Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
Landgericht
Hamburg
IM
NAMEN DES VOLKES
URTEIL
Leitsatz:
Wer aufgrund eines Nutzungsvertrages damit einverstanden ist, dass ein
Verlag die Domain nutzt, um unter dieser Artikel zu
veröffentlichen, haftet als Täter für
rechtswidrige Inhalte, denn das Einverständnis zur Verbreitung
umfasst
sämtliche Beiträge, unabhängig von
der Kenntnis deren
Inhalts. So wie auch Verleger oder Herausgeber nicht bloße
Störer,
sondern Täter sind, ist dies bei einem Domaininhaber bei einem
Domainnutzungsvertrag für Verlagsveröffentlichungen
ebenfalls der Fall, (vgl. BGH, GRUR 2007, 890, wonach ebay als
Täter und nicht als
Teilnehmer oder Störer haftet).
Tenor I.
Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht
für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden
Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht
beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft
bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens
250.000,00 €; Ordnungshaft insgesamt höchstens 2
Jahre)
zu unterlassen,
1. zu
behaupten und/oder behaupten zu lassen und/oder zu verbreiten und/oder
verbreiten zu lassen:
„Kläger hat
man schon versucht zu erpressen. Damals, als seine Frau hochschwanger
war. Keine schöne Geschichte. Aber manchmal holt man sich beim
Schienbeintreten selbst blaue Flecken.“;
und/oder
2.
durch die Formulierung
„Kladden mit Wissen
über Journalisten, Dossiers über unliebsame
Konkurrenten. Recherchieren zum Schutz des Klienten, so würde
das Kläger nennen.“
den Eindruck
zu erwecken, der Kläger habe Kladden mit Wissen über
Journalisten und/oder Dossiers über Konkurrenten;
und/oder
3.
durch die Formulierung
„Kladden mit Wissen
über Journalisten, Dossiers über unliebsame
Konkurrenten. Recherchieren zum Schutz des Klienten, so würde
das Kläger nennen. Als im Dezember 2004 der damalige Chef der
Deutschen Börse, Werner S., die Londoner Börse
übernehmen will, beglücken die britischen
Blätter ihre Leser seitenweise mit Indiskretionen aus Werner
S. Privatleben. Sein angebliches Verhältnis mit einer Londoner
Finanzjournalistin und erstaunliche Erkenntnisse über Werner
S. Ehe, die zehn Jahre zurücklagen, Werner S. sei seiner
damaligen Frau gegenüber gewalttätig geworden. Als
Beklagte Magazin Verlag GmbH Frau Werner S. damals anrief, um sich nach
dem Wahrheitsgehalt dieser Vorwürfe zu erkundigen, verwies sie
an Norbert Kläger: ‚Ich gebe Ihnen seine
Telefonnummer.’“
den Eindruck zu
erwecken, der Kläger habe im Zusammenhang mit einer
möglichen Übernahme der Londoner Börse im
Dezember 2004 durch die Deutsche Börse Informationen
über das Privatleben des damaligen Vorstandsvorsitzenden der
D... Börse AG, Werner S., verbreitet.
II.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreites zu tragen.
III.
Das Urteil ist zu Ziffer 1. des Tenors gegen Sicherheitsleistung in
Höhe von Euro 30.000,-- und zu Ziffer 2. des Tenors gegen
Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu
vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar;
und
beschließt: Der Streitwert wird auf EURO 30.000,--
festgesetzt.
Tatbestand
Der
Kläger nimmt die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch.
Der
Kläger ist als Kommunikationsberater tätig. Die
Beklagte ist Inhaberin der Domain „Beklagte Magazin Verlag
GmbH.de“ (vgl. Anlage K0). Am 12.06.2007 erschien auf der
Internet-Seite www. Beklagte Magazin Verlag GmbH.de ein Beitrag, der
sich mit dem Kläger befasst (vgl. Anlage K1). Der
Kläger mahnte wegen der unstreitig unwahren inkriminierten
Äußerungen die Beklagte vergeblich ab. Er verfolgt
daher sein Begehren gerichtlich weiter.
Die Parteien
streiten, ob die Beklagte passivlegitimiert ist. In dem Impressum vom
Beklagte Magazin Verlag GmbH-Online heißt es, dass Beklagte
Magazin Verlag GmbH Online ein Angebot der Tomorrow Beklagte Magazin
Verlag GmbH AG, Geschäftsbereich Portal sei (vgl. Anlage K8),
für die Seiten des Beklagte Magazin Verlag GmbH-Magazins sei
jedoch die Beklagte Diensteanbieter. Die Beklagte gestattet der
Tomorrow Beklagte Magazin Verlag GmbH AG aufgrund eines mit ihr
geschlossenen Vertrages, die Internet-Seite zu nutzen. Bei dem hier
umstrittenen Beitrag handelt es sich nicht um einen des Beklagte
Magazin Verlag GmbH-Magazins. Die Beklagte ist daher der Ansicht, dass
nicht sie, sondern die Tomorow Beklagte Magazin Verlag GmbH AG hafte.
Der
Kläger ist der Ansicht, dass die Beklagte als Domain-Inhaberin
in jedem Falle passivlegitimiert sei. Es sei daher unerheblich, dass
die Beklagte und die Tomorrow Beklagte Magazin Verlag GmbH AG als
Diensteanbieter für unterschiedliche Seiten genannt
würden, zumal die Beklagte in ihrem Magazin auf den
Online-Auftritt ohne jegliche Einschränkung verweise (vgl.
Anlagen K9 und K12) und gesellschaftsrechtlich mit der Tomorrow
Beklagte Magazin Verlag GmbH AG verbunden sei. Beide gehörten
unstreitig zur H B Media Holding (vgl. Anlage K11).
Der
Kläger beantragt,
die Beklagte zu
verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall
der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den
Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft
oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld
im Einzelfall höchstens 250.000,00 €; Ordnungshaft
insgesamt höchstens 2 Jahre)
zu unterlassen,
1.
zu behaupten und/oder behaupten zu lassen und/oder zu verbreiten
und/oder verbreiten zu lassen:
„Kläger
hat man schon versucht zu erpressen. Damals, als seine Frau hoch
schwanger war. Keine schöne Geschichte. Aber manchmal holt man
sich beim Schienbeintreten selbst blaue Flecken.“;
und/oder
2.
durch die Formulierung
„Kladden mit Wissen
über Journalisten, Dossiers über unliebsame
Konkurrenten. Recherchieren zum Schutz des Klienten, so würde
das Kläger nennen.“
den Eindruck
zu erwecken, der Kläger habe Kladden mit Wissen über
Journalisten und/oder Dossiers über Konkurrenten;
und/oder
3.
durch die Formulierung
„Kladden mit Wissen
über Journalisten, Dossiers über unliebsame
Konkurrenten. Recherchieren zum Schutz des Klienten, so würde
das Kläger nennen. Als im Dezember 2004 der damalige Chef der
Deutschen Börse, Werner S., die Londoner Börse
übernehmen will, beglücken die britischen
Blätter ihre Leser seitenweise mit Indiskretionen aus Werner
S. Privatleben. Sein angebliches Verhältnis mit einer Londoner
Finanzjournalistin und erstaunliche Erkenntnisse über Werner
S. Ehe, die zehn Jahre zurücklagen, Werner S. sei seiner
damaligen Frau gegenüber gewalttätig geworden. Als
Beklagte Magazin Verlag GmbH Frau Werner S. damals anrief, um sich nach
dem Wahrheitsgehalt dieser Vorwürfe zu erkundigen, verwies sie
an Norbert Kläger: ‚Ich gebe Ihnen seine
Telefonnummer.’“
den Eindruck zu
erwecken, der Kläger habe im Zusammenhang mit einer
möglichen Übernahme der Londoner Börse durch
die Deutsche Börse im Dezember 2004 Informationen
über das Privatleben des damaligen Vorstandsvorsitzenden der
D... Börse AG, Werner S., verbreitet
Die
Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie
führt aus, dass sie nicht passivlegitimiert sei, da als
Diensteanbieter für die Seite, auf der der in Rede stehende
Beitrag eingestellt worden sei, unstreitig die Tomorrow Beklagte
Magazin Verlag GmbH AG genannt werde. Aus der Eintragung als
Domain-Inhaberin für das Internet-Angebot folge nicht ihre
Passivlegitimation, da sie ansonsten den gesamten
veröffentlichten Inhalt prüfen müsse. Dies
sei ihr nicht zumutbar. Einer ihr möglicherweise obliegenden
Prüfungspflicht sei sie außerdem nachgekommen, da
sie die an sie, die Beklagte, gerichteten Abmahnungen unstreitig an die
passivlegitimierte Tomorrow Beklagte Magazin Verlag GmbH AG
weitergeleitet habe. Sie habe auch faktisch keine
Einflussmöglichkeiten auf diese, so dass sie nicht
Diensteanbieter nach dem TMG sei. Der einzige Berührungspunkt
zwischen ihr, der Beklagten, und der Tomorrow Beklagte Magazin Verlag
GmbH AG sei, dass sie, die Beklagte, der Tomorrow Beklagte Magazin
Verlag GmbH AG, die Nutzung der Internet-Seite vertraglich gestatte.
Wegen
des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen ihnen
gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Gründe
Die
zulässige Klage ist begründet.
Dem
Kläger steht wegen der streitgegenständlichen
Berichterstattung ein Unterlassungsanspruch gemäß
§§ 823 Abs. 1, 1004 BGB (analog) i.V.m. Art. 1 und 2
GG zu. Er wird durch die inkriminierten Äußerungen
in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt. Dies ist
zwischen den Parteien auch unstreitig.
Der
Kläger kann diesen Anspruch gegenüber der Beklagten
geltend machen. Die Beklagte ist passivlegitimiert.
Nach
Ansicht der Kammer hat die Beklagte als Täterin durch die in
Rede stehende Berichterstattung das allgemeine
Persönlichkeitsrecht des Klägers verletzt, indem sie
die von ihr gehaltene webpage der Tomorrow Beklagte Magazin Verlag GmbH
AG für das Einstellen von Beiträgen zur
Verfügung gestellt hat. Unerheblich ist es, dass ihr der
konkrete Inhalt des umstrittenen Beitrages nicht bekannt gewesen ist.
Denn sie ist aufgrund des zwischen ihr und der Tomorrow Beklagte
Magazin Verlag GmbH AG geschlossenen Nutzungsvertrages damit
einverstanden gewesen, dass diese die Internetseite nutzt, um auf
dieser Artikel zu veröffentlichen. Ihr Einverständnis
zur Verbreitung umfasste somit sämtliche Beiträge,
unabhängig von der konkreten Kenntnis deren Inhalts. So wie
auch Verleger oder Herausgeber nicht bloße Störer,
sondern Täter sind, ist dies bei der Beklagten ebenfalls der
Fall (s. auch BGH, GRUR 2007, 890, wonach ebay als Täter und
nicht als Teilnehmer oder Störer haftet). Als Täterin
ist sie allerdings in jedem Falle passivlegitimiert.
Aber
auch wenn die Beklagte nicht als Täterin (oder Teilnehmerin)
anzusehen wäre, so würde sie als Störerin
auf Unterlassung haften. Als Störer kann derjenige in Anspruch
genommen werden, der – ohne Täter oder Teilnehmer zu
sein – in irgendeiner Weise willentlich und adäquat
zur Verletzung eines geschützten Rechtsgutes beiträgt
(vgl. BGH, NJW 2004, 3102 – Internet-Versteigerung I). Danach
ist die Beklagte Störerin, weil sie Domain-Inhaberin der
Internetseite ist, auf die der in Rede stehende Beitrag
veröffentlicht worden ist, und darüber hinaus der
Tomorrow Beklagte Magazin Verlag GmbH AG aufgrund einer vertraglichen
Gestaltung die Nutzung dieser Internet-Seite gestattet hat.
Da
die Störerhaftung nicht über Gebühr auf
Dritte erstreckt werden darf, die nicht selbst die rechtswidrige
Beeinträchtigung vorgenommen haben, nimmt die Rechtsprechung
an, dass die Haftung des Störers die Verletzung von
Prüfpflichten voraussetzt (vgl. BGH, NJW 2004, 3102; s. aber
auch BGH, NJW 2007, 2558, wonach der Verletzer nach allgemeinem
Zivilrecht zur Beseitigung und damit zur Unterlassung
künftiger Rechtsverletzungen verpflichtet bleibt, auch wenn er
keine Prüfpflichten verletzt hat). Deren Umfang bestimmt sich
danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommen
nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist (vgl.
BGH, NJW 2004, 3102; BGH, GRUR 1997, 313). Ob und inwieweit dem
Betreiber Prüfpflichten obliegen, ist anlassbezogen zu
beurteilen. Es besteht ein „gleitender
Sorgfaltsmaßstab“ mit einem Spektrum abgestufter
Prüfungspflichten.
Vorliegend hat die
Beklagte nach dem Ergebnis der vorzunehmenden Abwägung die ihr
obliegenden Prüfpflichten verletzt. Zwar bestand für
sie kein konkreter Anlass zu der Befürchtung, dass Tomorrow
Beklagte Magazin Verlag GmbH AG rechtswidrige Beiträge in das
Internet einstellen werde. Auf der anderen Seite ist es auch nicht
ungewöhnlich, dass durch Berichterstattungen
Persönlichkeitsrechte Dritter verletzt werden. Indem die
Beklagte die webpage auch Tomorrow Beklagte Magazin Verlag GmbH AG zur
Verfügung stellte, hat die Beklagte eine weitere
Gefahrenquelle dafür geschaffen, dass auf ihrer Internetseite
rechtswidrige Beiträge verbreitet werden. Es kommt
insbesondere hinzu, dass nicht wie in einem Internetforum eine
unüberschaubare Anzahl von Beiträgen, die von einer
unüberschaubaren Anzahl von Nutzern stammen, eingestellt
werden, sondern lediglich Artikel von Tomorrow Beklagte Magazin Verlag
GmbH AG, mit der die Beklagte zudem zumindest über die Hubert
Burda Medien Holding AG verbunden ist (vgl. Anlage K 11). Das Verhalten
der Beklagten, keine der von der Tomorrow Beklagte Magazin Verlag GmbH
AG eingestellten Berichterstattungen in irgendeiner Weise zu
prüfen, erfüllt daher keinesfalls die an sie zu
stellen Prüfungsanforderungen.
Die Beklagte
muss außerdem, wenn sie auf eine klare Rechtsverletzung
hingewiesen worden ist, dafür Sorge tragen, dass es
möglichst nicht zu weiteren Verletzungen kommt (vgl. BGH, NJW
2004, 3102). Auch dies ist nicht geschehen. Sie hat lediglich die
Abmahnungen an Tomorrow Beklagte Magazin Verlag GmbH AG weitergeleitet,
ohne dieser gegenüber darauf hinzuwirken, dass sie das
Persönlichkeitsrecht des Klägers nicht erneut
verletzt.
Zu Recht macht zwar die Beklagte geltend,
dass die Mitwirkung nur dann zu einer Haftung führt, wenn der
Inanspruchgenommene die rechtliche Möglichkeit zur
Verhinderung dieser Handlung hatte (vgl. BGH, GRUR 1990, 373). Dies ist
hier jedoch der Fall, da die Beklagte über den mit Tomorrow
Beklagte Magazin Verlag GmbH AG abgeschlossenen Nutzungsvertrag
Einfluss auf diese nehmen kann.
Unerheblich ist es,
dass in dem Impressum für die streitgegenständliche
Berichterstattung als Verantwortliche nicht die Beklagte, sondern die
Tomorrow Beklagte Magazin Verlag GmbH AG ausgewiesen wird. Denn die
Impressumspflicht nach § 2 Nr. 1 TMG hat nicht zufolge, dass
nur der dort Genannte in Anspruch genommen werden könnte.
Sondern der Gesetzgeber bezweckte mit der Regelung, dass ein
Betroffener hierdurch auf leichte und schnelle Weise herausfinden kann,
wer der Anspruchsgegner ist. Dies schließt jedoch nicht aus,
dass daneben, wie sonst auch, weitere Personen passivlegitimiert sein
können. Auch auf die Privilegierung von § 10 TMG kann
sich die Beklagte nicht mit Erfolg berufen, da diese Regelung auf
Unterlassungsansprüche keine Anwendung findet.
Unterlassungsansprüche bleiben von dieser Vorschrift
unberührt (vgl. BGH, NJW 2007, 2558).
Die Wiederholungsgefahr
ist durch die rechtswidrige Erstbegehung indiziert (vgl. BGH, NJW 1994,
1281). Gründe, die der Indizwirkung entgegenstünden,
sind nicht ersichtlich. Die Beklagte hat im Gegensatz zu Tomorrow
Beklagte Magazin Verlag GmbH AG keine strafbewehrte
Unterlassungsverpflichtungserklärung abgegeben.
Die
Entscheidung über die Kosten beruht auf § 91 ZPO, der
Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit
beruht auf § 709 ZPO.