Justizangestellte
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
Landgericht
Hannover
IM
NAMEN DES VOLKES
URTEIL
In dem
Rechtsstreit
des
Herrn Oliver Pocher
Klägerin
Prozessbevollmächtigter:
Rechtsanwalt […]
gegen
Beklagter
Prozessbevollmächtigter:
Rechtsanwalt [...],
hat die 6. Zivilkammer des Landgerichts Hannover auf die
mündliche Verhandlung vom 7. Dezember 2005 durch
die Vorsitzende Richterin am
Landgericht
,
den Richter am
Landgericht
und
den Richter am Landgericht
für R e c h t erkannt:
1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 6.000,00
€ nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten
über dem Basiszinssatz seit dem 11.2.2005 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin zu
83 % und der Beklagte zu 17 %.
3. Das Urteil ist für beide Parteien gegen Sicherheitsleistung
in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages
vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die
am
geborene Klägerin macht einen
Geldentschädigungsanspruch für
Äußerungen des Beklagten in der ZDF-Sendung "Wetten,
dass ...?" am 22.1.2005 geltend, die von ca. 14,5 Mio. Zuschauer
verfolgt worden ist. Im Rahmen dieser Sendung trat der Beklagte als
Moderator der Außenwette auf. Auf Grund der
Außenwette hatte sich die Klägerin ihre Haare orange
färben lassen. Sie wurde vom Beklagten interviewt, was live
übertragen wurde. Dabei kam es zu folgendem Gespräch:
"
:
Das ist
Original
.
, hallo.
:
In orange.
:
Im Original-96-er-Trikot. Er hat den Spaß auch mitgemacht.
Wir haben uns hier eben zusammen angesprüht und eh, das war
ein riesen Spaß auf jeden Fall und wir haben noch ne Dame,
die muss ich auch mal kurz vorstellen. Zu Kifi komm ich gleich noch
mal. Kommen Sie mal ganz kurz her. Zeigen Sie mir mal bitte ganz kurz.
Erst mal auch orange Haare. Hier haben wir
Frau
, ja, die hierher gekommen ist.
:
Oh,
Frau
. Herzlich Willkommen.
:
Ja!
:
Hallo
. Entschuldigung. Wo ist denn jetzt das Mikrofon?
:
Ich bin
aber
, hallo.
:
Ja, ja.
Hallo
,
hallo
.
:
Vergessen Sie
den
,
Frau
.
:
Ja, was soll’n das heißen. Was hast Du gemacht am,
eh ich sag
mal
? Ich will ja nichts sagen, aber Du siehst echt ganz schön alt
aus für Dein Alter.
:
Ja. Dankeschön.
:
Ja, gut. Aber 20.06. Moment.
:
Was ich gemacht hab, ich bin da zur Welt gekommen. Aber was hat er
gemacht?
:
Wer
jetzt?
?
:
Ja, dass
ich
heiße.
:
Ja, wir haben übrigens ne schöne Operationsshow bei
Pro7, da könnte ich sie mal vorschlagen.
:
Vielen herzlichen
Dank,
.
:
Ja, ich wollt einfach ...
:
Beim nächsten Mal im Fußballstadion werde ich Dich
verprügeln.
:
Jawoll!
:
Ok.
:
Rüpel!"
Am Montag, dem 24.1.2005 gab es erste
Presseveröffentlichungen zu dem vorstehend wiedergegebenen
Interview u. a. in der Neuen Presse vom 24.1.2005 unter der
Überschrift
"
Außer Rand und Band" sowie in den Schaumburger Nachrichten,
für deren Vertrieb die Klägerin tätig ist,
unter der Überschrift
"
in orange. Bei Wetten, dass ...?: ZVG-Vertriebsexpertin im Clinch
mit
". In der Folge beauftragte die Klägerin ihren jetzigen
Prozess-bevollmächtigten mit ihrer Vertretung. Dieser wandte
sich bereits am 24.1.2005 oder 25.1.2005, noch bevor der Beklagte eine
Schmerzensgeldforderung der Klägerin erhalten hatte, an
Presseagenturen, u. a. die DPA, und gab bekannt, dass die
Klägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von 25.000,00
€ verlange. Am 25.1.2005 wurde die Forderung der
Klägerin veröffentlicht u. a. in der Online-Zeitung
"Net-Zeitung.de" unter der Überschrift "Wetten, dass
...?:
soll zahlen".
Mit Schreiben vom 25.1.2005 wandte sich die Klägerin
über ihren Prozessbevollmäch-tigten mit ihrer
Forderung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 25.000,00
€ an den Prozessbevollmächtigten des Beklagten. Am
26.1.2005 kam es zu einer Veröffentlichung in "Spiegel Online"
unter der Überschrift "Schmerzensgeld-forderung. Wirbel
um
Wetten, dass ...?-Auftritt". Diesem Bericht zufolge ließ der
Beklagte über die Produktionsfirma Brainpool u. a. mitteilen:
"Ich bedauere es sehr, sollte
ich
verletzt haben. Meine Äußerungen waren jedoch
erkennbar satirisch und nicht ernst gemeint."
Am selben Tage rief der Beklagte die Klägerin an und
entschuldigte sich bei ihr. Gegenstand des Telefonats war auch die
Schmerzensgeldforderung der Klägerin, wobei der weitere
Gesprächsinhalt im Einzelnen streitig ist.
Am 27.1.2005 gab der Beklagte in seiner Live-Sendung
"
" bei dem Sender Pro7 folgende Erklärung ab:
"Ich war ja bei "Wetten, dass ...?". Mein Auftritt hat ja etwas...
Wirbel verursacht, mehr oder weniger. Und... es ist an dieser Stelle
auch wirklich mal Zeit, Entschuldigung zu sagen. Deswegen, falls ich
jemanden am Samstag mit meinem Auftritt verletzt habe, dann tut mir das
wirklich leid..".
Die Klägerin trat im Zusammenhang mit dem Interview am
22.1.2005 in verschiedenen Fernsehsendungen auf - und zwar am 28.1.2005
in der RTL-Sendung "Explosiv" und in der Live-Sendung "Aktuelle
Schaubude" auf N 3 sowie am 2.2.2005 im NDR-Medien-magazin "Zapp". In
diesen Sendungen äußerte sich die Klägerin
zu den streitgegenständlichen Erklärungen des
Beklagten und wurden die entsprechenden Passagen des Interview mit
ihrer Zustimmung, zum Teil auch in ihrer Gegenwart eingespielt.
Die Klägerin ist der Auffassung, eine
Entschädigungszahlung des Beklagten in Höhe von
mindestens 35.000,00 € sei im Hinblick auf die
streitgegenständlichen Äußerungen und die
dadurch verursachten Folgeerscheinungen sowie angesichts der
Einkommensverhältnisse des Beklagten angemessen.
Sie behauptet, sie sei nach dem Vorfall überall, auf der
Straße, beim Einkaufen, in der Tankstelle und an ihrem
Arbeitsplatz, angesprochen worden. Die Presse habe sie regelrecht
"belagert" sowohl an ihrem Arbeitsplatz als auch an ihrer
Privatadresse. Darüber hinaus habe sie im Hinblick auf ihren
Auftritt in der "Wetten, dass...?"-Sendung eine Reihe von E-Mails von
fremden Personen erhalten. Sie habe daher erst im Anschluss an die
Sendung nach und nach die Bedeutung und Tragweite der
streitgegenständlichen Äußerungen des
Beklagten erkennen können.
Die Klägerin meint, die von dem Beklagten ausgesprochenen
Entschuldigungen seien angesichts der von ihr erlittenen Verletzung
nicht ausreichend, da sie lediglich halbherzig und nicht in ernster
Absicht erfolgt seien. Zu berücksichtigen sei auch, dass der
Beklagte nicht einmal danach gefragt habe, wie sie sich
fühle. Vielmehr habe er bei dem Telefonat am 26.1.2005
erklärt: "Die 25.000,00 € Schmerzensgeld bekommst Du
ja doch nicht."
Im Hinblick auf die Belagerung durch die Medien sei die
Klägerin gezwungen gewesen, in die Offensive zu gehen und sich
ihrerseits der Öffentlichkeit, d. h. der Presse zu stellen,
insbesondere um vor den vielen Anfragen der Pressevertreter Ruhe zu
finden.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie ein angemessenes Schmerzensgeld
nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit
dem 11.2.2005 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Nach Auffassung des Beklagten ist die Klage in der vorliegenden Form
bereits unzu-lässig, weil sie nicht hinreichend bestimmt sei.
Darüber hinaus ist der Beklagte der Ansicht, dass die
Voraussetzungen für einen Entschädigungsanspruch der
Klägerin nicht vorliegen. Er meint, es fehle bereits an der
dafür erforderlichen schweren
Persönlichkeits-rechtsverletzung, da die Parteien im Rahmen
des streitgegen-ständlichen Interviews einen Schlagabtausch
auf Augenhöhe geführt hätten und die
Erklärungen des Beklagten als
Spontanäußerungen in einer Live-Sendung gefallen
seien. Im Übrigen sei das Anraten einer
Schönheitsoperation nicht geeignet, eine Ehrverletzung
herbeizuführen, weil die Durchführung von
Schönheitsoperationen in der modernen Gesellschaft
üblich sei und auch Prominente sich dazu bekennten.
Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass der
Klägerin, als sie zu ihm auf die Bühne gegangen sei,
bewusst gewesen sei, dass der Beklagte schon mal durch "flotte
Sprüche" auffalle. Im Übrigen habe die
Klägerin durch ihre anzügliche Bemerkung hinsichtlich
des
Moderators
und ihr selbstbewusstes Auftreten sowie ihre schlagfertige Reaktion
solche Äußerungen des Beklagten auch provoziert.
Zu berücksichtigen sei ebenfalls, dass sich der Beklagte
mehrfach bei der Klägerin entschuldigt habe. Auch habe die
Klägerin sich nicht um Ausgleich bemüht, sondern
sogleich ihre Zahlungsansprüche geltend gemacht und so zu
erkennen gegeben, dass es ihr im Wesentlichen um das Geld gehe. Dies
ergebe sich auch daraus, dass sie keine Unterlassungsansprüche
geltend gemacht und damit nicht den Versuch unternommen habe, eine
nochmalige Verbreitung der Äußerungen des Beklagten
verbieten zu lassen, sondern im Gegenteil im Rahmen ihrer
Fernsehauftritte die streitgegenständliche Passage wiederholt
habe einspielen lassen. Aus diesen Gründen bestehe auf Seiten
der Klägerin kein unabwendbares Bedürfnis
für eine Entschädigungszahlung. Denn sie habe durch
ihr Verhalten zum Ausdruck gebracht, dass sie sich nicht
beeinträchtigt gefühlt habe, sondern dass es ihr nur
darum gegangen sei, ihre unmittelbar geltend gemachten
Zahlungsforderungen unter Einsatz der Medien effektiv durchzu-setzen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf
die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst
Anlagen sowie das Protokoll der münd-lichen Verhandlung Bezug
genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist teilweise begründet.
Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist die geltend gemachte
Klageforderung hinreichend bestimmt. Bei
Schmerzensgeldansprüchen und Ansprüchen auf
Geldentschädigung aus Verletzung des allgemeinen
Persönlichkeitsrechts ist ein unbezifferter Klageantrag
zulässig. Erforderlich ist lediglich, dass der Kläger
die seiner Vorstellung entsprechende Größenordnung
angibt. Das hat die Klägerin getan, indem sie in der
Klageschrift ausgeführt hat, eine Geldentschädigung
in Höhe von mindestens 35.000,00 EUR dürfte als
angemessen gewertet werden.
Der Klägerin steht gegenüber dem Beklagten ein
Anspruch auf eine Geldentschädigung in Höhe von
6.000,00 € aus § 823 BGB i. V. m. Art. 1 und Art. 2
GG zu.
Denn die Äußerungen des Beklagten in dem
Live-Interview mit der Klägerin im Rahmen der ZDF-Sendung
"Wetten, dass ...?" am 22.1.2005 vor ca. 14,5 Mio. Fernsehzuschauern:
"Ich will ja nichts sagen, aber Du siehst echt ganz schön alt
aus für Dein Alter." ... "Ja, wir haben übrigens ne
schöne Operationsshow bei Pro7, da könnte ich sie mal
vorschlagen." stellen unter Würdigung der
Gesamtumstände eine schwerwiegende Verletzung des
Persönlichkeitsrechts der Klägerin dar, die nicht
anders als durch eine Entschädigung in Geld ausgeglichen
werden kann.
1. Nach den Rechtsprechungsgrundsätzen des Bundesgerichtshofes
kommt die Erweiterung des deliktischen Schutzes des allgemeinen
Persönlichkeitsrechts durch Zubilligung einer
Geldentschädigung nur ganz ausnahmsweise als
zusätzlicher Rechts-behelf in Betracht, wenn der Rechtsschutz
für die Persönlichkeit sich als unzureichend erweist
oder ganz versagt. Eine Geldentschädigung für
Übergriffe auf die Person soll lediglich den Rechtsschutz dort
ergänzen, wo der Eingriff von der Art ist, dass die
eigentlichen Rechtsbehelfe wie Gegendarstellung, Widerruf und
Unterlassung die Verletzungsfolgen nicht aufzufangen vermögen
(ständige Rechtsprechung seit BGHZ 35, 303). Dieser
Subsidiarität auf Rechtsfolgenseite entspricht auf der
Tatbestandsseite das Erfordernis einer schweren
Beeinträchtigung der Persönlichkeit (BGH NJW 1979,
1041 [Ex-Direktor]; NJW 1985, 1645 [Nacktfoto]; BGHZ 132, 13
[Lohnkiller]). Ob eine schwerwiegende Verletzung des
Persönlichkeitsrechts vorliegt, welche die Zahlung einer
Geldentschädigung erfordert, hängt insbesondere von
der Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, d.h. auch von dem
Ausmaß der Verbreitung einer Veröffentlichung, der
Nachhaltigkeit und Fortdauer der Interessen- oder
Rufschädigung des Verletzten sowie dem Anlass und Beweggrund
des Handelnden und von dem Grad seines Verschuldens ab (BGHZ 132, 13,
27 [Lohnkiller]; BGHZ 128, 1, 14 [Caroline von Monaco I]; BGH NJW-RR
1988, 733 [Intimbericht]; BGH NJW 1985, 1617, 1619 [Nacktfoto]). Dabei
ist der besonderen Funktion der Geldentschädigung bei
Persönlichkeitsrechtsverletzungen Rechnung zu tragen, die
sowohl in einer Genugtuung des Verletzten für den erlittenen
widerrechtlichen Eingriff besteht als auch, und zwar in erster Linie,
ihre sachliche Berechtigung in dem Gedanken findet, dass das
Persönlichkeitsrecht gegenüber erheblichen
Beeinträchtigungen anderenfalls ohne ausreichenden Schutz
bliebe (BGH NJW 1985, 1617, 1619 [Nacktfoto] m. w. N.).
Im Lichte dieser Rechtsprechungsgrundsätze liegt aus Sicht der
Kammer eine schwerwiegende Verletzung des
Persönlichkeitsrechts der Klägerin vor. Denn der
Beklagte hat die Klägerin aus seiner überlegenen
Position als Moderator heraus grundlos und bewusst mit herabsetzenden
Bemerkungen über ihre äußere Erscheinung
überzogen allein zu dem Zweck, sich auf ihre Kosten vor einem
Millionen-Publikum zu profilieren. Er hat die Klägerin mit
seinen Äußerungen in der Öffentlichkeit
bloßgestellt und als Objekt der Unterhaltung
"vorgeführt", indem er sie überraschend einem Angriff
aussetzte, auf den sie nur schwer angemessen reagieren konnte. Dabei
konnte ihm der verletzende Charakter seines Verhaltens nicht entgangen
sein.
Die gegen die Annahme einer schwerwiegenden
Persönlichkeitsverletzung gerichteten Einwände des
Beklagten sind unbegründet:
a) Unabhängig von der vom Beklagten behaupteten
Üblichkeit von Schönheits-operationen in der modernen
Gesellschaft ist der unerbetene Rat, sich einem solchen Eingriff zu
unterziehen, deshalb ehrkränkend, weil er im Kern die Aussage
enthält, dass der Betroffene seine äußere
Erscheinung verbessern lassen müsse.
b) Unerheblich ist auch der Umstand, dass sich die Klägerin
freiwillig vom Beklagten hat interviewen lassen. Denn in Anbetracht des
Charakters der Sendung "Wetten, dass ...?" musste sie nicht mit
herabsetzenden Äußerungen rechnen, sondern konnte
davon ausgehen, dass der Beklagte sein Verhalten dieser Sendung
anpassen werde. Der Vortrag, dass der Beklagte durch "flotte
Sprüche" auffalle, ist auch deshalb unbeachtlich, weil dies
für ihn keinen größeren Freiraum
für seine Äußerungen zu begründen
vermag, als er jedem anderen auch zusteht.
c) Dass die Klägerin die streitgegenständlichen
Bemerkungen des Beklagten provoziert hat, ist nicht ersichtlich. Denn
diese stehen in keinem Zusammenhang mit der Äußerung
der Klägerin im Hinblick auf die Namensgleichheit mit dem
Moderator
.
d) Auch der Umstand, dass es sich um
Spontanäußerungen des Beklagten in einer
Live-Sendung handelt, steht der Annahme einer schweren
Persönlichkeitsrechtsverletzung, insbesondere des
dafür erforderlichen Verschuldensgrades nicht entgegen. Zum
einen ist der Beklagte als Fernsehmoderator im Umgang mit
Live-Sendungen geübt, so dass davon auszugehen ist, dass er in
der Lage ist, sein Verhalten dabei zu kontrollieren. Zum anderen ist
nicht zu erkennen, dass ihm seine erste Bemerkung über das
Aussehen der Klägerin im Vergleich zu ihrem Alter
versehentlich unterlaufen ist. Denn er hat sie mit seiner weiteren
Äußerung über die
Schönheitsoperations-Show bekräftigt, obwohl
zwischenzeitlich das Thema gewechselt hatte hin zur Namensgleichheit
der Klägerin mit dem
Moderator
.
2. Entgegen der Auffassung des Beklagten fehlt eine anderweitige
Ausgleichsmöglichkeit der Klägerin. Insoweit ist der
Anspruch auf Unterlassung – der vorliegend allein in Betracht
käme – nicht ausreichend, zumal er nicht zu einer
Wiedergutmachung führt.
Eine nachträgliche Entschuldigung für
unzulässige Äußerungen in einer
Fernsehsendung ist - unabhängig davon, ob sie ernsthaft
erklärt wird, - generell nicht geeignet, einen
Geldentschädigungsanspruch insgesamt entfallen zu lassen. Denn
durch eine solche Entschuldigung kann das, was bei den Zuschauern
über den Betroffenen haften geblieben ist, nicht beseitigt
werden. Außerdem wird mit einer Entschuldigung niemals genau
der Kreis der Personen erreicht, der die verletzende
Äußerung gehört hat.
3. Schließlich liegt auch ein unabwendbares
Bedürfnis für eine Geldentschädigung auf
Seiten der Klägerin vor. Der von ihr geltend gemachte Anspruch
ist nicht deshalb ausge-schlossen, weil die Klägerin zu
erkennen gegeben hat, dass sie sich nicht beeinträchtigt
gefühlt hat. Das ist nämlich nicht der Fall.
a) Es folgt nicht schon aus der fehlenden Durchsetzung etwaiger
Unterlassungsansprüche. Denn die Klägerin musste
– auch angesichts der Entschuldigungen des Beklagten - nicht
davon ausgehen, dass dieser seine Bemerkungen über sie
wiederholen werde.
b) Auch die Reaktionen der Klägerin am Ende des Interviews mit
dem Beklagten rechtfertigen nicht den Schluss, dass sie sich nicht
verletzt gefühlt hat. Zwar hat die Klägerin
abschließend gesagt: "Vielen Dank", hat gelacht und ins
Publikum gewinkt. Es ist aber davon auszugehen, dass die
Klägerin ihre Verletztheit vor einem Millionenpublikum nicht
zeigen wollte und dass ihr in Anbetracht der für sie
ungewöhn-lichen Situation eines Live-Auftritts die Bedeutung
des Verhaltens des Beklagten erst anschließend nach und nach
bewusst wurde. Für ein
Beeinträchtigungsgefühl der Klägerin spricht
im Übrigen, dass sie dem Beklagten nach seiner
Äußerung hinsichtlich der Operations-Show androhte,
ihn zu verprügeln und dass sie ihre
Entschädigungsforderung nicht erst nach längerer
Zeit, sondern bereits kurz nach der Sendung erhoben hat.
c) Auch der anschließende publizistische Umgang der
Klägerin mit dem Interview, bei dem sie die Einspielung der
sie verletzenden Äußerungen des Beklagten in 3
verschiedenen Fernsehsendungen legitimiert hat, ist nicht geeignet,
einen Geldentschädigungsanspruch insgesamt entfallen zu
lassen. Zwar war diese "Flucht nach vorn" nicht erforderlich, um die
von der Klägerin beschriebene "Belagerung" durch die Presse zu
beenden. Sie spricht auch nicht dafür, dass die
Klägerin wünschte, dass die sie
beeinträchtigenden Bemerkungen des Beklagten so schnell wie
möglich vergessen würden. Entscheidend ist
jedoch, dass das Verhalten der Klägerin einem
nachvollziehbarem Interesse daran entspricht, sich auf diese Weise
nachträglich gegen den Beklagten zur Wehr zu setzen und der
Öffentlichkeit zu zeigen, welche Gefühle seine
Äußerungen bei ihr ausgelöst, d.h. wie sehr
sie sie verletzt haben.
4. Für die erlittene schwere
Persönlichkeitsrechtsverletzung der Klägerin ist eine
Geldentschädigung in Höhe von 6.000,00 €
ausreichend und angemessen.
Die Geldentschädigung soll dem Verletzten einerseits einen
angemessenen Ausgleich für den erlittenen Eingriff in sein
Persönlichkeitsrecht und andererseits Genugtuung verschaffen.
Auf die Einkommensverhältnisse des Beklagten kommt es bei
ihrer Bemessung nicht an. Denn diese wären nur unter dem
vorliegend unerheblichen weiteren Aspekt der Prävention in dem
- hier nicht gegebenen - Fall vorsätzlicher
rücksichtsloser Zwangskommerzialisierung der
Persönlichkeit von Bedeutung.
Bei der Bemessung der Geldentschädigung sind zunächst
die (oben beschriebenen) Umstände zu berücksichtigen,
die die Annahme einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung
begründen, im vorliegenden Fall insbesondere der Umstand, dass
diese vor einem Millionenpublikum erfolgte. Andererseits spielt auch
eine Rolle, dass nicht die Intim- oder die Privatsphäre der
Klägerin betroffen gewesen ist, sondern (lediglich) ihre
äußere Erscheinung, über die sich jeder
Zuschauer ein eigenes Bild machen konnte. Hinzu kommt, dass die
Klägerin durch ihr selbstbewusstes und forsches Auftreten bei
dem Beklagten durchaus den Eindruck erweckt haben konnte, sie sei nicht
empfindlich, sondern robust und nicht so leicht zu verletzen. Sie ist
in dem streitgegenständlichen Interview nämlich
durchaus "kess" aufgetreten, vor allem mit ihrer
Äußerung über den Moderator
"Was hat er gemacht, dass
ich
heiße". Ebenso zu berücksichtigen sind die
mehrfachen Entschuldigungen des Beklagten. Denn unstreitig hat sich der
Beklagte, unabhängig von dem weiteren
Gesprächsinhalt, bei der Klägerin telefonisch am
26.1.2005 entschuldigt. Ebenso erfolgte ein Ausdruck des Bedauerns
über seine Produktionsfirma und in seiner Live-Sendung
"
," in der er allerdings den Namen der Klägerin nicht genannt
hat und sich aus der von ihm gewählten Formulierung ergibt,
das der Beklagte nicht davon ausging, dass seine Bemerkungen objektiv
verletzenden Charakter hatten.
Zu Lasten der Klägerin hat bei der Bemessung der
Geldentschädigung ihr oben beschriebenes späteres
Verhalten gewirkt. Denn sie hat mit ihren Auftritten in den
Fernsehsendungen dazu beigetragen, dass die
streitgegenständlichen Äußerungen des
Beklagten in der Öffentlichkeit präsent geblieben und
möglicherweise weiter verbreitet worden sind, indem auch
Personen davon Kenntnis erlangt haben können, die die "Wetten,
dass..."-Sendung am 22.1.2005 nicht gesehen hatten. Zugleich hat sie
damit und indem sie sich mit einer weit überhöhten
Forderung sogleich an die Presse wandte ein Klima geschaffen, in dem
sie die von ihr gewünschte, ihren Interessen entsprechende
ernsthafte Entschuldigung des Beklagten und eine gütliche
Einigung der Parteien kaum noch erwarten konnte.
Die Zinsentscheidung beruht auf den §§ 288, 286 BGB.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO. Die Entscheidung
über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus
§ 709 ZPO.