Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
Landgericht
Hamburg
IM
NAMEN DES VOLKES
URTEIL
In
der Sache
[…]
Antragsstellerin
Prozessbevollmächtigter:
Rechtsanwalt […]
gegen
[…]
Antragsgegnerin
Prozessbevollmächtigter:
Rechtsanwalt [...],
erkennt das Landgericht Hamburg, 12. Zivilkammer, durch […]
für
Recht:
Die
einstweilige Verfügung der Kammer vom 07.08.2008 wird mit der
berichtigenden Maßgabe bestätigt, dass der
Antragsgegnerin insbesondere die Zeichengestaltung
verboten ist.
2.
Die Antragsgegnerin trägt auch die weiteren Kosten des
Rechtsstreits.
Tatbestand
Die
Antragstellerin betreibt seit Oktober 2005 Internet-Netzwerke, mit
denen sie sich vornehmlich an den Verkehrskreis der 14 bis
29-Jährigen wendet.
Zunächst
richtete sie unter der Bezeichnung studiVZ eine Internetplattform
(studivz.net) ein, die es den angesprochenen Studierenden erlaubt, als
angemeldete Nutzer untereinander zu kommunizieren. Im Februar 2007
gründete sie unter schuelervz.net das Netzwerk
schülerVZ, im Februar 2008 wurde das Netzwerk meinVZ
(meinvz.net) eingerichtet.
Über
die Netzwerke können andere Nutzer gefunden und kontaktiert
werden. Die Mitglieder können sich auch zu Gruppen
zusammenschließen, um z. B. zu bestimmten Themen online zu
diskutieren. Verschiedene der Diskussionsgruppen haben sich
Bezeichnungen gegeben, die ein Interesse benennen und dem der Zusatz
„VZ“ angehängt ist, wie z.B. die Gruppen
„ZiviVZ", „KollegenVZ“,
„MusiVZ“, „FußballVZ“
oder „IndiaVZ“. Diese Gruppen sind in den
Netzwerken der Antragstellerin unter den entsprechenden Bezeichnungen
auffindbar.
Nachdem
die Antragstellerin im Oktober 2005 von vier Studenten
gegründet wurde, hat sie inzwischen über 130
Mitarbeiter.
StudiVZ
hatte im Juli 2008 über 5,6 Millionen Mitglieder, diese Zahl
wächst täglich um ca. 5.500 Mitglieder, von denen
sich ca. 44 % täglich in das Netzwerk einloggen. Im November
2007 erfolgten knapp 4,5 Milliarden Seitenaufrufe.
Das
Netzwerk schülerVZ hatte im Juli 2008 über 3,9
Millionen Mitglieder; wobei der Bestand täglich im
Durchschnitt um etwa 6.500 anwächst. Ca. 53 % der
registrierten Mitglieder
logglg-berlin_15-o-764-04_zustaendigkeit-hauptsache-negative-feststellungsklageen
sich täglich bei
schülerVZ ein.
Das
Netzwerk meinVZ, das sich an ehemalige und Nicht-Studenten richtet,
hatte im Juli 2008 über eine Million Mitglieder, wobei der
Bestand täglich um zumindest 5.000 neue Nutzer
anwächst. Aktuell loggen sich täglich etwa 45,4 % der
Nutzer in dieses Netzwerk ein.
Die
Antragstellerin ist Inhaberin der beim Deutschen Marken- und Patentamt
(DMPA) eingetragenen Marken „StudiVZ" (Reg.-Nr. DE) mit
Priorität vom 16.05.2006 sowie
„schülerVZ“ (Reg.-Nr. DE),
„schuelerVZ“ (Reg.-Nr. DE) und
„alumnivz“ (Reg.-Nr. DE) jeweils mit
Priorität vom 04.09.2006, die u.a. für die Klasse 38
und dort für „Telekommunikation, insbesondere die
Bereitstellung von interaktiven und elektronischen Plattformen zur
Kommunikation und zum Austausch von Daten und Informationen aller Art,
insbesondere Kontaktinformationen; Kommunikation über das
Internet und sonstige elektronische Medien“
geschützt sind.
Darüber
hinaus sind für die Antragstellerin Wort/Bild-Marken mit den
Wortbestandteilen studiVZ (Reg.-Nr. EU) mit Priorität vom
26.03.2007, schülerVZ (Reg.-Nr. DE) mit Priorität vom
22.03.2007 und meinVZ (Reg.-Nr. DE) mit Priorität vom
01.02.2008 durch Eintragung beim Harmonisierungsamt für den
Binnenmarkt bzw. beim DPMA geschützt. Wegen der Gestaltung der
Marken wird auf die Anlage AG 6 Bezug genommen.
lg-berlin_15-o-764-04_zustaendigkeit-hauptsache-negative-feststellungsklage Außerdem
hält die Antragstellerin die Domains
„studiVZ.de“, „schuelervz.de",
„schülervz.de“,
„alumnivz.de“ und „meinvz.de“
registriert.
Die
Antragsgegnerin betreibt unter dem Namen BÖRSEVZ ein
Informationsportal über Aktien und Depotzusammenstellungen,
welches im Internet abgerufen werden kann. Registrierten Mitgliedern
gibt das Portal die Möglichkeit, sich über Aktien zu
informieren, Musterdepots zusammenzustellen und zu
veröffentlichen, Meinungen zu Aktien auszutauschen und mit
anderen Mitgliedern zu kommunizieren.
Am
04.07.2008 erwarb die Antragsgegnerin vom früheren
Rechteinhaber die Wort-Bildmarken mit dem Wortbestandteil
„BOERSEVZ“ (Reg.-Nr. DE) und
„BÖRSEVZ“ (Reg.-Nr. DE). Die
ursprünglichen Anmeldungen erfolgten am 29.02.2008, wobei es
jeweils am 05.06.2008 zur Eintragung kam. Die Marken sind für
die Waren/Dienstleistungsklassen 9, 35, 36, 37, 38, 41 und 42
geschützt, wobei unter der Klasse 38 geschützt sind:
„Telekommunikationsdienstleistungen; Vermietung von
Zugriffszeiten auf Datenbanken und Computernetzwerke;
Datenfernübertragung; Bereitstellung des Zugriffs auf
Datenbanken im Internet“. Die Veröffentlichung der
Marken erfolgte am 11.07.2008.
Außerdem
ist für die Antragsgegnerin die Domain boersevz.de registriert.
Die
Antragstellerin ging in letzter Zeit bereits gegen andere Betreiber von
Internetnetzwerken mit dem Zeichenbestandteil VZ im Wege von
einstweiligen Verfügungsverfahren vor. Durch das Landgericht
Köln wurden auf diesem Weg die Bezeichnungen
„fussballerVZ" (Az. 33 O 398/07),
„PokerVZ“ (Az. 31 O 47/08),
„BewerberVZ“ (Az. 31 O 76/08 bzw. 84 O 33/08),
„RotlichtVZ“ (Az. 31 O 185/08),
„MatheVZ“, (Az. 31 O 299/08) und
„tunivz“ (Az. 33 O 215/08) verboten, das
Landgericht Hamburg verbot neben weiteren Bezeichnungen den
Netzwerknamen „DogVZ“ (Az. 312 O 262/08).
Die
Antragstellerin wurde auf das Internetangebot der Antragsgegnerin und
deren Marken erstmalig Anfang Juli 2008 im Rahmen einer von ihr bei
ihren Verfahrensbevollmächtigten in Auftrag gegebenen
Markenrecherche aufmerksam.
Unter
dem 24.07.2008 mahnte sie die Antragsgegnerin ab.
Mit
Schreiben vom 01.08.2008 teilten die
Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin der
Antragstellerin mit, die geforderte Unterlassungserklärung
werde nicht abgegeben. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Antragsgegnerin
bereits am 31.07.2008 beim Landgericht Nürnberg-Fürth
zum Aktenzeichen 3 O 6512/08 negative Feststellungsklage erhoben mit
dem Antrag, die Rechtmäßigkeit der Nutzung ihrer
Marke festzustellen.
Die
Antragstellerin hat am 05.08.2008 vor der Kammer Antrag auf Erlass
einer einstweiligen Verfügung gestellt.
Die
Antragstellerin hat die Auffassung vertreten, sie könne
insbesondere unter dem Gesichtspunkt des Bekanntheitsschutzes nach
§§ 14 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 5,15 Abs. 3, Abs. 4 MarkenG
von der Antragsgegnerin verlangen, das Zeichen BörseVZ
– in allen seinen Schreibweisen – nicht
für das von ihr betriebene Internetnetzwerk zu nutzen, da
dadurch sowohl ihre Rechte an ihren Marken als auch an ihrem
Unternehmenskennzeichen und ihren bekannten Werktiteln verletzt
würden. Darüber hinaus bestehe auch eine
Verwechslungsgefahr i.S.d. §§ 14 Abs. 2 Nr. 2 und
Abs. 5, § 15 Abs. 2, Abs. 4 MarkenG. Außerdem
handele die Antragsgegnerin wettbewerbswidrig i.S.d.
§§ 3, 4 Nr. 9 b UWG und §§ 3, 5
Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, Abs. 3 UWG.
Die
Antragstellerin hat behauptet, das Angebot der Antragsgegnerin wende
sich auch an die von ihr angesprochenen Verkehrskreise, zu denen
insbesondere jüngere, aktive Internetnutzer gehören.
Das Thema „Börse, Wertpapiere und
Finanzen“ spiele in dieser Zielgruppe eine große
Rolle, was schon dadurch belegt werde, dass die Suche nach User-Gruppen
zu den Begriffen „Börse“,
„Aktien“, „Wertpapiere“ und
„Börsianer“ im Network studiVZ eine
Vielzahl von Treffern anzeige und im studiVZ sogar eine Gruppe mit der
Bezeichnung „BörseVZ“ bestehe (vgl. Anlage
B&B 23).
Die
Ähnlichkeit der streitgegenständlichen Zeichen beruhe
darauf, dass sich die Antragsgegnerin mit ihren Zeichen in ihre
Zeichenserie einreihe, die dem Zeichenbildungsprinzip
„Interesse/Interessengruppe + Stammbestandteil“
– hier: „VZ“ – folge. Es sei
gerade der unterscheidungskräftige Stammbestandteil
„VZ“, der beim Verkehr die Assoziation einer
Verbindung mit ihr auslöse. Das Kürzel
„VZ“ sei als Abkürzung für
„Verzeichnis“ weder lexikalisch nachweisbar noch
üblich.
Durch
die Benutzung ihrer Zeichen beute die Antragsgegnerin die
Unterscheidungskraft und die Wertschätzung aus, die ihrem
Zeichen im Verkehr zukomme und beeinträchtige diese.
Die
Kammer hat der Antragsgegnerin mit einstweiliger Verfügung vom
07.08.2008, unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel verboten,
im
Zusammenhang mit einem Online-Netzwerk zur Vermittlung von Kontakten
zwischen Geldanlegern, Börsianern/Börsenfreunden und
Interessierten am Thema „Börse“ und/oder
einer Informationsplattform zum Thema Wertpapiere, Aktien und
Geldanlage zu benutzen und/oder benutzen zu lassen;
insbesondere,
wenn das Zeichen wie folgt gestaltet ist
und/oder
als
Bestandteil des Domainnamens
„boersevz.de“.“
Gegen
die Entscheidung hat die Antragsgegnerin am 25.08.2008 Widerspruch
eingelegt.
Sie
vertritt die Auffassung, das Landgericht Hamburg sei nach der Erhebung
der negativen Feststellungsklage vor dem Landgericht
Nürnberg-Fürth am 31.07.2008 für den Erlass
der einstweiligen Verfügung gemäß
§ 937 Abs. 1 ZPO nicht zuständig gewesen.
Darüber
hinaus habe die Antragstellerin auch keinen marken- oder
kennzeichenrechtlichen Unterlassungsanspruch gegen sie, da zwischen den
streitgegenständlichen Zeichen weder eine unmittelbare noch
eine mittelbare Verwechslungsgefahr bestehe.
Insbesondere
bestehe keine unmittelbare Zeichenähnlichkeit, weil die
kollidierenden Zeichen „StudiVZ“ und
„BörseVZ“ allein im angehängten
Bestandteil „VZ“ übereinstimmten.
Das
Kürzel „VZ“ könne eine
Zeichenähnlichkeit auch nicht durch die
„Prägung“ des Gesamtzeichens
herbeiführen, denn es sei laut Duden (vgl. Anlage B&B
26) nur eine glatt beschreibende und überdies übliche
Abkürzung für das Wort
„Verzeichnis“ und darum an sich nicht
eintragungsfähig. Dass das Wort Verzeichnis auch mit
„Verz.“ abgekürzt werde, stehe dem nicht
entgegen; die Abkürzung „Verz.“ sei
wesentlich schlechter auszusprechen. Ebenfalls unerheblich sei, dass
nach der Eintragung im Duden die Abkürzung
„Vz.“ verwandt werde; in der
Internetdomainnamensverwaltung kenne man keine Groß- und
Kleinschreibung und ein Punkt sei zur Kennzeichnung nicht zugelassen.
Da
die Marke studiVZ damit im Grunde glatt beschreibend für ein
Studentenverzeichnis sei, sei die Kennzeichnungskraft der Zeichen der
Antragstellerin ohnehin allenfalls als gering zu bezeichnen.
Darüber
hinaus liege auch keine Dienstleistungsähnlichkeit vor. Dazu
behauptet die Antragsgegnerin, die angesprochenen Zielgruppen seien
weit voneinander entfernt. Während die Antragstellerin mit
ihren Angeboten an 14 bis 29-jährige herantrete, spreche sie
gezielt „Börsianer“ und Aktionäre
und damit eine Zielgruppe an, deren Mitglieder
regelmäßig über 30 Jahre alt seien. Nach
einer Infratest-Umfrage, die im Jahr 2008 im Auftrag des Deutschen
Aktieninstituts durchgeführt wurde, besäßen
lediglich 0,4 % der 14 bis 19-jährigen und 2,6 % der 20 bis
29-jährigen Aktien. In absoluten Zahlen gerechnet
gehörten von den über 4 Millionen Aktionären
in Deutschland lediglich 232.000 der Altersgruppe 14 bis 29 Jahre an.
Die
Antragsgegnerin vertritt darüber hinaus die Meinung, es
bestehe auch keine mittelbare Verwechslungsgefahr unter dem
Gesichtspunkt eines Serienzeichens.
Es
fehle der Antragstellerin bereits an der Grundvoraussetzung
für die Annahme einer Zeichenserie, dem
eigenständigen Kennzeichenrecht am Stammbestandteil
„VZ“.
Gegen
das Bestehen einer Zeichenserie i.S.v. „Interessengruppe +
VZ“ spreche weiter, dass die Antragstellerin nur Inhaberin
zweier weiterer Marken dieses Schemas sei (SchülerVZ und
MeinVZ) und diese Marken erst in diesem Jahr eingetragen worden seien.
Es sei schwer vorstellbar, dass der Verkehr schon jetzt den Eindruck
haben werde, dass die Antragstellerin eine Zeichenserie verwende und
darum BörseVZ auf diese zurückführe.
Gegen
diese Annahme spreche auch, dass der vermeintliche Stammbestandteil
„VZ“ – wie bereits ausgeführt -
nur eine glatt beschreibende und übliche Abkürzung
sei und es eine Vielzahl von Begriffen gebe, die durch die Zeichen VZ
abgekürzt würden (Verwitterungsgrad Zersetzung,
Veranlagungszeitraum, Vorzeichen einer Zahl, Visp-Zermatt-Bahn,
Verkehrszeichen, Verbraucherzentrale, Verseifungszahl,
Verwaltungszentrum, Versorgungszentrum, Verwendungszweck, VZ Holding
AG). Außerdem seien inzwischen eine Vielzahl von Domains mit
dem Wortbestandteil vz angemeldet, wie z.B. für alle
Verbraucherzentralen der Bundesländer (z.B. vz-bayern.de). In
vielen dieser Domains sei vz einer Interessenbezeichnung nachgesetzt
(vgl. Liste Bl. 52 d. A., Anlagen AG 11). Darüber hinaus gebe
es eine Vielzahl von VZ-Marken (vgl. Liste Bl. 53 d.A., Anlagen AG 13)
Außerdem
folge das Zeichen BörseVZ auch nicht dem Bildungsprinzip der
Antragstellerin, die jeweils das Kürzel VZ mit der Benennung
einer Interessengruppe kombiniert habe. Ihr Zeichen bezeichne dem
gegenüber lediglich beschreibend den inhaltlichen Gegenstand
des Portals.
Schließlich
spreche auch die gestalterische Umsetzung der Zeichen der
Antragstellerin gegen die Begründung einer Verwechslungsgefahr
mit ihren Wort/Bildmarken. Die Antragstellerin verwende in ihren
Wort/Bildmarken durchgehend ein vorangestelltes Blumenlogo, die
Interessengruppe werde in Kleinbuchstaben dargestellt, wobei das in
Großbuchstaben dargestellte VZ farbig abgesetzt sei. Dem
gegenüber stelle sie ihrem Zeichen ein oranges Kreissymbol
voran und gestalte den gesamten Wortbestandteil in
Großbuchstaben, wobei das „VZ“ keine
graphischen Besonderheiten aufweise.
Nach
Auffassung der Antragsgegnerin hat die Antragstellerin gegen sie auch
keinen Unterlassungsanspruch aus § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG, da
es bereits an einer Zeichenähnlichkeit fehle und die
angesprochenen Zielgruppen allenfalls eine minimale Schnittmenge
hätten. Die Verwendung eines weit entfernten, nach
markenrechtlichen Grundsätzen nicht einmal ähnlichen
Zeichens in Bezug auf ein Angebot an eine völlig andere
Zielgruppe stelle keine unlautere Ausnutzung der Bekanntheit eines
Zeichens dar. Im Übrigen werde der allgemeine Verkehr das
Kürzel VZ angesichts der Bekanntheit der Verbraucherzentralen
eher mit diesen, als mit der Antragstellerin in Verbindung bringen.
Im
Hinblick auf den von der Antragstellerin aus § 15 MarkenG
abgeleiteten Unterlassungsanspruch sei zu berücksichtigen,
dass auch keine Branchenähnlichkeit zwischen den Parteien des
Rechtsstreits bestehe. Sie sei mit ihrer nicht werbefinanzierten
Wertpapierinformationsplattform für Aktionäre in
einer völlig anderen Branche tätig als die
Antragstellerin mit ihrer werbefinanzierten Kommunikationsplattform
für Studierende.
Letztlich
könne die Antragstellerin keinen ergänzenden
wettbewerbsrechtlichen Schutz nach § 4 Nr. 9 UWG für
sich in Anspruch nehmen, weil die von der Antragstellerin geltend
gemachte Irreführung durch die Verwendung ähnlicher
Kennzeichen in den Anwendungsbereich des MarkenG falle.
Die
Antragsgegnerin beantragt,
die
einstweilige Verfügung vom 07.08.2008 aufzuheben und den auf
ihren Erlass gerichteten Antrag zurückzuweisen.
Die
Antragstellerin beantragt,
die
einstweilige Verfügung vom 07.08.2008 unter
Berücksichtigung ihres Berichtigungsantrags vom 29.08.2008 zu
bestätigen.
Die
Antragstellerin vertieft im Widerspruchsverfahren ihren Vortrag und
vertritt insbesondere die Auffassung, die – angeblich
erhobene, bisher nicht zugestellte – negative
Feststellungsklage vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth
begründe keine örtliche Unzuständigkeit des
Landgerichts Hamburg. Es könne nicht dem durch eine Abmahnung
Vorgewarnten überlassen bleiben, durch die Erhebung einer
negativen Feststellungsklage den Gerichtsstand für ein
einstweiliges Verfügungsverfahren zu bestimmen.
In
der Sache weist die Antragstellerin zum Vorliegen einer mittelbaren
Verwechslungsgefahr darauf hin, dass es nach der Rechtsprechung des
Europäischen Gerichtshofs für die Entstehung einer
Zeichenserie gerade nicht erforderlich sei, dass ein
eigenständiges Kennzeichenrecht am Stammbestandteil bestehe.
Auch spiele insoweit die Unterscheidungskraft des Stammbestandteils
keine Rolle, da sich Silben oder Wörter - unabhängig
von ihrer individuellen Unterscheidungskraft - als Stammbestandteil
eignen könnten. Irrelevant sei auch, ob eine unmittelbare
Verwechselbarkeit der Gesamtzeichen bestehe. Wenn die jüngere
Marke dem konkreten Zeichenbildungsprinzip der älteren
Serienmarke entspreche, greife der Markenschutz; dies sei bei dem
Zeichen der Antragsgegnerin der Fall.
Zur
Frage der Unterscheidungskraft des Stammbestandteils
„VZ“ vertritt die Antragstellerin die Auffassung,
nur eine eindeutige Abkürzung könne rein beschreibend
sein. Dazu behauptet sie, es sei lexikalisch nicht nachweisbar, dass
das Zeichen „VZ“ eine Abkürzung
für Verzeichnis sei, was üblicherweise mit
„Verz.“ abgekürzt werde (vgl. Anlage
B&B 25). Nach dem Wörterbuch der Abkürzungen
des Dudenverlags (5. Aufl., 2005) könne nur die
Buchstabenfolge „Vz.“ neben für
Verzollung, Verzug, Verzweiflung, Vorzeichen und Vorzug auch
für Verzeichnis stehen (vgl. Anlage B&B 26). Der
Stammbestandteil ihrer Serienmarken unterscheide sich aber dadurch,
dass das „Z“ groß geschrieben werde und
kein Punkt angefügt sei.
Darüber
hinaus sei „VZ“ aber auch dann für ihr
Dienstleistungsangebot, das aus einem Social Network bestehe, nicht
rein beschreibend, wenn der Verkehr mit dem Begriff das Wort
Verzeichnis gleichsetzen würde.
Da
sie wie die Antragsgegnerin ein Zielgruppen orientiertes
Online-Netzwerk betreibe, sei von einer
Dienstleistungsidentität auszugehen. Die beteiligten
Verkehrskreise würden jeweils von den Internetnutzern
gebildet. Die außerordentliche Bekanntheit ihrer Angebote
belege, dass ihre Nutzer in Bezug auf die jeweiligen Interessen mehr
oder weniger einen Querschnitt der Bevölkerung abbildeten.
Für den Bekanntheitsschutz nach § 14 Absatz 2 Nr. 3
MarkenG sei es ohnehin ausreichend, wenn sich die von der Marke und von
dem angegriffenen Zeichen jeweils angesprochenen Verkehrskreise
irgendwie überschnitten; selbst bei getrennten Verkehrskreisen
komme unter diesem Gesichtspunkt eine Ausnutzung oder
Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft in Betracht.
Wegen
der weiteren Einzelheiten des Parteivortrags wird auf die gewechselten
Schriftsätze nebst Anlagen und auf das Protokoll der
mündlichen Verhandlung vom 09.09.2008 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die
einstweilige Verfügung ist zu bestätigen, wobei
allerdings die bildliche Gestaltung des der Antragsgegnerin verbotenen
Zeichens - dem ursprünglichen Antrag entsprechend –
in seiner Schreibweise zu berichtigen ist.
Der
Widerspruch der Antragsgegnerin ist zwar zulässig, hat in der
Sache aber keinen Erfolg. Der Antrag der Antragstellerin auf Erlass
einer einstweiligen Verfügung war zulässig ( dazu
unter I .) und begründet ( dazu unter II. ).
I.
Der
Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung war
zulässig.
Das
Landgericht Hamburg war insbesondere für den Erlass der
einstweiligen Verfügung trotz der durch die Antragsgegnerin am
31.07.2008 vor dem Landgericht Nürnberg/Fürth
anhängig gemachten negativen Feststellungsklage
örtlich zuständig.
In
Rechtsprechung und Literatur ist es allerdings streitig (vgl. zum
Streitstand: Steinbeck „Ist die negative Feststellungsklage
Hauptsache i.S. von § 937 I ZPO“, NJW 2007, 1783),
ob die negative Feststellungsklage Hauptsache i.S.d. § 937
Abs. 1 ZPO und damit auch für die einstweilige
Verfügung Gerichtsstand begründend ist.
Dies
wird von den Oberlandesgerichten Frankfurt a.M. (Beschluss vom
06.03.1997, Az. 6 W 1/97; Beschluss vom 12.09.1995, Az. 6 W 78/95),
Hamm (Urteil vom 10.10.1995, Az. 4 U 76/95) und – mit
Modifikation – Schleswig (Urteil vom 07.03.1995) sowie als
herrschende Meinung in der Literatur (vgl. insb.
Zöller-Vollkommer, ZPO, 23. Aufl., § 937 Rdn. 1
m.w.N.) mit dem Argument vertreten, bei der negativen
Feststellungsklage sei – nur in umgekehrten Parteirollen -
die gleiche Rechtsfrage wie in einer Hauptsacheklage zu klären.
Dieser
Auslegung des § 937 Abs. 1 ZPO schließt sich die
Kammer an.
Der
Inhalt einer negativen Feststellungsklage ist nicht deckungsgleich mit
dem einer Leistungsklage; der Leistungsanspruch geht über das
Ziel einer bloßen Feststellung des streitigen
Rechtsverhältnisses hinaus, weil auch die eine Durchsetzung
des Anspruchs ermöglichende Verurteilung zur Leistung verlangt
wird (vgl. Kammergericht, Urteil vom 23.04.1993, Az. 5 U 610/93).
Darüber
hinaus kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (GRUR 1994, 846 (848) - Parallelverfahren II
) dem Verletzten ein Gerichtsstand
nicht dadurch aufgezwungen werden, dass der in seinem Interesse
abgemahnte und damit gewarnte Verletzer eine negative
Feststellungsklage erhebt (vgl. Hanseatisches Oberlandesgericht
Hamburg, Urteil vom 16.11.2000, Az. 3 U 107/00).
Dies
entspricht auch einer interessengerechten Auslegung von § 937
Abs. 1 ZPO. Die Gerichtsstandsbindung des § 937 Abs. 1 ZPO
wird durch die Prozessökonomie gerechtfertigt, wenn der
Gläubiger selbst durch die Wahl des Gerichtsstands der
Hauptsache von dem ihm gesetzlich eingeräumten Wahlrecht
Gebrauch machen kann bzw. Gebrauch gemacht hat. Hat aber nicht der
Gläubiger, sondern – wie bei der negativen
Feststellungsklage – der Schuldner den Gerichtsstand
festgelegt, ist für die sich aus § 937 Abs. 1 ZPO
ergebende Beschneidung des Wahlrechts des Gläubigers kein Raum
(Steinbeck, NJW 2007, 1783, 1784).
II.
Der
Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung war auch
begründet. Die Antragstellerin hat insbesondere einen
Verfügungsanspruch.
Sie
kann von der Antragsgegnerin nach § 14 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 5
MarkenG verlangen, das Zeichen Börsevz in seinen verschiedenen
Schreibweisen nicht zur Kennzeichnung ihres im Internet betriebenen
Netzwerks und damit markenmäßig zu nutzen ( dazu
unter 1. ). Selbst wenn man nicht von einer solchen unmittelbaren
Verwechslungsgefahr ausgehen wollte, ist es überwiegend
wahrscheinlich, dass ein Unterlassungsanspruch aus § 14 Abs. 2
Nr. 3, Abs. 5 MarkenG aus dem Gesichtspunkt der Ausnutzung einer
bekannten Marke besteht ( dazu unter 2. ). Es kann darum dahin gestellt
bleiben, ob der Antragstellerin auch ein kennzeichenrechtlicher
Unterlassungsanspruch aus § 15 Abs. 4 MarkenG zusteht.
1.
Zwischen den streitgegenständlichen Zeichen besteht zwar keine
unmittelbare Verwechslungsgefahr im engeren Sinne ( dazu unter a );
unter dem Gesichtspunkt des Serienzeichens ist jedoch
Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne i.S.d. § 14 Abs. 2 Nr.
2, 2. Halbsatz MarkenG gegeben ( dazu unter b ), die den
Unterlassungsanspruch der Antragstellerin rechtfertigt.
Der
markenrechtliche Unterlassungsanspruch der Antragstellerin ist nicht
schon deshalb ausgeschlossen, weil es sich bei den Zeichen studiVZ,
schülerVZ bzw. meinVZ um rein beschreibende Bezeichnungen
i.S.d. §§ 8 Abs. 2 Nr. 2, 23 Nr. 2 MarkenG handeln
würde. Denn nach der Eintragung dieser Marken ist im
Verletzungsprozess grundsätzlich von deren
Schutzfähigkeit auszugehen (vgl. Ingerl/Rohnke, MarkenG, 2.
Aufl, § 8 Rdn. 23 m.w.N.).
Im
Übrigen haben die Zeichen aufgrund der Kombination der
Bezeichnung einer Personengruppe mit dem Bestandteil
„VZ“ auch eine – wenn auch von Haus aus
nicht überdurchschnittlich starke –
Kennzeichnungskraft.
a)
Zwischen den für die Antragstellerin geschützten
Wortmarken und den von der Antragsgegnerin zur Kennzeichnung ihres
Internetportals genutzten Bezeichnungen besteht allerdings keine
unmittelbare Verwechslungsgefahr im engeren Sinne
gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 2, 1. Halbsatz
MarkenG.
Dagegen
spricht tatsächlich – wie von der Antragsgegnerin
geltend gemacht -, dass sich die von den Parteien genutzten
Bezeichnungen nur in dem Bestandteil „VZ“ decken
und zwischen den Begriffen „Studi“,
„Schüler“ und „Mein“
bzw. „Börse“ weder optisch noch akustisch
oder begrifflich eine Verwechslungsgefahr besteht. Auch die von den
Parteien genutzten Wort/Bild-Zeichen sind sich aufgrund ihrer
grafischen Gestaltung nicht so ähnlich, dass es bei ihrer
Betrachtung zu einer unmittelbaren Verwechslung kommen könnte.
b)
Zwischen den streitgegenständlichen Zeichen besteht aber eine
unmittelbare Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne
gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 2, 2. Halbsatz
MarkenG, da die prioritätsälteren Marken der
Antragstellerin den Charakter von Serienzeichen haben ( dazu unter (1)
) und die Zeichen der Antragsgegnerin darum von den angesprochenen
Verkehrskreisen mit den Klagemarken gedanklich in Verbindung gebracht
werden ( dazu unter (2) ).
(1)
Die Verwechslungsgefahr unter dem Aspekt des Serienzeichens, die nur zu
prüfen ist, wenn die einander gegenüberstehenden
Zeichen – wie im vorliegenden Fall - nach ihrem
Gesamteindruck nicht unmittelbar miteinander verwechselbar sind (vgl.
BGH, Urteil vom 22.11.2001, Az. I ZR 111/99
m.w.N.; Ingerl/Rohnke,
MarkenG, § 14 Rdn. 729 m.w.N.), kann vorliegen, wenn die
Zeichen in einem Bestandteil übereinstimmen, den der Verkehr
als Stamm mehrerer Zeichen eines Unternehmens ansieht, und deshalb
Bezeichnungen, die einen wesensgleichen Stamm aufweisen, dem gleichen
Zeicheninhaber zuordnet (BGH, Urteil vom 22.11.2001, Az. I ZR 111/99;
BGHZ 131, 122, 127 - Innovadiclophlont ; BGH, GRUR 1999, 587, 589 -
Cefallone ; BGH, Beschluss vom 16.03.2000, Az. I ZB 43/97, GRUR 2000,
886, 887 - Bayer/BeiChem ; Urteil vom 24.01.2002, Az. I ZR 156/99, GRUR
2002, 544, 547 – Bank 24 ). Die Rechtsprechung zum
Serienzeichen beruht auf der dem Verkehr bekannten Übung
mancher Unternehmen, sich eines Stammzeichens für alle ihre
Waren zu bedienen und dieses - dabei als solches erkennbar bleibende -
Stammzeichen für einzelne Warenarten zu deren Kennzeichnung
abzuwandeln (vgl. BGH, Urteil vom 24.01.2002, Az. I ZR 156/99, GRUR
2002, 544, 547 - Bank 24 ).
Nach
der herrschenden Meinung in der Rechtsprechung kann es zu einer
Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt des Serienzeichens kommen,
wenn die angesprochenen Verkehrskreis zu einer aufmerksameren Befassung
mit dem Zeichen bereit sind und eine gewisse Marktkenntnis haben (vgl.
Ingerl/Rohnke, Markengesetz, § 14 Rdn. 730 m.w.N.).
Grundvoraussetzung
ist darüber hinaus ein Kennzeichenrecht an dem
Stammbestandteil, das allerdings nicht nur durch den
selbstständigen kennzeichenrechtlichen Schutzes des
Stammbestandteils aufgrund einer Eintragung als Marke in
Alleinstellung, sondern auch durch Eintragung von Kombinationszeichen
einer solchen Serie entstehen kann (Ingerl/Rohnke, Markengesetz,
§ 14 Rdn. 731).
Außerdem
ist es erforderlich, dass die der Markenserie angehörenden
Marken auf dem Markt präsent sind. Wenn nicht
genügend viele ältere Marken benutzt werden, um eine
Familie oder Serie bilden zu können, kann von einem
Verbraucher nicht erwartet werden, dass er in dieser Markenserie ein
gemeinsames Element entdeckt und/oder diese mit einer anderen Marke mit
dem gleichen gemeinsamen Element in Verbindung bringt (EuGH, Urteil vom
13.09.2007, Az. C-234/06 – BAINBRIDGE ).
Aufgrund
des Vortrags der Parteien im einstweiligen Verfügungsverfahren
und der dazu erfolgten Glaubhaftmachung ist es überwiegend
wahrscheinlich, dass die Antragstellerin im Zeitpunkt der Anmeldung der
Marken der Antragsgegnerin am 29.02.2008 im dargestellten Sinne eine
Markenserie begründet hatte.
Stehen
sich zwei Kennzeichenrechte gegenüber, ist wegen des
Prioritätsprinzips auf den für die Entstehung des
jüngeren Kennzeichenrechts maßgeblichen Zeitpunkt
abzustellen. Eine Ausweitung des Schutzumfangs der älteren
Marke nach dem für den Zeitrang des jüngeren
Kennzeichenrechts maßgeblichen Zeitpunkt ist nicht zu
berücksichtigen, was z.B. in § 22 Abs. 1 Nr. 1
MarkenG zum Ausdruck kommt (vgl. Ingerl/Rohnke, MarkenG, § 14
Rdn. 333 + 334; Bergmann, „Schutzumfang einer Marke gegen
Verwechslungsgefahr“, jurisPR-WettbR 10/2006 Anm. 1).
Bis
zur Anmeldung der inzwischen für die Antragsgegnerin
geschützten Zeichen BörseVZ am 29.02.2008 hatte die
Antragstellerin bereits mit Priorität vom 16.05.2006 das Recht
an der Wortmarke studiVZ und mit Priorität vom 04.09.2006 die
Rechte an der Bezeichnungen schülerVZ bzw. schuelerVZ erlangt.
Mit Priorität vom 01.02.2008 folgte das Recht an der
Wortbildmarke meinVZ.
Ende
Februar 2008 wurden diese Marken von der Antragstellerin auch jeweils
intensiv auf dem Markt genutzt.
Der
Zeichenbestandteil VZ ist geeignet, vom Verkehr als Stamm einer
Zeichenserie angesehen zu werden. Er ist insbesondere nicht –
wie die Antragsgegnerin meint – als eine mögliche
Abkürzung des deutschen Wortes
„Verzeichnis“ rein beschreibend für das
Dienstleistungsangebot der Antragstellerin.
Rein
beschreibend im Sinne von § 23 Abs. 2 MarkenG ist eine
Abkürzung nur, wenn nicht nur die Langform als aktuell
freihaltungsbedürftige beschreibende Angabe anzusehen ist,
sondern dies auch für die Abkürzung gilt (BGH, Urteil vom 20.06.1984, Az. I ZR 61/82 -
REHAB
; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 2.
Aufl. § 23 Rdn. 51).
Nach
dem Vortrag der Parteien ist es jedoch nicht glaubhaft, dass es sich
bei der Zeichenfolge „VZ“ um eine
gebräuchliche Abkürzung für das Wort
Verzeichnis handelt. Aus der Anlage B&B 24 (Duden, 24. Auflage)
ergibt sich, dass das Wort Verzeichnis in der deutschen Rechtschreibung
mit „Verz.“ abgekürzt wird. Im
Wörterbuch der Abkürzungen des Duden (5. Auflage,
vgl. Anlage B&B 26) wird nur die Zeichenfolge
„Vz.“ als eine mögliche Abkürzung
von Verzeichnis genannt. Auch den Mitgliedern der Kammer ist
– unabhängig von der Nutzung des Zeichens VZ durch
die Antragstellerin – eine beschreibende Nutzung von
„VZ“ oder „vz“ für das
Wort Verzeichnis nicht bekannt.
Darüber
hinaus ist die Zeichenfolge VZ für das Dienstleistungsangebot
der Antragstellerin aber auch deshalb nicht rein beschreibend, weil es
sich bei studiVZ, schülerVZ und meinVZ nicht um Verzeichnisse
im eigentlichen Sinne, sondern um Internet-Netzwerke handelt, die
vorrangig der Förderung der Kommunikation ihrer Mitglieder und
nicht deren Auflistung dienen.
Dafür,
dass die Antragstellerin die angesprochenen Verkehrskreise Ende Februar
2008 bereits an „vz“ bzw. „VZ“
als Bestandteil einer Zeichenserie gewöhnt hatte (vgl. dazu:
BGH, Urteil vom 22.11.2001, Az. I ZR 111/99
- BIG), spricht die
intensive Nutzung der Seiten studiVZ und schuelerVZ sowie die binnen
kürzester Zeit erfolgte Etablierung von meinVZ auf dem Markt.
Hinzu
kommt, dass zumindest den zahlreichen Nutzern des Netzwerks studiVZ die
Zeichen-Kombination der Bezeichnung einer Interessengruppe bzw. eines
Interesses und des Zusatzes „vz“ als Bezeichnung
von im Netzwerk gebildeten Untergruppen vertraut war und sie so zu
einer aufmerksameren Befassung mit dem Zeichen bereit geworden sind.
Der
Annahme einer Zeichenserie der Antragstellerin steht auch nicht
entgegen, dass es – wie die Antragsgegnerin in ihrer
Zusammenstellung in dem Schriftsatz vom 04.09.2008 (Blatt 52/53 d.A.)
dokumentiert hat - inzwischen eine Vielzahl von
„VZ-Domains“ und „VZ-Marken“
gibt.
Soweit
sich die Antragsgegnerin insoweit auf die Homepages der
Verbraucherzentralen in den Bundesländern bezieht, greift ihr
Argument schon deshalb nicht, weil hier die Buchstabenfolge
„vz“ der jeweiligen Abkürzung des
Bundeslandes vorangestellt ist.
Im
Übrigen ergeben sich aus den von der Antragstellerin
vorgelegten Anlagen AG 11 und 13 keine gegenüber der
Antragstellerin prioritätsälteren Kennzeichenrechte
für den Klagemarken vergleichbare Zeichenkombinationen
für Internetnetzwerke. Nach den mit der Anlage AG 13
vorgelegten Registerauszügen ist allein die vom Begriffsaufbau
ähnliche Marke COMMUNA-VZ gegenüber studiVZ und
schülerVZ bzw. schuelerVZ prioritätsälter.
Diese Marke ist jedoch nicht für ein Internetnetzwerk, sondern
im Wesentlichen für Computerprogramme zur Erstellung von
Straßenverzeichnissen geschützt, so dass nicht zu
erwarten ist, dass den von den Dienstleistungsangeboten der Parteien
angesprochenen Verkehrskreisen diese Marke geläufig sein wird
und der Erkennung des Serienzeichens der Antragstellerin entgegensteht.
Der
Umstand, dass offenbar zur Zeit - wie sich der Aufstellung der
Antragsgegnerin auf Blatt 52/53 der Akte entnehmen lässt und
der Kammer im Übrigen auch durch die Befassung mit anderen von
der Antragstellerin eingeleiteten einstweiligen
Verfügungsverfahren und den Anlagen B&B 1 bekannt ist
- eine Vielzahl von Nachahmern des Geschäftskonzepts der
Antragstellerin auf den Markt drängen, spricht ebenfalls nicht
dagegen, dass die angesprochenen Verkehrskreise die Zeichenserie der
Antragstellerin erkennen werden, sondern legt dies gerade nahe.
(2)
Es besteht auch die konkrete Gefahr, dass die von der Antragsgegnerin
zur Kennzeichnung ihrer Internetplattform genutzten Zeichen von den
durch die Zeichenserie der Antragstellerin angesprochenen
Verkehrskreisen mit den Klagemarken gedanklich in Verbindung gebracht
werden.
Ob
zwischen Zeichen konkret eine Verwechslungsgefahr besteht, ist auch bei
Serienzeichen nach den allgemeinen Grundsätzen festzustellen
und darum unter Berücksichtigung aller Umstände des
Einzelfalls zu prüfen.
Dabei
besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden
Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der
Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren sowie der
Kennzeichnungskraft der älteren Marke, so dass ein geringerer
Grad der Ähnlichkeit der Waren durch einen höheren
Grad der Ähnlichkeit der Marken und eine gesteigerte
Kennzeichnungskraft ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.
z.B. BGH, GRUR 2002, 542). Eine
bloße allgemeine Assoziation
zu einem anderen Unternehmen reicht nicht aus (BGH, Urteil vom 24.01.2002, Az. I ZR 156/99,
GRUR 2002, 544, 547 - Bank 24).
Die
Kennzeichnungskraft ist bei der Prüfung einer
Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt des Serienzeichens
allerdings nur in Bezug auf den Stammbestandteil des Zeichens
festzustellen (Ingerl/Rohnke, MarkenG, § 14 Rdn. 736 m.w.N.).
Die
Kennzeichnungskraft von VZ bzw. vz ist durchschnittlich, da der
Abkürzung keine eigenständige Bedeutung zukommt.
Andererseits wird diese Buchstabenfolge in der deutschen Sprache aber
auch nicht als Wortendung verwandt.
Die
streitgegenständlichen Wortmarken sind sich darüber
hinaus hinreichend ähnlich.
Bei
der Prüfung einer Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt
des Serienzeichens kommt es insoweit im Wesentlichen auf eine
Übereinstimmung bzw. klangliche bzw. schriftbildliche
Ähnlichkeit hinsichtlich des Stammbestandteils und eine
begriffliche Ähnlichkeit des Gesamtbegriffs an (vgl. dazu:
Ingerl/Rohnke, MarkenG, § 14 Rdn. 574).
Die
streitgegenständlichen Zeichen kombinieren jeweils ein
Substantiv bzw. bei meinVZ ein Possessivpronomen mit der
Buchstabenfolge „VZ“. Der Serienstamm der
Antragstellerin wird von der Antragsgegnerin also in identischer Form
übernommen.
Obwohl
die Antragsgegnerin als Substantiv nicht die Bezeichnung einer
Personengruppe verwendet, wie es die Antragstellerin mit
„studi“ und „schüler“
getan hat, besteht auch eine begriffliche Ähnlichkeit der
Gesamtzeichen. Schon die ebenfalls prioritätsältere
Marke der Antragstellerin meinVZ zeigt, dass sich die Zeichenserie der
Antragstellerin nicht allein durch die Kombination von
Personenbezeichnungen und VZ kennzeichnet. Darüber hinaus hat
sich durch die ebenfalls unter Nutzung der Zeichenfolge VZ gebildeten
Untergruppen von studiVZ auch eine Kombination von nicht auf Personen
bezogenen Substantiven mit dem Stammbestandteil VZ etabliert.
Die
von den Parteien angebotenen Dienstleistungen sind als
Internetnetzwerke und Kommunikationsplattform von der Grundstruktur her
weitgehend identisch. Auch das Konzept der Antragsgegnerin stellt nach
ihrem mit der Anlage B&B 17 vorgelegten Internetauftritt darauf
ab, eine Kommunikation zwischen ihren Nutzern zu ermöglichen.
Nach
dem Vortrag der Parteien ist es darüber hinaus glaubhaft, dass
sich deren Angebote an sich nicht unerheblich überschneidende
Verkehrskreise richten.
Dabei
ist nach der allgemeinen Lebenserfahrung davon auszugehen, dass sowohl
die von den Angeboten der Antragstellerin angesprochenen Verkehrskreise
der Jugendlichen und jungen Erwachsenen als auch die von der
Antragsgegnerin angesprochenen an der Börse Interessierten
typische Nutzer des Internets sind.
Schon
der – unstreitige – Umstand, dass es unter studiVZ
verschiedene Interessensgruppen gibt, die sich mit Aktien und
Börse beschäftigen, belegt, dass bei den Nutzern von
studiVZ auch ein Interesse an dem Dienstleistungsangebot der
Antragsgegnerin besteht. Soweit die Antragstellerin allerdings in
diesen Zusammenhang darauf verweist, dass es bei studiVZ sogar eine
Untergruppe mit dem Namen börseVZ gebe, belegt dies ihren
Vortrag nicht. Denn diese Untergruppe ist nach der von der
Antragstellerin selbst vorgelegten Anlage B&B 23 erst am
28.07.2008 gegründet worden und hatte am 02.08.2008 nur ein
Mitglied. Aus der Anlage B&B 23 ergibt sich aber, das die
Gruppe „Aktien & Co“ am 02.08.2008 schon
3.229 Mitglieder hatte, bei der Gruppe „Börse
& Trading“ waren es 1.852 Mitglieder und bei der
Gruppe „Börse-Aktien-Fonds“ waren 1.494
Mitglieder registriert.
Letztlich
legen auch die Ausführungen der Antragsgegnerin zum Umfang des
Interesses von jungen Menschen am Aktienhandel – sie spricht
immerhin selbst von ca. 230.000 Menschen - nahe, dass diese auch selbst
die von der Antragstellerin angesprochenen Verkehrskreise mit ihrem
Netzwerk erreichen will und wird.
Bei
einer Gesamtbetrachtung der dargestellten, bei der Prüfung
einer Verwechslungsgefahr relevanten Faktoren ergibt sich darum, dass
voraussichtlich ein nicht unerheblicher Verkehrskreis bei Kenntnis von
dem als BörseVZ bezeichneten Internetangebot der
Antragsgegnerin gedanklich eine Verbindung mit dem
Dienstleistungsangebot der Antragstellerin herstellen wird und somit
eine Verwechslungsgefahr i.S.d. § 14 Abs. 2 Nr. 2, 2. Halbsatz
MarkenG besteht.
Dem
steht nicht entgegen, dass die Parteien bei der Gestaltung ihrer
Wort/Bild-Marken z.T. unterschiedliche Gestaltungselemente
gewählt haben und die Antragsgegnerin ihrem Wortbestandteil
insbesondere ein rundes Emblem statt des von der Antragstellerin
gewählten Blumen-Zeichens vorangestellt hat.
Die
Unterschiede in der bildlichen Gestaltung der Wort/Bild-Marken sind
nicht so erheblich, dass sie aus der sich aus dem Textbestandteil aus
dem Gesichtspunkt der Serienzeichen ergebende Verwechslungsgefahr
hinausführen würden.
In
Bezug auf die Farbgebung ist dabei von Bedeutung, dass die
Antragstellerin in ihren drei Marken selbst unterschiedliche Farben
verwendet, wobei die von der Antragsgegnerin vorrangig genutzte Farbe
Orange gerade auch bei der Wort/Bild-Marke meinVZ dominiert.
Darüber hinaus haben beide Parteien das VZ in ihren Marken
farblich und durch Fettdruck auch graphisch abgesetzt (vgl. Anlage AG
15). Auch wenn das Blumenemblem der Antragstellerin nicht im
eigentlichen Sinne rund ist, ruft es doch bei einer
oberflächlichen Betrachtung den Eindruck eines runden
Stilelementes hervor, das – wie bei der Gestaltung der
Antragsgegnerin - dem Textbestandteil der Marke vorangestellt ist.
Angesichts
der dargestellten, eine Verletzungsgefahr begründenden
Umstände schließt letztlich auch der Umstand, dass
die Antragsgegnerin den Textbestandteil ihrer Marken durchgehend mit
Großbuchstaben gestaltet hat, wohingegen die Antragstellerin
regelmäßig nur den Zeichenbestandteil VZ in
Großbuchstaben setzt, das Bestehen eines
Unterlassungsanspruchs der Antragstellerin nach § 14 Abs. 2
Nr. 2, Abs. 5 MarkenG nicht aus. Denn in ihren Domains verwendet die
Antragsgegnerin z.B. selbst durchgehend kleine Buchstaben.
2.
Selbst wenn man – entgegen dem Vorstehenden – nicht
vom Bestehen einer Zeichenserie der Antragstellerin ausgehen
würde oder es als zweifelhaft ansähe, ob die von den
Angeboten der Antragstellerin angesprochenen Jugendlichen und jungen
Erwachsenen auch die vom Angebot der Antragsgegnerin angesprochenen
Verkehrskreise sind, ist im einstweiligen Verfügungs- und
Widerspruchsverfahren davon auszugehen, dass der Antragstellerin ein
Unterlassungsanspruch aus § 14 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 5 MarkenG
aus dem Gesichtspunkt der Ausnutzung einer bekannten Marke zusteht.
Denn
es ist glaubhaft, dass es sich zumindest bei studiVZ und
schülerVZ schon bei Anmeldung der Marken der Antragsgegnerin
um bekannte Zeichen gehandelt hat.
Der
Vortrag der Antragstellerin zur Anzahl der Nutzer ihrer Plattformen ist
unbestritten geblieben, so dass davon auszugehen ist, dass im Juli 2008
allein ca. 10 Millionen Menschen die Netzwerke der Antragstellerin
selbst nutzen und Ende Februar 2008 zumindest schon über 8
Millionen Nutzer registriert waren. Angesichts der von der
Antragstellerin zur Glaubhaftmachung ihrer Behauptung, die Zeichen
studiVZ und schülerVZ seien bekannte Marken i.S.d. §
14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG, vorgelegten Pressemitteilungen aus dem Jahren
2007 und den ersten beiden Monaten des Jahres 2008 (vgl. Anlage
B&B 6) ist davon auszugehen, dass darüber hinaus einer
nicht unerheblichen Anzahl von Menschen, die nicht unmittelbar zu den
Nutzern von studiVZ, schülerVZ oder meinVZ gehören,
das Dienstleistungsangebot der Antragstellerin bekannt ist und war.
Gerade die Publikationen in der viel gelesenen Frankfurter Allgemeinen
Zeitung und der Zeitschrift FOCUS legen dies nahe. Dies entspricht auch
der Lebenserfahrung der Kammer.
Nach
dem Vortrag der Parteien ist es darüber hinaus glaubhaft, dass
die Antragsgegnerin durch die Bezeichnung ihrer Internetplattform mit
dem Begriff BörseVZ die Unterscheidungskraft der Klagemarken
ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt.
Angesichts
des Umstandes, dass der Zeichenbestandteil VZ auch für das
Internetangebot der Antragsgegnerin nicht unmittelbar beschreibend ist
und sie insbesondere kein
„Börsen-Verzeichnis“ betreibt, besteht
kein Grund, der die Integration dieses Zeichenbestandteils in ihre
Marke rechtfertigen könnte.
Unlauter
ist die Nutzung ihrer Zeichen durch die Antragsgegnerin, weil sie damit
sowohl die Wertschätzung der Klagemarken ausnutzt als auch die
Kennzeichenkraft der Zeichenserie der Antragstellerin
verwässert wird.
Dass
es der Antragsgegnerin bei der Benennung ihrer Internetplattform um
eine Anlehnung an die Dienstleistungsangebote der Antragstellerin geht,
ist im Grunde offensichtlich und von der Antragsgegnerin auch nicht
substantiiert in Frage gestellt worden. Ihr Interesse an der Nutzung
des zwar durchschnittlichen kennzeichenkräftigen, letztlich
aber wenig originellen Zeichenbestandteils VZ für die
Bezeichnung ihres Internetnetzwerkes für
Börsen-Interessierte ist letztlich nur vor dem Hintergrund des
großen wirtschaftlichen Erfolgs des
Geschäftskonzepts der Antragstellerin erklärlich.
Bei
einer weiteren Nutzung ihrer Marken für das Internetnetzwerk
für Börsen-Interessierte wird es nach allgemeiner
Lebenserfahrung zu einer Verwässerung der Kennzeichenkraft der
Zeichenserie der Antragstellerin kommen, die die Antragstellerin nicht
hinzunehmen hat.
Die
Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.