Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
Landgericht
Köln
IM
NAMEN DES VOLKES
URTEIL
Tenor:
Der
Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 4.813,60 €
nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem
gesetzlichen Basiszinssatz seit dem 07.06.2006 zu zahlen. Im
Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 10 % und der
Beklagte zu 90 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den
Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 %
des jeweils zu vollstreckenden Betrags. Der Kläger darf die
Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des
auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der
Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 %
des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand:
Die
Parteien streiten über die Erstattung von Anwaltskosten
aufgrund einer Abmahnung.
Die
Mandantschaft des Klägers (F GmbH und N GmbH) gehört
zu den führenden deutschen Tonträgerherstellern. Am
31.08.2005 um 13:59:00 Uhr (MESZ) wurden unter der IP-Nummer:
"80.136.241.161" und dem Usernamen "Sensibelchen1985..." mittels einer
Filesharing-Software, die auf dem WinMX-Protokoll basiert, die
folgenden 380 Audiodateien zum Herunterladen verfügbar
gemacht: - Fotokopie -
Ein
bei der Staatsanwaltschaft Bonn unter dem Az. 400 Js 1849/05
geführtes und mittlerweile gem. § 153 StPO
eingestelltes Ermittlungsverfahren wegen Urheberrechtsverletzung ergab,
dass die oben genannte IP-Nummer zum streitgegenständlichen
Zeitpunkt dem Beklagten zugeordnet war. Im Rahmen der am 22.11.2005 von
der Kreispolizeibehörde Euskirchen durchgeführten
Beschuldigtenvernehmung gab der Beklagte an, über die
Tauschbörse WinMX "(...) hin und wieder Musik gesucht und die
heruntergeladen (...)" zu haben.
Die
Auswertungsrechte für das Gebiet der Bundesrepublik
Deutschland bezüglich der oben genannten Aufnahmen liegen
exklusiv bei der Mandantschaft des Klägers. Verwertungsrechte
zur öffentlichen Zugänglichmachung dieser Aufnahmen
gem. § 19a UrhG hatte der Beklagte bei diesen nicht eingeholt.
Mit
Schreiben vom 19.01.2006 machte der Kläger namens und in
Vollmacht seiner Mandantschaft urheberrechtliche Unterlassungs- und
Auskunftsansprüche gegen den Beklagten geltend und gab ihm
unter Fristsetzung bis zum 06.02.2006 die Möglichkeit, mit
Zahlung einer Vergleichssumme in Höhe von 4.000 €
sämtliche Schadensersatz- sowie
Kostenerstattungsansprüche abzugelten.
Mit
Schreiben vom 27.01.2006 gab der Beklagte die geforderte strafbewehrte
Unterlassungserklärung ab, verweigerte jedoch die Zahlung der
angebotenen Vergleichssumme. Weitere Vergleichsbemühungen des
Klägers im Anschluss hieran scheiterten.
Mit
Schreiben vom 22.06.2006 spezifizierte der Kläger namens und
in Vollmacht seiner Mandantschaft die angefallenen Kosten und machte
auf Grundlage jeweils eines pauschalen Gegenstandswerts von 250.000
€ unter Fristsetzung bis zum 06.07.2006
Kostenerstattungsansprüche von insgesamt 5.375,20 €
geltend.
Der
Kläger behauptet, dass ihm die
Kostenerstattungsansprüche seiner Mandantschaft abgetreten
worden seien.
Der
Kläger beantragt,
den
Beklagten zu verurteilen, an ihn 5.375,20 € nebst Zinsen in
Höhe von 5 Prozentpunkten über dem gesetzlichen
Basiszinssatz seit dem 07.06.2006 zu zahlen.
Der
Beklagte beantragt,
die
Klage abzuweisen.
Der
Beklagte rügt die örtliche Zuständigkeit des
Landgerichts Köln. Er ist der Auffassung, die Einschaltung des
Klägers sei nicht erforderlich gewesen, da die
Tonträgerunternehmen die Abmahnungen
durchaus auch in ihren
Rechtsabteilungen hätten anfertigen können. Die
Sachverhalte seien gleich gelagert, es handele sich daher um eine
Serienabmahnung,
die auch mit einem Musterbrief erledigt werden
könne. Zudem sei die Klageforderung übersetzt.
Wegen
der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird
ergänzend auf den vorgetragenen Inhalt der wechselseitigen
Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen. Das Gericht hat gem.
Beschluss vom 28.03.2007 Beweis erhoben durch die Vernehmung der Zeugen
L und J. I. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug
genommen auf die schriftliche Beantwortung der Beweisfrage vom
24.04.2007 und 25.04.2007. Mit Beschluss vom 08.06.2007 ist angeordnet
worden, dass eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren am 18.07.2007
getroffen werden soll.
Entscheidungsgründe:
Die
Klage ist zulässig und überwiegend
begründet.
Die
örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Köln
ist
gegeben. Die Gebührenforderung resultiert aus einer
Urheberrechtsverletzung, weshalb die Geltendmachung der
Gebührenforderung ebenfalls eine Urheberrechtsstreitigkeit
darstellt. Gem. § 105 UrhG ist das Landgericht Köln
für
den gesamten Bezirk des OLG Köln zuständig, mithin
auch
für den Bereich des LG Bonn.
Die
Klage ist zudem im tenorierten Umfang begründet gem.
§§ 97 UrhG, 683 S. 1, 670, 398 BGB.
Der
Mandantschaft des Klägers stand dem Grunde nach ein
entsprechender Kostenerstattungsanspruch gegen den Beklagten zu.
Die
Abmahnkosten
sind über das Rechtsinstitut der
Geschäftsführung ohne
Auftrag zu ersetzen. Denn derjenige, der vom Störer die
Beseitigung einer Störung bzw. Unterlassung verlangen kann,
hat
nach ständiger Rechtsprechung im Urheberrecht
grundsätzlich
über dieses Institut einen Anspruch auf Ersatz seiner
Aufwendungen
gem. §§ 683 S. 1, 670 BGB, soweit er bei der
Störungsbeseitigung hilft und im Interesse und im Einklang mit
dem
wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Störers
tätig
wird (BGH, NJW 1970, 243; 2002, 1494). Die gesetzliche Sonderregelung
in § 12 Abs. 1 S. 2 UWG schließt außerhalb
des
Wettbewerbsrechts den Ersatz von Abmahnkosten über den
vorgenannten Weg nicht aus. Vielmehr hat der Gesetzgeber mit §
12
UWG nur die Grundsätze nochmals ausdrücklich
anerkannt, die
zuvor die Rechtsprechung zum Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten
im Rahmen der Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen
bereits
entwickelt hatte (vgl. Bornkamm , in: Baumbach/Hefermehl,
Wettbewerbsrecht, 23. Aufl. 2004 § 12 Rn 1.77 f. 1.85 ff.) Es
entspricht dem mutmaßlichen Willen des Störers, die
durch
die Verletzungshandlung entstehenden Kosten, auch die der Abmahnung
selbst, möglichst gering zu halten. Insbesondere die durch
Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts veranlassten Kosten sind daher zu
ersetzen, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig
sind.
Das
unter dem 19.01.2006 an den Beklagten gerichtete Abmahnschreiben war
veranlasst und erfolgte ordnungsgemäß.
Zunächst
lag eine Verletzung der ausschließlichen Nutzungsrechte der
Mandantschaft des Klägers an den
streitgegenständlichen
Musikstücken durch das rechtswidrige Angebot der Tonaufnahmen
in
dem Filesharing-System gem. §§ 19a, 97 UrhG vor.
Zudem war
zum Zeitpunkt der Abmahnung
eine Wiederholungsgefahr
gegeben. Diese ist
für den Unterlassungsanspruch materielle
Anspruchsvoraussetzung
(vgl. BVerfG NJW 2000, 1209; BGH NJW 1995, 132). Sie wird nach
einhelliger Ansicht in der Rechtsprechung und Literatur durch die
festgestellte Rechtsverletzung vermutet und kann nur durch Abgabe einer
strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung
ausgeräumt werden (vgl. statt aller LG Hamburg ZUM 2006, 661).
Letztlich
ohne
Belang ist, ob dem Abmahnschreiben Original-Vollmachten
beigefügt
waren. Zwar ist die Anwendbarkeit von § 174 BGB auf eine
anwaltliche Abmahnung
in Rechtsprechung Literatur umstritten (vgl.
einerseits OLG Köln, WRP 1985, 360 f.; andererseits OLG
Düsseldorf, WRP 2001, 52 f.; zum Ganzen: Busch, GRUR 2006, 477
ff.
m. w. N.). Sollte § 174 BGB auf die Abmahnung
direkt oder
entsprechend anwendbar sein, so könnte der Abgemahnte die
Abmahnung
gegenüber dem Anwalt unverzüglich
zurückweisen, falls dieser bei Übersendung des
Abmahnschreibens keine Originalvollmachtsurkunde beifügt. Ein
unwirksames Rechtsgeschäft läge hier jedoch auch bei
grundsätzlicher Anwendbarkeit des § 174 BGB nicht
vor. Das
Abmahnschreiben vom 19.01.2006 enthielt nämlich zugleich die
Aufforderung zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungs- und
Verpflichtungserklärung. In dieser Aufforderung ist ein
Angebot
zum Abschluss eines Unterlassungsvertrages bzw. eine Aufforderung zur
Abgabe eines entsprechenden Angebots zu sehen. Insoweit handelt es sich
jedoch nicht um ein "einseitiges Rechtsgeschäft", auf das
§
174 BGB Anwendung finden könnte (vgl. OLG Brandenburg, Beschl.
v.
27.7.2000 - Az. 6 W 18/00).
Darüber
hinaus wurde die Abmahnung
seitens des Beklagten nicht
unverzüglich, d. h. ohne schuldhaftes Zögern gem.
§ 121
Abs. 1 S. 1 BGB, zurückgewiesen. Vielmehr wurde die geforderte
Unterlassungserklärung unter dem 27.01.2006 seitens des
Beklagten
unterschrieben und - wenn auch mit Streichung der
Kostenübernahmeverpflichtung - zurückgesandt.
Die
Einschaltung
eines Rechtsanwalts war auch grundsätzlich erforderlich im
Sinne
von § 670 BGB. Für Ansprüche aus
Geschäftsführung ohne Auftrag ist insoweit von
Bedeutung,
dass der Abmahnende nicht selbst über hinreichende eigene
Sachkunde und Möglichkeiten zur zweckentsprechenden Verfolgung
eines unschwer zu erkennenden Verstoßes verfügen
darf, da
die Einschaltung eines Rechtsanwalts dann ggf. nicht "erforderlich" im
Sinne des § 670 BGB sein kann (BGH, NJW 2004, 2448).
Greifen
kann
dieser Aspekt freilich in Ausnahmefällen, in denen
standardmäßig immer nur ein und derselbe
Verstoß ganz
routinemäßig für den einzigen Berechtigten
mittels
"Textbausteinen" abgemahnt wurde (vgl. bspw. für die
routinemäßige Abmahnung
des Vertriebs des
"ftp-Explorers" in
Serienabmahnungen
OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.2.2001 - 20 U
194/00,
NJW-RR 2002, 122). Vorliegend greift dieser Aspekt nach Auffassung der
Kammer schon deshalb nicht, als es sich gerade nicht nur um einen
einfach gelagerten Streitfall handelt.
Die
Kammer
verkennt nicht, dass den Entscheidungsgründen der - selbst nur
zu
dem ganz engen Ausnahmefall einer Selbstbeauftragung eines
Rechtsanwalts zur Verfolgung (ausgerechnet) eines Verstoßes
gegen
die Berufsordnung der Rechtsanwälte ergangenen - Entscheidung
des
Bundesgerichtshofs vom 06.05.2004 (NJW 2004, 2448) vielfach der
allgemeine Grundsatz entnommen wird, dass bei Unternehmen mit einer
eigenen Rechtsabteilung, die damit (theoretisch) in der Lage sind,
typische Verstöße ohne anwaltlichen Rat zu erkennen,
ein
Ersatz von Abmahnkosten ausscheiden soll (vgl. etwa Köhler,
in:
Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 23. Aufl., § 9 Rn.
1.29).
Die Entscheidung des BGH liegt indes nach Auffassung der Kammer (vgl.
insoweit bereits die Urteile vom 20.07.2005 - 28 S 2/05 und 23.11.2005
- 28 S 6/05 m.w.N) nur auf der Linie der zu Recht
zurückhaltenden
Rechtsprechung zu Fachverbänden mit eigener und gerade zur
satzungsgemäß gebotenen Verfolgung von
Wettbewerbsverstößen im Kern bereits bestimmter
Rechtsabteilung (vgl. BGH, Urt. v. 12.04.1984 - l ZR 45/82, GRUR1984,
691 m. Anm. Jacobs). Sie ist ferner aus Billigkeitsgründen
speziell bei einer Abmahnung
durch selbst sachkundige Anwälte
nach
einer Selbstbeauftragung in Berufsrechtsfragen zutreffend und
überzeugend.
Indes
lässt
sich diese restriktivere Rechtsprechung nicht ohne weiteres auf das
durch das Marktverhalten unmittelbar betroffene kaufmännische
Unternehmen - und damit auch auf die Mandantschaft des Klägers
-
übertragen. Richtig ist, dass sich ein Fachverband, der sich
die
Verfolgung von Wettbewerbsverstößen zur Aufgabe
gesetzt hat,
mit den zur Erfüllung seines Verbandszwecks erforderlichen
Mitteln
versehen muss. Überzeugend ist auch, dass ein sachkundiger
Anwalt
selbst Verstöße gegen seine eigene Berufsordnung
selbst und
ohne Anfall von Gebühren abmahnen kann. Für ein am
Wettbewerb
teilnehmendes Unternehmen gehört dagegen die Beurteilung des
Verhaltens eines anderen und die Verfolgung von Wettbewerbs- und/oder
Schutzrechtsverstößen keineswegs zu seinen ureigenen
unternehmerischen Aufgaben. Auch wenn ein solches Unternehmen
über
einen oder mehrere als Volljuristen ausgewiesene Mitarbeiter
verfügt, ist damit keineswegs gesagt, dass es diese
Mitarbeiter
auch mit der - möglicherweise äußerst
zeitaufwendigen -
Bearbeitung von urheberrechtlichen Streitigkeiten beauftragt. Denn
durch den Einsatz eines - möglicherweise für andere
Aufgaben
im Unternehmen benötigten - Mitarbeiters wird der eigene
wirtschaftliche Erfolg, den ein kaufmännisch tätiges
Unternehmen bei allen betrieblichen Entscheidungen - anders als ein
Verband zur Verfolgung von Wettbewerbsverstößen - im
Auge
behalten muss, nicht unmittelbar gefördert. Daraus, dass ein
Unternehmen über eine eigene Rechtsabteilung verfügt,
kann
daher gerade nicht ohne weiteres der Schluss gezogen werden, die
Einschaltung eines Rechtsanwaltes sei nicht erforderlich. Auch unter
Berücksichtigung von § 254 Abs. 2 S. 1 BGB besteht
keine
Pflicht, eine entsprechend geschulte Arbeitskraft vorzuhalten, nur um
dem Verletzer die Kosten der Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts zu
ersparen. Grundsatz bleiben muss daher nach Auffassung der Kammer
gerade auch bei Vorhandensein einer eigenen Rechtsabteilung die
Ersatzfähigkeit von Anwaltsabmahnkosten.
Etwas
anderes
mag gelten, wenn es sich um einen ganz einfach gelagerten Sachverhalt
handelt, in dem für die Bearbeitung auf frühere
Vorgänge
zurückgegriffen werden kann und in dem zudem personelle
Kapazitäten der eigenen Rechtsabteilung für solche
eigene
Abmahntätigkeiten ohne weiteres vorhanden sind. Für
die
effektive Verfolgung des vorliegenden Urheberrechtsverstoßes
war
jedoch die Einschaltung eines Rechtsanwaltes erforderlich. Dies folgt
bereits aus dem Umstand, dass das Urheberrecht Rechtsfragen mit einem
Schwierigkeitsgrad aufwirft, die auch ein Volljurist in einer
Tonträgerfirma nicht sicher beherrschen wird und nach
Auffassung
der Kammer auch nicht beherrschen muss. Dies belegt im Übrigen
auch der Umstand, dass urheberrechtliche Streitigkeiten gem.
§§ 104 f. UrhG bestimmten spezialisierten
Spruchkörpern
zur Entscheidung zugewiesen sind (zum Sinn und Zweck dieser
Zuständigkeitskonzentration vgl. Dreier/Schulze, UrhG, 2.
Aufl.,
§ 104 Rn. 1 und § 105 Rn. 1).
Insoweit
kann
die zwischen den Parteien streitige Frage offen bleiben, ob der
Kläger bereits im Ermittlungsverfahren mandatiert gewesen ist.
Insoweit wäre die Einschaltung schon aufgrund der gesetzlichen
Regelung des § 475 StPO zwingend gewesen. Hiernach ist das
Akteneinsichtsrecht im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens einem
Rechtsanwalt vorbehalten. Die Einsichtnahme in die Ermittlungsakten der
Staatsanwaltschaft Bonn war jedoch notwendig, da die Identität
des
Beklagten erst im Strafverfahren ermittelt werden konnte. Ohne die
Kenntnis der persönlichen Daten des Beklagten wäre
eine
sachgerechte Verfolgung der Ansprüche der Mandantschaft des
Klägers jedoch nicht möglich gewesen.
Etwas
anderes
folgt auch nicht aus der beklagtenseits vertretenen Auffassung, wonach
die Rechtsverfolgung durch die Mandantschaft des Klägers
rechtsmissbräuchlich gem. § 242 BGB gewesen sei. Die
illegale
öffentliche Zugänglichmachung urheberrechtlich
geschützter Musikwerke hat in den letzten Jahren ein enormes
Ausmaß angenommen. Das Unrechtsbewusstsein der Mehrzahl der
Rechtsverletzer ist dabei erschreckend wenig ausgebildet. Durch das
öffentliche Zugänglichmachen von Musiktiteln im
Internet
über Filesharing-Systeme wird die Musikindustrie jedes Jahr in
einem ganz erheblichen Umfang geschädigt, was durch
verstärkte Berichterstattung in den Medien auch seit einigen
Jahren eindringlich in das Bewusstsein der Öffentlichkeit
gebracht
wird. Dieser Umstand hat auch den Gesetzgeber inzwischen bewogen,
tätig zu werden und die einschlägigen Gesetze zu
verschärfen, um derartigen Rechtsverletzungen wirksam entgegen
zu
wirken und die Rechtsstellung der Urheber und der Inhaber von
Nutzungsrechten zu stärken (vgl. hierzu auch OLG Hamburg
GRUR-RR
2004, 342). Vor diesem Hintergrund sind die verstärkten
Bemühungen der Musikindustrie, gegen Urheberrechtsverletzungen
vorzugehen und diese zu unterbinden, zu sehen, die sich in der
erhöhten Anzahl an Abmahnungen
niederschlägt. Ein
Rechtsmissbrauch kann darin nicht erblickt werden. Diese
Bemühungen stellen sich vielmehr als legitime Wahrnehmung von
berechtigten Rechten und Ansprüchen von Unternehmen wie dem
der
Verfügungsklägerin dar und darüber hinaus
als einziges
Mittel, um den Rechtsverletzungen wirksam und effektiv entgegen zu
wirken.
Der
Höhe nach ist der Klage zum überwiegenden Teil
begründet.
Der
Kläger
macht Gebühren ausgehend von einem Streitwert von jeweils
250.000
€ für jede seiner Mandantinnen geltend. Dieser
Gegenstandswert ist nicht zu beanstanden. Wertbestimmend ist beim
Unterlassungsanspruch die gemäß § 3 ZPO zu
schätzende Beeinträchtigung, die für die
Antragstellerin
von dem beanstandeten Verhalten verständigerweise zu besorgen
ist
und die mit der begehrten Unterlassung beseitigt werden soll (vgl.
Herget, in: Zöller, ZPO, § 3 Rn. 16 "Unterlassung").
Die
Kammer geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass pro
Musiktitel ein Gegenstandswert von 10.000 € angesetzt werden
kann.
Von der F GmbH wurden 58 Titel genutzt, von der N GmbH 68 Titel. Die
Pauschalierung zu einem Gegenstandswert von 250.000 €
für
jede der Mandantinnen erscheint insoweit als angemessen.
Allerdings
ist
für die Gebührenberechnung keine getrennte Abrechnung
vorzunehmen gewesen. Bei der Abmahnung
des Beklagten namens und in
Vollmacht der Mandantschaft des Klägers handelt es sich um
"dieselbe Angelegenheit" für mehrere Auftraggeber im Sinne von
§ 7 Abs. 1 RVG. Der gebührenrechtliche Begriff
"dieselbe
Angelegenheit" dient zur Abgrenzung desjenigen anwaltlichen
zusammengehörenden Tätigkeitsbereich, den eine
Pauschgebühr abgelten soll, wobei es auf die Art und den
Umfang
des Auftrags des Anwalts im konkreten Einzelfall ankommt (vgl. BGH, NJW
1995, 1431; Hartmann, Kostengesetze, 36. Aufl., § 15 Rn. 11
m.w.N.). Die Verfolgung der Urheberrechtsverstöße
des
Beklagten erforderte jedoch für beide Mandantinnen ein
gleichwertiges Tätigwerden nach Art und Umfang. Dies belegt
letztlich auch der Umstand, dass die Abmahnung
des Beklagten in einem
einheitlichen Schreiben erfolgte. Entgegen der Berechnung des
Klägers ist wegen des zusätzlichen Auftraggebers
daher eine
um 0,3 erhöhte Geschäftsgebühr aus einem
Streitwert von
500.000 € zu nehmen. Eine 1,3 Gebühr nach Nr. 2400 VV
RVG ist
für eine Abmahnung
angemessen. Es handelt sich nicht um eine
Serienabmahnung
in einer einfachen Angelegenheit, sondern um eine
Urheberrechtsverletzung und damit eine schwere Materie. Bei mehreren
Auftraggebern in derselben Angelegenheit ist ein Erhöhung um
0,3
gem. Nr. 1008 VV RVG vorzunehmen.
Somit
ergibt sich folgende Berechnung: 2.996 € x 1,6 zzgl.
Auslagenpauschale iHv 20 € = 4.813,60 €.
Zur
Überzeugung des Gerichts steht zudem fest, dass diese
Ansprüche dem Kläger gem. § 398 BGB
abgetreten worden
sind.
Dass
in den
vorgelegten Abtretungserklärungen die "Rechtsanwaltskanzlei S
als
Zessionar angegeben wird, steht der Aktivlegitimation des
Klägers
nicht entgegen. Die Zeugen I und L beantworten die ihnen gestellte
Beweisfrage positiv dahingehend, dass die Ansprüche auf
Erstattung
der außergerichtlichen Kosten aufgrund der Abmahnung
vom
19.01.2006 an den Kläger als Inhaber der Kanzlei Rasch
abgetreten
worden sind. Anlass zu Zweifeln hieran sieht die Kammer nicht.
Insbesondere steht der Umstand, dass in der Kanzlei des
Klägers
mehrere Rechtsanwälte tätig sind, einer Abtretung
allein an
ihn nicht entgegen. Der Vortrag des Klägers, wonach er allein
Inhaber der Kanzlei sei, wird durch die Zeugen betätigt. Die
Kammer hält es entgegen der Auffassung des Beklagten nicht
für ungewöhnlich, dass auf Seiten der Mandanten des
Klägers eine entsprechende Kenntnis vorhanden ist. Vielmehr
ist es
durchaus vorstellbar, dass eine entsprechende Kenntnis im Rahmen einer
langjährigen Zusammenarbeit begründet wird. Auch die
Ausgestaltung des Briefkopfes der Kanzlei des Klägers steht
der
Glaubhaftigkeit der Zeugenaussagen nicht entgegen. Insoweit ist
gerichtsbekannt, dass die Aufführung der in einer Kanzlei
tätigen Rechtsanwälte nichts über die
Rechtsverhältnisse der dort tätigen Personen
untereinander
aussagt. Ob auch lediglich angestellte Rechtsanwälte mit oder
ohne
Hinweis auf ein entsprechendes Anstellungsverhältnis auf einem
Briefkopf aufgeführt werden, hängt letztlich vom
Willen der
jeweiligen Kanzleiinhaber ab und wird in der Praxis unterschiedlich
gehandhabt.
Die
Zinsentscheidung beruht auf §§ 286, 288 BGB.
Die
Entscheidung
über die Kosten des Rechtsstreits folgt aus § 92 Abs.
1 ZPO,
die Entscheidung über die vorläufige
Vollstreckbarkeit aus
§§ 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.