Landgericht
Muenchen, Auskunft ebay Pseudonym Identitaet Inhaber Konto
Auskunftsanspruch
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Aktenzeichen: 21 O 2793/05
|
11.
Januar 2006
|
Landgericht
München
Urteil
Im
Namen des Volkes
Leitsätze:
1. Eine
Online-Auktionshaus haftet ab Kenntnis einer Rechtsverletzung als
Störer für die auf seiner Website erfolgende
Rechtsverletzung.
2. Der Verletzte hat
einen Auskunftsanspruch auf Herausgabe der Daten des Rechtsverletzers.
In dem Rechtsstreit
........................................
-
Klägerin -
Prozeßbevollmächtigter:
Rechtsanwalt
gegen
........................................
- Beklagte -
Prozeßbevollmächtigte:
Rechtsanwalt
Tenor:
In
dem Rechtsstreit (...) erlässt das Landgericht
München I, 21. Zivilkammer, auf Grund der mündlichen
Verhandlung vom 12. Oktober 2005 folgendes Endurteil:
1.
Der Beklagten wird es bei Meidung eines für jeden einzelnen
Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu
€ 250.000,00, an dessen Stelle im Falle der Uneinbringlichkeit
eine Ordnungshaft bis zu 6 Monaten tritt, oder einer Ordnungshaft bis
zu 6 Monaten, im Wiederholungsfalle bis zu 2 Jahren, die Ordnungshaft
zu vollziehen am Verwaltungsrat der Beklagten, verboten, deutsche
Übersetzungen von lateinischen Texten aus dem Lehrbuch (...)
im Internet unter der Domain-Adresse (...) zu verbreiten bzw.
verbreiten zu lassen, insbesondere wie durch die Anbieter (...).
2.
Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft zu
erteilen und Rechnung zu legen über den Umfang der Handlungen
gemäß Ziff. 1 seit 30.09.2004, insbesondere
über Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und
anderer Vorbesitzer der Übersetzungen, der gewerblichen
Auftraggeber und/oder Auftragnehmer, über den Umfang und die
Zeitdauer des Angebots der Übersetzungen im Internet
einschließlich der Anzahl der Zugriffe auf die entsprechenden
Internet-Seiten (visits und pageviews), über
sämtliche Verkäufe der Übersetzungen unter
Übergabe einer 1 geordneten Liste, die den jeweiligen
Verkaufstag, das erzielte Höchstgebot/Verkaufspreis sowie
Namen und Anschriften der Verkäufer und gewerblichen
Käufer enthält, über die erzielten
Umsätze in € (unter Einschluss einer durch
Werbung/Sponsoren auf den Internet-Seiten erwirtschafteten Einnahmen),
über den erzielten Gewinn unter Angabe der Kostenfaktoren im
Einzelnen sowie die Kontenverbindungen der Anbieter.
3.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
4.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110
Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig
vollstreckbar.
5.
Der Streitwert des Verfahrens wird auf € 40.000,- festgesetzt.
Sachverhalt:
Die
Parteien streiten über Unterlassungs- und
Auskunftsansprüche der Klägerin wegen Verletzung
ihrer Rechte an einem Lateinlehrbuch durch die Beklagte.
Die
Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts,
die aus drei Schulbuchverlagen besteht und gemeinsam unter anderem das
Latein-Lehrbuch (...) verlegt, das zahlreiche Lehr- und Aufgabentexte
in deutscher und lateinischer Sprache sowie Text- und
Grammatikübungen enthält.
Die
Beklagte betreibt in Deutschland die Internet-Auktionsbörse
(...) und bietet dafür unter der Domain-Adresse (...) ein
Internet-Portal an, über das dritte Personen
Gegenstände anbieten können, die potentielle
Käufer entweder zu einem innerhalb einer Frist abgegebenen
Höchstgebot oder sofort zu einem Festpreis kaufen
können.
Die
Anbieter treten hierbei ausschließlich unter Pseudonymen auf.
Die
Klägerin wurde darauf aufmerksam, dass zunächst die
Anbieter, die unter den Pseudonymen (...) auftraten, später
auch weitere Anbieter auf dem Portal der Beklagten deutsche
Übersetzungen der Übungstexte aus dem (...) anboten.
Ein Anbieter bewarb das Angebot mit einem Text, der auszugsweise
lautete:
"Die
50 Lektionstexte des (...) schülergerecht übersetzt
... Sie bieten hier auf die 50 Übersetzungen, der 50 Lektionen
aus dem gängigen Lateinbuch (...) ... Ich bitte Sie zu
beachten, dass Sie nicht auf das Buch (...) bieten, sondern lediglich
auf die Übersetzungen der Lektionen. Die 50
Lektionsübersetzungen werden in einem praktischen 48-seitigen
DIN A 5-Heft geliefert. Alle Übersetzungen sind
schülergerecht, d.h.: kein Lehrer dürfte vermuten,
dass die Übersetzungen nicht von einem Schüler sind."
Ein
anderer Anbieter beschrieb sein Angebot mit den Worten (Auszug):
"(...)
Die Lösungen für die kompletten Lektionen (enthalten
alle Übersetzungen der Texte und Lösungen der
Arbeitsaufgaben). Diese Lösungen sind leider nirgendwo mehr im
Internet zu erhalten, weil sich die Betreiber der jeweiligen Seiten
durchaus strafbar machen. (...)"
Die
Beklagte wandte sich mit Schreiben vom 02. September 2004 mit der
Aufforderung an die Beklagte, die entsprechenden Angebote zu sperren
sowie Auskunft über Namen und Anschriften der Anbieter zu
erteilen. Sie legte ihre Ansicht dar, dass das Lehrbuch
Urheberrechtsschutz genieße und die Verbreitung von
Übersetzungen dieses verletze, und wies auf mögliche
Schadensersatz-, Auskunfts- und Unterlassungsansprüche hin.
Mit
Schreiben vom 10. September 2004 teilte die Beklagte der.
Klägerin mit, sie könne die angeforderten
Informationen nicht herausgeben, da sie hieran durch § 3 TDDSG
gehindert sei. Des Weiteren wies sie auf ihr so genanntes VeRI-Programm
zur Verhinderung von Schutzrechtsverletzungen hin.
Mit
Schreiben vom 22. September 2004 forderte die Klägerin die
Beklagte auf, eine Erklärung zu unterzeichnen, in der sich die
Beklagte verpflichten sollte, es bei Meidung einer Vertragsstrafe zu
unterlassen, Übersetzungen von lateinischen Texten aus dem
Buch (...) zu verbreiten oder verbreiten lassen, sowie Auskunft
über solche Handlungen unter Angabe von - unter anderem -
Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer
Vorbesitzer der Übersetzungen zu erteilen. Sie setzte der
Beklagten hierfür eine Frist bis zum 30. September 2004 und
begründete ihre Forderung mit der Tatsache, dass sich noch
immer Angebote der gerügten Art auf dem Portal der Beklagten
befänden.
Die
Beklagte teilte daraufhin der Klägerin mit Schreiben vom 30.
September 2004 mit, sie habe die von der Klägerin bezeichneten
Angebote vorzeitig beendet, zusätzliche
Überprüfungen und selbständige Beendigung
seien ihr jedoch nicht möglich, da im Urheberrecht zumeist
keine offensichtlichen Rechtsverletzungen vorlägen und sie
sonst vertragliche Pflichten gegenüber ihren Nutzern durch
unberechtigte Auktionsbeendigungen verletze. So sei unklar, ob die
Übungstexte die notwendige Schöpfungshöhe
aufweisen oder ob es sich um gemeinfreie lateinische Originaltexte
handelt. Auch verwies sie die Klägerin erneut auf das von ihr
eingerichtete VeRI-Programm hin, das es der Klägerin
ermögliche, rechtsverletzende Angebote zu melden und in der
Folge unterbinden zu lassen.
Zu
mehreren Zeitpunkten während des Rechtsstreits fand die
Klägerin weitere Angebote der als ihre Rechte verletzend
gerügten Art auf dem Portal der Beklagten vor (Anlagen K
21-23).
Die
Klägerin trägt vor, es würden in dem
Lehrbuch keine gemeinfreien Originaltexte verwendet, sondern von den
Autoren im Hinblick auf die pädagogischen Anforderungen
(Grammatik, Vokabular) originär geschaffene Texte. Sie
behauptet weiter, sie hätte die ausschließlichen
Nutzungsrechte an den Texten von den Urhebern erworben. Die
Klägerin vertritt die Ansicht, ihr stehe gegen die Beklagte
ein Unterlassungsanspruch nach §§ 97 Abs. 1, 1,
16,17, 19a, 23 UrhG zu. Diese hafte nicht nur als Störerin,
sondern auch als Gehilfin, da sie spätestens seit der
Abmahnung vom 22. September 2004 die Rechtsverletzungen durch die
Anbieter billigend in Kauf nehme. Auch stehe ihr ein Auskunftsanspruch
nach §§ 101a, UrhG, 242, 259 f. BGB zu. Die
Klägerin beantragt zuletzt:
1.
Der Beklagten wird es bei Meidung eines für jeden einzelnen
Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu
€ 250.000,00, an dessen Stelle im Falle der Uneinbringlichkeit
eine Ordnungshaft bis zu 6 Monaten tritt, oder einer Ordnungshaft bis
zu 6 Monaten, im Wiederholungsfalle bis zu 2 Jahren, die Ordnungshaft
zu vollziehen am Verwaltungsrat der Beklagten, verboten, deutsche
Übersetzungen von lateinischen Texten aus dem Lehrbuch (...)
im Internet unter der Domain-Adresse (...) zu verbreiten bzw.
verbreiten zu lassen, insbesondere wie durch die Anbieter (...).
2.
Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft zu
erteilen und Rechnung zu legen über den Umfang der Handlungen
gemäß Ziff. 1 seit 30.09.2004, insbesondere
über Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und
anderer Vorbesitzer der Übersetzungen, der gewerblichen
Auftraggeber und/oder Auftragnehmer, über den Umfang und die
Zeitdauer des Angebots der Übersetzungen im Internet
einschließlich der Anzahl der Zugriffe auf die entsprechenden
Internet-Seiten (visits und pageviews), über
sämtliche Verkäufe der Übersetzungen unter
Übergabe einer geordneten Liste, die den jeweiligen
Verkaufstag, das erzielte Höchstgebot/Verkaufspreis sowie
Namen und Anschriften der Verkäufer und gewerblichen
Käufer enthält, über die erzielten
Umsätze in € (unter Einschluss einer durch
Werbung/Sponsoren auf den Internet-Seiten erwirtschafteten Einnahmen),
über den erzielten Gewinn unter Angabe der Kostenfaktoren im
Einzelnen sowie die Kontoverbindungen der Anbieter.
Die
Beklagte beantragt Klageabweisung.
Sie
ist der Ansicht, das streitgegenständliche Lateinlehrbuch
genieße keinen Urheberrechtsschutz, da die
Übungstexte die erforderliche Schöpfungshöhe
nicht erreichten. Da es sich bei dem Lehrbuch um ein Gebrauchswerk
handle, seien an die Schutzuntergrenze erhöhte Anforderungen
zu stellen.
Die
Beklagte vertritt die Meinung, da die Abmahnung nicht ausreichend
konkret sei, liege keine ausreichend klare Rechtsverletzung durch die
Anbieter vor, sodass die Beklagte weder als Störerin noch,
mangels Gehilfenvorsatz, als Teilnehmerin hafte. Darüber
hinaus sei sie an der Erteilung der geforderten Auskünfte aus
datenschutzrechtlichen Gründen gehindert.
Hinsichtlich
des Weiteren tatsächlichen Vorbringens wird auf die
gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie das
Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 12. Oktober 2005
Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die
zulässige Klage ist in vollem Umfang begründet.
I.
1.
Die
Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf
Unterlassung gemäß § 97 Absatz 1 UrhG.
a)
Die lateinischen Lektionstexte des (...) genießen
urheberrechtlichen Schutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 UrhG.
Die
Klägerin hat durch Vorlage des streitgegenständlichen
Werkes nachgewiesen, dass es sich bei den Texten nicht um die
gemeinfreien lateinischen Originaltexte handelt, sondern um Texte, die
entweder von den jeweiligen Autoren selbst verfasst wurden oder
zumindest in einer weit gehenden Überarbeitung von
lateinischen Originaltexten bestehen. Auch wenn einige Lektionen an
klassische Vorlagen angelehnt sind, ist offenkundig, dass diese Texte
umfassend in Bezug auf die verwendeten grammatikalischen Konstruktionen
und das Vokabular an die Bedürfnisse des Schulunterrichts
angepasst wurden: Jeder, der in einer Fremdsprache unterrichtet wurde,
weiß, dass unveränderte Originaltexte
regelmäßig erst nach mehrjähriger
Beschäftigung mit der Sprache beherrscht werden
können und daher ohne Anpassung für
Schullehrbücher nicht geeignet sind.
Zudem
geben die im streitgegenständlichen Lehrbuch enthaltenen
Hinweise auf vorbestehende Werke durch Angaben wie "nach Sueton" oder
"In Anlehnung an Ovid, ..." geben zudem klar zu erkennen, dass es sich
gerade nicht um die Originaltexte selbst, sondern um
(unterrechtsgerechte) Neuschöpfungen handelt.
Die
Texte erreichen auch die notwendige Schöpfungshöhe.
Die von den Autoren selbst verfassten Texte stellen
persönliche geistige Schöpfungen im Sinne von
§ 2 Abs. 2 UrhG dar und genießen somit
urheberrechtlichen Schutz.
Bei
Werken, die nicht rein literarischer Natur sind, kommt es darauf an,
dass die schöpferischen Eigenheiten des Schriftwerkes das
Alltägliche und Handwerksmäßige deutlich
überragen und sich die Leistung des Urhebers nicht auf eine
mechanisch-technische Aneinanderreihung des Materials
beschränkt (vgl. BGH GRUR 1986, 739, 741 -
Anwaltsschriftsatz). Verfassen wie im vorliegenden Fall qualifizierte
Autoren wie Lehrer und Professoren neue Übungstexte oder
wandeln sie bestehende Originaltexte unter Berücksichtigung
von pädagogischen Gesichtspunkten aufwändig in
Übungstexte um, so geht dies über rein mechanische
oder handwerkliche Tätigkeiten hinaus und verleiht den Werken
- durch die diesen eigentümliche Form und Anordnung des
dargebotenen Stoffes und durch das Bemühen um einen (trotz
Einschränkungen bei Wortschatz und Grammatik) authentischen
Stil - einen eigenen geistig -schöpferischen Gehalt.
Auch
Einschränkungen, wie sie vom Bundesgerichtshof für
wissenschaftliche Schriftwerke entwickelt wurden, um den freien Zugang
zur wissenschaftlichen Lehre zu gewährleisten (vgl. z.B. BGH
GRUR 1981, 352, 353 - Staatsexamensarbeit), sind im vorliegenden Fall
nicht einschlägig, da ein für den Schulgebrauch
vorgesehenes Latein-Lehrbuch nicht der wissenschaftlichen Lehre
zuzuordnen ist.
b)
Die Klägerin hat auch durch Vorlage des Autoren- und des
Herausgebervertrages (Anlagen K 18 und 19) die Übertragung der
Verwertungsrechte durch die Urheber an die Klägerin
hinreichend bewiesen.
c)
Die Personen, die unter Pseudonym im Internetportal der Beklagten
selbst erstellte Übersetzungen der Lektionstexte ohne die
Einwilligung der Klägerin als Rechtsinhaberin verkaufen,
verletzen deren Rechte gemäß § 23 S. 1
UrhG. Die Beklagte hat insofern nicht bestritten, dass es
tatsächlich zu Verkäufen der angebotenen
Übersetzungen kam, was nach dem gewöhnlich zu
erwartenden Gang der Dinge auch nahe liegt. (vgl. Klageschrift, Bl. 6
der Akte und Seite 4 des Schriftsatzes vom 04.10.2005, Bl. 85 der Akte).
d)
Die Beklagte kann schon als Störerin wegen der über
ihr Auktionsportal abgewickelten Verletzungshandlungen auf Unterlassung
in Anspruch genommen werden.
aa)
Als Störer haftet bei der Verletzung von absolut
geschützten Rechten wie dem Urheberrecht jeder, der
willentlich und adäquat kausal zu der Rechtsverletzung
beiträgt (BGH MMR 2004, 668, 671 - Internetversteigerung /
Rolex).
Um
diese Haftung Dritter als Störer nicht ausufern zu lassen,
schränkt der Bundesgerichtshof sie auf die Fälle ein,
in denen die in Anspruch genommenen mittelbaren Verletzer eine ihnen
zumutbare Prüfungspflicht verletzt haben (BGH MMR 2004, 668,
671 - Internetversteigerung /Rolex; BGHI GRUR 1999, 418, 420 -
Möbelklassiker). Da bei Unternehmen wie der Beklagten, die
ähnlich wie Anzeigenteile von Presseerzeugnissen oder
Verkaufsmessen in großem Umfang Angebote Dritter aufnehmen,
eine generelle präventive Überprüfung nicht
möglich ist, beschränkt sich bei solchen Unternehmen
die Verantwortlichkeit darauf, die konkreten Angebote
unverzüglich zu sperren und weitere gleichartige
rechtsverletzende Angebote zu verhindern, wenn sie auf klare
Rechtsverletzungen hingewiesen werden (BGH MMR 2004, 668, 671 f. -
Internetversteigerung / Rolex).
Seit
dem Schreiben vom 02. September 2004, in dem die Klägerin die
Beklagte auf spezifische rechtsverletzende Angebote auf dem Portal der
Beklagten hinwies, waren diese Voraussetzungen erfüllt.
Mit
den Hinweisen der Klägerin war es für die Beklagte
ohne größeren Aufwand möglich zu erkennen,
dass die bezeichneten Angebote das Urheberrecht der Klägerin
verletzten. Schon aus dem Schreiben der Klägerin vom 02.
September 2004 und den konkret bezeichneten Angeboten konnte die
Beklagte erkennen, dass Übersetzungen des von der
Klägerin herausgegebenen Lehrbuchs verbreitet wurden. Aus den
Anzeigen selbst konnte sie auch schließen, dass diese
Übersetzungen in der dargebotenen Form ("DIN A 5 Heft", "DIN A
4 Blätter" teilweise auch mit Abbildungen) und mit den
angepriesenen Inhalten („kein Lehrer dürfte
vermuten, dass die Übersetzungen nicht von einem
Schüler sind"; „nirgendwo mehr im Internet zu
erhalten, weil sich die Betreiber der jeweiligen Seiten durchaus
strafbar machen") nicht auf die Klägerin
zurückgingen. Des Weiteren wurde schon in dem Schreiben der
Klägerin vom 02.09.2004 erklärt, dass sie die
notwendige Einwilligung für die Bearbeitungen durch die
Anbieter nicht erteilt habe.
Alleine
diese Tatsachen reichten aus, um eine erkennbare klare Rechtsverletzung
im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zu
begründen. Würde man demgegenüber eine klare
Rechtsverletzung - wie die Beklagte verlangt - nur dann annehmen, wenn
der Verletzte im Rahmen seines Hinweises urkundliche Belege
sämtlicher potentiell bestreitbarer Tatbestandsmerkmale der
Urheberrechtsverletzung vorlegt, würde dies die Anforderungen
überspannen und im Ergebnis einer Rechtsverweigerung gleich
kommen: Den Betreibern von Internetverkaufsplattformen würde
andernfalls der simplen Hinweis auf potentielle Zweifel an den
rechtlichen Voraussetzungen einer Urheberrechtsverletzung
genügen, um sich einer Überprüfung der von
ihnen verbreiteten Angebote - jedenfalls vorerst - zu entziehen. Der
Beklagten ist daher zumindest gehalten, zusammen mit dem Rechteinhaber
eine Klärung der konkreten Punkte herbeizuführen, in
Bezug auf die - bei vernünftiger Betrachtung - noch Zweifel am
Bestehen von dessen Schutzrecht oder der Verletzung dieses Rechts durch
den Anbieter bestehen können.
bb)
Die Annahme einer ausreichend klaren Rechtsverletzung im vorliegenden
Fall steht auch nicht im Gegensatz zu den Vorgaben, die der BGH in der
Entscheidung „Internetversteigerung - Rolex" (MMR 2004, 668)
gemacht hat. Zwar ist der Beklagten zuzugeben, dass die
Rechtsinhaberschaft und die Rechtsverletzung im Markenrecht
häufig leichter nachzuweisen sein werden als im Urheberrecht.
Dies ist bei den konkreten Angeboten aber - auch im Vergleich zu dem
vom BGH beurteilten Sachverhalt - gerade nicht der Fall.
Angesichts
der oben dargelegten Hinweise, die sich für die Beklagte schon
aus den Texten der streitgegenständlichen Angebote selbst
ergaben, konnte die Beklagte die Bestätigung der Richtigkeit
des Hinweises der, Klägerin ohne Weiteres bereits aus diesen
selbst entnehmen. Etwa verbleibende Zweifel hätte sie ohne
großen Aufwand durch einfache Nachforschungen
bezüglich der Tatsachen - die meisten der von der Beklagten
als fehlend gerügten Informationen hätten schon durch
konstruktive Nachfragen bei der Klägerin ermittelt werden
können - und Einholung von rechtlichem Rat zu beseitigen.
Derartige Bemühungen erscheinen auch angesichts des eigenen
wirtschaftlichen Interesses an der Durchführung der Auktionen
der Beklagten auch zumutbar. Insbesondere ist es ihr ohne weiteres
zuzumuten, entsprechenden rechtlichen Sachverstand unternehmensintern
oder -extern verfügbar zu halten, der ihr die zutreffende
Beurteilung klarer Verstöße gegen absolut
geschützte Rechtsgüter erlaubt.
Es
konnte die Beklagte daher nicht von ihrer Haftung als Störerin
befreien, dass sie sich mit fern liegenden Argumenten der Erkenntnis
einer weitgehend klaren Rechtsverletzung verschloss und die
Rechtsinhaberschaft der Klägerin als leicht zu ermittelnder
Herausgeberin des Buches oder die Schutzfähigkeit des
Lehrbuches in Zweifel zog.
cc)
Diese Auslegung des Erfordernisses einer "klaren Rechtsverletzung" ist
auch vereinbar mit den Urteilen des Bundesgerichtshofes, in denen die
Anforderungen an die Klarheit von Rechtsverletzungen und die
Zumutbarkeit von Prüfungspflichten in Fällen der
Haftung als mittelbarer Störer entwickelt wurden. So kann sich
die Beklagte im Gegensatz zu der in der Sache "Möbelklassiker"
(BGH GRUR 1999, 418, 420) nicht auf die Pressefreiheit berufen. Auch
ist im Fall von Werbeanzeigen in Presseorganen die Person, die die
unmittelbar verletzende Handlung vornimmt, selbst erkennbar und kann
damit auch durch Inhaber von Schutzrechten verfolgt werden,
während im vorliegenden Fall die Anbieter selbst nicht
unmittelbar greifbar sind, da diese auf dem Portal der Beklagten nur
unter Pseudonymen auftreten.
dd)
Der Beklagten standen schließlich auch technisch und
wirtschaftlich zumutbare Kontrollmöglichkeiten zur
Verfügung, um ab dem 02. September 2004 die durch die
Klägerin konkret bezeichneten sowie im Wesentlichen gleiche
Angebote zu ermitteln und zu unterbinden. Dass dies unproblematisch
möglich ist, ergibt sich schon daraus, dass die Beklagte
selbst vorträgt, die Klägerin könne mit
"vernachlässigbarem Aufwand" (Schreiben vom 30.09.2004, Anlage
K13) möglicherweise verletzende Angebote mit Hilfe der
Suchfunktion des Auktionsportals ermitteln. Es ist daher davon
auszugehen, dass es gleichermaßen der Klägerin
möglich ist, mit geringem Aufwand eine automatische
Filterfunktion einzurichten, die möglicherweise verletzende
Angebote anhand von Suchworten wie "Cursus Continuus" und
"Übersetzung" identifiziert und zur individuellen Beurteilung
Mitarbeitern der Beklagten vorlegt. Der damit zusammenhängende
Aufwand für die Beklagte, um weitere kerngleiche
Verstöße zu vermeiden, ist ihr angesichts ihres
finanziellen Interesses an den Verletzungshandlungen, das sie auf Grund
der für die Benutzung des Auktionsportales anfallenden
Gebühren an den verletzenden Umsätzen hat, auch
zuzumuten. Ob auch die noch weitergehende, vom LG Hamburg im Urteil vom
04.01.2005, Anlage K 20, präventive Kontrolle im Rahmen der
Einstellung neuer Angebote (statt des bloßen Einsatzes
"reaktiver Filter", die bereits eingestellte Angebote scannen)
technisch mit vertretbarem Auf wand machbar ist, muss vorliegend nicht
entschieden werden.
e)
Da die Beklagte nicht bereit ist, eine Unterlassungserklärung
abzugeben, besteht Wiederholungsgefahr.
f)
Dem Unterlassungsanspruch der Klägerin steht auch nicht die
Haftungsprivilegierung nach §§ 8 Abs. 2, 11 TDG
entgegen. Wie der Bundesgerichtshof überzeugend dargelegt hat
(BGH MMR 2004, 668, 669 -Internetversteigerung / Rolex) und sich auch
aus dem 45. Erwägungsgrund der Richtlinie über den
elektronischen Geschäftsverkehr (Richtlinie 2000/31/EG des
Europäischen Parlaments und des Rates vom 08. Juni 2000
über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der
Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen
Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt), die diesen Vorschriften zu
Grunde liegt, ergibt, steht diese Haftungsprivilegierung einer
Unterlassungsverpflichtung nicht im Weg.
2.
Die
Klägerin hat auch nach § 101a UrhG Anspruch auf
Auskunft über die Anbieter der Übersetzungen und
deren Umsätze.
a)
Die Anbieter handeln im Sinne von § 101 a Abs. 1 UrhG im
geschäftlichen Verkehr.
Nach
der Rechtsprechung des BGH sind an dieses Merkmal keine hohen
Anforderungen zu knüpfen (BGH MMR 2004, 668, 671 -
Internetversteigerung / Rolex). Vielmehr ist jedes Handeln als
geschäftlich anzusehen, das nicht ausschließlich dem
privaten oder amtlichen Bereich zuzuordnen ist. In Anbetracht der
Tatsache, dass nach dem von der Beklagten nicht bestrittenen Vortrag
der Klägerin einzelne Anbieter mehrmals die
Übersetzungen verkauft haben, ist von einem Handeln im
geschäftlichen Verkehr auszugehen.
b)
Die Anbieter der Übersetzungen verletzen das Urheberrecht der
Klägerin, indem sie Vervielfältigungsstücke
des geschützten Werkes verbreiten.
Auch
Bearbeitungen von urheberrechtlich geschützten Werken wie die
streitgegenständlichen Übersetzungen stellen
Vervielfältigungsstücke dieser Werke dar (vgl. zum
LUG: BGHZ 26, 52, 56 - Sherlock Holmes; BGH GRUR 1963, 441, 443 - Mit
Dir allein). Zwar stellt § 23 UrhG für Bearbeitungen
gegenüber § 16 UrhG spezielle Regelungen für
die Verwertung auf (vgl. Wandtke / Bullinger, UrhR 1. Aufl. 2002,
§ 16 UrhG Rn. 6), es spricht jedoch nichts im Wortlaut des
§ 101a UrhG oder des § 23 UrhG dafür, dass
der Anspruch auf Drittauskunft bei Herstellung und Verbreitung von
Vervielfältigungsstücken durch § 23 UrhG
eingeschränkt werden soll.
c)
Die Verletzungshandlungen durch die Anbieter sind spätestens
seit dem 30. September 2004 der Beklagten als Gehilfin zuzurechnen,
sodass diese nach § 830 Abs. 1 S. 1 BGB den unmittelbaren
Verletzern gleich steht.
Eine
Haftung als Gehilfin ist entgegen dem Vorbringen der Beklagten nicht
deshalb ausgeschlossen, weil die Angebote ihrer Kunden
regelmäßig in einem automatisierten Verfahren in das
Auktionsportal übernommen werden, ohne im Einzelnen auf ihren
Inhalt überprüft zu werden. Der BGH hat vielmehr
ausdrücklich offen gelassen, "ob eine Gehilfenstellung dann in
Betracht zu ziehen ist, wenn die Pflichten, die sich aus der Stellung
der Bekl. als Störerin ergeben, nachhaltig verletzt werden."
(BGH MMR 2004, 668, 671 -Internetversteigerung / Rolex)
Vorliegend
sind die Voraussetzungen einer Gehilfenstellung erfüllt.
aa)
Unstreitig kam es noch bis mindestens 11.08.2005 zur Verbreitung der
rechtswidrig hergestellten Vervielfältigungen der Texte der
Klägerin. Für diese war die Beklagte
ursächlich, da sie über ihre Plattform den Kauf und
Versand vermittelte. Die Einschränkungen, die das OLG
München in seiner Entscheidung vom 28.07.2005,
„Kopierschutzumgehung" (MMR 2005, 768, 771) angesichts der
dort nicht ausreichend nachgewiesenen Ursächlichkeit
für tatsächliche Verkäufe des zur
Aushebelung des Kopierschutzes geeigneten Softwareprodukts, aufstellte,
greifen daher vorliegend nicht.
bb)
Aus der in manchen Angeboten zum Ausdruck gebrachten Kenntnis um die
Strafbarkeit der Verbreitung der Übersetzungen im Internet ist
zu schließen, dass zumindest einzelne Anbieter
vorsätzlich das Urheberrecht der Klägerin verletzen.
Die Unterstützungshandlung der Beklagten besteht darin, dass
sie durch Anbieten der Auktionsplattform im Internet den Anbietern den
Vertragsschluss ermöglicht und die Angebote einem
großen Kreis potentieller Kunden zugänglich gemacht
wird.
cc)
Die Beklagte handelte auch mit bedingtem Gehilfenvorsatz, da sie von
der Verletzung des Urheberrechts der Klägerin durch konkrete
Angebote von nicht autorisierten Übersetzungen des "Cursus
Continuus" kannte und sie billigend in Kauf nahm, indem sie die
konkreten Verkaufsvorgänge sogar während des bereits
anhängigen Zivilprozesses weiter auf ihrem Portal geschehen
ließ und diese sowie weitere, im wesentlichen gleiche
Angebote nicht unterband.
Der
bedingte Vorsatz des Gehilfen muss auch das Bewusstsein der
Rechtswidrigkeit umfassen (BGH MMR 2004, 668, 671 -
Internetversteigerung / Rolex).
Auch
diese Voraussetzung war spätestens am 30. September 2004
erfüllt, nachdem die von der Klägerin gesetzte Frist
zur Abgabe einer Unterlassungserklärung abgelaufen war.
Grundsätzlich ist für die Annahme bedingten Vorsatzes
erforderlich, dass sich der Gehilfe der Möglichkeit der
Rechtswidrigkeit der Verletzungshandlung durch den unmittelbaren
Verletzer bewusst ist. Hierfür ist es nicht ausreichend, dass
die Beklagte lediglich generelle Kenntnis davon hat, dass auf ihren
Marktplatz auch Produkte angeboten werden, die die Schutzrechte Dritter
verletzen.
Die
Beklagte handelte jedoch auch in Bezug auf solche Angebote mit
bedingtem Vorsatz, die kerngleich mit den von der Klägerin
bezeichneten Angeboten sind und nach dem 30. September in das Portal
der Beklagten eingestellt wurden (vgl. zu übertragbaren
Erwägungen im Bereich des Strafrechts zur notwendigen
Bestimmtheit des Gehilfenvorsatzes allgemein BGH NStZ 1997, 272, 273,
zur Beihilfe durch "neutrale" Handlungen BGH NStZ 2000, 34).
Bezüglich solcher Angebote haftet die Beklagte seit dem 02.
September 2004 als Störerin.
Indem
die Beklagte gegen ihre daraus erwachsenden Prüfungspflichten
verstieß, weil sie die auf der Hand liegende
Möglichkeit weiterer Rechtsverletzungen durch die bezeichneten
Angebote nicht überprüfte und nichts unternahm, um
mögliche weitere Rechtsverletzungen zu verhindern, nahm sie
billigend in Kauf, dass es zu weiteren Urheberrechtsverletzungen kommen
konnte.
d)
Die Verpflichtung zur Auskunft über die Anbieter der
Übersetzungen stellt keine
unverhältnismäßige Belastung der
Klägerin im Sinne von § 101a Abs. 1 letzter Halbsatz
UrhG dar.
aa)
Sie ist geeignet, der Klägerin die Durchsetzung ihrer
Ansprüche wegen der Verletzungen ihres Urheberrechts
gegenüber den Anbietern als unmittelbaren Verletzern zu
ermöglichen.
bb)
Die Verpflichtung der Beklagten zur Drittauskunft ist auch
erforderlich, da die Klägerin keine weniger in die Rechte der
Beklagten eingreifenden Möglichkeiten hat, die Informationen
über die Anbieter rechtsverletzender Produkte zu erlangen, die
sie benötigt, um ihre Rechte effektiv durchsetzen zu
können. Insofern kann sie auch nicht von der Beklagten auf
deren VeRI-Programm verwiesen werden, da es nicht von der Gestaltung
der allgemeinen Geschäftsbedingungen des jeweiligen
Internetportals und einer Einwilligung der potentiellen
Schädiger abhängen kann, ob der Inhaber eines
Schutzrechts seine Rechtsposition wirksam durchsetzen kann.
cc)
Schließlich ist die Belastung der Beklagten mit einer
Auskunftsverpflichtung auch verhältnismäßig
i. e. S., da sie nur Angaben zur Verfügung stellen muss,
über die sie schon verfügt, und ihrem Recht am
eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb das Urheberrecht
der Klägerin gegenübersteht und mit diesem abgewogen
werden muss (vgl. LG Hamburg MMR 2005, 55, 58). Die Belastung der
Beklagten mit der Filterung und Überprüfung der von
ihr weiterverbreiteten Angebote ist nicht größer,
als die, die im Rahmen ihres VeRI-Programmes potentiellen
Geschädigten überbürden möchte,
siehe hierzu bereits oben I.1.d)dd).
e)
Der Auskunftsanspruch ist auch nicht wegen § 11 TDG
ausgeschlossen.
Nach
§ 11 Nr. 1 TDG haften Dienstanbieter wie die Beklagte nur dann
nicht wegen durch sie für Dritte gespeicherte Informationen
auf Schadenersatz, wenn ihnen "keine Tatsachen oder Umstände
bekannt sind, aus denen die rechtswidrige Handlung oder die Information
offensichtlich wird".
Wie
oben dargelegt wurde, hatte die Beklagte durch die Schreiben vom 02.
und vom 22. September 2004 Informationen von der Klägerin
erhalten, die es ihr ermöglichten, ohne unzumutbaren Aufwand
von den urheberrechtsverletzenden Angeboten Kenntnis zu nehmen und sich
von ihrer Rechtswidrigkeit zu überzeugen (vgl. Spindler /
Schmitz /Geis, TDG, 2004, § 11 TDG Rn. 22). Da sich die
Haftung der Beklagten nur auf Angebote mit konkreten, einfach zu
identifizierenden Schlüsselwörtern
beschränkt, verstößt sie auch nicht gegen
das Verbot einer allgemeinen Überwachungspflicht nach
§ 8 Abs. 2 S. 1 TDG.
Da
der hier fragliche Auskunftsanspruch unmittelbar der Durchsetzung von
Schadenersatzansprüchen dient und auch geringere Belastungen
für den Anspruchsgegner mit sich bringt als
Schadenersatzansprüche, sind die weniger strengen
Voraussetzungen des § 11 Nr. 1 zweiter Alternative TDG
anzuwenden und nicht das Erfordernis der positiven Kenntnis der
rechtswidrigen Verletzungshandlungen der ersten Alternative.
f)
Die Beklagte ist auch datenschutzrechtlich berechtigt, der
Klägerin die verlangte Auskunft über die Anbieter zu
erteilen. Zwar schließt grundsätzlich § 3
Abs. 1 TDDSG die verlangte Herausgabe von personenbezogenen Daten
über Kunden der Beklagte an die Klägerin aus, das LG
Hamburg hat jedoch in seinem Urteil vom 07.07.2004 (MMR 2005, 55, 58
f.) ausführlich und in überzeugender Weise dargelegt,
dass, obwohl die Vorschriften des spezielleren TDDSG
grundsätzlich das BDSG verdrängen (§ 1 Abs.
3 BDSG), in Fällen wie dem vorliegenden eine
Ermächtigung der Beklagten zur Auskunft nach dem
Rechtsgedanken von § 28 Abs. 3 Nr. 1 BDSG anzunehmen ist.
Diese
Anwendung von § 28 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 BDSG neben den
Erlaubnistatbeständen des TDDSG kann zum einen auf die
Tatsache gestützt werden, dass entgegen der in den
Gesetzesmaterialien vertretenen Ansicht (BT-Drs. 14/6098 vom 17. Mai
2001, S. 14) die Erlaubnistatbestände des TDDSG (konkret
§§ 5 und 6 f DSSG) bezüglich des Umganges
mit personenbezogenen Daten insofern nicht abschließend sein
können, als sie keine Regelungen zur Frage der Datenermittlung
im berechtigten Drittinteresse oder zur Abwehr von Gefahren
für die staatliche und öffentliche Sicherheit
beinhalten (LG Hamburg MMR 2005, 55, 59). Da nach § 1 Abs. 3
BDSG das BDSG nur subsidiär ist, "soweit andere
Rechtsvorschriften des Bundes auf personenbezogene Daten
einschließlich deren Veröffentlichung anzuwenden
sind", ist seine Anwendung daher nicht ausgeschlossen.
Zum
anderen ergibt sich die Notwendigkeit, § 28 Abs. 3 S. 1 Nr. 1
BDSG ergänzend heranzuziehen, aus einer Abwägung der
nach Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG geschützten Rechtsposition der
Klägerin mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung
der Anbieter der Übersetzungen (Art. 2 Abs. 1 GG). Inhabern
von Schutzrechten ist es nicht möglich, Ansprüche
gegen Anbieter, die unter Synonymen auftreten, ohne Informationen, wie
sie die Klägerin fordert, zu unterbinden und
Schadensersatzansprüche geltend zu machen. Diese
Möglichkeit muss jedoch Urheberrechtsinhabern gewährt
werden, da der Gesetzgeber nur so seiner Verpflichtung nachkommen kann,
eine angemessene Verwertung von Urheberrechten als Rechte i. S. v. Art.
14 GG sicher zu stellen (vgl. BVerfG NJW 1971, 2163, 2164).
In
der Abwägung für den konkreten Fall ist auch der
Hinweis der Beklagten auf ihr VeRI-Programm aufschlussreich: Dieses
dient zwar dem legitimen Interesse der Beklagten, im Massenverkehr
häufig auftretende Verletzungen zügig zu unterbinden,
zeigt jedoch gerade im Umkehrschluss, dass die geltend gemachten
Ansprüche bestehen müssen: Es kann gerade nicht von
dem Willen der Betreiber von Auktionsplattformen und den einzelnen
Anbietern abhängen, ob Urheberrechtsinhaber durch im Vorhinein
erteilte Einwilligungen zur Auskunftserteilung eine
Möglichkeit erhalten, ihre den Schutz von Artikel 14 GG
genießenden Rechte effektiv durchzusetzen. Auch ist den
Inhabern von Schutzrechten nicht zuzumuten, dass ihnen die Beklagte
ihre schon weit eingeschränkten Prüfungspflichten
sowie das Risiko der irrtümlichen Geltendmachung von
Urheberrechtsverletzungen aufbürdet, indem diese ihre
Rechtsinhaberschaft an Eides statt versichern müssen und die
angeblich verletzenden Angebote selbst auf dem Marktplatz der
Klägerin identifizieren müssen, (vgl. zur Funktion
des VeRI-Programmes Bl. 77 d. A.)
Die
Voraussetzungen des § 28 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 BDSG sind auch
erfüllt. Der vorrangige § 28 Abs. 1 BDSG ist nicht
einschlägig, da die Auskünfte nicht zur Verfolgung
von Geschäftszwecken der Beklagten herausgegeben werden
sollen. Die Klägerin ist jm Verhältnis zur Beklagten
als Daten verarbeitender Stelle, und den Anbietern der
Übersetzungen als Personen, auf die sich die zu
übermittelnden Daten beziehen, Dritte i. S. v. § 28
Abs. 3 S. 1 Nr. 1 BDSG. Der zivilrechtliche Anspruch auf Auskunft nach
§ 101a Abs. 1 UrhG stellt ein berechtigtes Interesse i. S. v.
§ 28 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 BDSG dar. Schließlich liegen
keine Anhaltspunkte für ein schutzwürdiges Interesse
der Anbieter der Übersetzungen als Betroffenen vor. Das
Interesse der Anbieter, wegen ihrer schuldhaft begangenen
Urheberrechtsverletzungen nicht belangt zu werden, ist nicht
schutzwürdig.
3.
Der
Klage auf Auskunftserteilung ist auch insoweit stattzugeben, als die
Klägerin über § 101a UrhG hinausgehend auf
§§ 101a Abs. 5, 97 Abs. 1 S. 2 UrhG, 242, 259, 260
BGB gestützt Auskünfte verlangt, die für die
Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen gegen die Beklagte
selbst von Bedeutung wären.
a)
Dem Grunde nach hat die Klägerin einen Schadensersatzanspruch
gegen die Beklagte: Seit dem 30. September 2004 haftet die Beklagte als
Gehilfin für die durch die Anbieter begangenen
Urheberrechtsverletzungen. Wie oben dargelegt wurde, ist diese Haftung
der Klägerin auch nicht nach §§ 8 Abs. 2, 11
TDG ausgeschlossen.
Da
einzelne Rechtsverletzungen positiv festgestellt werden
können, genügt in Bezug auf weitere
Verletzungsfälle die Darlegung der Wahrscheinlichkeit solcher
Fälle (Möhring / Nicolini, UrhG 2. Aufl. 2000,
§ 97 Rn. 231, 234). Diesem Erfordernis genügt die
Klägerin, indem sie über den Termin der
mündlichen Verhandlung hinaus verletzende Angebote geltend
macht.
b)
Die Klägerin befindet sich in entschuldbarer Ungewissheit
über die Höhe ihrer Ansprüche gegen die
Beklagte, da sie diese nur anhand der geforderten Informationen
ermitteln kann.
c)
Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die
Auskunftserteilung für die Beklagte unzumutbar sein
könnte.
d)
Die durch die Klägerin geforderten Angaben
übersteigen nicht den Umfang dessen, was zur Bezifferung des
Anspruchs der Klägerin notwendig ist (vgl. zu diesem
Erfordernis Möhring / Nicolini, UrhG 2. Aufl. 2000, §
97 Rn. 233).
II.
Die
Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO.
Die
vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 und
2 ZPO.
Der
Streitwert wurde gemäß §§ 3 ff.
ZPO, 3, 63 Abs. 2 GKG festgesetzt.
(Unterschriften)