Landgericht Koeln, Erstattung Anwaltskosten Abmahnung
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Aktenzeichen:    28 O 480/06
Verkündet am:
18.07.2007

Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle

Landgericht Köln

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL



Tenor:


Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 4.813,60 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem gesetzlichen Basiszinssatz seit dem 07.06.2006 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 10 % und der Beklagte zu 90 %.


Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.



Tatbestand:


Die Parteien streiten über die Erstattung von Anwaltskosten aufgrund einer Abmahnung.

Die Mandantschaft des Klägers (F GmbH und N GmbH) gehört zu den führenden deutschen Tonträgerherstellern. Am 31.08.2005 um 13:59:00 Uhr (MESZ) wurden unter der IP-Nummer: "80.136.241.161" und dem Usernamen "Sensibelchen1985..." mittels einer Filesharing-Software, die auf dem WinMX-Protokoll basiert, die folgenden 380 Audiodateien zum Herunterladen verfügbar gemacht: - Fotokopie -

Ein bei der Staatsanwaltschaft Bonn unter dem Az. 400 Js 1849/05 geführtes und mittlerweile gem. § 153 StPO eingestelltes Ermittlungsverfahren wegen Urheberrechtsverletzung ergab, dass die oben genannte IP-Nummer zum streitgegenständlichen Zeitpunkt dem Beklagten zugeordnet war. Im Rahmen der am 22.11.2005 von der Kreispolizeibehörde Euskirchen durchgeführten Beschuldigtenvernehmung gab der Beklagte an, über die Tauschbörse WinMX "(...) hin und wieder Musik gesucht und die heruntergeladen (...)" zu haben.

Die Auswertungsrechte für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland bezüglich der oben genannten Aufnahmen liegen exklusiv bei der Mandantschaft des Klägers. Verwertungsrechte zur öffentlichen Zugänglichmachung dieser Aufnahmen gem. § 19a UrhG hatte der Beklagte bei diesen nicht eingeholt.

Mit Schreiben vom 19.01.2006 machte der Kläger namens und in Vollmacht seiner Mandantschaft urheberrechtliche Unterlassungs- und Auskunftsansprüche gegen den Beklagten geltend und gab ihm unter Fristsetzung bis zum 06.02.2006 die Möglichkeit, mit Zahlung einer Vergleichssumme in Höhe von 4.000 € sämtliche Schadensersatz- sowie Kostenerstattungsansprüche abzugelten.

Mit Schreiben vom 27.01.2006 gab der Beklagte die geforderte strafbewehrte Unterlassungserklärung ab, verweigerte jedoch die Zahlung der angebotenen Vergleichssumme. Weitere Vergleichsbemühungen des Klägers im Anschluss hieran scheiterten.

Mit Schreiben vom 22.06.2006 spezifizierte der Kläger namens und in Vollmacht seiner Mandantschaft die angefallenen Kosten und machte auf Grundlage jeweils eines pauschalen Gegenstandswerts von 250.000 € unter Fristsetzung bis zum 06.07.2006 Kostenerstattungsansprüche von insgesamt 5.375,20 € geltend.

Der Kläger behauptet, dass ihm die Kostenerstattungsansprüche seiner Mandantschaft abgetreten worden seien.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 5.375,20 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem gesetzlichen Basiszinssatz seit dem 07.06.2006 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte rügt die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Köln. Er ist der Auffassung, die Einschaltung des Klägers sei nicht erforderlich gewesen, da die Tonträgerunternehmen die Abmahnungen durchaus auch in ihren Rechtsabteilungen hätten anfertigen können. Die Sachverhalte seien gleich gelagert, es handele sich daher um eine Serienabmahnung, die auch mit einem Musterbrief erledigt werden könne. Zudem sei die Klageforderung übersetzt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den vorgetragenen Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen. Das Gericht hat gem. Beschluss vom 28.03.2007 Beweis erhoben durch die Vernehmung der Zeugen L und J. I. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf die schriftliche Beantwortung der Beweisfrage vom 24.04.2007 und 25.04.2007. Mit Beschluss vom 08.06.2007 ist angeordnet worden, dass eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren am 18.07.2007 getroffen werden soll.


Entscheidungsgründe:


Die Klage ist zulässig und überwiegend begründet.

Die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Köln ist gegeben. Die Gebührenforderung resultiert aus einer Urheberrechtsverletzung, weshalb die Geltendmachung der Gebührenforderung ebenfalls eine Urheberrechtsstreitigkeit darstellt. Gem. § 105 UrhG ist das Landgericht Köln für den gesamten Bezirk des OLG Köln zuständig, mithin auch für den Bereich des LG Bonn.

Die Klage ist zudem im tenorierten Umfang begründet gem. §§ 97 UrhG, 683 S. 1, 670, 398 BGB.

Der Mandantschaft des Klägers stand dem Grunde nach ein entsprechender Kostenerstattungsanspruch gegen den Beklagten zu.

Die Abmahnkosten sind über das Rechtsinstitut der Geschäftsführung ohne Auftrag zu ersetzen. Denn derjenige, der vom Störer die Beseitigung einer Störung bzw. Unterlassung verlangen kann, hat nach ständiger Rechtsprechung im Urheberrecht grundsätzlich über dieses Institut einen Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen gem. §§ 683 S. 1, 670 BGB, soweit er bei der Störungsbeseitigung hilft und im Interesse und im Einklang mit dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Störers tätig wird (BGH, NJW 1970, 243; 2002, 1494). Die gesetzliche Sonderregelung in § 12 Abs. 1 S. 2 UWG schließt außerhalb des Wettbewerbsrechts den Ersatz von Abmahnkosten über den vorgenannten Weg nicht aus. Vielmehr hat der Gesetzgeber mit § 12 UWG nur die Grundsätze nochmals ausdrücklich anerkannt, die zuvor die Rechtsprechung zum Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten im Rahmen der Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen bereits entwickelt hatte (vgl. Bornkamm , in: Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 23. Aufl. 2004 § 12 Rn 1.77 f. 1.85 ff.) Es entspricht dem mutmaßlichen Willen des Störers, die durch die Verletzungshandlung entstehenden Kosten, auch die der Abmahnung selbst, möglichst gering zu halten. Insbesondere die durch Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts veranlassten Kosten sind daher zu ersetzen, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig sind.

Das unter dem 19.01.2006 an den Beklagten gerichtete Abmahnschreiben war veranlasst und erfolgte ordnungsgemäß.

Zunächst lag eine Verletzung der ausschließlichen Nutzungsrechte der Mandantschaft des Klägers an den streitgegenständlichen Musikstücken durch das rechtswidrige Angebot der Tonaufnahmen in dem Filesharing-System gem. §§ 19a, 97 UrhG vor. Zudem war zum Zeitpunkt der Abmahnung eine Wiederholungsgefahr gegeben. Diese ist für den Unterlassungsanspruch materielle Anspruchsvoraussetzung (vgl. BVerfG NJW 2000, 1209; BGH NJW 1995, 132). Sie wird nach einhelliger Ansicht in der Rechtsprechung und Literatur durch die festgestellte Rechtsverletzung vermutet und kann nur durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung ausgeräumt werden (vgl. statt aller LG Hamburg ZUM 2006, 661).

Letztlich ohne Belang ist, ob dem Abmahnschreiben Original-Vollmachten beigefügt waren. Zwar ist die Anwendbarkeit von § 174 BGB auf eine anwaltliche Abmahnung in Rechtsprechung Literatur umstritten (vgl. einerseits OLG Köln, WRP 1985, 360 f.; andererseits OLG Düsseldorf, WRP 2001, 52 f.; zum Ganzen: Busch, GRUR 2006, 477 ff. m. w. N.). Sollte § 174 BGB auf die Abmahnung direkt oder entsprechend anwendbar sein, so könnte der Abgemahnte die Abmahnung gegenüber dem Anwalt unverzüglich zurückweisen, falls dieser bei Übersendung des Abmahnschreibens keine Originalvollmachtsurkunde beifügt. Ein unwirksames Rechtsgeschäft läge hier jedoch auch bei grundsätzlicher Anwendbarkeit des § 174 BGB nicht vor. Das Abmahnschreiben vom 19.01.2006 enthielt nämlich zugleich die Aufforderung zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung. In dieser Aufforderung ist ein Angebot zum Abschluss eines Unterlassungsvertrages bzw. eine Aufforderung zur Abgabe eines entsprechenden Angebots zu sehen. Insoweit handelt es sich jedoch nicht um ein "einseitiges Rechtsgeschäft", auf das § 174 BGB Anwendung finden könnte (vgl. OLG Brandenburg, Beschl. v. 27.7.2000 - Az. 6 W 18/00).

Darüber hinaus wurde die Abmahnung seitens des Beklagten nicht unverzüglich, d. h. ohne schuldhaftes Zögern gem. § 121 Abs. 1 S. 1 BGB, zurückgewiesen. Vielmehr wurde die geforderte Unterlassungserklärung unter dem 27.01.2006 seitens des Beklagten unterschrieben und - wenn auch mit Streichung der Kostenübernahmeverpflichtung - zurückgesandt.

Die Einschaltung eines Rechtsanwalts war auch grundsätzlich erforderlich im Sinne von § 670 BGB. Für Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag ist insoweit von Bedeutung, dass der Abmahnende nicht selbst über hinreichende eigene Sachkunde und Möglichkeiten zur zweckentsprechenden Verfolgung eines unschwer zu erkennenden Verstoßes verfügen darf, da die Einschaltung eines Rechtsanwalts dann ggf. nicht "erforderlich" im Sinne des § 670 BGB sein kann (BGH, NJW 2004, 2448).

Greifen kann dieser Aspekt freilich in Ausnahmefällen, in denen standardmäßig immer nur ein und derselbe Verstoß ganz routinemäßig für den einzigen Berechtigten mittels "Textbausteinen" abgemahnt wurde (vgl. bspw. für die routinemäßige Abmahnung des Vertriebs des "ftp-Explorers" in Serienabmahnungen OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.2.2001 - 20 U 194/00, NJW-RR 2002, 122). Vorliegend greift dieser Aspekt nach Auffassung der Kammer schon deshalb nicht, als es sich gerade nicht nur um einen einfach gelagerten Streitfall handelt.

Die Kammer verkennt nicht, dass den Entscheidungsgründen der - selbst nur zu dem ganz engen Ausnahmefall einer Selbstbeauftragung eines Rechtsanwalts zur Verfolgung (ausgerechnet) eines Verstoßes gegen die Berufsordnung der Rechtsanwälte ergangenen - Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 06.05.2004 (NJW 2004, 2448) vielfach der allgemeine Grundsatz entnommen wird, dass bei Unternehmen mit einer eigenen Rechtsabteilung, die damit (theoretisch) in der Lage sind, typische Verstöße ohne anwaltlichen Rat zu erkennen, ein Ersatz von Abmahnkosten ausscheiden soll (vgl. etwa Köhler, in: Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 23. Aufl., § 9 Rn. 1.29). Die Entscheidung des BGH liegt indes nach Auffassung der Kammer (vgl. insoweit bereits die Urteile vom 20.07.2005 - 28 S 2/05 und 23.11.2005 - 28 S 6/05 m.w.N) nur auf der Linie der zu Recht zurückhaltenden Rechtsprechung zu Fachverbänden mit eigener und gerade zur satzungsgemäß gebotenen Verfolgung von Wettbewerbsverstößen im Kern bereits bestimmter Rechtsabteilung (vgl. BGH, Urt. v. 12.04.1984 - l ZR 45/82, GRUR1984, 691 m. Anm. Jacobs). Sie ist ferner aus Billigkeitsgründen speziell bei einer Abmahnung durch selbst sachkundige Anwälte nach einer Selbstbeauftragung in Berufsrechtsfragen zutreffend und überzeugend.

Indes lässt sich diese restriktivere Rechtsprechung nicht ohne weiteres auf das durch das Marktverhalten unmittelbar betroffene kaufmännische Unternehmen - und damit auch auf die Mandantschaft des Klägers - übertragen. Richtig ist, dass sich ein Fachverband, der sich die Verfolgung von Wettbewerbsverstößen zur Aufgabe gesetzt hat, mit den zur Erfüllung seines Verbandszwecks erforderlichen Mitteln versehen muss. Überzeugend ist auch, dass ein sachkundiger Anwalt selbst Verstöße gegen seine eigene Berufsordnung selbst und ohne Anfall von Gebühren abmahnen kann. Für ein am Wettbewerb teilnehmendes Unternehmen gehört dagegen die Beurteilung des Verhaltens eines anderen und die Verfolgung von Wettbewerbs- und/oder Schutzrechtsverstößen keineswegs zu seinen ureigenen unternehmerischen Aufgaben. Auch wenn ein solches Unternehmen über einen oder mehrere als Volljuristen ausgewiesene Mitarbeiter verfügt, ist damit keineswegs gesagt, dass es diese Mitarbeiter auch mit der - möglicherweise äußerst zeitaufwendigen - Bearbeitung von urheberrechtlichen Streitigkeiten beauftragt. Denn durch den Einsatz eines - möglicherweise für andere Aufgaben im Unternehmen benötigten - Mitarbeiters wird der eigene wirtschaftliche Erfolg, den ein kaufmännisch tätiges Unternehmen bei allen betrieblichen Entscheidungen - anders als ein Verband zur Verfolgung von Wettbewerbsverstößen - im Auge behalten muss, nicht unmittelbar gefördert. Daraus, dass ein Unternehmen über eine eigene Rechtsabteilung verfügt, kann daher gerade nicht ohne weiteres der Schluss gezogen werden, die Einschaltung eines Rechtsanwaltes sei nicht erforderlich. Auch unter Berücksichtigung von § 254 Abs. 2 S. 1 BGB besteht keine Pflicht, eine entsprechend geschulte Arbeitskraft vorzuhalten, nur um dem Verletzer die Kosten der Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts zu ersparen. Grundsatz bleiben muss daher nach Auffassung der Kammer gerade auch bei Vorhandensein einer eigenen Rechtsabteilung die Ersatzfähigkeit von Anwaltsabmahnkosten.

Etwas anderes mag gelten, wenn es sich um einen ganz einfach gelagerten Sachverhalt handelt, in dem für die Bearbeitung auf frühere Vorgänge zurückgegriffen werden kann und in dem zudem personelle Kapazitäten der eigenen Rechtsabteilung für solche eigene Abmahntätigkeiten ohne weiteres vorhanden sind. Für die effektive Verfolgung des vorliegenden Urheberrechtsverstoßes war jedoch die Einschaltung eines Rechtsanwaltes erforderlich. Dies folgt bereits aus dem Umstand, dass das Urheberrecht Rechtsfragen mit einem Schwierigkeitsgrad aufwirft, die auch ein Volljurist in einer Tonträgerfirma nicht sicher beherrschen wird und nach Auffassung der Kammer auch nicht beherrschen muss. Dies belegt im Übrigen auch der Umstand, dass urheberrechtliche Streitigkeiten gem. §§ 104 f. UrhG bestimmten spezialisierten Spruchkörpern zur Entscheidung zugewiesen sind (zum Sinn und Zweck dieser Zuständigkeitskonzentration vgl. Dreier/Schulze, UrhG, 2. Aufl., § 104 Rn. 1 und § 105 Rn. 1).

Insoweit kann die zwischen den Parteien streitige Frage offen bleiben, ob der Kläger bereits im Ermittlungsverfahren mandatiert gewesen ist. Insoweit wäre die Einschaltung schon aufgrund der gesetzlichen Regelung des § 475 StPO zwingend gewesen. Hiernach ist das Akteneinsichtsrecht im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens einem Rechtsanwalt vorbehalten. Die Einsichtnahme in die Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft Bonn war jedoch notwendig, da die Identität des Beklagten erst im Strafverfahren ermittelt werden konnte. Ohne die Kenntnis der persönlichen Daten des Beklagten wäre eine sachgerechte Verfolgung der Ansprüche der Mandantschaft des Klägers jedoch nicht möglich gewesen.

Etwas anderes folgt auch nicht aus der beklagtenseits vertretenen Auffassung, wonach die Rechtsverfolgung durch die Mandantschaft des Klägers rechtsmissbräuchlich gem. § 242 BGB gewesen sei. Die illegale öffentliche Zugänglichmachung urheberrechtlich geschützter Musikwerke hat in den letzten Jahren ein enormes Ausmaß angenommen. Das Unrechtsbewusstsein der Mehrzahl der Rechtsverletzer ist dabei erschreckend wenig ausgebildet. Durch das öffentliche Zugänglichmachen von Musiktiteln im Internet über Filesharing-Systeme wird die Musikindustrie jedes Jahr in einem ganz erheblichen Umfang geschädigt, was durch verstärkte Berichterstattung in den Medien auch seit einigen Jahren eindringlich in das Bewusstsein der Öffentlichkeit gebracht wird. Dieser Umstand hat auch den Gesetzgeber inzwischen bewogen, tätig zu werden und die einschlägigen Gesetze zu verschärfen, um derartigen Rechtsverletzungen wirksam entgegen zu wirken und die Rechtsstellung der Urheber und der Inhaber von Nutzungsrechten zu stärken (vgl. hierzu auch OLG Hamburg GRUR-RR 2004, 342). Vor diesem Hintergrund sind die verstärkten Bemühungen der Musikindustrie, gegen Urheberrechtsverletzungen vorzugehen und diese zu unterbinden, zu sehen, die sich in der erhöhten Anzahl an Abmahnungen niederschlägt. Ein Rechtsmissbrauch kann darin nicht erblickt werden. Diese Bemühungen stellen sich vielmehr als legitime Wahrnehmung von berechtigten Rechten und Ansprüchen von Unternehmen wie dem der Verfügungsklägerin dar und darüber hinaus als einziges Mittel, um den Rechtsverletzungen wirksam und effektiv entgegen zu wirken.

Der Höhe nach ist der Klage zum überwiegenden Teil begründet.

Der Kläger macht Gebühren ausgehend von einem Streitwert von jeweils 250.000 € für jede seiner Mandantinnen geltend. Dieser Gegenstandswert ist nicht zu beanstanden. Wertbestimmend ist beim Unterlassungsanspruch die gemäß § 3 ZPO zu schätzende Beeinträchtigung, die für die Antragstellerin von dem beanstandeten Verhalten verständigerweise zu besorgen ist und die mit der begehrten Unterlassung beseitigt werden soll (vgl. Herget, in: Zöller, ZPO, § 3 Rn. 16 "Unterlassung"). Die Kammer geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass pro Musiktitel ein Gegenstandswert von 10.000 € angesetzt werden kann. Von der F GmbH wurden 58 Titel genutzt, von der N GmbH 68 Titel. Die Pauschalierung zu einem Gegenstandswert von 250.000 € für jede der Mandantinnen erscheint insoweit als angemessen.

Allerdings ist für die Gebührenberechnung keine getrennte Abrechnung vorzunehmen gewesen. Bei der Abmahnung des Beklagten namens und in Vollmacht der Mandantschaft des Klägers handelt es sich um "dieselbe Angelegenheit" für mehrere Auftraggeber im Sinne von § 7 Abs. 1 RVG. Der gebührenrechtliche Begriff "dieselbe Angelegenheit" dient zur Abgrenzung desjenigen anwaltlichen zusammengehörenden Tätigkeitsbereich, den eine Pauschgebühr abgelten soll, wobei es auf die Art und den Umfang des Auftrags des Anwalts im konkreten Einzelfall ankommt (vgl. BGH, NJW 1995, 1431; Hartmann, Kostengesetze, 36. Aufl., § 15 Rn. 11 m.w.N.). Die Verfolgung der Urheberrechtsverstöße des Beklagten erforderte jedoch für beide Mandantinnen ein gleichwertiges Tätigwerden nach Art und Umfang. Dies belegt letztlich auch der Umstand, dass die Abmahnung des Beklagten in einem einheitlichen Schreiben erfolgte. Entgegen der Berechnung des Klägers ist wegen des zusätzlichen Auftraggebers daher eine um 0,3 erhöhte Geschäftsgebühr aus einem Streitwert von 500.000 € zu nehmen. Eine 1,3 Gebühr nach Nr. 2400 VV RVG ist für eine Abmahnung angemessen. Es handelt sich nicht um eine Serienabmahnung in einer einfachen Angelegenheit, sondern um eine Urheberrechtsverletzung und damit eine schwere Materie. Bei mehreren Auftraggebern in derselben Angelegenheit ist ein Erhöhung um 0,3 gem. Nr. 1008 VV RVG vorzunehmen.

Somit ergibt sich folgende Berechnung: 2.996 € x 1,6 zzgl. Auslagenpauschale iHv 20 € = 4.813,60 €.

Zur Überzeugung des Gerichts steht zudem fest, dass diese Ansprüche dem Kläger gem. § 398 BGB abgetreten worden sind.

Dass in den vorgelegten Abtretungserklärungen die "Rechtsanwaltskanzlei S als Zessionar angegeben wird, steht der Aktivlegitimation des Klägers nicht entgegen. Die Zeugen I und L beantworten die ihnen gestellte Beweisfrage positiv dahingehend, dass die Ansprüche auf Erstattung der außergerichtlichen Kosten aufgrund der Abmahnung vom 19.01.2006 an den Kläger als Inhaber der Kanzlei Rasch abgetreten worden sind. Anlass zu Zweifeln hieran sieht die Kammer nicht. Insbesondere steht der Umstand, dass in der Kanzlei des Klägers mehrere Rechtsanwälte tätig sind, einer Abtretung allein an ihn nicht entgegen. Der Vortrag des Klägers, wonach er allein Inhaber der Kanzlei sei, wird durch die Zeugen betätigt. Die Kammer hält es entgegen der Auffassung des Beklagten nicht für ungewöhnlich, dass auf Seiten der Mandanten des Klägers eine entsprechende Kenntnis vorhanden ist. Vielmehr ist es durchaus vorstellbar, dass eine entsprechende Kenntnis im Rahmen einer langjährigen Zusammenarbeit begründet wird. Auch die Ausgestaltung des Briefkopfes der Kanzlei des Klägers steht der Glaubhaftigkeit der Zeugenaussagen nicht entgegen. Insoweit ist gerichtsbekannt, dass die Aufführung der in einer Kanzlei tätigen Rechtsanwälte nichts über die Rechtsverhältnisse der dort tätigen Personen untereinander aussagt. Ob auch lediglich angestellte Rechtsanwälte mit oder ohne Hinweis auf ein entsprechendes Anstellungsverhältnis auf einem Briefkopf aufgeführt werden, hängt letztlich vom Willen der jeweiligen Kanzleiinhaber ab und wird in der Praxis unterschiedlich gehandhabt.

Die Zinsentscheidung beruht auf §§ 286, 288 BGB.

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.

Streitwert: 5.375,20 €