Dieses Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120%
des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig
vollstreckbar.
Tatbestand:
Die Parteien streiten über Zahlungsansprüche
hinsichtlich
der Abmahnkosten aufgrund von möglichem Filesharing
über den Internetzugang der Beklagten.
Die Klägerinnen zählen zu den führenden
deutschen Tonträgerherstellern. Sie sind jeweils Inhaber von
zahlreichen Leistungsschutz- und Urheberrechten an verschiedenen
Musikstücken. In sog. Online-Tauschbörsen werden
Musikstücke als MP3 Dateien von den jeweiligen Beteiligten zum
Download angeboten. Hier kann jeder Nutzer der Tauschbörse
Musikstücke von den Computern des Anbietenden herunterladen.
Hierdurch entstehen den Klägerinnen jährlich
Schäden in Millionenhöhe.
Am 09.08.2005 um 12:55:00 Uhr (MEZS) wurden unter der dynamischen
IP-Adresse 84.150.33.214, die zum fraglichen dem Internetanschluss der
Beklagten zuzuordnen war, 964 Musikdateien im MP3 Format zum Download
angeboten. Hinsichtlich der einzelnen Musikdateien wird auf die Anlage
K2 zur Klageschrift Bezug genommen. Im Hinblick auf ca. 80% der
vorgenannten Musikdateien stehen den Klägerinnen die
ausschließlichen Nutzungsrechte sowohl als
Tonträgerhersteller sowie über einen Rechteerwerb von
den Künstlern zu. Hinsichtlich der einzelnen Titel wird auf
die Klageschrift, dort Bl. 5-7 Bezug genommen.
Mit der Beklagten im Haushalt lebten neben dem Ehemann der Beklagten
deren Kinder. Das älteste Kind war am 09.08.2005 13 Jahre alt.
Jedenfalls die älteren Kinder der Beklagten hatten Zugriff auf
den Computer und den Internetzugang. Ein eigenes Benutzerkonto
für die Kinder wurde eingerichtet. Auch eine Firewall war
installiert.
Nachdem die Klägerin über die vorgenannte IP-Adresse
eine Urheberrechtsverletzung festgestellt hatte, erstatte sie
Strafanzeige gegen unbekannt und teilte der Staatsanwaltschaft die
IP-Adresse des Internetnutzers mit, von dem die Downloads
ermöglicht wurden. Das sodann aufgrund der Zuordnung der
IP-Adresse auch gegen die Beklagte geführte
Ermittlungsverfahren wurde eingestellt.
Die Klägerinnen erhielten sodann über ihre jetzigen
Prozessbevollmächtigten Akteneinsicht in die Ermittlungsakte
der Staatsanwaltschaft, aus der sich auch die Identität der
Beklagten ergab. Nach
Abmahnung
durch ein Schreiben der
Prozessbevollmächtigten der Klägerin gab die Beklagte
mit Schreiben vom 18.12.2005 eine strafbewehrte
Unterlassungserklärung ab. Auf die als Anlage K8 vorgelegte
Unterlassungserklärung wird Bezug genommen.
Die Klägerinnen sind der Ansicht, dass sie einen Anspruch
gegen die Beklagte auf Zahlung der für die
Abmahnung
entstandenen Kosten hätten. Dieser ergebe sich aus den
Grundsätzen der Geschäftsführung ohne
Auftrag und aus § 97 UrhG. Dabei hafte die Beklagte als
Inhaberin des streitgegenständlichen Internetanschlusses
zumindest als Störerin. Insbesondere hätte die
Beklagte als Anschlussinhaberin durch geeignete technische
Maßnahmen die Rechtsverletzungen zumindest verhindern
müssen.
Im Rahmen der
Abmahnung
sei auch die Einschaltung eines Rechtsanwaltes
möglich gewesen, zumal die Akteneinsicht nur durch einen
solchen ermöglicht würde.
Der Streitwert sei angemessen mit 400.000,00 € zu bemessen.
Der Abrechnung sei sodann eine 1,3-fache Mittelgebühr zugrunde
zu legen gewesen. Diese sei aufgrund der Tätigkeit
für mehrere Verletzte auf eine 2,2-fache Gebühr zu
erhöhen gewesen. Daher bestehe insgesamt der geltend gemachte
Anspruch.
Die Klägerinnen beantragen,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerinnen zu 1. bis 4.
zu gleichen Teilen € 5.832,40 nebst Zinsen in Höhe
von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit
dem 10.01.2009 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte bestreitet, dass sie selbst Musikstücke
über ihren Internetzugang zum Download angeboten habe. Die
Beklagte ist der Ansicht, dass sie jedenfalls nicht hafte, da sie
selbst keine Dateien öffentlich zugänglich gemacht
habe. Soweit eine solche Verletzung überhaupt über
ihren Internetzugang erfolgt sei, sei sie allen Prüf- und
Überwachungspflichten nachgekommen. Weitere Prüfungs-
und Überwachungspflichten ihrer Kinder hätten nicht
bestanden.
Jedenfalls seien ein zu hoher Gebührenrahmen und ein zu hoher
Streitwert angesetzt worden. Schließlich sei das Landgericht
Köln für die Entscheidung des Rechtsstreits
örtlich nicht zuständig. Darüber hinaus
bestreitet die Beklagte mit Nichtwissen, dass die
Rechtsanwaltsgebühren durch die Klägerinnen gezahlt
worden seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug
genommen auf den vorgetragenen Inhalt der von den Parteien gewechselten
Schriftsätze und auf die von ihnen eingereichten Urkunden, die
Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Das Landgericht Köln ist örtlich zuständig.
Die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts
Köln ist gegeben, da die Verletzungshandlung - das
Downloadangebot der streitgegenständlichen
Musikstücke - planmäßig über das
Internet auch in Köln und damit im
Zuständigkeitsbereich des Landgerichts Köln erfolgte.
Die Zuständigkeit gemäß § 32 ZPO
ist daher gegeben, da die unerlaubte Handlung auch in Köln
begangen wurde (vgl. Vollkommer in Zöller, ZPO, 27. Auflage,
§ 32 Rn. 17, m. w. N.). Da der geltend gemachte Anspruch von
den Klägerinnen schlüssig auch auf § 97 UrhG
gestützt wird - dies reicht für die
Begründung der Zuständigkeit aus (vgl. Vollkommer a.
a. O., § 32 Rn. 19, m. w. N.) -, können im Rahmen der
Prüfung auch alle weiteren Ansprüche
berücksichtigt werden (vgl. Vollkommer, a. a. O., §
32 Rn. 20, m. w. N.).
Den Klägerinnen steht ein Anspruch auf Erstattung der
Abmahnkosten in Höhe von 5.832,40 € gegen die
Beklagte zu.
Der Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten ergibt sich über
das Rechtsinstitut der Geschäftsführung ohne Auftrag.
Denn derjenige, der vom Störer die Beseitigung einer
Störung bzw. Unterlassung verlangen kann, hat nach
ständiger Rechtsprechung im Urheberrecht
grundsätzlich über dieses Institut einen Anspruch auf
Ersatz seiner Aufwendungen gem. §§ 683 S. 1, 670 BGB,
soweit er bei der Störungsbeseitigung hilft und im Interesse
und im Einklang mit dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen
des Störers tätig wird (BGH, NJW 1970, 243;
NJW 2002, 1494). Die gesetzliche
Sonderregelung in § 12 Abs. 1 S. 2 UWG
schließt außerhalb des Wettbewerbsrechts den Ersatz
von Abmahnkosten über den vorgenannten Weg nicht aus. Vielmehr
hat der Gesetzgeber mit § 12 UWG nur die Grundsätze
nochmals ausdrücklich anerkannt, die zuvor die Rechtsprechung
zum Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten im Rahmen der
Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen bereits entwickelt
hatte (vgl. Bornkamm in: Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 23.
Aufl. 2004 § 12 Rn 1.77 f. 1.85 ff.) Es entspricht dem
mutmaßlichen Willen des Störers, die durch die
Verletzungshandlung entstehenden Kosten, auch die der
Abmahnung
selbst,
möglichst gering zu halten. Insbesondere die durch
Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts veranlassten Kosten sind daher zu
ersetzen, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig
sind.
Das an die Beklagte gerichtete Abmahnschreiben war veranlasst und
erfolgte ordnungsgemäß, da eine Rechtsverletzung
vorlag, für die die Beklagte jedenfalls als Störer
haftet und die Einschaltung der Prozessbevollmächtigten der
Beklagten nicht rechtswidrig war.
Die Klägerinnen waren hinsichtlich der einzelnen Titel
unstreitig zur Geltendmachung der Unterlassungsansprüche
aktivlegitimiert. Auch wurden über die Internetzugang der
Beklagten 964 Musikdateien, an denen die Klägerinnen zu etwa
80% ausschließliche Nutzungsrechte besitzen,
öffentlich zugänglich gemacht (§ 19a UrhG).
Daher bestand ein Unterlassungsanspruch der Klägerinnen gegen
die Beklagte aus § 97 UrhG.
Da unstreitig ist, dass die Dateien über den Internetzugang
der Beklagten öffentlich zugänglich gemacht wurden,
haftet die Beklagte jedenfalls nach den Grundsätzen der
Störerhaftung auf Unterlassung. Denn auch nach dem eigenen
Vortrag der Beklagten war es jedenfalls kein unbekannter Dritter,
sondern eine im Haushalt der Beklagten lebende Person (Ehemann oder
Kind(er)), die die Urheberrechtsverletzung über den Computer
der Beklagten bzw. deren Internetzugang begangen hat. Im Rahmen des
Unterlassungsanspruchs haftet in entsprechender Anwendung des
§ 1004 BGB jeder als Störer für eine
Schutzrechtsverletzung, der - ohne selbst Täter oder
Teilnehmer zu sein - in irgendeiner Weise willentlich und
adäquat kausal an der rechtswidrigen Beeinträchtigung
mitgewirkt hat (
OLG Köln, Az. 6 U 244/06).
Zwar setzt die
Haftung des Störers die Verletzung von
Prüfungspflichten voraus, deren Umfang im Einzelfall sich
danach bestimmt, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch
Genommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten
ist (
LG Hamburg, ZUM 2006, 661 m. w. N.).
Dabei wird die
Störerhaftung Dritter durch Zumutbarkeitserwägungen
eingegrenzt, wobei sich die Art und der Umfang der gebotenen
Kontrollmaßnahmen nach Treu und Glauben bestimmen (
LG Hamburg, ZUM 2006, 661;
Schricker, UrhG, § 97 Rn. 36 a), wie sich auch
die Verpflichtung, geeignete Vorkehrungen zu treffen, durch welche die
Rechtsverletzungen soweit wie möglich verhindert werden, im
Rahmen des Zumutbaren und Erforderlichen zu halten hat (
LG Hamburg, ZUM 2006, 661 m. w. N.).
Wenn die Beklagte Dritten, auch und gerade Mitgliedern ihres Haushalts,
innerhalb ihres Haushalts einen Computer und einen Internetzugang zur
Verfügung stellte und ihnen dadurch die Teilnahme an der
Musiktauschbörse ermöglichte, dann war dieses
willentliche Verhalten adäquat kausal für die
Schutzrechtsverletzung. Jedenfalls seit dem Auftreten der
Filesharing-Software „Napster“ im Herbst 1999 ist
derartiges auch nicht mehr ungewöhnlich und wird insbesondere
und gerade von Jugendlichen vielfältig in Anspruch genommen.
Durch die gesetzgeberischen Bemühungen, dem entgegenzuwirken,
und dem verstärkten Tätigwerden der
Strafverfolgungsbehörden ist dieser Umstand in den letzten
Jahren auch nachhaltig in das Bewusstsein der Öffentlichkeit
gerückt worden. Diese Diskussion wird in den Medien bis zum
heutigen Tag regelmäßig zum Gegenstand der
Berichterstattung gemacht. Vor diesem Hintergrund kann niemand - auch
nicht die Beklagte - die Augen davor verschließen, dass das
Überlassen eines Internetzugangs an Dritte, insbesondere an
minderjährige Jugendliche, die nicht unwahrscheinliche
Möglichkeit mit sich bringt, dass von diesen derartige
Rechtsverletzungen begangen werden. Dieses Risiko löst
Prüf- und Handlungspflichten desjenigen aus, der den
Internetzugang ermöglicht, um der Möglichkeit solcher
Rechtsverletzungen vorzubeugen.
Diesen ist die Beklagte nicht hinreichend nachgekommen. Denn insoweit
hätte es der Beklagten nicht nur oblegen, ihren Kindern
ausdrücklich und konkret zu untersagen, Musik mittels
Filesharing-Software aus dem Internet herunterzuladen. Sie
hätte auch weiterhin wirksame Maßnahmen zur
Verhinderung der Rechtsverletzungen ergreifen müssen. Hierzu
war sie als Inhaberin des Internetanschlusses auch unzweifelhaft in der
Lage. So hätte ein eigenes Benutzerkonto mit
beschränkten Rechten eingeräumt werden
können. Des Weiteren wäre auch die Einrichtung einer
sog. „firewall“, die ein Download von Daten aus dem
Computer der Beklagten verhindert hätte, möglich und
zumutbar gewesen (vgl. auch
LG Hamburg, ZUM 2006, 661). Soweit
die
Beklagte nunmehr mit nicht nachgelassenem Schriftsatz
vorträgt, dass eine „firewall“ installiert
gewesen sei und auch Benutzerkonten eingerichtet gewesen seien,
führt dies - unabhängig davon, dass der Vortrag nach
der mündlichen Verhandlung erfolgt und daher unbeachtlich
bleiben muss - zu keinem anderen Ergebnis. Denn aus dem Vortrag ist
nicht ersichtlich, dass die Benutzerkonten lediglich mit
eingeschränkten Rechten eingerichtet wurden oder die Firewall
auch die Downloadvorgänge hätte verhindern
können. Hierzu fehlt vielmehr jeglicher Vortrag. Auch andere
technische Möglichkeiten, wie die Nutzung bestimmter Modems,
setzte die Beklagte nicht ein.
Damit liegt eine Rechtsverletzung vor, die grundsätzlich auch
zur Erstattung der Abmahnkosten verpflichtet.
Die Einschaltung eines Rechtsanwalts war erforderlich im Sinne von
§ 670 BGB. Für Ansprüche aus
Geschäftsführung ohne Auftrag ist insoweit von
Bedeutung, dass der Abmahnende nicht selbst über hinreichende
eigene Sachkunde und Möglichkeiten zur zweckentsprechenden
Verfolgung eines unschwer zu erkennenden Verstoßes
verfügen darf, da die Einschaltung eines Rechtsanwalts dann
ggf. nicht „erforderlich“ im Sinne des §
670 BGB sein kann (
BGH, NJW 2004, 2448).
Greifen kann dieser Aspekt freilich in Ausnahmefällen, in
denen standardmäßig immer nur ein und derselbe
Verstoß ganz routinemäßig für den
einzigen Berechtigten mittels „Textbausteinen“
abgemahnt wurde (vgl. bspw. für die
routinemäßige
Abmahnung
des Vertriebs des
„ftp-Explorers“ in Serienabmahnungen
OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.2.2001 -
20 U 194/00, NJW-RR 2002, 122). Vorliegend greift dieser
Aspekt nach Auffassung der Kammer schon
deshalb nicht, als es sich gerade nicht nur um einen einfach gelagerten
Streitfall handelt.
Die Kammer verkennt nicht, dass den Entscheidungsgründen der -
selbst nur zu dem ganz engen Ausnahmefall einer Selbstbeauftragung
eines Rechtsanwalts zur Verfolgung (ausgerechnet) eines
Verstoßes gegen die Berufsordnung der Rechtsanwälte
ergangenen - Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 06.05.2004 (
BGH, NJW 2004, 2448) vielfach der
allgemeine Grundsatz entnommen wird, dass bei
Unternehmen mit einer eigenen Rechtsabteilung, die damit (theoretisch)
in der Lage sind, typische Verstöße ohne
anwaltlichen Rat zu erkennen, ein Ersatz von Abmahnkosten ausscheiden
soll (vgl. etwa Köhler, in: Baumbach/Hefermehl,
Wettbewerbsrecht, 23. Aufl., § 9 Rn. 1.29). Die Entscheidung
des BGH liegt indes nach Auffassung der Kammer (vgl. insoweit bereits
die Urteile vom 20.07.2005 - 28 S 2/05 und
23.11.2005 - 28 S 6/05 m. w. N.)
nur auf der Linie der zu Recht zurückhaltenden
Rechtsprechung zu Fachverbänden mit eigener und gerade zur
satzungsgemäß gebotenen Verfolgung von
Wettbewerbsverstößen im Kern bereits bestimmter
Rechtsabteilung (vgl.
BGH, Urt. v. 12.04.1984 - l ZR 45/82, GRUR
1984, 691 m. Anm. Jacobs). Sie ist ferner aus
Billigkeitsgründen
speziell bei einer
Abmahnung
durch selbst sachkundige Anwälte
nach einer Selbstbeauftragung in Berufsrechtsfragen zutreffend und
überzeugend. Dies hat auch der Bundesgerichtshof
jüngst bestätigt (vgl.
BGH, Az. I ZR 219/05).
Darüber hinaus wäre die Einschaltung eines
Rechtsanwaltes auch aufgrund der gesetzlichen Regelung des §
475 StPO zwingend gewesen. Hiernach ist das Akteneinsichtsrecht im
Rahmen eines Ermittlungsverfahrens einem Rechtsanwalt vorbehalten. Die
Einsichtnahme in die Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft war jedoch
notwendig, da die Identität der Beklagten erst im
Strafverfahren ermittelt werden konnte. Ohne die Kenntnis der
persönlichen Daten der Beklagten wäre eine
sachgerechte Verfolgung der Ansprüche der Beklagten jedoch
nicht möglich gewesen.
Etwas anderes folgt auch nicht aus einem etwaigen Rechtsmissbrauch der
Klägerinnen gem. § 242 BGB. Die illegale
öffentliche Zugänglich-Machung urheberrechtlich
geschützter Musikwerke hat in den letzten Jahren ein enormes
Ausmaß angenommen. Das Unrechtsbewusstsein der Mehrzahl der
Rechtsverletzer ist dabei erschreckend wenig ausgebildet. Durch das
öffentliche Zugänglichmachen von Musiktiteln im
Internet über Filesharing-Systeme wird die Musikindustrie
jedes Jahr in einem ganz erheblichen Umfang geschädigt, was
durch verstärkte Berichterstattung in den Medien auch seit
einigen Jahren eindringlich in das Bewusstsein der
Öffentlichkeit gebracht wird. Dieser Umstand hat auch den
Gesetzgeber inzwischen bewogen, tätig zu werden und die
einschlägigen Gesetze zu verschärfen, um derartigen
Rechtsverletzungen wirksam entgegen zu wirken und die Rechtsstellung
der Urheber und der Inhaber von Nutzungsrechten zu stärken
(vgl. hierzu auch
OLG Hamburg GRUR-RR 2004, 342).
Vor diesem
Hintergrund sind die verstärkten Bemühungen der
Musikindustrie, gegen Urheberrechtsverletzungen vorzugehen und diese zu
unterbinden, zu sehen, die sich in der erhöhten Anzahl an
Abmahnungen
niederschlägt. Ein Rechtsmissbrauch kann darin
nicht erblickt werden. Diese Bemühungen stellen sich vielmehr
als legitime Wahrnehmung von berechtigten Rechten und
Ansprüchen von Unternehmen wie dem der
Verfügungsklägerin dar und darüber hinaus
als einziges Mittel, um den Rechtsverletzungen wirksam und effektiv
entgegen zu wirken.
Die Klägerinnen haben auch einen Anspruch als
Gesamtgläubiger. Dies nimmt die Kammer in ständiger
Rechtsprechung an. In der Sache
28 O 480/06 führte die
Kammer
folgendes aus:
„... Allerdings ist für die
Gebührenberechnung keine getrennte Abrechnung vorzunehmen
gewesen. Bei der
Abmahnung
des Beklagten namens und in Vollmacht der
Mandantschaft des Klägers handelt es sich um
„dieselbe Angelegenheit“ für mehrere
Auftraggeber im Sinne von § 7 Abs. 1 RVG. Der
gebührenrechtliche Begriff „dieselbe
Angelegenheit“ dient zur Abgrenzung desjenigen anwaltlichen
zusammengehörenden Tätigkeitsbereich, den eine
Pauschgebühr abgelten soll, wobei es auf die Art und den
Umfang des Auftrags des Anwalts im konkreten Einzelfall ankommt (vgl.
BGH, NJW 1995, 1431; Hartmann,
Kostengesetze, 36. Aufl., § 15
Rn. 11 m. w. N.). Die Verfolgung der
Urheberrechtsverstöße des Beklagten erforderte
jedoch für beide Mandantinnen ein gleichwertiges
Tätigwerden nach Art und Umfang. Dies belegt letztlich auch
der Umstand, dass die
Abmahnung
des Beklagten in einem einheitlichen
Schreiben erfolgte. Entgegen der Berechnung des Klägers ist
wegen des zusätzlichen Auftraggebers daher eine um 0,3
erhöhte Geschäftsgebühr aus einem Streitwert
von 500.000 € zu nehmen. Eine 1,3 Gebühr nach Nr.
2400 VV RVG ist für eine
Abmahnung
angemessen. Es handelt sich
nicht um eine Serien
abmahnung
in einer einfachen Angelegenheit, sondern
um eine Urheberrechtsverletzung und damit eine schwere Materie. Bei
mehreren Auftraggebern in derselben Angelegenheit ist ein
Erhöhung um 0,3 gem. Nr. 1008 VV RVG vorzunehmen.“
Hieran hält die Kammer fest.
Auch der Streitwert ist hier dann nach den vorstehenden
Ausführungen und entsprechend der ständigen
Rechtsprechung der Kammer ohne weiteres mit 400.000 €
(100.000,00 € je Verletztem bei jeweils mehr als 20 Titeln,
die pro Klägerinnen im Einzelnen dargelegt worden sind) zu
berechnen. Dabei ist die vorgenannte Pauschalierung bereits mit
eingeflossen.
Die Erhöhungsgebühr wird ebenfalls geschuldet, da
mehrere Parteien von den Prozessbevollmächtigten vertreten
wurden. Auch die weitere Berechnung ist zutreffend.
Soweit die Beklagte behauptet, es bestünden
Honorarvereinbarungen zwischen den Klägerinnen und ihren
Prozessbevollmächtigten, erfolgt diese Behauptung ins Blaue
hinein und ist daher nicht zu berücksichtigen. Die Frage, ob
die Klägerinnen die Kosten für die
Abmahnung
an ihre
Prozessbevollmächtigten bereits erstattet haben, kann
ebenfalls offen bleiben, da die Beklagte jedenfalls die
Erfüllung endgültig und ernsthaft verweigert hat, so
dass ein Zahlungsanspruch gegeben ist:
Der Anspruch besteht auch auf Zahlung und nicht auf Freistellung. Nach
§ 257 BGB umfasst die Verpflichtung zum Aufwendungsersatz auch
die Verpflichtung zur Freistellung hierfür eingegangener
Verbindlichkeiten (
BGH NJW-RR 2005, 887). Zwar geht
nach § 250
S. 2 BGB der Befreiungsanspruch nach § 257 BGB erst dann in
einen Geldanspruch über, wenn der Geschädigte
erfolglos eine Frist zur Herstellung (hier: Freistellung) mit
Ablehnungsandrohung gesetzt hat. Einen Befreiungsanspruch haben die
Kläger bislang nicht geltend gemacht; sie verlangen vielmehr
Zahlung. Allerdings wandelt sich der nach § 257 BGB bestehende
Befreiungsanspruch auch dann in einen Zahlungsanspruch um, wenn der
Schädiger jeden Schadensersatz ernsthaft und
endgültig verweigert und der Geschädigte Geldersatz
fordert (
BGH NJW 2004, 1868 m. w. N.). Die
ist der Fall, da der
begründete Klageabweisungsantrag ein solches Verweigern
darstellt (BGH NJW-RR, 1987, 43;
BGH NJW 1999, 1542; OLG
Düsseldorf, NJW 1978, 1387).
Die Argumentation der Beklagten, die gesetzliche Wertung durch die
Deckelung der Abmahnkosten auf 100,00 € führt
ebenfalls zu
keinem anderen Ergebnis. Denn die streitgegenständlichen
Rechtsverletzungen und auch die Ansprüche sind vor dem
Inkrafttreten des § 97a UrhG n. F. entstanden. Da eine
Rückwirkung des § 97a Abs. 2 UrhG nicht
ausdrücklich
angeordnet wurde, kommt eine solche nicht in Betracht. Darüber
hinaus kommt die Anwendung des § 97a Abs. 2 UrhG auch nur in
Betracht, wenn eine unerhebliche Rechtsverletzung eingetreten ist. Dies
ist angesichts der 964 zum Download angebotenen Audiodateien nicht der
Fall.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die
Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit
folgt aus
§ 709 ZPO.
Streitwert: 5.832,40 Euro.