landgericht
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Aktenzeichen: 28 O 402/10
|
Verkündet am:
28.12.2010
|
LANDGERICHT
KÖLN
IM
NAMEN DES VOLKES
URTEIL
In
dem
Rechtsstreit
...
-
Verfügungsklägerin zu 1. -
- Verfügungskläger zu 2. -
Prozeßbevollmächtigte:
Rechtsanwalt ...
g e
g e n
...
- Verfügungsbeklagte
-
Prozeßbevollmächtigte:
Rechtsanwalt ...
...
Tenor:
Der Antragsgegnerin wird unter Androhung eines vom Gericht für
jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu
EUR 250.000 - ersatzweise Ordnungshaft - oder der Ordnungshaft bis zu
sechs Monaten und insgesamt nicht mehr als zwei Jahren, zu vollziehen
an dem jeweiligen Chairman, verboten, gegenüber dem
Verfügungskläger auf dem Gebiet der Bundesrepublik
Deutschland, das Bildes des Antragstellers öffentlich zur
Schau zu stellen und/oder zur Schau stellen zu lassen, wie in dem unter
SubDomains von blogspot.com erschienenen und in Anlage K1
wiedergegebenen Artikel mit der Lichtbildwiedergabe auf dessen Blatt 2,
2. Foto am 17.06.2010 geschehen, gegenüber der
Verfügungsklägerin auf dem Gebiet der Bundesrepublik
Deutschland das Bildnis der Antragstellerin öffentlich zur
Schau zu stellen und/oder zur Schau stellen zu lassen, wie in dem unter
SubDomains von blogspot.com erschienenen und in Anlage K1
wiedergegebenen Artikel mit der Lichtbildwiedergabe auf dessen Blatt 2,
1. Foto am 17.06.2010 geschehen.
Im Übrigen wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen
Verfügung zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Verfügungskläger
jeweils zu 1/8, die Verfügungsbeklagte zu 3/4.
Tatbestand
Die Verfügungskläger sind deutsche
Staatsangehörige. Der Verfügungskläger zu 2)
betätigt sich als Unternehmensberater, die
Verfügungsklägerin zu 1) ist Unternehmerin und
Hochschulstudentin. Die Verfügungsbeklagte stellt die
technische Plattform in Form von Speicherplatz und technischer
Infrastruktur für C1 auf ihren Servern in den Vereinigten
Staaten bereit. Diese können sich einen Account anlegen und
unter Zuhilfenahme der technischen Infrastruktur und des
Speicherplatzes auf der Domain der Verfügungsbeklagten
www.C1.com Blogs veröffentlichen. Die Accounts werden mit der
Angabe einer Emailadresse von den Nutzern/Bloggern verifiziert. Die
Inhalte der Blogs überprüft die
Verfügungsbeklagte nicht. Die Domain und den Bloggerdienst
nutzt die Verfügungsbeklagte kommerziell. Sie ist
Administrator der Internetseite C2.com. In den Nutzungsbedingungen der
Verfügungsbeklagten für C2 heißt es unter
anderem: "sie [der Nutzer] verpflichten sich, den Service unter
Einhaltung aller anwendbaren Gesetze, Regeln und Bestimmungen auf
Landes- und Bundesebene sowie auf nationaler und internationaler Ebene
zu nutzen. … Die Verletzung dieser Verpflichtungen -
einschließlich der Content-Richtlinien für C1
(http://www.C1.com/content.g) - kann zu fristloser Kündigung
dieser Vereinbarung führen und Strafen sowie andere rechtliche
Konsequenzen nach sich ziehen." In den Content-Richtlinien
heißt es unter anderem: "Stellen wir jedoch fest, dass ein
Verstoß vorliegt, ergreifen wir je nach Schwere des
Verstoßes eine oder mehrere der folgenden
Maßnahmen: … Wir stellen das Blog hinter einen
Unterbrecher, der nur dem Autor des Blogs Zugriff auf den Inhalt
ermöglicht. Wir löschen das Blog. Wir deaktivieren
den Zugriff des Autors auf dessen C1-Konto. Wir deaktivieren den
Zugriff des Autors auf dessen Google-Konto."
Seit dem 28.05.2010 war auf der Domain B1.C2.com der in Anlage K1
wiedergegebene Artikel mit einem Foto, welches den Antragsteller zeigt,
und einem Foto, welches die Antragstellerin zeigt, abrufbar. Diese
Domain enthält kein Impressum. Für den Inhalt wird
auf die Anlage K1 (Bl. 24f. d.A.) verwiesen. Zunächst wandte
sich der Prozessbevollmächtigte der
Verfügungskläger mit Schreiben am 01.06.2010 an die
Verfügungsbeklagte. Darin wies er die
Verfügungsbeklagte darauf hin, dass für auf der
Domain B1.C2.com vorgehaltenen Inhalte kein Impressum angegeben wird
und dass dort Persönlichkeits-, Namens- und
Urheberrechtsverletzungen begangen würden. Letztere wurden
nicht im Einzelnen ausgeführt. Die Namen der
Verfügungskläger erwähnte er nicht. Nachdem
er keine Reaktion bemerkte, teilte der Prozessbevollmächtigte
der Verfügungskläger sodann unter Nennung der Namen
der Verfügungskläger am 04.06.2010 an die E-Mail
Adresse ......@....... mit, dass keine Einwilligung für die
Verbreitung der Fotos vorlag. Der vollständige Blog mit den
Fotos war in dem Schreiben abgebildet. Für das
vollständige Schreiben wird auf die Anlage K6 verwiesen.
Am Abend des 17.06.2010 ging bei der Verfügungsbeklagten eine
DMCA-Beschwerde eines Herrn G (G1 Verlag) ein. Dieser gab an,
alleiniger Inhaber der Urheberrechte an den
streitgegenständlichen Fotos zu sein. Auf diese Beschwerde
wurden die Fotos aus dem Blog entfernt, was die
Verfügungsbeklagte Herrn G unter dem 29.06.2010 mitteilte. Die
Verfügungskläger tragen vor, die zwei in dem Blog
enthaltenen Fotos seien von Frau I im April 2009 in Q1 angefertigt
worden. Sie seinen ausschließlich zur firmeninternen
Verwendung bestimmt gewesen. Die Verfügungskläger
hätten keine Einwilligung für die
Veröffentlichung der Bilder im Rahmen der Anlage K1 oder sonst
zur öffentlichen Zurschaustellung der Bilder erteilt. Sie
hätten auch kein Entgelt für die Ablichtung erhalten.
Sie sind der Auffassung, dass die Verfügungsbeklagte als
Störerin auf die begehrte Unterlassung haftet. Sie habe
aufgrund des Hinweises auf das fehlende Impressum mit Schreiben vom
01.06.2010 den Blog unzugänglich machen müssen.
§ 55 iVm § 49 Satz 2 Nr. 13 und 14 RStV diene einem
von Äußerungen im Internet betroffenen als
individuelle Schutznorm im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB.
Die Verfügungskläger beantragen, nachdem sie einen
Teil ihrer ursprünglichen Anträge in der
mündlichen Verhandlung zurückgenommen haben, die
Antragstellerin hat es unter Androhung eines vom Gericht für
jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu
EUR 250.000 - ersatzweise Ordnungshaft - oder der Ordnungshaft bis zu
sechs Monaten und insgesamt nicht mehr als zwei Jahren, zu vollziehen
an dem jeweiligen Chairman,
1. es gegenüber dem Antragsteller auf dem Gebiet der
Bundesrepublik Deutschland zu unterlassen,
a) das Bildes des Antragstellers öffentlich zur Schau zu
stellen und/oder zur Schau stellen zu lassen, wie in dem unter
SubDomains von C2.com erschienenen und in Anlage K1 wiedergegebenen
Artikel mit der Lichtbildwiedergabe auf dessen Blatt 2, 2. Foto am
17.06.2010 geschehen.
2. Es gegenüber der Antragstellerin auf dem Gebiet der
Bundesrepublik Deutschland zu unterlassen
a) Das Bildnis der Antragstellerin öffentlich zur Schau zu
stellen und/oder zur Schau stellen zu lassen, wie in dem unter
SubDomains von C2.com erschienenen und in Anlage K1 wiedergegebenen
Artikel mit der Lichtbildwiedergabe auf dessen Blatt 2, 1. Foto am
17.06.2010 geschehen und/oder Die in Anlage K1 wiedergegebenen
Äußerungen über die Antragstellerin
öffentlich zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen,
bii) solange bei deren Verbreitung durch Telemedien gesetzlich
geforderte Informationen zur inhaltlichen Verantwortlichkeit
für den Artikel gem. Anlage K1 nicht leicht erkennbar,
unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar gehalten
werden.
Die Verfügungsbeklagte beantragt, den Antrag auf Erlass einer
einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.
Die Verfügungsbeklagte ist der Auffassung, dass der ihre
Haftung auslösende Hinweis erst durch die Zustellung der
Antragsschrift erfolgte. Zu diesem Zeitpunkt seien die Fotos schon
entfernt gewesen. Daher sei weder ein Unterlassungsanspruch noch ein
Eilbedürfnis gegeben. Im Übrigen seien die Fotos
unverzüglich auf die Beschwerde des Herrn G entfernt worden.
Eine Verletzung der Impressumspflicht gemäß
§ 55 RStV liege nicht vor, da es sich nicht um ein
redaktionelljournalistisches Angebot handle, sondern um schlichte
Meinungsäußerung des Bloggers. § 55 RStV
sei zudem eine objektive Ordnungsvorschrift, aus der die
Verfügungskläger keine Rechte herleiten
könnten. Die anonyme Nutzung des Internets sei zudem
gesetzgeberisch gewollt, wie § 13 TMG zeige. Wegen der
weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen
auf den vorgetragenen Inhalt der von den Parteien gewechselten
Schriftsätze und auf die von ihnen eingereichten Urkunden, die
Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Gründe:
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung war nach
dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung wie erkannt
stattzugeben, im Übrigen zurückzuweisen.
Es lag nur hinsichtlich der Anträge 1 a) und 2 a) ein
Anordnungsanspruch vor.
Im Einzelnen:
I. Die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts
Köln ist gegeben, da sich die Inhalte des blogs erkennbar an
Adressaten im gesamten Gebiet der Bundesrepublik richten und damit auch
in Köln wahrgenommen werden. Die Kenntnisnahme von dem
beanstandeten Inhalt lag damit erheblich näher als dies
aufgrund der bloßen Abrufbarkeit des Angebots der Fall
wäre und die von den Verfügungsklägern
behauptete Rechtsverletzung durch Kenntnisnahme der Inhalte
würde (auch) im Inland eintreten (BGH Urt. v. 02.03.2010, VI
ZR 23/09 - New York Times, Rz. 20). Die Zuständigkeit
gemäß § 32 ZPO ist daher gegeben.
II. Der Beurteilung ist auch deutsches Recht zugrunde zu legen. Nach
den im internationalen Privatrecht maßgeblichen
Grundsätzen ist auf Ansprüche aus einer unerlaubten
Handlung, zu denen auch die auf eine Verletzung des
Persönlichkeitsrechts gestützten
Unterlassungsansprüche gehören (BGH, 19.12.1995 - VI
ZR 15/95, NJW 1996, 1128, 1129 m. w. N.), das Recht des Tatorts
anzuwenden. Dies ist bei Internetdelikten einmal der Handlungsort, zum
anderen aber auch jeder Ort, an dem das Medium verbreitet wird. Ob
daneben für Unterlassungsansprüche, soweit es um die
Verbreitung in anderen Ländern geht, auch die Anwendung des
ausländischen Rechts in Betracht kommt, bedarf keiner
Klärung.
III. Anträge zu 1a und 2a Der
Verfügungskläger ist für den Antrag zu 1 a)
passivlegitimiert, da das antragsgegenständliche Foto ihn
zeigt. Die Verfügungsklägerin ist für den
Antrag zu 2 a) passivlegitimiert, weil das dort
gegenständliche Foto sie zeigt. Die
Verfügungsbeklagte ist für beide geltend gemachten
Unterlassungsansprüche passivlegitimiert. Da ihr der Inhalt
des Blogs beim Einstellen auf die Plattform nicht bekannt war, kommt
sie allerdings weder als Täterin noch Teilnehmerin an den
Veröffentlichungen in Betracht. Ihr Beitrag bestand
(zunächst) ausschließlich darin, die Plattform
für Blogs Dritter zur Verfügung gestellt zu haben.
Die §§ 7 ff. TMG finden nach der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs auf den Unterlassungsanspruch keine Anwendung (BGH,
27.03.2007 - VI ZR 101/06, NJW 2007, 2558 f - Meinungsforum). Indes
schließt dies eine weitergehende Verantwortung des
Plattformbetreibers im Rahmen von Unterlassungsansprüchen
nicht aus, und zwar in Form der Störerhaftung. Auszugehen ist
insoweit von dem - aus §§ 186 StGB, 824 BGB
abgeleiteten - allgemeinen medienrechtlichen Grundsatz, dass der Herr
eines Massenmediums für dessen gesamten Inhalt
haftungsrechtlich einzustehen hat, unabhängig davon, ob es
sich um eigene Inhalte oder um lediglich verbreitete Inhalte Dritter
handelt (Soehring, Presserecht, 3. Auflage, 16.10 ff). Denn der
Unterlassungsanspruch kann nicht nur gegen den Behauptenden gerichtet
werden, sondern grundsätzlich ebenso gegen den Verbreiter, und
zwar hier sowohl gegen den intellektuellen als auch gegen den
technischen Verbreiter (Burkhardt in Wenzel, a. a. O., Rn. 12.58 ff.),
so dass dieser als Störer grundsätzlich auch
für fremde Inhalte auf Unterlassung haften kann. Dabei findet
die Haftungspriviligierung nach § 10 TMG auf
Unterlassungsansprüche keine Anwendung (BGH, 27.03.2007, a. a.
O. - Meinungsforum; BGH, 19.04.2007 - I ZR 35/04, GRUR 2007, 708 f -
Internetversteigerung II). Die Haftung des Betreibers als
Störer setzt allerdings grundsätzlich die Verletzung
von Prüfungspflichten voraus, weil die Störerhaftung
nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf,
die nicht selbst die rechtswidrige Beeinträchtigung als solche
vorgenommen haben. Der Umfang der Prüfungspflichten bestimmt
sich dabei grundsätzlich danach, ob und inwieweit dem als
Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen des
Einzelfalls eine Prüfung zuzumuten ist (BGH, 19.04.2007, a. a.
O., - Internetversteigerung II) Der Bundesgerichtshof hat für
den Fall des Internetforums hierzu entschieden (Urteil vom 27.03.2007,
a. a. O., - Meinungsforum), dass gegen den Betreiber eines
Internetforums grundsätzlich ein Anspruch auf Unterlassung
rechtswidriger Inhalte besteht, da diese durch den Betreiber verbreitet
werden. Insoweit bestünde zwar keine Pflicht zu
Überwachung des Kommunikationsvorganges, sobald der Betreiber
aber Kenntnis erlange, müsse er die Sperrung oder
Löschung des Vorganges veranlassen (BGH, 27.03.2007, a. a. O.,
- Meinungsforum). Denn die Besonderheit eines Internetforums, ebenso
wie einer Bloggerdomain besteht darin, dass die Verbreitung der
eingestellten Beiträge, im Unterschied etwa zur
Übernahme von Leserbriefen in ein Printmedium, nicht Folge
einer ausdrücklichen kognitiven Freigabe durch den Betreiber
ist. Die Veröffentlichung erfolgt vielmehr allein aufgrund
eines Eingabeaktes des jeweiligen Nutzers ohne vorherige konkrete
Kenntnis des Betreibers. Die aufgezeigten haftungsrechtlichen
Grundsätze sind auch auf den Betreiber einer Bloggerdomain
übertragbar. Denn durch die Zurverfügungstellung der
Domain und der weiteren technischen Voraussetzungen schafft die
Verfügungsbeklagte, wenn auch veranlasst durch Dritte,
nämlich die C1, ein virtuelles Meinungsforum im weiteren
Sinne. Dabei ermöglicht sie es ihren Bloggern gerade, sich nur
durch eine E-Mailadresse zu verifizieren, d. h. diese können
weitestgehend anonym bleiben. Die dortigen Eingabeakte nimmt
zunächst der C1 ohne Einfluss der Verfügungsbeklagten
vor. Dass es dabei zu Rechtsverstößen kommen kann,
gerade weil die C1-Domain anonym und ohne Kontrolle beim Upload durch
die Verfügungsbeklagte ist, ist dieser auch bewusst. Dies
zeigt die vertragliche Verpflichtung der Nutzer zur Einhaltung aller
anwendbaren Gesetze, Regeln und Bestimmungen auf Landes- und
Bundesebene sowie auf nationaler und internationaler Ebene in den
Nutzungsbedingungen. Auf die Domain und die dort eingestellten Blogs
hat die Verfügungsbeklagte den vorrangigen und technischen
Zugriff als Betreiberin. Sie hat den administrativen Zugriff. Sie
behält sich ausweislich der Nutzungsbedingungen und
Content-Richtlinien als Administratorin und Betreiberin das Recht vor,
bei der Verletzung der oben dargestellten Verpflichtung den
Nutzungsvertrag fristloser zu kündigen, das Blog hinter einen
Unterbrecher zu setzen, der nur dem Autor des Blogs Zugriff auf den
Inhalt ermöglicht, das Blog zu löschen oder den
Zugriff des Autors auf dessen C1-Kontooder dessen Google-Konto zu
deaktivieren. Dies verdeutlicht die umfänglichen
administrativen Möglichkeiten der
Verfügungsbeklagten. Im Übrigen betreibt die
Verfügungsbeklagte die Domain www.C1.com im Rahmen ihrer
gewerblichen Tätigkeit, sodass ihr eine Überwachung
eher zuzumuten ist (hierzu OLG Hamburg, 22.08.2006 - 7 U 50/06, CR
2007, 44 ff). Denn selbst wenn sie die Inhalte der Blogs nicht durch
Themenvorgabe wie in einem Meinungsforum veranlasst und aus den
eingestellten Blogs keinen Nutzen zieht, profitiert sie doch mittelbar
über die Werbeeinnahmen von der Häufigkeit der
Nutzung der Blogs. Die Verfügungskläger haben der
Verfügungsklägerin mit in Deutsch gehaltenem
Schreiben an die E-Mail Adresse ......@....... am 04.06.2010
mitgeteilt, dass keine Einwilligung für die Verbreitung der
konkret wiedergegebenen Fotos vorlag. Die Verfügungsbeklagte
hat jedoch die Fotos erst aufgrund einer späteren Beschwerde
am 29.06.2010, mithin mehr als drei Wochen nach dem Hinweis der
Verfügungskläger, entfernt und damit nicht in
angemessener Zeit. Es liegt auch eine Rechtsverletzung vor. Die
öffentliche Zurschaustellung der Fotos verletzt jeweils das
Recht am eigenen Bild der Verfügungsklägerin und des
Verfügungsklägers gemäß §
22 KUG. Die insoweit beweisbelastete Verfügungsbeklagte konnte
die streitige Einwilligung der Verfügungskläger nicht
glaubhaft machen. Ein Rechtfertigungsgrund gemäß
§ 23 KUG ist nicht vorgetragen. Insoweit ist auch eine
Wiederholungsgefahr gegeben. Diese ist für den
Unterlassungsanspruch materielle Anspruchsvoraussetzung (vgl. BVerfG
NJW 2000, 1209; BGH NJW 1995, 132). Sie wird durch die vorangegangene
rechtswidrige Beeinträchtigung indiziert (vgl. Dreier/Schulze,
UrhG, § 97 Rn. 41 m.w.N.), an deren Widerlegung durch den
Verletzer hohe Anforderungen gestellt werden. Die Wiederholungsgefahr
wird grundsätzlich erst dann ausgeräumt, wenn der
Verletzer sich unter Übernahme einer angemessenen
Vertragsstrafe für jeden Fall der Zuwiderhandlung
gegenüber dem Verletzten verpflichtet, sein Verhalten
einzustellen (vgl. statt aller: Vinck in: Loewenheim, Handbuch des
Urheberrechts, § 81 Rn 24; Palandt, BGB, Einf. V. §
823 Rn. 20 m.w.N.; Dreier/Schulze, UrhG, § 97 Rn. 42). Eine
strafbewehrte Unterlassungserklärung hat der
Verfügungsbeklagte nicht abgegeben. Allein die - noch nicht
einmal durch den Hinweis der Verfügungskläger -
veranlasste Entfernung der Fotos vor Zustellung der Antragsschrift
lässt die Wiederholungsgefahr erst recht nicht entfallen.
Vielmehr wird die Wiederholungsgefahr durch die Ausführungen
der Verfügungsbeklagten in der Antragserwiderung noch
bekräftigt, da die Verfügungsbeklagte ihr Verhalten
rechtfertigt (vgl. Dreier/Schulze, UrhG, § 97 Rn. 41). Auch
ein Verfügungsgrund ist gegeben. Der streitige Beitrag wurde
am 28.05.2010 online gestellt, der Antrag der
Verfügungskläger ging am 17.06.2010 bei Gericht ein.
IV. Antrag zu 2 b) bii) Die Verfügungsklägerin ist
für den Antrag zu 2 b) bii) passivlegitimiert, da
über sie in dem streitgegenständlichen Blog
identifizierbar berichtet wird. Die Verfügungsbeklagte ist
auch insoweit passivlegitimiert. Denn der
Prozessbevollmächtigte der Verfügungskläger
hat jedenfalls mit dem Beitrag vom 04.06.2010 auch unter Identifikation
der Verfügungsklägerin darauf hingewiesen, dass
für die streitgegenständlichen Inhalte kein Impressum
angegeben war. Allerdings liegt insoweit keine Rechtsverletzung vor.
Insbesondere liegt keine Verletzung eines Schutzgesetzes
gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit
§§ 55, 49 RStV vor. Denn der
streitgegenständliche Blog unterliegt nicht den
Informationspflichten des § 55 RStV. Gemäß
§ 55 Abs. 1 RStV haben Anbieter von Telemedien, die nicht
ausschließlich persönlichen oder familiären
Zwecken dienen, Namen und Anschrift leicht erkennbar, unmittelbar
erreichbar und ständig verfügbar zu halten. Nach der
Begründung zu § 55 im 9. RÄStV (abgedruckt
bei Held in Beck`scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Auflage 2008,
§ 55 Rz. 6), in dem die Informationspflichten neu geregelt
wurden, soll mit der Ausnahme von der Informationspflicht sicher
gestellt werden, dass Kommunikation im privaten (persönlichen
oder familiären) Bereich ohne Nennung des Namens und der
Anschrift erfolgen kann. Damit werde dem Schutz der
Privatsphäre Rechnung getragen. Nicht kennzeichnungspflichtig
sei demnach private Kommunikation, auch wenn sie über die
reine Telekommunikation hinausgehe. Dies betreffe etwa die Einstellung
von Meinungsäußerungen in Foren. In diesen
Fällen sei über den Plattformanbieter sichergestellt,
dass die schutzwürdigen Belange der Beteiligten gewahrt werden
können. Eine Kennzeichnungspflicht würde ansonsten
dazu führen, dass die Kommunikation unterbliebe. Danach fallen
unter die Ausnahme von der Informationspflicht jedenfalls Einstellungen
von Meinungsäußerungen in Foren. Das gilt auch, wenn
das Thema der Meinungsäußerung weder
persönlich noch familiär ist. "Persönlich"
bezieht sich nach dem Wortlaut auf die Zwecke der Kommunikation, nicht
etwa auf das behandelte Thema. Persönlich ist der Zweck der
Kommunikation aber auch dann, wenn der sich Äußernde
dem persönlichen Bedürfnis nach Kommunikation
politischer Meinungen, persönlichen Ärgers oder
Enttäuschung nachkommt. Nach der Gesetzesbegründung
bezieht sich persönlich auf die Kommunikation, auch wenn sie
über die reine Telekommunikation hinaus geht. Insofern kann
sich diese Kommunikation eben - typisch für das Internet - an
die gesamte Internetgemeinschaft wenden. Die Ausnahme erfährt
auch keine weitere Einschränkung dadurch, dass durch die
Inhalte der Meinungsäußerung ein Bedürfnis
entsteht, zu erfahren, wer hinter diesen Aussagen steht. Dies ist bei
der Abfassung des Gesetzes vielmehr bereits bedacht worden, da keine
Informationspflicht für notwendig erachtet wird, wo durch
einen Plattformanbieter sichergestellt ist, dass die
schutzwürdigen Belange der Beteiligten gewahrt sind. Daher
geht die Auffassung zu weit, nach der die Ausnahme nur in Betracht
kommt, wenn die Inhalte passwortgeschützt sind oder nur
Inhalte aus dem engsten persönlichen Lebensbereich betroffen
sind (so aber Ott, MMR 2007, 354, 356; für die Notwendigkeit
einer weiten Fassung hingegen Kitz, ZUM 2007, 368, 372). Der
streitgegenständliche Blog entspricht hiernach dem Schutzzweck
des Gesetzes und der ratio der Ausnahme von der Informationspflicht
einer derartigen Äußerung einer privaten Meinung in
einem Internetforum und fällt daher nicht unter die
Informationenpflicht des § 55 Abs. 1 RStV. Denn der anonyme C1
gibt seine persönliche Meinung zu bestimmten Themen bekannt,
wie dies auch bei Meinungsäußerungen in Foren der
Fall ist. Aufgrund der Nutzungsbedingungen und der Content-Richtlinien
übt die Verfügungsbeklagte als Anbieterin der
Plattform C2.com eine ähnliche Funktion aus, wie der Anbieter
eines Internetforums. Dadurch ist sichergestellt, dass die
schutzwürdigen Belange der Beteiligten gewahrt sind. Dies mag
bei anders gestalteten Blogs anders zu beurteilen sein. Zuletzt ist
davon auszugehen, dass die Kommunikationsform des B1.C2.com nicht
stattfinden würde, wenn der C1 der Informationspflicht
unterfallen würde. Die Abstufung der Informationspflichten des
§ 55 Abs. 1 und 2 RStV (näher dazu Kitz, aaO)
führt dazu, dass für solche Inhalte, die nicht der
Informationspflicht gemäß § 55 Abs. 1 RStV
unterfallen, auch nicht die Impressumspflicht gemäß
§ 55 Abs. 2 RStV gilt.
V. Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens folgt aus
§ 92 Abs. 1 ZPO.
Das die einstweilige Verfügung bestätigende Urteil
wirkt wie die ursprüngliche einstweilige Verfügung
und ist daher ohne besonderen Ausspruch mit der Verkündung
sofort vollstreckbar (Vollkommer, in: Zöller, ZPO, §
925 Rn. 9).
Streitwert:
Antrag 1) a): 7.500 €
Antrag 1) b): 2.500 €
Antrag 2) a): 7.500 €
Antrag 2) b) bi): 1.250 €
Antrag 2 b) bii): 1.250 €
Insgesamt 20.000 € .
Unterschriften