Der Beklagte hat innerhalb der ihm nachgelassenen Frist bis zum 23.05.2008 keinen Rücktritt vom Vergleich erklärt.

Bei Eingabe der Schlagwörter „afs-software erfahrung“ im Internet-Suchdienst Google am 27.05.2008 war der betreffende Artikel immer noch aufgeführt und durch Anklicken von „Im Cache“ unverändert nachzulesen. Die Klägerin ließ mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 27.05.2008 den Beklagten unter Fristsetzung zum 30.05.2008, 12 Uhr zur Beendigung eines Verstoßes gegen die Unterlassungsverpflichtung und außerdem unter Fristsetzung zum 04.06.2008 zur Zahlung von 5.001 € Vertragsstrafe – unter Vorbehalt der Erhöhung bei nicht kurzfristiger Beseitigung des Verstoßes – und Anwaltskosten auffordern. Daraufhin sorgte der Beklagte dafür, dass über Eingabe der Schlagwörter bei Google die alte Veröffentlichung nicht mehr aufzufinden war. Ferner änderte er den unter der auf seinen Namen laufenden Internet-Homepage www…..de veröffentlichten Text wie aus dem der Klageschrift beigefügten Bildschirmausdruck (Bl. 23 – 30 d. A.) ersichtlich ab.

Nach Auffassung der Klägerin verstieß der Beklagte gegen die in dem Vergleich übernommene Unterlassungsverpflichtung und hat damit die Vertragsstrafe zweifach verwirkt. Der Beklagte hätte alles Erforderliche tun müssen, um seine bei Google im Cache gespeicherten alten Seiten zu entfernen. Ferner verstoße der Beklagte auch mit seiner aktuellen Veröffentlichung im Internet gegen seine Verpflichtung. Die Klägerin sei deshalb berechtigt, eine angemessene und nicht überhöhte Vertragsstrafe von 5.001 € gegen ihn festzusetzen. Diese sollte zum Einen dazu dienen, den Beklagten anzuhalten, künftig den Vergleich strenger zu beachten und darüber hinaus der Tatsache Rechnung tragen, dass durch weitere andauernde Verunglimpfungen der Produkte der Klägerin im Internet ihr ein nicht unerheblicher Schaden entstehe.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie 5.001 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.09.2008 zu zahlen zuzüglich weiterer 439,40 €.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er trägt vor, er sei seinen Verpflichtungen aus dem Vergleich in vollem Umfange nachgekommen. Seiner Meinung zufolge habe sich das Verbot nur auf die dem Vergleich angehängte Formulierung bezogen. Überdies hält er sich nicht für verpflichtet, Dritte an der Verbreitung des Textes zu hindern. Eine Vertragsstrafe könne auch deswegen nicht ausgelöst werden, weil es sich beim jetzt beanstandeten um den alten Originaltext handele, dessen Verbreitung mit dem Vergleich erledigt worden sei. Daher gehe es nicht um eine neue Verbreitung, sondern um eine im Fortsetzungszusammenhang mit der früheren, erledigten Verbreitung stehende. Schließlich sieht der Beklagte die Höhe der Vertragsstrafe als nicht angemessen an.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 19.11.2008 Bezug genommen.


Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet und hat daher Erfolg.

I.

1. Der Beklagte hat durch schuldhafte Zuwiderhandlung gegen sein Vertragsstrafeversprechen gegenüber der Klägerin aus dem gerichtlichen Vergleich eine Vertragsstrafe in Höhe der geltend gemachten 5.001 € verwirkt (§§ 339, 340, 315 BGB).


a) Zwischen den Parteien ist spätestens mit Ablauf des 23.05.2008 ein Unterlassungsvertrag zu Stande gekommen. Die Verpflichtung zur Zahlung einer Vertragsstrafe wird nicht schon durch eine einseitige Erklärung des Schuldners begründet, sondern setzt den Abschluss eines Vertrags zwischen dem Gläubiger und dem Schuldner voraus. Für das Zustandekommen eines solchen Vertrags gelten die allgemeinen Vorschriften über Vertragsschlüsse (BGH ZIP 2006, 1777, 1778). Der Beklagte verpflichtete sich in dem gerichtlichen Vergleich vom 16.05.2008 bei Meidung einer von der Klägerin nach billigem Ermessen festzusetzenden Vertragsstrafe zur Unterlassung der Verbreitung wie aus der Anlage zur Sitzungsniederschrift; die Klägerin hat diese Erklärung ausdrücklich angenommen (Bl. 8 d. A.). Da der Beklagte von dem ihm bis 23.05.2008 nachgelassenen Rücktrittsrecht keinen Gebrauch machte, kommt es auf die Frage, ob der Rücktritt das Vertragsstrafeversprechen beeinflusst (vgl. dazu RGZ 94, 203, 206 f.; BGHZ 88, 46, 49 f.), hier nicht an.

b) Gegen die vertragliche Verpflichtung hat der Beklagte dadurch schuldhaft verstoßen, dass er am 28.05.2008 noch nicht für die Löschung der zu unterlassenden Äußerungen im Cache bei Google Sorge getragen hatte (aa) und sich auf seiner Internet-Homepage weiterhin, insbesondere am 10.06.2008 negativ über die Produkte der Klägerin äußerte (bb), weswegen im Ergebnis die Vertragsstrafe verwirkt ist (cc).

aa) Ansprüche aus der strafbewehrten Unterlassungserklärung auf Zahlung der Vertragsstrafe kann der Gläubiger grundsätzlich allein für ab dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses begangene Verstöße geltend machen (BGH ZIP 2006, 1777, 1778). Ein davon abweichender Wille der Parteien auf rückwirkende Verpflichtung zur Zahlung der Vertragsstrafe ist im Streitfall weder dem Wortlaut der getroffenen Vereinbarung noch den Umständen zu entnehmen.

Der Schuldner muss allerdings nicht nur alles unterlassen, was zu einer Verletzung führen kann, sondern auch alles tun, was im konkreten Fall erforderlich und zumutbar ist, um künftige Verletzungen zu verhindern (BGHZ 120, 73, 77 f.). Dazu gehört auch die Einwirkung auf Dritte, soweit deren Handeln in seinem Einflussbereich liegt und ihm wirtschaftlich zugute kommt. Der Schuldner kann sich nicht darauf berufen, dass der Wettbewerbsverstoß ohne sein Zutun erfolgt sei (Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG 26. Aufl. § 12 Rn. 6.7). Ist dem Schuldner eine bestimmte Gestaltung seiner Homepage untersagt worden, so muss er nach Änderung der Homepage auch die entsprechenden Arbeitsschritte des Providers und deren Ergebnisse kontrollieren, um sicherzustellen, dass nur noch die Neufassung abrufbar ist (OLG Köln GRUR-RR 2001, 24; Köhler, aaO). Auch wenn Inhalte komplett vom eigenen Server des Unterlassungsschuldners gelöscht sind, finden sich diese oft noch auf anderen Rechnern wieder, so z. B. im Cache von Suchmaschinen. Webseiten werden von den Crawlern (Computerprogrammen, die automatisch das World Wide Web durchsuchen und Webseiten analysieren) von Suchmaschinen aufgesucht, analysiert und zwischengespeichert. Bei Google findet sich z. B. bei den meisten Suchergebnissen ein als „Im Cache“ bezeichneter Link. Hierüber ist eine Version der Webseite, wie sie zu dem Zeitpunkt ihrer letzten Erfassung bestand, aufrufbar. Ein Inhalt kann also längst von einer Webseite entfernt worden, aber über den Cache-Link noch immer zugänglich sein (Ott WRP 2007, 605, 606). Die Suchmaschine Google bietet – wie die Klägerin im Schriftsatz vom 14.11.2008, S. 2 Mitte zutreffend dargelegt und durch Vorlage eines Auszugs der von Google dazu veröffentlichten Hinweise (Anlage zu diesem Schriftsatz) belegt hat – die Möglichkeit an, im Cache gespeicherte Seiten zu entfernen bzw. deren Anzeige zu verhindern (Ott WRP 2007, 605, 607). Der Beklagte war vorliegend nach dem Vergleich verpflichtet, die Entfernung des im Cache gespeicherten Textes zu veranlassen, was er schuldhaft unterlassen hat. Freilich wird die Reichweite der Pflichten des Unterlassungsschuldners nicht einheitlich beurteilt.

(1) In der Rechtsprechung hielt das LG Mannheim (MMR 1998, 217) im Rahmen der verbotenen Verwendung markenrechtlich geschützter Begriffe den Schuldner für verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass seine Webseite unter den betreffenden Suchbegriffen nicht mehr in den Suchergebnissen erscheint, weil die Suchmaschinen noch auf die in ihrem Cache gespeicherte ältere Version der Webseite zurückgreifen. Das LG Frankfurt a. M. (MMR 2000, 493) sieht denjenigen, der durch Unterlassungsverpflichtungserklärung zugestanden hat, zur Nutzung einer Marke im Internet zur Kennzeichnung von Produkten auf seiner Homepage nicht berechtigt zu sein, als verpflichtet an, durch geeignete Maßnahmen zu verhindern, dass Suchmaschinen weiterhin eine Verbindung zu seiner Homepage durch Schaltung entsprechender Links herstellen, wenn die betreffende Marke als Suchbegriff eingegeben wird.

(2) Teilweise wird dagegen angenommen, der Schuldner, dessen Website gerichtlich verboten worden sei, könne sich nach vollständiger Löschung der Seite grundsätzlich auf eine regelmäßige Aktualisierung der Datenbanken der Suchmaschinen verlassen und müsse nicht damit rechnen, dass sich eine von ihm bereits gelöschte Seite für längere Zeit weiterhin im Speicher eines dritten Servers befinde und dort noch aufgerufen werden könne. Der Schuldner sei nicht verpflichtet, den ihm verbotenen Suchbegriff bei sämtlichen Suchmaschinen einzugeben, um nach verbotenen Verwendungen zu suchen (OLG Hamburg OLGR 2003, 234; Ullmann jurisPK-UWG/Hess, 1. Aufl. § 12 Rn. 171).

(3) Nach Auffassung des LG Hamburg (MMR 2006, 697) hat der zur Unterlassung von Bildern verpflichtete Schuldner neben der Entfernung der Bilder aus dem eigenen Internetauftritt konkret zu prüfen, ob sich von ihm eingestellte Bilder in der Bildersuche jedenfalls der gängigen Suchmaschinen befanden.

(4) Der zuletzt genannten, vermittelnden Auffassung, wonach der Schuldner neben der Entfernung aus dem eigenen Internetauftritt konkret zu prüfen hat, ob sich die von ihm eingestellten Daten jedenfalls in den gängigen Suchmaschinen befinden, schließt sich das Gericht an. Diese Ansicht erscheint praktikabel und praxisnah. Es entspricht der Rechtsprechung zu § 890 ZPO, von einem Schuldner zu fordern, nicht nur alles zu unterlassen, was zu einer Verletzung führen kann, sondern auch alles von ihm zu verlangen, was im konkreten Fall erforderlich und zumutbar ist, um künftige Verletzungen zu verhindern. Dazu zählt auch die Einwirkung auf Dritte. Der Schuldner ist verpflichtet, aktiv tätig zu werden, um bestehende Gefahrenlagen sicher zu beseitigen und darf sich nicht auf ein bloßes Nichtstun beschränken. Gegenüber diesen strengen Maßstäben erscheint die vorstehend unter (2) wiedergegebene Ansicht zu großzügig, zumal eine Aktualisierung des Index der Suchmaschine durchaus einige Monate in Anspruch nehmen kann. Je nach Wertigkeit des betroffenen Rechtsgutes kann es für den Verletzten unzumutbar sein, über einen längeren Zeitraum weiterhin der Rechtsverletzung ausgesetzt zu sein. Deshalb kann zumindest eine Löschung aus dem Cache von Google verlangt werden, zumal dieser Suchmaschinenanbieter in Deutschland der mit Abstand wichtigste ist (Ott WRP 2007, 605, 608). Dieser Verpflichtung ist der Beklagte schuldhaft erst nach Aufforderung im Anwaltsschreiben vom 27.05.2008 nachgekommen.

bb) Ein weiterer schuldhafter Verstoß gegen die Unterlassungspflicht liegt in der Änderung der Homepage nach dem Vergleich wie aus dem Bildschirmausdruck vom 10.06.2008 ersichtlich. Dem steht nicht entgegen, dass die Veröffentlichung nunmehr von der Anlage zum Vergleich abweichend formuliert ist. Die im Wettbewerbsrecht üblichen Wendungen „wie nachstehend wiedergegeben“ oder „wie in/auf ... geschehen“ bedeuten entsprechend ihrem eindeutigen Wortlaut normalerweise, also auch hier, dass nicht etwa nur genau und allein die in Bezug genommene Äußerung künftig unterbleiben soll, sondern dass auch ein Verhalten erfasst sein soll, in dem sich – auch wenn nicht alle Einzelmerkmale übereinstimmen – das Charakteristische der konkreten Verletzungsform wiederfindet (BGH GRUR 1998, 483, 484; OLG Hamburg OLGR 2001, 455). Einen davon abweichenden Parteiwillen lässt auch Ziffer 6 des Vergleichs vom 16.05.2008 (Bl. 9 d. A.) nicht erkennen. Der Schuldner soll sich nicht durch jede Änderung der Verbotsbehauptung dem Unterlassungstitel entziehen können. Äußerungen, die im Verkehr als gleichwertig angesehen werden bzw. mit der verbotenen Behauptung im Kern übereinstimmen, sind von dessen Schutzumfang erfasst (Ott WRP 2007, 605, 606). Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Laut dem Vergleich beigefügtem Bildschirmausdruck verbreitete der Beklagte im Kern (vgl. Bl. 10 d. A.),
- von der Software der Klägerin rate er aus eigener Erfahrung ab,

- die Software der Klägerin sei fehlerhaft, d. h. sie funktioniere nicht, und

- die Klägerin lehne die Fehlerbeseitigung ab.

Diese Äußerungen werden gemäß Bildschirmausdruck vom 10.06.2008 im Kern wiederholt (vgl. Bl. 23 d. A.). Es kommt hinzu, dass der Beklagte betont, er sei von der Klägerin auf Unterlassung seiner Behauptungen verklagt worden, und das Verfahren sei mit einem für ihn „kostenneutralen Vergleich“ beendigt worden. Dabei lässt er aber unerwähnt, dass er nach dem Vergleich zur Unterlassung der Verbreitung verpflichtet ist und nicht nur seine eigenen außergerichtlichen Kosten, sondern auch die hälftigen Gerichtskosten zu tragen hat.
cc) Für beide Verstöße ist eine einheitliche Vertragsstrafe zu bilden.

Die Frage, in welchem Umfang bei mehrfachen Verstößen gegen eine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtung Vertragsstrafen verwirkt sind, kann nur nach einer Vertragsauslegung im Einzelfall, die auch Elemente einer ergänzenden Vertragsauslegung beinhalten kann, entschieden werden, nicht nach festen Regeln für alle einschlägigen Fälle, wie sie etwa aus einem vorgegebenen Rechtsbegriff des Fortsetzungszusammenhangs abgeleitet werden könnten. Mangels einer besonderen Abrede wird jedoch die Frage, ob und gegebenenfalls in welcher Weise mehrfache Verstöße gegen die Unterlassungsverpflichtung zu einer rechtlichen Einheit zusammenzufassen sind, wegen des typischen Charakters von Unterlassungsverträgen regelmäßig nach denselben Grundsätzen zu beurteilen sein. Dabei wird sich regelmäßig ergeben, dass nach Sinn und Zweck des Unterlassungsvertrags die Vertragsstrafe auch in Fällen, in denen nicht ohnehin von einer natürlichen Handlungseinheit auszugehen ist, nicht für jede einzelne Tat verwirkt ist. Vielmehr werden einzelne Taten, soweit sie sich nach dem objektiven Erklärungsinhalt des konkreten Vertrags als rechtliche Einheit darstellen, jeweils als eine einzige Zuwiderhandlung zu behandeln sein. Die ausnahmslose Verwirkung weiterer Vertragsstrafen für jeden Einzelakt wird in aller Regel von den Vertragsparteien nicht gewollt sein. Die sonst mögliche Folge einer Aufsummierung von Vertragsstrafen wäre mit dem Gerechtigkeitsgedanken im Allgemeinen nicht zu vereinbaren, wenn ihr nicht ein entsprechendes Sicherungsbedürfnis des Gläubigers gegenübersteht oder die Wahrscheinlichkeit gegeben ist, dass dem Gläubiger durch die zu unterlassenden Taten ein entsprechend hoher Schaden entstehen könnte. Im Allgemeinen entspricht es aber auch nicht einer beiderseits interessengerechten Auslegung eines Vertragsstrafeversprechens, Einzeltaten nur deshalb zu einer rechtlichen Einheit zusammenzufassen, weil der Schuldner von vornherein mehrfache Verstöße gegen seine Unterlassungsverpflichtung beabsichtigt hat. Dies könnte gegebenenfalls eine ungerechtfertigte Privilegierung eines besonders hartnäckigen Vertragsverletzers bedeuten. Würde bei einem vorsätzlichen Verstoß, der in der Absicht begangen wird, eine Mehrzahl weiterer gleichartiger Verstöße folgen zu lassen, in jedem Fall nur eine einzige Vertragsstrafe verwirkt, würde die Vertragsstrafe bereits nach der ersten Handlung ihre Sicherungsfunktion gegenüber den Folgehandlungen einbüßen. Dies wird regelmäßig nach Treu und Glauben nicht gewollt sein. Ein größeres wirtschaftliches Gewicht der Einzeltaten wird gegen eine stärkere Zusammenfassung zu einer rechtlichen Einheit sprechen. Ein weiterer Gesichtspunkt für die Beurteilung der Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Vertragsstrafe verwirkt wird, ist die Höhe der vereinbarten einzelnen Vertragsstrafe. Die Vereinbarung einer hohen Vertragsstrafe für jede Zuwiderhandlung wird eher die Annahme begründen, dass die Vertragspartner eine weitergehende Zusammenfassung verschiedener Handlungen zu einer rechtlichen Einheit gewollt haben (BGHZ 146, 318, 324 ff.). Diese Grundsätze führen hier zur rechtlichen Einheit der Verstöße, weil eine Absicht des Beklagten, von vorneherein mehrfach gegen seine Unterlassungsverpflichtung zu verstoßen, nicht vorgetragen ist.

c) Die von der Klägerin festgesetzte Strafe entspricht billigem Ermessen und ist nicht – wie vom Beklagten beantragt – gemäß § 343 BGB herabzusetzen.

aa) Die der Sicherung einer wettbewerblichen Unterlassungsverpflichtung dienende Vertragsstrafevereinbarung kann gemäß § 315 Abs. 1 BGB auch in der Form getroffen werden, dass für den Fall einer künftigen Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungspflicht dem Gläubiger die Bestimmung der Vertragsstrafehöhe nach seinem billigen Ermessen überlassen bleibt (BGH NJW 1985, 191; NJW-RR 1990, 1390). Als unbedenklich, weil ohnehin der gesetzlichen Regelung (§ 315 Abs. 3 BGB) entsprechend, erweist sich auch, dass in der Vereinbarung eine gerichtliche Überprüfung der durch den Gläubiger vorzunehmenden Bestimmung der Vertragsstrafehöhe ausdrücklich vorgesehen ist (BGH NJW 1994, 45, 46). Für die Angemessenheit der Strafe sind vor allem Schwere und Ausmaß der Zuwiderhandlung und das Verschulden des Verletzers entscheidend. Zu berücksichtigen sind alle Umstände des Einzelfalls, insbesondere die Funktion der Strafe als Druck- und Sicherungsmittel und als pauschalierter Schadensersatz, das Interesse des Gläubigers an der Verhinderung der Handlung (BGH NJW 1984, 919, 921), die Art des Verstoßes, der Verschuldensgrad und die wirtschaftliche Lage des Schuldners (BGH NJW 1994, 45, 46 f.).

bb) Bei Anwendung dieser Grundsätze bestehen hier gegen die von der Klägerin festgesetzte Höhe der Vertragsstrafe keine Bedenken. Der festgesetzte Betrag von 5.001 € ist erforderlich und angemessen, um den Beklagten künftig zur Einhaltung seiner Unterlassungsverpflichtung anzuhalten und weitere negative Aussagen über die Software-Produkte der Klägerin im Internet tatsächlich zu unterbinden. Soweit es im vorgerichtlichen Anwaltsschreiben vom 27.05.2008 heißt, der Beklagte irre sich, wenn er meine, „als Hartz IV-Empfänger“ nicht für die festgesetzte Vertragsstrafe aufkommen zu müssen, hat der Beklagte dies im Rechtsstreit nicht aufgegriffen und zu seiner wirtschaftlichen Lage nichts Weiteres vorgetragen. Ferner ist die Vertragsstrafe – unbeschadet des § 13 Abs. 1 UWG – erkennbar im Blick auf §§ 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG so bemessen, dass die Geltendmachung der Strafe im ersten Rechtszug in die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts fällt. Diese Überlegung ist nicht zu beanstanden, zumal das Landgericht Hamburg offensichtlich in Bezug auf den durch den Vergleich erledigten Unterlassungsanspruch ebenfalls die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts bejaht hatte.
2. Der Zinsanspruch ist in vollem Umfange gegeben. Der Anspruch auf Prozesszinsen von dem Eintritt der – im Klageantrag für den Beginn der Verzinsung genannten – Rechtshängigkeit an ergibt sich gemäß §§ 288 Abs. 1, 291 BGB, 261 Abs. 1, 253 Abs. 1 ZPO allerdings erst ab dem auf die Zustellung der Klageschrift am 16.09.2008 folgenden Tage (vgl. BGH NJW-RR 1990, 518, 519), also dem 17.09.2008. Gleichwohl umfasst die Verzinsung hier im Ergebnis bereits den Tag der Zustellung, weil der Beklagte sich seit Ablauf der im Anwaltsschreiben vom 27.05.2008 gesetzten Frist in Verzug befindet (§§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 1 BGB).

3. Darüber hinaus hat der Beklagte der Klägerin die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in der geltend gemachten Höhe von 439,40 € zu ersetzen.

Zu den ersatzpflichtigen Aufwendungen des Gläubigers zählen grundsätzlich auch die erforderlichen Rechtsverfolgungskosten. Allerdings hat der Schuldner nicht schlechthin alle durch sein pflichtwidriges Verhalten adäquat verursachten Rechtsanwaltskosten zu ersetzen, sondern nur solche, die aus der Sicht des Gläubigers zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren (BGH NJW 2005, 1112; 2008, 1888 f.). Nach dem von dem Beklagten nicht bestrittenen und damit gemäß § 138 Abs. 2 und 3 ZPO als zugestanden anzusehenden Vorbringen in der Klageschrift (Bl. 6 d. A. Mitte) ist die Vertragsstrafe von dem jetzigen Prozessbevollmächtigten der Klägerin bereits ohne Erfolg außergerichtlich geltend gemacht worden. Die durch die vorgerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen aus dem gerichtlichen Vergleich vom 16.05.2008 entstanden Rechtsanwaltskosten sind aus Sicht der Klägerin als zur Wahrnehmung ihrer Rechte erforderlich und zweckmäßig anzusehen. Folglich sind grundsätzlich eine 1,3 Geschäftsgebühr nach §§ 13, 14 RVG in Verbindung mit Nr. 2300 VV in Höhe von 439,40 € zuzüglich Pauschale für Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen (Nr. 7002 VV) in Höhe von 20 € und 19 v. H. Umsatzsteuer (Nr. 7008 VV) zu ersetzen. Der Anspruch ist der Klägerin allerdings nur im geltend gemachten Umfang von 439,40 € zuzusprechen (§ 308 Abs. 1 ZPO). Ist – wie hier – nach der Vorbemerkung 3 Abs. 4 zu Nr. 3100 VV RVG eine wegen desselben Gegenstands entstandene Geschäftsgebühr anteilig auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens anzurechnen, so vermindert sich nicht die bereits entstandene Geschäftsgebühr, sondern die in dem anschließenden gerichtlichen Verfahren anfallende Verfahrensgebühr (BGH NJW 2007, 2049).

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 Satz 1 und 2 ZPO.