Landgericht Hamburg Abmahnung Zugang
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Aktenzeichen:    327 O 583/08
Verkündet am:
29. Januar 2009

Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle

Landgericht Hamburg

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In der Sache

[…]
Antragsstellerin
Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt […]

gegen

[…]
Antragsgegner
Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt [...],


erkennt das Landgericht Hamburg, Zivilkammer 27 , auf die bis zum 29.1.2009
eingereichten Schriftsätze durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht M. Schmidt den Richter am Landgericht Dr. Söchtig den Richter Goritzka

für Recht:

1. Die Kostenentscheidung der einstweiligen Verfügung vom 15.09.2008 (Ziffer II. des Tenors) wird aufgehoben.

2. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

und beschließt:

Der Streitwert für das Widerspruchsverfahren wird auf bis zu 600,00 € festgesetzt.


Tatbestand

Die Antragstellerin nahm den Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes wegen unlauteren Wettbewerbs aufgrund eines Angebots auf der Internetplattform Ebay (Anlage AS3) auf Unterlassung in Anspruch.

In dem Angebot fanden sich unter der Rubrik „Rechtliche Informationen des Verkäufers" die Angaben (...). In dem Internetauftritt des Antragsgegners war darüber hinaus die E-Mail-Adresse (...) angegeben.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 02.09.2008 (Anlage AS5), adressiert an (...), ließ die Antragstellerin den Antragsgegner abmahnen. Entgegen dem Vermerk auf der Abmahnung ("vorab per mail:(...)) wurde das Schreiben parallel zum postalischen Versand an die E-Mail-Adresse (...) übermittelt (Anlage AG3). Das postalisch versandte Schreiben geriet nicht in Rücklauf.

Eine Reaktion auf die Abmahnung erfolgte nicht. Daraufhin erwirkte die Antragstellerin die mit Beschluss vom 15.09.2008 erlassene einstweilige Verfügung, auf die wegen der Einzelheiten verwiesen wird. Der Versuch der Antragstellerin, die einstweilige Verfügung unter der angegebenen Anschrift am 20.09.2008 zustellen zu lassen, war erfolglos.

Der Antragsgegner hat die einstweilige Verfügung mit Ausnahme der Kostenentscheidung, nach der er die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat, als endgültige Regelung anerkannt. Mit seinem Widerspruch wendet sich der Antragsgegner gegen den Bestand der Kostenentscheidung.

Der Antragsgegner ist der Ansicht, er habe keine Veranlassung zur Einleitung des Verfahrens gegeben, so dass die Antragstellerin gemäß § 93 ZPO die Kosten des Rechtstreits zu tragen habe. Er behauptet, eine Abmahnung sei ihm nicht zugegangen. Die E-Mail-Adresse (...) gehöre ihm nicht, das per E-Mail versandte Schreiben sei ihm daher nicht zugegangen.

Auch das postalisch versandte Schreiben sei ihm nicht zugegangen. Er habe Ende Oktober oder Anfang November 2007 seinen Wohnsitz von (...) verlegt, sein Unternehmen aber weiterhin von der angegebenen Anschrift in (...) aus betrieben. Trotz der Verlegung seines Wohnsitzes sei bis November 2008 an der angegebenen Anschrift in (...) ein Briefkasten mit seinem Namen vorhanden gewesen. Dennoch hätten ihn – insoweit unstreitig – verschiedene an die angegebene Anschrift adressierte Sendungen nicht erreicht, beispielsweise am 10.10.2008 und 12.10.2008 versandte Briefe seines Verfahrensbevollmächtigten (Anlagen AG2 und AG3).

Der Antragsgegner beantragt,

die Kosten des Verfahrens der Antragstellerin aufzuerlegen.

Die Antragstellerin beantragt,

den Beschluss vom 15.09.2008 hinsichtlich der Kosten aufrecht zu erhalten.

Er behauptet, der mit der Zustellung der einstweiligen Verfügung in (...) beauftragte Gerichtsvollzieher habe auf Nachfrage bekundet, dass
die Zustellung nicht habe vorgenommen werden können,  weil er niemanden angetroffen habe und ein Briefkasten nicht vorhanden gewesen
sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Akten, insbesondere die von den Parteien eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen, verwiesen.


Entscheidungsgründe

Die Kostentscheidung der einstweiligen Verfügung vom 15.09.2008 ist aufzuheben, die Kosten des Erlassverfahrens sind der Antragstellerin aufzuerlegen.

Der zulässige Widerspruch ist begründet. Die
Voraussetzungen des § 93 sind gegeben. Der Antragsgegner hat seinen Widerspruch auf die Kosten beschränkt, was einem sofortigen Anerkenntnis im Sinne des § 93 ZPO entspricht (Bornkamm in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 26. Auflage, Rdn. 1.9 zu § 12 UWG). Der Antragsgegner hat überwiegend wahrscheinlich auch keine Veranlassung zur Einleitung des des Verfahrens im Sinne des § 93 ZPO gegeben. Eine fehlende Veranlassung zur Einleitung eines Verfahrens im einstweiligen Rechtsschutz bzw. zur Klageerhebung im Sinne des § 93 ZPO ist in Wettbewerbssachen unter anderem dann anzunehmen, wenn dem Antragsgegner bzw. Beklagten kein Abmahnschreiben des Antragstellers bzw. Klägers zugegangen ist (BGH GRUR 2007, 629).

Hier ist dem
Antragsgegner überwiegend wahrscheinlich keine Abmahnung zugegangen.

Der Antragsteller hat eidesstattlich versichert (Anlage AG1), dass ihm eine Abmahnung nicht zugegangen ist, und zwar weder als E-Mail noch per Post.

Die Abmahnung wurde unstreitig nicht an die von dem Antragsgegner angegebene E-Mail-Adresse (...) versandt, sondern an die E-Mall-Adresse (...). Der Antragsgegner hat eidesstattlich versichert, weder über diese E-Mail-Adresse zu verfügen, noch diese auch nur zu kennen. Anhaltspunkte dafür, dass diese Angaben unzutreffend sind, sind nicht ersichtlich und werden auch von der Antragstellerin nicht vorgetragen. Weitergehende Erklärungen zu einer von ihm nicht benannten E-Mail-Adresse können von dem Antragsgegner nicht erwartet werden.

Unstreitig haben den Antragsgegner verschiedene Postsendungen unter der angegebenen Anschrift nicht erreicht, unter anderem am 10.10.2008 und 12.10.2008 versandte Briefe seines Verfahrensbevollmächtigten.

Der Anwendbarkeit von § 93 ZPO könnte allerdings entgegenstehen, wenn der Antragsgegner den Zugang der Abmahnung dadurch vereitelt hätte, dass er an der angegebenen Anschrift keine Empfangseinrichtung bereitgehalten hätte. Es ist jedoch überwiegend wahrscheinlich, dass der Antragsgegner an der angegebenen Anschrift einen Briefkasten mit seinem Namen bereitgehalten hat. Dies hat der Antragsteller ebenfalls eidesstattlich versichert. Auch insoweit vermag das Gericht keine durchgreifenden Anhaltspunkte für Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Antragsgegner oder der Glaubhaftigkeit seiner Angaben zu erkennen, die der überwiegenden Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit der Angaben entgegenstehen.

Dass der mit der Zustellung der einstweiligen Verfügung in (...) beauftragte Gerichtsvollzieher entgegenstehende Wahrnehmungen gemacht hätte, ist ohne Belang, weil der Gerichtsvollzieher nichts über die Verhältnisse zum Abmahnzeitpunkt sagen kann.

Jedenfalls vor diesem Hintergrund bedurfte es auch der Einbeziehung der die Angaben des Antragsgegners bestätigenden eidesstattlichen Versicherung der (...) in die Überzeugungsbildung nicht.

Die Entscheidung über die Kosten des Widerspruchsverfahrens beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.