zurück Aktenzeichen: 705 Ns 58/12, nachgehend OLG Hamburg, Urteil vom 07.04.2014, Aktenzeichen: 1 - 31/13 (Rev) - 1 Ss 90/13 Urteil vom 13.02.2013
Landgericht
Hamburg
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Tenor
Auf die
Berufung der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Amtsgerichts
Hamburg vom 16. März 2012 aufgehoben.
Der
Angeklagte K... ist des öffentlichen Verwendens von
Kennzeichen eines vollziehbar verbotenen Vereins schuldig. Er wird
verwarnt. Die Verurteilung zu einer Geldstrafe von 25
Tagessätzen zu je € 20,00 bleibt vorbehalten.
Die
unter der Asservatennummer 2 asservierte Jeansweste mit den
Aufnähern, sog. "Kutte", wird eingezogen.
Der
Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Angewendete
Vorschriften:
§§ 20 Abs. 1 Nr. 1
und Nr. 5, 9 VereinsG, 59 , 74 StGB.
Gründe
I.
Der
Angeklagte wurde vom Amtsgericht Hamburg am 16. März 2012 von
dem Vorwurf freigesprochen, an einem nicht bestimmbaren Tag in der Zeit
zwischen dem 28. März 2011 und 3. April 2011 im Bereich der
St. M... kirche, E..., 2... H... , eine ärmellose Weste mit
bestimmten aufgenähten Emblemen getragen zu haben, obwohl der
Verein "Hells Angels Motor-Club e.V." Hamburg verboten gewesen sei und
die fraglichen Aufnäher auf Weste des Angeklagten mit den
ebenfalls verbotenen Kennzeichen des Vereins "Hells Angels Motor-Club
e.V." Hamburg eine nach § 20 Abs. 1 Nr. 5 VereinsG
strafbewährte Gleichheit/Ähnlichkeit aufgewiesen
hätten.
Die Staatsanwaltschaft hat
hiergegen form- und fristgerecht Berufung eingelegt, diese hatte vollen
Erfolg.
II.
Zu seinen
persönlichen Verhältnissen hat der Angeklagte durch
seine Verteidigung folgende Angaben vortragen lassen, die er glaubhaft
als seine bestätigt hat:
Der Angeklagte ist
verheiratet und Vater von zwei Kindern. Er lebt mit seiner Ehefrau und
seinen Kindern zusammen. Die Kinder sind im Alter von dreizehn und
fünfzehn Jahren. Der Angeklagte ist
Geschäftsführer eines kleinen Verlages, wobei er
keine Angaben zu seinem Verdienst machen wollte.
Der
Angeklagte ist bereits seit 1983 strafrechtlich in Erscheinung getreten
u.a. wie folgt:
• Das Amtsgericht
Ü... hat ihm am 1. April 1996 wegen gemeinschaftlichen
Diebstahls in einem besonders schweren Fall und wegen versuchten
gemeinschaftlichen Diebstahls in einem besonders schweren Fall zu einer
Freiheitsstrafe von 5 Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur
Bewährung ausgesetzt wurde.
• Das
Amtsgericht T... verurteilte ihn am 30. Juli 1996 wegen
Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz in 3
Fällen, davon in einem Fall in nicht geringer Menge zu einer
Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 6 Monaten, deren Vollstreckung zur
Bewährung ausgesetzt wurde. Die Vollstreckung dieser und der
Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Ü... wurde nach
jeweiligem Widerruf und Teilverbüßung mit Beschluss
des Landgerichts Karlsruhe vom 8. Januar 2003 erneut zur
Bewährung ausgesetzt und letztendlich am 1. März 2005
erlassen.
• Das Amtsgericht K...
verurteilte ihn am 17. Juni 1998 wegen vorsätzlicher
Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 100
Tagessätzen zu je 60,- DM.
• Das
Amtsgericht S... verurteilte ihn am 26. April 2000 wegen
vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit
fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr zu einer Freiheitsstrafe
von 4 Monaten.
• Letztmalig verurteilte ihn
das Amtsgericht S... wegen gemeinschaftlicher Nötigung,
Körperverletzung in 3 tateinheitlichen Fällen in
Tateinheit mit gemeinschaftlicher Nötigung in 3
tateinheitlichen Fällen zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr.
Auch diese wurde nach Teilverbüßung mit Beschluss
des Landgerichts K... vom 8. Januar 2003 zur Bewährung
ausgesetzt und letztendlich am 1. März 2005 erlassen.
III.
Das
Gericht hat folgende Feststellungen zu Sache getroffen:
Der
Angeklagte ist seit 1997 Mitglied eines Hells Angels Motorradclubs
gewesen.
Im Jahre 2005 gründete sich der
Verein "Hells Angels MC Harbor City", dem der Angeklagte noch im
gleichen Jahr beitrat.
1. Mit Verfügung des
Bundesministeriums des Inneren vom 21. Oktober 1983 wurde der Verein
"Hell's Angels Motor-Club e.V." Hamburg, der sich 1973 als erster
deutscher Hells Angels Verein gegründet hatte, verboten und
die sofortige Vollziehung der Verfügung angeordnet. Die gegen
das Verbot gerichtete Klage wurde mit Urteil vom 18. Oktober 1988 vom
Bundesverwaltungsgericht rechtskräftig abgewiesen.
In
der Verbotsverfügung vom 21. Oktober 1983 heißt es
im Tenor:
"1.Zweck und Tätigkeit des
"Hell's Angels Motor-Club e.V." Hamburg laufen den Strafgesetzen
zuwider.
2. Der "Hell's Angels Motor-Club e.V."
Hamburg ist verboten. Er wird aufgelöst.
3.
Dem "Hell's Angel Motor-Club eV." Hamburg ist jede Tätigkeit
und die Bildung von Ersatzorganisationen untersagt; ebenso
dürfen seine Kennzeichen weder verbreitet noch
öffentlich oder in einer Versammlung verwendet werden."
Weiterhin
heißt es in der Verbotsverfügung:
"
... Das Vereinswappen des "Hell's Angels Motor-Club" zeigt den
stilisierten weißen behelmten Totenkopf mit rechtsseitigem
Engelsflügel auf rotem Grund (§ 3 der Satzung) ...
...
Der "Hell's Angels Motor-Club" ist außer bei seinen
öffentlichen Auftritten in Baden-Württemberg und im
benachbarten Ausland regelmäßig in Hamburg und in
Schleswig-Holstein tätig in Erscheinung getreten. Die
Vereinsmitglieder sind dabei an ihrer einheitlichen Kleidung, auf der
den "Gesetzen der Hells Angels" gemäß, das
Clubemblem angebracht ist (Schriftzug "Hells Angels", Vereinswappen,
Schriftzug "Germany", Buchstaben "MC"), sowie an ihren
mitgeführten schweren Motorrädern,
überwiegend der Marke Harley Davidson, zu erkennen gewesen."
Die
von den Mitgliedern des 1978 in das Vereinsregister Hamburg
eingetragenen Vereins "Hell's Angels Motor-Club e.V." Hamburg getragene
sog. "Kutte" sah wie folgt aus: Es handelte sich dabei um eine
Jeansweste, auf deren Vorderseite kleine Aufnäher mit den
Buchstaben "AFFA"; "HAMBURG", "EUROPE" vorhanden waren. Diese
jeweiligen Abzeichen waren in roten Großbuchstaben auf
weißem Grund ausgeführt, wobei jeweils über
der linken Brusttasche der Schriftzug "HAMBURG", über der
rechten Brusttasche der Schriftzug "AFFA" und am unteren rechten Rand
an der Kante der Schriftzug "EUROPE", platziert waren. Auf der
Rückseite der Weste waren als Abzeichen mittig ein
stilisierter weißer rot/schwarz behelmter Totenkopf mit
rot/gold-gelbfarbenen rechtsschwingenden Engelsflügeln auf
weißen Grund vorhanden, darüber
halbkreisförmig nach unten gebogen auf weißem Grund
der rote Schriftzug "HELLS ANGELS" und unter dem Totenkopf ein nach
oben geschwungene halbkreisförmiger Aufnäher mit dem
roten Schriftzug "GERMANY" auf weißem Grund. Das obere und
das untere Abzeichen bildeten einen nicht geschlossenen Kreis. Diese
Schriftzüge hatten alle die gleiche Größe
und Farbe und waren in Großbuchstaben gehalten.
Schräg rechts unter den Engelsflügeln (im gedachten
Kreis) war ein weiterer Aufnäher "MC" in Rot auf
weißem Grund vorhanden. Wegen der genauen Einzelheiten wird
gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO auf die
Abbildungen Bl. 379 d.A. Bezug genommen.
Mit
Verfügung des Innenministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen
vom 11. Dezember 2000 (bekanntgemacht am 5. Januar 2001) wurde der "MC
Hells Angels Germany Charter Düsseldorf" verboten. In der
Verbotsverfügung heißt es im Tenor:
"1.
Der Zweck und die Tätigkeit des Vereins "MC Hells Angels
Germany Charter Düsseldorf" laufen den Strafgesetzen zuwider.
2.
Der "MC Hells Angels Germany Charter Düsseldorf" ist verboten.
Er wird aufgelöst.
3. Dem "MC Hells Angels
Germany Charter Düsseldorf" ist jede Tätigkeit und
die Bildung von Ersatzorganisationen untersagt, ebenso dürfen
seine Kennzeichen weder verbreitet noch öffentlich oder in
einer Versammlung verwendet werden.
4. Das
Vermögen des "MC Hells Angels Germany Charter
Düsseldorf" wird beschlagnahmt und eingezogen.
5.
Die sofortige Vollziehung der Verfügung wird angeordnet, dies
gilt nicht für die Einziehung des Vermögens."
In
der Verfügung heißt es weiter:
"Das
Vereinswappen des "MC Hells Angels Germany Charter Düsseldorf"
zeigt einen stilisierten weißen behelmten Totenkopf mit
rechtschwingenden Engelsflügeln sowie den Schriftzug "Hells
Angels" ...
... Äußeres
Kennzeichen des Vereins ist neben dem Vereinswappen, das die Mitglieder
zu tragen verpflichtet sind .... "
Mit
Bekanntmachung des Innenministeriums Nordrhein-Westfalens vom 5. August
2002 wurde die Nr. 3 der Verbotsverfügung vom 11. Dezember
2000 wie folgt ergänzt:
"Die in Nr. 3 der
Verfügung (vom 11. Dezember 2000) erwähnten
Kennzeichen sind auf S. 5 der Verfügung wie folgt beschrieben:
Das
Vereinswappen des "MC Hells Angels GERMANY Charter Düsseldorf"
zeigt einen stilisierten weiß behelmten Totenkopf mit
rechtsschwingenden Engelsflügeln sowie den Schriftzug Hells
Angels".
Das äußere
Erscheinungsbild zum Zeitpunkt des Verbotes ergibt sich aus Anlage 1,
die dort dargestellte, von den Vereinsmitgliedern getragene Lederweste
weist auf der Rückseite den roten Schriftzug auf
weißem Grund "Hells Angels" auf. Darunter befindet sich der
sogenannte "Death Head", ein behelmter Totenkopfschädel in den
Farben weiß, schwarz, rot mit einem rechtsschwingenden
gelbfarbenen Engelsflügel. Es ist deutlich erkennbar, dass es
kein Hinweis auf den Charter Düsseldorf gibt. Ein solcher
Hinweis ist auch den Vereinsstatuten nicht zu entnehmen ...
Diese
Kennzeichen dürfen nach § 9 Abs. 1 VereinsG nicht
mehr öffentlich, in einer Versammlung oder in Schriften, Ton-
oder Bildträgern, Abbildungen oder Darstellungen, die
verbreitet werden oder zur Verbreitung bestimmt sind, verwendet werden.
Werden
Kennzeichen in im Wesentlichen gleicher Form von nicht verbotenen
Teilorganisationen oder selbständigen Vereinen verwendet, gilt
dies Verbot nach § 9 Abs. 3 VereinsG entsprechen.
Nur
ein deutlicher Hinweis auf den Standort eines anderen Chapters, wie in
Anlage 2 beispielhaft dargestellt, würde eine Strafbarkeit
nach § 20 Abs. 1 Nr. 5 VereinsG gemäß der
Rechtsprechung des BGH (NJW 1999, 435) vermeiden.".
Die
in schwarz-weiß gehaltenen Anlagen 1 und 2 zeigen jeweils die
Rückseite einer Weste, auf der jeweils in der Mitte ein
stilisierter behelmter Totenkopf mit rechtsschwingenden
Engelsflügeln und darüber halbkreisförmig
der Schriftzug "HELLS ANGELS" (in Großbuchstaben) angeordnet
ist. Unter dem Totenkopf befindet sich bei der Weste Anlage 1 dann ein
nach oben geschwungener Schriftzug "GERMANY" (in
Großbuchstaben) in der gleichen Schriftart wie der Schriftzug
"HELLS ANGELS, wobei das obere und das untere Abzeichen einen nicht
geschlossenen Kreis bilden. Schräg rechts unter den
Engelsflügeln ist ein weiterer Schriftzug "Me" vorhanden. Bei
der Weste Anlage 2 sind die gleiche Aufteilung und die gleichen
Schriftzüge abgebildet, jedoch befindet sich unter dem
Totenkopf der halbrunde nach oben weisende Schriftzug "BONN", wobei bei
dem Totenkopf die helle Umrandung fehlt Wegen der genauen Einzelheiten
wird gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO auf die
Abbildungen Bl. 272 d.A. Bezug genommen
Dieser
Erlass ist im Ministerialblatt für das Land
Nordrhein-Westfalen vom 25. September 2002 veröffentlich und
im Internet abrufbar.
Bei allen
Schriftzügen ist die Art der Schrift gleich. In Deutschland
sowie international sind diese Schriftzüge, die Schriftart und
Schriftform "rot auf weiß", der geflügelte Totenkopf
sowie diverse Umschreibungen und Kürzel, wie etwa "Big Red
Machine" und "AFFA" (Angels Forever Forever Angels), markenrechtlich
geschützt.
2. Der Angeklagte trug kurzeitig
an einem nicht mehr bestimmbaren Tag in der Zeit zwischen dem 28.
März 2011 bis zum 3. April 2011 im Bereich der St. ...kirche,
E..., 2... H..., offen eine ärmellose Jeansweste auf deren
Rückseite mittig der stilisierte weiße rot/schwarz
behelmte Totenkopf mit rot/gold-gelbfarbenen rechtsschwingenden
Engelsflügeln aufgenäht ist. Dieser ist identisch mit
dem verbotenen Totenkopf der verbotenen Clubs Hells Angels Hamburg
(Vereinswappen) und Düsseldorf. Darüber befindet sich
ein halbkreisförmig nach unten gebogene Aufnäher mit
dem Schriftzug "HELLS ANGELS" in roten Großbuchstaben auf
weißem Grund, wobei rechts unter dem Engelsflügel
ein Aufnäher in den Großbuchstaben in Rot "MC" auf
weißem Grund angebracht ist. Unter dem Totenkopf und den
Buchstaben "MC" befindet sich ein halbkreisförmig nach oben
gebogener Schriftzug "HARBOR CITY" in roter Schrift auf
weißem Grund. Der obere und der untere Schriftzug bilden
einen nicht geschlossenen Kreis. Sowohl die Schriftzüge, die
Größe der einzelnen Aufnäher, die
Schriftart, die Farben - nahezu - und die Stellung zueinander sind
identisch mit den Abzeichen, die die Mitgliedern des verbotenen "Hell's
Angels Motor-Club e.V." Hamburg trugen und ebenfalls in der Aufteilung
und der Darstellung nahezu identisch mit den verwendeten
Aufnähern des verbotenen "MC Hells Angels Germany Charter
Düsseldorf". Unterschiedlich ist im Wesentlichen nur, dass der
Angeklagte als unteres Abzeichen "Harbor City" und nicht "Germany" trug.
Der
Angeklagte steht in dieser Weste vor dem Geländer des
Vorplatzes des Hamburger M... und ließ sich einmal von vorne
und einmal von hinten fotografieren, wobei deutlich die
rückseitigen aufgenähten Embleme zu erkennen sind.
Auf der Vorderseite befinden sich auf der linken Seite am Kragen oben
zwei Aufnäher mit den Schriftzügen "HELLS ANGELS" und
"HARBOR CITY" in Rot auf weißen Grund.
Der
Angeklagte wusste zu diesem Zeitpunkt, dass die beiden Vereine Hamburg
und Düsseldorf verboten waren und welche Abzeichen diese
jeweils auf ihren Westen getragen hatten. Er nahm billigend in Kauf,
sich durch die in der Öffentlichkeit getragenen Embleme auf
seiner Weste strafbar zu machen.
Der Angeklagte
übersandte die beiden gefertigten Fotos mit Schreiben vom 7.
April 2011 an die Staatsanwaltschaft Hamburg, um klären zu
lassen, ob sein Verhalten strafbar sei. Dazu heißt es im
Schreiben wie folgt:
"Sehr geehrte Damen und Herren,
ich
übersende Ihnen eine Fotografie von mir (letzte Woche in H...
am M...) mit der Bitte um Zusendung eines Anhörungsbogens,
falls die Staatsanwaltschaft Hamburg der Auffassung sein sollte, dass
diese Fotografie den Anfangsverdacht eines ordnungswidrigen oder
strafbaren Verhaltens ist. Sollte dem nicht so sein, bitte ich
ebenfalls um Nachricht
Mit freundlichen
Grüßen (Unterschrift)
T... K...,
M...straße ..., 2... Q..."
Eingegangen ist
dieses von dem Angeklagten unterschriebene Schriftstück mit
den Fotos am 8. April 2011.
3. Diesen Handlungen und
dem Schreiben vorangegangen war, dass ein Bekannter des Angeklagten,
der ebenso wie der Angeklagte Mitglied des Vereins "Hells Angels MC
Harbor City" ist und war, am 28. Mai 2010 von der Polizei angehalten
wurde, wobei der Bekannte eine im Aussehen gleiche Weste wie die des
Angeklagten getragen hatte. Dort wurde der Anfangsverdacht des
Verstoßes gegen das Vereinsgesetz von der Polizei verneint,
weil eine neutrale Regenjacke über der Jeansweste getragen
worden war. Zu der Frage des Verstoßes gegen das
Vereinsgesetz bezüglich des Tragens der mit den
Aufnähern bestückten Westen folgte nun ein reger
Schriftwechsel. Das Landeskriminalamt Hamburg erwiderte am 15. Juli
2010 auf ein Schreiben des Rechtsanwalts des Bekannten des Angeklagten
vom 15. Juni 2010, dass der Einsatz rechtmäßig
gewesen sei. Da die Hells Angels "Patches" (Aufnäher) durch
eine Regenjacke verdeckt gewesen seien, werde eine Strafbarkeit
verneint. Die gefertigten Lichtbilder seien deshalb bereits auch
vernichtet worden. Mit Schriftsatz vom 5. August 2010 ließ
der Bekannte des Angeklagten über seinen Rechtsanwalt beim
Justiziariat der Polizei Hamburg nachfragen, woraus sich eine
Strafbarkeit ergeben solle, wenn eine solche Regenjacke nicht getragen
worden wäre, weil nach seiner Einschätzung der
Tatbestand des § 20 Abs. 1 Satz Nr. 5 VereinsG auch dann nicht
erfüllt wäre. Mit Schreiben vom 18. August 2010 wurde
vom Justiziariat der Polizei Hamburg darauf hingewiesen, dass aufgrund
der darüber getragenen Regenjacke die Jeansweste nicht
öffentlich wahrnehmbar gewesen sei; allgemeine
Rechtsausführung dazu, wie es sich bei einem anderen
Sachverhalt verhielte, würden nicht erfolgen. Auf weitere
Anfragen des Anwalts vom 9. November 2010 und 16. Dezember 2010 teilte
das Justiziartat der Polizei Hamburg mit Schreiben vom 21. Dezember
2010 mit, dass rechtsverbindliche Auskünfte über
hypothetische Fälle nicht erteilt werden. Mit Schriftsatz vom
4. Februar 2011 bat der Anwalt daraufhin die Staatsanwaltschaft beim
Landgericht Hamburg um Auskunft. Mit Schreiben vom 26. Februar 2011
wurde von der Staatsanwaltschaft darauf hingewiesen, dass auch von
dieser Seite keine Rechtsauskunft zu hypothetischen Sachverhalten
erteilt würde. Zugleich wurde die Entscheidung des
Oberlandesgerichts Celle vom 19. März 2007 angeführt,
wonach eine strafbare Verwendung eines verbotenen Kennzeichens nicht
gegeben sei, wenn durch Zusätze eindeutig klargestellt werde,
dass nicht auf den verbotenen Verein hingewiesen werden soll, wobei die
Zusätze im unmittelbaren Zusammenhang zu bringen seien und
auch für einen außenstehenden nicht genau
prüfenden Beobachter der Unterschied zum verbotenen
Originalkennzeichen erkennbar sein müsse. Es wird weiter in
diesem Schreiben darauf hingewiesen, dass in jedem Einzelfall von der
zuständigen Fachdienststelle der Polizei und der
Staatsanwaltschaft neu zu bewerten sein wird, ob es sich bei der
Bezeichnung "Harbor City" oder bei einer anderen verwendeten
Ortsbezeichnung um eine solche handelt, die den verbotenen Chaptern zum
Verwechseln ähnlich sei.
Auf Anfrage eines
weiteren Bekannten des Angeklagten, ob die Ersetzung des Wortes
"Germany" durch "Boppard" auf den Clubwesten eine ausreichende
Unterscheidung zu den verbotenen Vereinigungen der Hells Angels Hamburg
und Düsseldorf gewährleisten würden, war vom
Polizeipräsidium Koblenz bereits am 19. März 2007,
auf das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland Pfalz vom 22.
März 2005 verwiesen worden. Gleichzeitig wird mitgeteilt, dass
sofern die Aufschrift "GERMANY" auf der Rückseite der
Lederkutten in gleicher Schriftgröße und
Ausführung durch den Namen des Ortsvereins "Boppard" ersetzt
werden würden, eine Verwechslung mit dem verbotenen Charter
vermieden werden könne, so dass das Polizeipräsidium
ein polizeiliches Einschreiten nicht für erforderlich erachten
würde.
4. Am 12. Mai 2011 gegen 09:00 Uhr
wurde aufgrund des Durchsuchungsbeschlusses vom 6. Mai 2011 des
Amtsgerichts Hamburg, Az.: 163 Gs 327/11, die Wohnung des Angeklagten
durchsucht. Der Angeklagte wendete die Durchsuchung ab, indem er die
Jeansweste mit den Aufnähern anfangs freiwillig herausgab.
Diese wurde fotografiert und unter der Barcodenummer ...
(Asservatennummer ...) asserviert. Wegen des genauen Aussehens der von
dem Angeklagten an die Staatsanwaltschaft Hamburg eingereichten Bilder
sowie dem Aussehen der Jeansweste wird gemäß
§ 267 Abs. 1 Satz 3 StPO auf die Bilder Bl. 2 und 3 d. A.
sowie auf Bl. 29 d. A. verwiesen.
5. Deutschlandweit
gibt es zahlreiche Vereine der Hells Angels, die nicht verboten sind.
Diese führen teilweise reale Ortsnamen, wie z.B. Singen,
Stuttgart, Karlsruhe, teilweise werden aber auch anglofone, wie "Black
Forrest", oder auch fiktive Vereinsnamen, wie "Stealcity" "Midiand",
"Borderland", "Bad District", "South Eastside" oder "Nomads", verwandt.
IV.
Der
Angeklagte hat sich zur Sache wie folgt eingelassen: Aus Anlass des
polizeilichen Einschreitens am 28. Mai 2010 gegenüber einer
Motorradgruppe des Vereins "Hells Angels Harbor City", deren Mitglied
er seit Gründung 2005 sei, sei es zu den unter Ziffer 2
festgestellten Anfragen und dem Schriftwechsel mit dem Justiziariat der
Polizei Hamburg bzw. der Staatsanwaltschaft beim Landgericht Hamburg
gekommen. Der Inhalt des Schriftwechsels, einschließlich der
Auskunft des Polizeipräsidiums Koblenz sei ihm bekannt
gewesen. Der Brief vom 7. April sei von ihm geschrieben und auch die
Bilder seien von ihm bei der Staatsanwaltshaft Hamburg eingereicht
worden. Die Bilder sowie die in Augenschien genommenen Weste wie auch
das Bild stellen die "Kutte" dar, die er an einem Tag zwischen dem 28.
März und dem 3. April 2011 getragen habe, die er bei der
Durchsuchung anfangs freiwillig herausgeben habe.
V.
Die
Kammer ist den glaubhaften Angaben des Angeklagten zu seiner Person, zu
dem Verein "Hells Angels Harbor City", der Kenntnis der einzelnen
Schreiben, der Identifizierung seiner getragenen Kutte sowie der
Angaben zu der Durchsuchung gefolgt. Es sind keine Gründe
erkennbar, dass der Angeklagte sich hier zu Unrecht bezichtigt haben
könnte.
Zu seiner strafrechtlichen
Vorbelastung hat die Kammer ihre Feststellungen aufgrund der verlesenen
Auskunft aus dem Bundeszentralregister vom 26. Mai 2012 getroffen, die
von dem Angeklagten inhaltlich als richtig bestätigt wurde.
Hinsichtlich
der Inhalte der Schreiben beruhen die Feststellungen auf den verlesenen
Schreiben vom 15. Juli 2010, vom 5. August 2010, vom 18. August 2010,
vom 21. Dezember 2010, vom 4. Februar 2011, vom 25. Februar 2011 und
vom 19. März 2007, die von dem Angeklagten als von ihm bekannt
bestätigt wurden. Dass es tatsächlich am 28. Mai 2010
eine solche Kontrolle gegeben hat, wird auch durch den verlesenen
Vermerk des Polizeibeamten S... vom 4. Mai 2012 belegt, in welchem
beschrieben wird, dass mehrere Motorradfahrer die Kutte mit den
Aufnähern unter einer neutralen Regenjacke getragen haben.
Die
Feststellung, dass der Angeklagte die unter 2.2. näher
beschriebene Jeansweste an einem Tag in dem Zeitraum vom 28.
März 2011 bis zum 3. April 2011 im Bereich der St. ...kirche,
E... , 2... H..., getragen hat, beruhen zum einen auf seinen
glaubhaften Angaben und zum anderen auf dem verlesenen Schreiben des
Angeklagten vom 7. April 2011, dem verlesenen Durchsuchungsbeschluss
vom 6. Mai 2011, den Angaben des Angeklagten zu der Übergabe
seiner Weste sowie der Inaugenscheinnahme des Asservats mit dem
Asservatennummer ... , den Fotos aus dem Brief vom 7. April 2011 und
dem Foto von der asservierten Weste. Dass es bei dem in Augenschein
genommenen Asservat um die auf dem Foto abgebildete Jeansweste handelt,
folgt zum einen aus dem Vergleich des Asservats mit den Bildern, die
ein Gleichheit ergeben, und zum anderen aus den Angaben des
Angeklagten, der bestätigt hat, dass das in Augenschein
genommenen Asservate und die Bilder die identische Weste,
nämlich eine jeweils seine getragene Jeansweste zeigen. Dass
es sich um Aufnäher gehandelt hat, ergibt sich aus der in
Augenscheineinnahme der Weste, die sichtbar die Erhabenheit der
Aufnäher und das zur Jeansweste unterschiedliche Material
erkennen ließ.
Die Feststellung, dass der
Verein "Hell's Angels Motor-Club eV." Hamburg rechtskräftig
verboten ist, beruht auf der verlesenen Verfügung des
Bundesministeriums des Inneren vom 21. Oktober 1983 sowie dem
auszugsweise verlesenen Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.
Oktober 1988.
Die Feststellungen zur
Gründung des verbotenen Hamburger Vereins, zur Beschaffenheit
der von dem verbotenen Vereins "Hells Angels Motor-Club e.V." Hamburg
genutzten Weste, zur weltweiten Verbreitung der Organisation "HELLS
ANGELS" und des Markenschutzes "HELLS Angels" beruhen auf der Verlesung
des Vermerks des Polizeibeamten G... vom 6. März 2010, der
Inaugenscheinnahme des Bildes Bl. 379 d.A., auf der Verlesung des
§ 3 der Vereinssatzung des verbotenen Vereins Hamburg sowie
der verlesenen Verfügung des Bundesministeriums des Inneren
vom 21. Oktober 1983. Der Polizeibeamte G... hat in seinem Vermerk vom
6. März 2010 detailliert aufgeführt, dass der "Hell's
Angels Motor-Club e. V Hamburg nach Gründung 1973 im Juli 1978
in das Vereinsregister in Hamburg eingetragen worden sei und es sich um
das erste Charter der Hells Angels in Deutschland gehandelt habe. Die
unter Bl. 379 abgebildete Kutte sei im Rahmen eines Verfahrens gegen
die damalig beschuldigten Mitglieder des "Hells Angels Motor-Club e.V."
Hamburg asserviert worden und der Charter Stuttgart habe sich als
zweites Charter erst danach - im Jahre 1981 - gegründet. Die
auf der Kutte vorhandenen Aufnäher seien weltweit
geschützte Kennzeichen der Hells Angels Corporations.
Gründe,
dass der Polizeibeamte G... hier falsche Tatsachen als
Ermittlungsergebnisse aufgeführt haben könnte, sind
nicht ersichtlich.
Die Feststellungen zu dem "MC
Hells Angels GERMANY Chapter Düsseldorf" beruhen auf der
verlesenen Verfügung des Innenministeriums des Landes
Nordrhein-Westfalen vom 11. Dezember 2000, der verlesenen
Bekanntmachung des Innenministeriums vom 5. August 2002 sowie der
Inaugenscheinnahme der dort genannten Anlage. Dass diese im Internet
abrufbar waren, folgt aus der Verlesung der Internetadressen und der
Ausdruckdaten (11.04.2011 und 21.04.2011) der Bekanntgaben des
Innenministeriums vom 5. Januar 2001 und vom 5. August 2002 nebst deren
Inhalt.
Die Feststellungen zu den
Gründungsdaten, zu den Namen und zu der Gegebenheit, dass es
deutschlandweit zahlreiche weitere, nicht verbotene Vereine der "Hells
Angels" gibt, folgt aus der Inaugenscheinnahme und Verlesung der von
der Verteidigung zur Akte gereichten Übersichtskarte (BI.
220), die vor rotem Hintergrund die Umrisse einer Deutschlandkarte
nebst Ländergrenzen zeigt, auf der unter der Verwendung des
stilisierten Totenkopfs als Markierungspunkt unter anderem auch die
genannten Vereinsnamen vermerkt sind. Wegen der Einzelheiten des
Aussehens dieser Karte wird gemäß § 267
Abs. 1 Satz 3 auf Bl. 220 d.A. verwiesen.
Die
Angaben zur Gründung des Chapters "Harbor City" ergeben sich
auch aus den glaubhaften Angaben des Angeklagten sowie dem zur Akte
genommenen, teilweise verlesenen Internetauszug "Hells Angels
Motorradclub all brothers" vom 7. Februar 2013, aus dem sich ergibt,
wie der Angeklagte glaubhaft bestätigt hat, dass sich der "HA
MC Harbor City", im Februar 2005 gegründet hat
Die
Kammer hatte keinerlei Zweifel an der inhaltlichen Richtigkeit der
jeweiligen Urkunden.
Die Feststellung, dass es sich
um identische bzw. nahezu identische Aufnäher/Embleme handelt,
beruht auf dem Vergleich der in Augenschein genommenen Bilder und des
Asservats. Dort sind jeweils die beschriebenen Embleme gut erkennbar
und weisen alle die gleichen - oben dargestellten - Merkmale auf. Die
Abbildungen sind, bis auf die Anlage 1 und Anlage 2 zu der
Bekanntmachung vom 5. August 2002, jeweils in Farbe gehalten und lassen
sowohl die Farben als auch die Details der einzelnen Embleme gut
erkennen, was sich insbesondere daran zeigt, dass auf allen Bildern das
kleine Horn auf der Stirnseite des Totenkopfes zu erkennen ist. Bei den
Bildern der Anlagen 1 und 2 handelt es sich nur um
schwarz-weiß Bilder. Jedoch hat die Kammer bei der Bewertung
des Aussehens der Embleme auch die Beschreibung der einzelnen Farben in
der Bekanntmachung herangezogen. Weiterhin hat die Kammer dabei auch
berücksichtigt, dass diese Embleme einheitlich von den Clubs
benutzt werden, so dass keine Zweifeln an dem einheitlichen Aussehen
bestehen. Wegen der Möglichkeit, dass die Farbwiedergabe auf
den Fotos von der Realität geringfügig abweichen
können, ist die Kammer bezüglich der Farben nur von
einer nahezu identischen Ausführung ausgegangen.
Die
Feststellungen dazu, dass der Angeklagte hier zumindest damit gerechnet
hat, dass sein Verhalten strafbar sein könnte und er somit mit
bedingten Vorsatz gehandelt hat, ergibt sich für die Kammer
bereits aus seinem objektiven Verhalten. Das Einsenden der Fotos bei
der Staatsanwaltschaft ergibt keinen Sinn, außer der
Angeklagte hat damit gerechnet, dass es die Voraussetzungen einer
Strafnorm erfüllt. Bestätigt wird dies noch durch den
Inhalt der Korrespondenz, der sich ausschließlich um die
Frage, ob das Tragen einer mit Emblemen der Hells Angels
bestücken sog. "Kutte", soweit diese in der
Öffentlichkeit sichtbar sind, strafbar ist. Diese
Korrespondenz kannte der Angeklagte zugestandener Maßen.
VI.
Der
Angeklagte hat den Tatbestand des § 20 Abs. 1 Nr. 5 VereinsG
verwirklicht, denn er hat öffentlich das Kennzeichen eines
verbotenen Vereins im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 VereinsG
verwendet, indem er vor der St. ... Kirche eine blaue Jeansweste
getragen hat, auf deren Rückseite die oben beschriebenen
Abnäher zu sehen waren.
1. Bei den von dem
Angeklagten getragenen Aufnähern handelte es sich um
Kennzeichen eines rechtskräftig verbotenen Vereins (Hamburg)
und Kennzeichen eines mit einem sofort vollziehbaren Vereinsverbot
belegten Vereins (Düsseldorf) im Sinne des § 20 Abs.
1 Nr. 1 VereinsG, worauf in § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 VereinsG
Bezug genommen wird. Die Kennzeichen verbotener Vereine durften nach
§ 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 z.var. VereinsG nicht
öffentlich verwendet werden. Das Tragen der Jeansweste mit gut
sichtbarer Rückseite vor der St. ... Kirche stellt eine
öffentliche Verwendung dar.
a. Die von dem
Angeklagten auf der Rückseite seiner Weste benutzen
Aufnäher "HELLS ANGELS", der Totenkopf und "MC" stellen in
ihrer Zuordnung zueinander jeweils verbotenen Kennzeichen im Sinne des
§ 9 Abs. 1 und § 9 Abs. 2 VereinsG dar, denn bei
diesen Aufnähern handelt es sich um identische, zumindest aber
wegen möglicher leichter Variationen in der Farbe um nahezu
identische und damit zum Verwechseln ähnliche Kennzeichen
verbotener Vereine. Ebenso wie das Amtsgericht ist die Kammer der
Auffassung, dass als Kennzeichen im Sinne des § 20 Abs, 1 Nr.
5 VereinsG nicht die Jeansweste insgesamt, sondern jeder einzelne
Aufnäher anzusehen ist.
In § 9
Abs. 2 Satz 1 VereinsG wird beispielhaft aufgeführt, was ein
Kennzeichen ist, nämlich z. B. neben "Fahnen"
"Uniformstücke", "Parolen" und "Großformen"
insbesondere auch "Abzeichen". Ein Abzeichen ist ein Symbol, das unter
anderem in Form von Aufnähern, Anstecknadeln, Schulterklappen
oder Schildern existieren kann. Ein Abzeichen stellt wiederum nicht das
gesamte Kleidungsstück dar, sondern nur die einzelnen Symbole.
Daher ist jeder einzelne Aufnäher auf der Weste für
sich zu bewerten. Werden auf der Jeansweste die verbotenen Symbole der
Hamburger bzw. der Düsseldorfer Hells Angels, nämlich
der nach unten gebogenen Schriftzug "HELLS ANGELS" sowie der behelmten
Totenkopf (Vereinswappen) mit den rechtsseitigen gelbfarbenen
Engelsflügeln und das "MC" getragen, so handelt es sich
jeweils um ein verbotenes Kennzeichen im Sinne des § 20 Abs. 1
Nr. 5 VereinsG (so auch OLG Celle, NStZ 2008, Seite 159 ff. und OVG
Rheinland Pfalz, Urteil vom 22. März 2005, Az.: 12a 12101/04).
Insofern stellt das OLG Celle in seiner Entscheidung ganz deutlich
heraus: "Kennzeichen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 5 VereinsG
ist nicht eine mit dem Vereins wappen benähte Motorradweste
als Ganzes, sondern das verwendete Wappen selbst, das mit einem
verbotenen Kennzeichen identisch oder ihm jedenfalls zum Verwechseln
ähnlich ist, weil alle wesentlichen und prägenden
Merkmale wie der weiße, behelmte Totenkopf, die
rechtsseitigen Engelsflügel sowie die Schriftzüge und
deren Anordnung mit denjenigen des Kennzeichens des verbotenen
Hamburger Charters übereinstimmen."
Dieser
Auslegung entspricht es auch, dass in der Bekanntmachung des
Innenministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen vom 5. August 2002
jedes einzelne Emblem ausdrücklich aufführt und diese
Kennzeichen (im Plural) für verboten nach § 9 Abs. 1
VereinsG erklärt werden und nicht auf das gesamte Bild,
einschließlich der Tatsache, dass es sich im Westen handelt,
abgestellt wird. Zudem wird nicht auf das Wort "GERMANY" abgestellt"
Auch
der Wortsinn ergibt, dass jeder einzelne Aufnäher hier als
Kennzeichen zu sehen ist. Kennzeichen sind alle Gegenstände
und Verhaltensweisen, die durch ihren Symbolwert auf den Vereinszweck
hinweisen, den Zusammenhalt der Vereinsmitglieder stärken und
die Vereinigung von anderen Organisationen unterscheiden (vgl. dazu B.
Heinrich, in: Münchner Kommentar (2007), § 20
VereinsG Rn. 102). Hierunter fallen natürlich insbesondere die
optisch wahrnehmbaren Symbole. Dabei ist für die Kammer
offensichtlich, dass das Wappen (Totenkopf), und der typische "HELLS
ANGELS"-Schriftzug sowie das MC schon auf den ersten Blick und auch
nach dem Willen der "Kuttenträger" Ausdruck einer
Identifikation mit der nationalen und internationalen
Hells-Angels-Bewegung ist
Zu Recht hat deshalb auch
das Amtsgericht jedes einzelnen Emblem betrachtet und ist davon
ausgegangen, dass sowohl der Aufnäher mit dem weißen
rot/schwarz-behelmten Totenkopf mit dem rechtsseitigen
rot/gelb-goldfarbenen Engelsflügel, ebenso wie der
Aufnäher "HELLS ANGELS" und der Aufnäher "MC" auf der
Weste des Angeklagten identisch mit dem Kennzeichen des verbotenen
Vereins "Hell's Angels Motor-Club eV." Hamburg ist bzw. zumindest wegen
möglicher sehr geringer farblicher Nuancen ein
Ähnlichkeit im Sinne des § 9 Abs. 2 Satz 1 V mit den
verbotenen Kennzeichen besteht
b. Die Kammer hat
dabei nicht übersehen, dass hinsichtlich dieser
Aufnäher die besondere Zuordnung zueinander im Erkennungsbild
eine Rolle spielt. Aber selbst unter Zugrundelegung, dass die
Verbotsverfügungen jeweils die Kennzeichenkombinationen
betreffen sollen, hat der Angeklagte hier durch die - neben der
sonstigen fast 100 %igen Übereinstimmung - identische
Anordnung des Schriftzuges "HELLS ANGELS", des Totenkopfemblems und des
Emblem mit "MC" auf seiner Weste im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr.
5 VereinsG die von der Verbotsverfügungen betroffenen
Aufnäher öffentlichen verwendet, denn abzustellen ist
nicht auf sämtliche, sondern lediglich auf die wesentlichen
und prägenden Merkmale des Kennzeichens des verbotenen
Vereins. Als wesentliche und prägende Elemente des
Kennzeichens des verbotenen Hamburger Vereins "Hell's Angels Motor-Club
eV." und des Vereins "MG Hells Angels Germany Charter
Düsseldorf" sind der weiße rot/schwarz behelmte
Totenkopf, die rechtsseitigen Engelsflügel sowie der
darüber bogenförmig nach unten zeigende Schriftzug
"Hells Angels" anzusehen. Dementsprechend wird in der
Verbotsverfügung des Innenministeriums des Landes
Nordrhein-Westfalen vom 11.12.2000 insoweit auch vom "Vereinswappen"
gesprochen, wobei die rechtskräftige Verbotsverfügung
des Bundesministeriums des Inneren vom 21. Oktober 1983 von dem
Vereinswappen, dem stilisierten weißen behelmten Totenkopf
mit rechtsseitigem Engelsflügel auf rotem Grund (§ 3
der Satzung) spricht.
2. Die Kammer stellt bereits
in Frage, ob die in der obergerichtliche Rechtsprechung zugrunde
gelegte Prämisse einer einschränkenden Auslegung des
§ 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 VereinsG in den Fällen, in
denen verbotene und nicht verbotene Vereine identische oder
ähnliche Kennzeichen verwenden, richtig ist. Dieses erscheint
insbesondere in den Fällen zweifelhaft, in denen verbotenen
Kennzeichen von erlaubten Vereinen benutzt werden, die sich eindeutig
erst nach den Verbotsverfügungen gebildet haben. Weder sind
die Grundrechte der allgemeinen Handlungsfreiheit noch der freie
Meinungsäußerung derart ausgebildet, dass sie nicht
auch beschränkt werden können. Insbesondere die durch
Art. 5 GG geschützte Meinungsfreiheit ist durch ein
allgemeines Gesetz, welche § 9 und § 20 VereinsG
darstellen, einschränkbar. Auch ist durch die
Beschränkung der Vereinskennzeichen weder ein erheblicher
Eingriff in das Recht, Vereine zu bilden noch in das Recht, einem
Verein beizutreten, zu sehen. Dabei war zu berücksichtigen,
dass sich r - wie vom Angeklagten zugestanden - der Verein "Hells
Angels MG Harbor City" erst im Jahre 2005, also deutlich nach den
jeweiligen Verbotsverfügungen, gegründet hat. Der
Kammer erschließt sich nicht, inwiefern aus dem Argument
einer weltweit auftretenden Gruppierung mit einer Vielzahl von regional
organisierten und erlaubten Vereinen dieses dazu zu führen
hat, dass die Verwendung identischer bzw. nahezu identischer verbotener
Kennzeichen in einem anderen Licht zu betrachten ist. Es ist einem
Verein zumutbar, die von ihm verwendeten und propagierten Kennzeichen
abzuändern und umzustellen, wenn sie durch die Verwendung
durch einen verbotenen Drittverein diskreditiert und zum Symbol
gesetzwidriger Aktivitäten geworden sind. Diese Wertung
zugunsten einer Wahrung des öffentlichen Interesses liegt auch
der gleichgerichteten Regelung des § 86a StGB (Verwenden von
Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen) zugrunde. Sie ist auf
die hier vorliegende strukturell ähnliche Situation zu
übertragen (vgl. dazu BT-Drs. 14/7386, S. 49).
3.
Die Kammer hat nicht übersehen, dass der Bundesgerichtshof in
seiner Entscheidung vom 15. März 2007 (vgl. NStZ 2007, 466 ff)
eine Einschränkung des Schutzzweckes des § 86a 8tGB
dann verfassungsrechtlich als zulässig und auch als notwendig
erachtet hat, wenn der Gebrauch von - verbotenen - Kennzeichen in
eindeutiger und offenkundig ablehnender Weise erfolgt, wobei dass in
der Entscheidung dargebotene Kennzeichen "Hakenkreuz" durch ein
deutliches Durchstreichen, welches auch aus gewisser Entfernung noch zu
erkennen ist, vom Bundesgerichtshof als deutliche, aber auch notwendige
Distanzierung zu dem Inhalt des Kennzeichens gewertet wurde und deshalb
eine solches Handeln nicht vom Tatbestand des § 86a 8tGB
erfasst werden soll. So hat der BGH dazu ausgeführt: "Der
Schutzzweck dieses Straftatbestandes ist die Abwehr einer
Wiederbelebung der verbotenen Organisation oder der von ihr verfolgten
verfassungsfeindlichen Bestrebungen, auf die das Kennzeichen symba/haft
hinweist. Die weite Fassung des Tatbestandes, der nach seinem Wortlaut
- von Fällen der sog. Sozialadäquanzklausel nach
§ 86 a Abs. 3 i. V. m. § 86 Abs. 3 StGB abgesehen -
jegliches Verwenden eines solchen Kennzeichens anspricht,
würde bei wortgetreuer Auslegung jedoch auch Handlungen
erfassen, die diesem Schutzzweck nicht zuwiderlaufen oder sogar in
seinem Sinne wirken sollen. Dies erfordert eine Restriktion des
Tatbestandes, die derartige Kennzeichenverwendungen von der
Strafbarkeit nach § 86 a StGB ausnimmt ..."
Selbst
bei einer in diesem Sinne vorzunehmenden verfassungskonformen Auslegung
des § 20 Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. § 9 VereinsG
dahingehend, dass zur Vermeidung einer unzulässigen
Beschränkung der Betätigungsfreiheit der nicht
verbotenen Vereine eine Strafbarkeit wegen der Identität oder
überwiegende Ähnlichkeit eines verwendeten
Kennzeichens mit einem verbotenen Verein dann ausscheidet, wenn trotz
der Verwendung der verbotenen Kennzeichen eines verbotenen Vereins
durch Zusätze eindeutig klargestellt wird, dass nicht auf den
verbotenen Verein hingewiesen werden soll, wobei dies indes nur in
einer solchen Weise erfolgen könnte, dass direkt am
Kennzeichen im unmittelbaren Zusammenhang mit diesem unterscheidende
Zusätze anqebracht werden, so dass für einen
unbefangenen Außenstehenden und nicht genau
prüfenden Betrachter ohne weiteres erkennbar ist, dass nicht
der Eindruck des verbotenen Orginalkennzeichens vermittelt werden soll
(vgl. dazu OLG Celle, a.a.O., Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz,
a.a.O.. im Ergebnis so auch LG Berlin, StraFo 2003, 30 ff., Bayrisches
Oberstes Landesgericht, Entscheidung vom 8. März 2005, 4 StR
207/04 - zitiert nach Juris -), reicht zur Abgrenzung bei der
Veränderung des unteren Schriftzuges die Verwendung eines
Fantasieortes oder - namens wie "Harbor CITY" nicht aus, um sich von
den verbotenen Aufnähern und der der weitläufigen
Beschreibung "GERMANY" konkret zu distanzieren.
Der
Zweck des pönalisierten Kennzeichenverbots des § 20
Abs. 1 Nr. 5 VereinsG ist in Angleichung zu den Grundsätzen
des § 86 a StGB darin zu sehen, dass die Kennzeichen
verbotener Vereine effektiv aus der Öffentlichkeit zu
verbannen sind (vgl. dazu auch BT-Drs. 14/7386, S. 48). Hierdurch
wiederum sollen der demokratische Rechtsstaat und der
öffentliche Frieden geschützt werden, auch durch
Signalisierung einer effektiven Durchsetzung einer vereinsrechtlichen
Verbotsverfügung, auch zur Stärkung des Vertrauens
der Bevölkerung in ein effektives Vereinsverbotsrecht (vergl.
auch BT-Drs. 14/7386, S. 49.) Deshalb ist bei dem Maßstab
für die Frage, ob hier ein Zusatz verwendet worden ist, der
für einen unbefangenen Außenstehenden nicht genau
prüfenden Beobachter ohne weiteres erkennbar werden
lässt, dass nicht der Eindruck des verbotenen
Originalkennzeichens vermittelt werden soll, nach Auffassung der Kammer
bei dem Unterscheidungszusatz auf die tatsächliche
Differenzierungswirkung abzustellen und wie die Staatsanwaltschaft zu
Recht vorgetragen hat, muss der Unterscheidungszusatz einen
Differenzierungsgehalt aufweisen, der eine konkrete Distanzierung des
Kennzeichenverwenders von dem Kennzeichen des verbotenen Vereins nach
außen hinreichend deutlich macht Bei einem solchen
Unterscheidungszusatz ist entgegen der Auffassung des Amtsgerichts
Hamburg nicht auf eine rein optische Ähnlichkeit mit den
verbotenen Kennzeichen abzustellen, da die optische
Ähnlichkeit lediglich für die Frage von Bedeutung
ist, ob das verwendete Kennzeichen überhaupt als Kennzeichen
im Sinne der § 20 Abs. 1 Nr. 5, ggf. in Verbindung mit
§ 9 Abs. 2 S. 2 VereinsG in Betracht kommt.
Dieser
Maßstab wird auch durch die Entscheidung des
Bundesgerichtshofes vom 15. März 2007 (NJW 2007, 1602-1604)
gestützt, die grundsätzlich ein eindeutiges
Unterscheidungsmerkmal in Form eines Ausschlusses der Verwechslung als
notwendig erachtet So wird dort ausgeführt: "Der Gebrauch des
Kennzeichens einer verfassungswidrigen Organisation in einer
Darstellung, deren Inhalt in offenkundiger und eindeutiger Weise die
Gegnerschaft zu der Organisation und die Bekämpfung ihrer
Ideologie zum Ausdruck bringt, läuft dem Schutzzweck der
Vorschrift ersichtlich nicht zuwider und wird daher vom Tatbestand des
§ 86a StGB nicht erfasst."
In diesem Sinne
ist auch die Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 31. Juli 2002
(NJW 2002, 3186-3188) zu lesen, in welcher ausdrücklich
aufgeführt wird, dass "ähnlich" allgemein die
objektiv vorhandene Übereinstimmung in wesentlichen
Vergleichspunkten bezeichnet. Bei einem Kennzeichen, das seiner
Funktion nach optisch wahrgenommen werden soll, kommt es
maßgeblich auf die das äußere
Erscheinungsbild prägenden Merkmale an, in denen sich sein
Symbolgehalt verkörpert. Diese charakteristischen Merkmale
haften dem Kennzeichen als solchem an, und zwar unabhängig von
der Person des Betrachters. Soweit in Rechtsprechung und Literatur als
Maßstab auf den Gesamteindruck eines durchschnittlichen
Betrachters abgestellt wird, wird dadurch nur der geforderte Grad der
Ähnlichkeit zwischen den Vergleichsobjekten näher
bestimmt. Einerseits braucht die Übereinstimmung mit dem
Originalkennzeichen nicht so weit zu gehen, dass die Abweichungen nur
von einem Fachmann nach sorgfältiger Prüfung
festgestellt werden können. Andererseits genügt es
aber nicht, dass sich lediglich einzelne Merkmale des Vorbilds in der
Abwandlung wiederfinden, ohne dass dadurch einem unbefangenen
Betrachter, der das Original kennt, der Eindruck des
Originalkennzeichens vermittelt wird."
Weder ergibt
nach den oben genannten Feststellungen der Schriftzug "HARBOR CITY"
durch seine äußere Aufmachung - nach oben gebogene,
rote Großbuchstaben auf weißem Grund in der
gewählten Schrift - eine Unterscheidung im Optischen zu dem
gewählten Schriftzug "GERMANY" der verbotenen Vereine noch ist
inhaltlich eine ausreichende Differenzierung zu erkennen. Die
verwendeten Kennzeichen der verbotenen Vereine hatten keinerlei
Hinweise auf eine bestimmte Region in Deutschland bzw. eine regionale
Begrenzung enthalten. Selbst wenn man sich der obergerichtlichen
Rechtsprechung anschließt, dass einem klarstellenden und
eindeutigen Ortszusatz ein solcher Differenzierungsgehalt zugesprochen
wird, so stellt die Formulierung "HARBOR CITY" einen solchen Zusatz
nicht dar. Bei dem Begriff "Harbor City" handelt es sich
nämlich nicht um eine eindeutige Ortsbezeichnung, sondern um
einen Fantasienamen, der jedenfalls genauso wie der Zusatz "Germany"
einem unbefangenen Beobachter keine eindeutige Zuordnung zu einem nicht
verboteneren Verein der Hells Angels ermöglicht, sondern
vieldeutig interpretierbar ist, wie auch das Amtsgericht zutreffend
festgestellt hat Damit weist aber dieser Zusatz ebenso wie andere
allgemeine Bezeichnungen, z.B. der Begriff "Germany" oder der allgemein
gehaltene Zusatz "Motorcycleclub", gerade keinen hinreichend klaren und
eindeutigen Differenzierungsgehalt auf. Zusatzbezeichnungen, die im
Zusammenhang mit verbotenen Kennzeichen benutzt werden, müssen
nach Auffassung der Kammer aufgrund ihrer den Tatbestand des §
20 VereinsG einschränkenden Wirkung dergestalt sein, dass sie
eine erhebliche Trennkraft zu denen der verbotenen Kennzeichen
zugrundeliegenden Vereine entfalten. Dies ist bei dem
gewählten Begriff "Harbor City" nicht der Fall, da es sich
hierbei um keinen realen Ort handelt. In Anlehnung an die
Entscheidungen des OLG Celle (a. a. O) und des OVG Rheinland Pfalz (a.
a. O.) ist zumindest zu fordern, dass nur real existierende Orte als
Zusätze zu den verbotenen Kennzeichen die
tatbestandseinschränkenden Auslegungen auslöst (in
diesem Sinn auch die Bekanntmachung des Innenministeriums des Landes
Nordrhein-Westfalen vom 05.08.2002). Dies wird auch der
Einschätzung des Gesetzgebers gerecht, der Ortsbezeichnungen
und Untergliederungsangaben als eher untergeordnete Modifikationen
bewertet, wie sich auch aus den Gesetzesmaterialien zur
Einführung des § 9 Abs. 3 VereinsG ergibt. Dort ist
Folgendes ausgeführt: "Die Ausweitung des Kennzeichenverbots
wird nicht zu einer Kriminalisierung der Verwendung allgemein
gebräuchlicher Zeichen wie Kreuz oder Halbmond führen
Von dem Kennzeichen eines verbotenen Vereins kann erst dann ausgegangen
werden, wenn vom fraglichen Kennzeichen als Ganzem oder auf Grund der
Zusammenstellung charakteristischer Elemente eine die Vereinigung
charakterisierende Unterscheidungs wirkung im Sinne eines
Alleinstellungsmerkmals ausgeht. Diese wird in der Regel nicht durch
untergeordnete Modifikationen des Kennzeichens wie die
Beifügung einer Ortsbezeichnung oder einer
Untergfiederungsangabe ausgeschlossen werden" (vgl. BT-Drs. 14/7386, S.
49).
Gegen diese Wertung sprechen weder die
Entscheidung des Bundesqerichtshofs vom 28. Juli 2005 (BGH NJW 2005,
3223-3225), noch die Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 7.
Oktober 1998 (BGH NJW 1999, 435-436), denn beide beschäftigen
sich mit vollständig anderen Fallkonstellationen. Der
Entscheidung vom 28. Juli 2005 lagen akustische Parolen zugrunde, die
sich im Wesentlichen aus Wörtern des alltäglichen
Sprachgebrauchs zusammensetzten und es bei der verbotenen Vereinigung
eine solche nicht einmal annähernd gab. Es wurde insbesondere
als erforderlich angesehen, dass überhaupt "eine objektiv
vorhandene Übereinstimmung in wesentlichen Vergleichspunkten"
mit einer bestehenden - verbotenen - Parole besteht, denn ... "die
Verwendung eines Fantasiekennzeichens oder eines erheblich
abgewandelten Kennzeichens, das dem Originalkennzeichen nicht zum
Verwechseln ähnlich ist, (ist) auch dann nicht von §
86 a Abs.2 Satz 2 StGB erfasst, wenn es den Anschein erweckt, es
handele sich um ein Kennzeichen dieser Organisation". Die Entscheidung
vom 7. Oktober 1998 ist nicht übertragbar, da sie sich mit der
gegenüber dem vorliegenden Fall umgekehrten Fallkonstellation
befasst, dass ein Kennzeichen eines später
gegründeten und dann verbotenen Vereins nach der
Veränderung die Gestalt eines Zeichens annahm, das von einer
schon länger bestehenden legalen Vereinigung oder Institution
benutzt und von unbefangenen Beobachtern gerade auch dieser zugeordnet
wurde.
Die Kammer hat nicht verkannt, dass eine
Minderheit der deutschen nicht verbotenen Hells Angels Charter auch
Fantasienamen verwendet. Jedoch ist es in der Rechtsprechung anerkannt,
dass Vereine ihre verwendeten Kennzeichen zu ändern haben,
sofern sie denen verbotener Vereine zu sehr ähneln. Es ist
nicht Sache des Staates, Vorgaben internationaler Vereine zu tragen,
wenn eingeführte Kennzeichen durch verbotene Vereine in
Misskredit gebracht worden sind (OLG Celle a.a.O.). Die
Betätigungsfreiheit der betreffenden Vereine wird durch die
Anforderung, einer eindeutigen Differenzierung oder durch Zusatz in
ihrem Namen oder bei ihren Kennzeichen zu verwenden, nicht
unzulässig eingeschränkt Den betroffenen Vereinen
bleibt es nämlich unbenommen, ihre Vereinskennzeichen entweder
dergestalt zu ändern, dass sie keine prägnanten
Merkmale der verbotenen Vereine mehr aufweisen oder sich durch
eindeutige Zusätze von dem verbotenen Verein abgrenzen. Bei
einer nationalen oder internationalen einheitlich auftretenden
Vereinigung kann dies regelmäßig eben nur durch die
Verwendung einer eindeutigen Ortsbezeichnung bei den Kennzeichen
geschehen.
In Übereinstimmung mit der
Auffassung der Staatsanwaltschaft ist die Kammer auch der Auffassung,
dass bei der hier vertretenen Auslegung die Bedenken des Amtsgerichts
Hamburg gegen eine mögliche Unbestimmtheit der Norm im Sinne
des Art. 103 GG nicht Platz greifen. Vielmehr ermöglichen die
dargestellten Kriterien eine klare, sichere und auch juristischen Laien
eingängige Abgrenzung der zulässigen von verbotenen
Vereinskennzeichen unter Wahrung der verfassungsrechtlich
geschützten Betätigungsfreiheit der nicht verbotenen
Vereine der Hells Angels Organisation.
Es wird so
auch ein Einklang mit den obergerichtlichen Entscheidungen zur
Auslegung des § 9 VereinsG hergestellt. In diesem Sinne
führt insbesondere auch das OVG Rheinland-Pfalz in seinem
Urteil vom 22.03.2005 aus, dass allenfalls ein deutlicher Hinweis auf
den jeweiligen Standort eines Hells Angels Vereins, der in
unmittelbarer räumlicher und für den objektiven
Betrachter erkennbaren Beziehung zu den sonstigen Abzeichen steht, eine
Strafbarkeit (nach § 20 Abs. 1 Nr. 5 VereinsG i.V. m.
§ 9 Abs. 2 S. 2 VereinsG) vermeidet
4. Die
Kammer hat ausgeschlossen, dass sich der Angeklagte während
der Tat in einem Verbotsirrtum gemäß § 17
StGB befand.
Nach dem in der Hauptverhandlung
verlesenen und von dem Angeklagten als sein Schreiben identifizierten
Brief vom 7. April 2011 hat, wie sich aus den unter II.
aufgeführten Wortwahl entnehmen lässt, er es gerade
der Staatsanwaltschaft überlassen, ob diese eine Strafbarkeit
sieht. Mit keinem Wort ist in diesem Schreiben des Angeklagten auch nur
ansatzweise davon die Rede, dass er selbst an die
Rechtmäßigkeit seiner Handlung glaubte. Eine solche
Aussage hat er auch in der Berufungshauptverhandlung nicht abgegeben.
Der fehlende Irrtum wird für die Kammer auch dadurch
bestätigt, dass der Angeklagte angegeben hat, er habe von der
unter II. aufgeführten Korrespondenz seiner Freunde gewusst.
Insofern hat er um die Problematik gewusst, eben aber auch dass keine
eindeutige Antwort zu erhalten ist. Zudem ist vom
Polizeipräsidium Koblenz gerade unter Hinweis auf einen realen
Ort die Strafbarkeit verneint worden. Sinn und Zweck der Korrespondenz
und der Selbstanzeige des Angeklagten war nämlich offenkundig,
die Befürchtungen der Vereinsmitglieder hinsichtlich einer
Strafbarkeit des öffentlichen Tragens ihrer "Kutten" durch
eine verbindliche Stellungnahme der Strafverfolgungsbehörden
klären zu lassen.
Das bloße
Berufung auf einem Verbotsirrtum nötigt nicht dazu, einen
solchen als gegeben anzunehmen. Es bedarf vielmehr einer
Gesamtwürdigung aller Umstände, die für das
Vorstellungsbild des Angeklagten von Bedeutung ist (BGH 11. Oktober
2012, 1 StR 213/10 - zitiert hier nach Juris -). Der Täter
handelt dann mit ausreichender Unrechtseinsicht, wenn er bei Begehung
der Tat mit der Möglichkeit rechnet, Unrecht zu tun und diese
billigend in Kauf nimmt. Es genügt mithin das Bewusstsein, die
Handlung verstoße gegen irgendwelche, wenn auch im Einzelnen
nicht klar vorgestellte, Bestimmungen. Neben dem Brief ist auch aus den
in der Hauptverhandlung in Augenschein genommenen Abbildungen deutlich
zu entnehmen, dass der Angeklagte sich ganz bewusst hat in der
Öffentlichkeit fotografieren lassen.
Zudem
wäre hier auch ein solcher Irrtum vermeidbar gewesen. Der
Angeklagte hat sich weder selber um eine Rechtsauskunft staatlicher
Stellen bemüht noch ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben.
Dem Angeklagten war nach seiner Einlassung die Korrespondenz des
Anwaltes seines Vereinskollegen mit den Hamburger
Strafverfolgungsbehörden zur Tatzeit bekannt gewesen. Hierzu
gehört auch die Korrespondenz mit dem Justiziariat der Polizei
Hamburg ab Juli 2010. Der Angeklagte wusste, dass die
Staatsanwaltschaft Hamburg unter Bezugnahme auf die vorgenannte
Rechtsprechung des OLG Celle darauf hingewiesen hatte, dass in jedem
Einzelfall von der zuständigen Fachdienststelle der Polizei
und der Staatsanwaltschaft neu zu bewerten ist, ob es sich bei der
Bezeichnung "Harbor City" oder bei einer anderen verwendeten
Ortsbezeichnung um eine solche handelt, die dem Namen eines der
verbotenen Vereins zum Verwechseln ähnlich ist. Ihm war
außerdem klar, dass die Anfragen an das Justiziariat der
Polizei Hamburg und die Staatsanwaltschaft Hamburg nur sehr allgemein
gehalten gewesen waren und keinesfalls auf das genaue Aussehen der
"Kutten" eingegangen wurde. Der Angeklagte hätte sich daher
noch um eine qualifizierte Rechtsauskunft über die
Konsequenzen der Rechtsprechung des OLG Celle für die
Zulässigkeit des Tragens der Kennzeichen des Hells Angels MC
Harbor City in der Öffentlichkeit bemühen
können und müssen. Hier kommt zunächst ein
weitergehender Rechtsrat eines qualifizierten Rechtsanwaltes in
Betracht. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts hätte ihm
ein solcher die konkrete Möglichkeit der Strafbarkeit des
Tragen der Embleme des Hells Angels MC Harbor City in der
Öffentlichkeit aufgezeigt. Dies ergibt sich nicht nur aus der
genannten Entscheidung des OLG Celle, sondern auch aus der - im
Internet frei zugänglichen - Bekanntmachung des
Innenministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen vom 5. August 2002,
die in ihrem letzten Absatz in Verbindung mit Anlage 2 die Richtung
deutlich anzeigt Die Unvermeidbarkeit eines Verbotsirrtums setzt
voraus, dass der Täter alle seine geistigen
Erkenntniskräfte eingesetzt und etwa aufkommende Zweifel durch
Nachdenken oder erforderlichenfalls durch Einholung
verlässlichen und sachkundigen Rechtsrats beseitigt hat (vgl.
BGH St 21, 18ff)). Dabei müssen sowohl die Auskunftsperson als
auch die Auskunft aus der Sicht des Täters
verlässlich sein; die Auskunft selbst muss zudem einen
unrechtsverneinenden Inhalt haben. Eine Auskunft ist in diesem Sinne
nur dann verlässlich, wenn sie objektiv, sorgfältig,
verantwortungsbewusst und insbesondere nach
pflichtgemäßer Prüfung der Sach- und
Rechtslage erteilt worden ist. Eine solche liegt hier in der
Korrespondenz jedoch gerade nicht vor.
VII.
Die
Kammer hat hier den Strafrahmen des § 20 Abs. 1 Nr. 5 StGB
zugrunde gelegt, der Geldstrafe oder Freiheitsstrafe zu einem Jahr
vorsieht.
Zu Gunsten der Angeklagten konnte das in
der Berufungsverhandlung wiederholte Geständnis
bezüglich der äußeren Gegebenheiten
strafmildernd berücksichtigt werden. Weiterhin hat die Kammer
zu seinen Gunsten berücksichtigt, dass er die "Kutte" mit den
inkriminierten Aufnähern nur kurze Zeit zur Fertigung der
Aufnahmen in der Öffentlichkeit getragen hat. Weiterhin hat
die Kammer seine - zu seinen Gunsten unterstellte - Motivation
gewertet, dass ihm zwar die Strafbarkeit bekannt war, es ihm aber um
die Klärung der Rechtsfrage ging.
Strafschärfend
hat die Kammer gewertet, dass die Angeklagte vorbestraft ist, jedoch
hat sich dies relativiert durch den langen Zeitraum, der seit der
letzten Verurteilung vergangen ist.
Nach
Abwägung aller für und gegen den Angeklagte
sprechenden Umstände hat die Kammer Geldstrafe von
25
Tagessätzen
als tat- und schuldangemessen
angesehen.
Für die Tagessatzhöhe
hat die Kammer aufgrund der spärlichen Angaben des Angeklagten
sein Einkommen schätzen müssen und es nach aller
abzugsfähigen vorrangigen Verpflichtungen, wie Unterhalt etc.,
auf zumindest 600,--€ festgelegt. Die Kammer hat hierbei auch
berücksichtigt, dass der Angeklagte als
Geschäftsführer eines kleinen Verlags einer sich
regelmäßig auch in einer höheren Bezahlung
ausdrückenden hoch verantwortlichen Tätigkeit
nachgeht. Nach dem Eindruck in der Hauptverhandlung befindet er sich in
bürgerlichen Lebensverhältnissen, wobei er der Lage
ist, zu dem Lebensunterhalt seiner Ehefrau und seiner Kinder
beizutragen und auch die finanziellen Möglichkeiten hat, die
mit einer Mitgliedschaft bei einem Verein zusammenhängen.
Selbst wenn man unter Berücksichtigung dieser
Umstände ein eher unterdurchschnittliches Einkommen zugrunde
legt, erscheint die festgesetzte Tagessatzhöhe von 20,-- EUR
den tatsächlichen Einkommensverhältnissen angemessen.
Die
Kammer hat hier auch das Vorliegen der Voraussetzungen für das
Absehen von Strafe gemäß § 59 StGB bejaht.
Dem Angeklagten ist eine günstige Sozialprognose zu stellen
und es liegen hier besondere Umstände in der Tat vor. Der
Angeklagte hat hier nur außerordentlich kurz gehandelt und
zumindest auch um das Verfahren in Gang zu bringen. Zudem ist sein
Verschulden gering.
Gemäß
§§ 74 StGB, 20 Abs. 3 VereinsG war hier die
Jeansweste, sog. "Kutte", als Tatwerkzeug einzuziehen, da sie zu der
Begehung der Straftat gebraucht wurde. Zwar sind nur die einzelnen
Abnäher die verbotenen Abzeichen, jedoch wurde die Jeansweste
als Trägermedium dafür gebraucht und unterliegt damit
auch der Einziehung.
VIII.
Die
Kostenentscheidung ergeht nach § 465 StPO.