Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
Landgericht
Hamburg
Beschluss
Tenor:
Der
Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens nach einem
Streitwert von Euro 6.000,00.
Gründe:
Nachdem
die
Parteien das Verfahren in der Hauptsache übereinstimmend
für
erledigt erklärt haben, ist gemäß
§ 91a ZPO unter
Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach
billigem Ermessen über die Kosten zu befinden, wobei die
Entscheidung gemäß § 128 Abs. 4 ZPO ohne
mündliche
Verhandlung ergeht. Nach dem bisherigen Sach- und Streitstand ist es
billig, dem Antragsgegner die Kosten aufzuerlegen. Denn er
wäre
danach in der Hauptsache die unterlegene Partei gewesen und Anlass, von
der dafür vorgesehenen Kostenfolge des § 91 Abs. 1
ZPO
abzuweichen, ergeben sich auch aus Billigkeitsgesichtspunkten nicht.
I.
Der Antrag
auf Erlass der einstweiligen Verfügung war zulässig,
insbesondere war die von dem Antragsgegner in Abrede gestellte
örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Hamburg
gegeben.
Gegenstand des Verfahrens ist ein widerrechtliches
öffentliches
Zugänglichmachen von urheberrechtlich geschützten
Musikaufnahmen durch ein Filesharingsystem im Internet. Das ist eine
unerlaubte Handlung, bei der neben dem allgemeinen Gerichtsstand auch
der besondere Gerichtsstand gemäß § 32 ZPO
eröffnet ist (Kefferpütz in Wandtke/Bullinger, UrhG,
2.
Auflage 2006, § 105 Rn. 8), wobei der Antragstellerin
gemäß § 35 ZPO ein Wahlrecht zusteht. Nach
§ 32
ZPO ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die
beanstandete
Handlung begangen worden ist. Das ist jeder Ort, an dem auch nur eines
der wesentlichen Tatbestandsmerkmale des Delikts verwirklicht worden
ist, also nicht nur der Begehungsort, sondern auch der Erfolgsort
(Kefferpütz a.a.O. Rn 13, Zöller/Vollkommer,
Zivilprozessordnung, 25. Auflage 2005, § 32 Rn 16). Da die ins
Internet gestellten Musikaufnahmen auch in Hamburg aufgerufen werden
konnten und wurden, ist auch das Landgericht Hamburg örtlich
zuständig (vgl. Kefferpütz a.a.O. Rn 15).
II.
Die
Antragstellerin hat die Voraussetzungen eines aus § 97 Abs. 1
Satz
1 UrhG folgenden Unterlassungsanspruchs gegen den Antragsgegner
dargelegt und glaubhaft gemacht.
1.
Es ist durch
eidesstattliche Versicherung des Justitiars der Antragstellerin vom
01.03.2006 glaubhaft gemacht worden, dass der Antragstellerin die
ausschließlichen Nutzungsrechte des
Tonträgerherstellers an
der exemplarisch verfahrensgegenständlichen Musikaufnahme
"Zeit
für Optimisten" der Künstlergruppe "S."
gemäß
§ 85 UrhG zustehen.
2.
Diese
Aufnahme wurde – unstreitig - vom Internetanschluss des
Antragsgegners neben weiteren 131 Musikaufnahmen über ein
Filesharing-System der Öffentlichkeit zugänglich
gemacht und
konnte so heruntergeladen und angehört werden. Da diese
Nutzung
gemäß § 19a UrhG ohne das dazu
erforderliche
Einverständnis der Antragstellerin erfolgte, war sie
widerrechtlich.
3.
Der
Antragsgegner hat für diese Rechtsverletzung einzustehen. Zwar
kann nicht davon ausgegangen werden, dass er selbst die
Rechtsverletzung beging. Vielmehr dürfte es seine zur Tatzeit
15
Jahre alte Tochter gewesen sein, der er seinen Internetanschluss und
einen Computer zur Verfügung gestellt hatte. Der Antragsteller
haftet aber auch dafür nach den Grundsätzen der
Störerhaftung.
a)
Im Rahmen des
Unterlassungsanspruchs haftet in entsprechender Anwendung des
§
1004 BGB jeder als Störer für eine
Schutzrechtsverletzung,
wer – ohne selbst Täter oder Teilnehmer zu sein
– in
irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal an der
rechtswidrigen Beeinträchtigung mitgewirkt hat. Um eine solche
Haftung nicht über Gebühr auf Dritte zu erstrecken,
die nicht
selbst die rechtswidrige Beeinträchtigung vorgenommen haben,
setzt
die Haftung des Störers die Verletzung von
Prüfungspflichten
voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als
Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen eine
Prüfung zuzumuten ist (BGH GRUR 2004, 860, 864 -
Störerhaftung des Internetauktionshauses bei
Fremdversteigerungen
– m.w.N.) Dabei wird die Störerhaftung Dritter durch
Zumutbarkeitserwägungen eingegrenzt, wobei sich die Art und
der
Umfang der gebotenen Kontrollmaßnahmen nach Treu und Glauben
bestimmen (von Wolff in Wandtke/Bullinger, a.a.O, § 97 Rn 15).
So
hat sich auch die Verpflichtung, geeignete Vorkehrungen zu treffen,
durch welche die Rechtsverletzungen soweit wie möglich
verhindert
werden, im Rahmen des Zumutbaren und Erforderlichen zu halten (BGH,
GRUR 1984, 54/55 – Kopierläden).
b)
Unter Anwendung dieser Grundsätze haftet der Antragsgegner als
Störer.
Wenn
der
Antragsgegner Dritten, auch und gerade minderjährigen
Mitgliedern
seines Haushalts wie der 15 Jahre alten Tochter den Internetzugang
ermöglichte, dann war das adäquat kausal für
die
Schutzrechtrechtsverletzung. Adäquat ist eine Bedingung dann,
wenn
das Ereignis im Allgemeinen und nicht nur unter besonders eigenartigen,
unwahrscheinlichen und nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge
außer Betracht zu lassenden Umständen geeignet ist,
einen
Erfolg der fraglichen Art herbeizuführen (BGH NJW 2005, 1420,
1421
m.w.N.). Davon ausgehend ist eine Adäquanz hier zu bejahen.
Zunächst haben Rechtsverletzungen über das Internet
allgemein
zugenommen durch das Herunterladen und öffentliche
Zugänglichmachen insbesondere urheberrechtlich,
geschmacksmusterrechtlich und markenrechtlich geschützter
Leistungen. Darunter fällt auch die Aneignung und das
Bereitstellen von Musikaufnahmen im Internet über
Peer-to-Peer-Dienste und mit Hilfe von Filesharing-Software, alles
verharmlosend "Tauschbörsen" genannt. Jedenfalls seit dem
Auftreten der Filesharing-Software "Napster" im Herbst 1999 ist
derartiges auch nicht mehr ungewöhnlich, sondern wird gerade
von
Jugendlichen vielfältig in Anspruch genommen.
Das
Überlassen eines Internetzuganges an einen Dritten birgt
danach
die nicht unwahrscheinliche Möglichkeit, dass von dem Dritten
solche Rechtsverletzungen begangen werden. Das löst
Prüf- und
gegebenenfalls Handlungspflichten aus, um der Möglichkeit
solcher
Rechtsverletzungen vorzubeugen. Das gilt im Zweifel bei einer
Überlassung an jeden Dritten. Das gilt aber umso mehr, wenn
die
Überlassung an einen Jugendlichen oder ein Kind erfolgt, bei
denen
sich möglicherweise das Unrechtsbewusstsein für
solche
Verletzungen noch nicht in gebotenem Maße entwickelt hat.
Rechtlich
und
tatsächlich war der Antragsgegner in die Lage versetzt,
wirksame
Maßnahmen zur Verhinderung der
streitgegenständlichen
Rechtsverletzung zu treffen. So hätte er verschiedene sog.
Benutzerkonten, bei denen jeder Benutzer eine "Login"- Kennung samt
Passwort erhält, einrichten können. Für die
verschiedenen Nutzerkonten können die individuellen
Nutzungsbefugnisse festgelegt und etwa ein Herunterladen der
Filesharing-Software verhindert werden. Des Weiteren wäre auch
die
Einrichtung einer sog. "Firewall" möglich und zumutbar
gewesen,
durch die die Nutzung einer Filesharing-Software verhindert werden
kann. Derartige ihm mögliche und zumutbare Maßnahmen
hat der
Antragsgegner jedoch nicht ergriffen, sondern seiner Tochter den
Internetzugang "ungeschützt" zur Verfügung gestellt
bzw.
zumindest eine derartige Nutzung durch Dritte nicht verhindert.
Die
Durchführung der vorbeschriebenen Maßnahmen ist
zumutbar.
Das gilt auch für den Fall, dass der Antragsgegner selbst
nicht in
der Lage sein sollte, Benutzerkonten mit solchen
Nutzungsbeschränkungen einzurichten und er sich dazu
entgeltlicher
fachkundiger Hilfe bedienen müsste. Denn den dadurch bedingten
Geldaufwand schätzt die Kammer als durchaus noch
verhältnismäßig.
4.
Die danach
dem Antragsgegner zurechenbare widerrechtliche Nutzung
begründete
die Vermutung einer Wiederholungsgefahr.
Diese wurde erst durch das
erledigende Ereignis, die Abgabe der strafbewehrten
Unterlassungserklärung vom 12.04.2006 ausgeräumt.
III.
Es bestand
auch ein Verfügungsgrund. Dieser folgt grundsätzlich
bereits
aus der Wiederholungsgefahr,
zu deren Beseitigung durch Abgabe einer
strafbewehrten Unterlassungserklärung der Antragsgegner sich
zunächst nicht veranlasst sah. Im Übrigen hat die
Antragstellerin die Sache selbst geboten zügig behandelt. Von
dem
Namen und der Anschrift des Antragsgegners erlangte sie erst am
20.01.2006 durch Einsichtnahme in die staatsanwaltschaftliche
Ermittlungsakte Kenntnis. Es folgten Abmahnung
und
Anschlusskorrespondenz.