1.
Die Facebook Inc. kann ihre Verhaltensregeln grundsätzlich
auch durch Entfernung eines rechtswidrigen Inhalts oder durch Sperrung
eines Nutzerkontos durchsetzen.
2. Der zwischen dem Nutzer und der Facebook Inc. geschlossene Vertrag
beinhaltet Schutzpflichten in deren
Rahmen gemäß § 241 Abs. 2 BGB - im Wege der mittelbaren
Drittwirkung - die Grundrechte der Vertragspartners zu
berücksichtigen sind.
3. Voraussetzung einer
Sperre ist eine sachliche Rechtfertigung die nicht willkürlich
ist. Eine Sperre und Löschung wegen einer
Äußerung ist dann ungerechtfertigt, wenn die
Äußerung von dem Grundrecht der Meinungsfreiheit
gedeckt ist.
Tenor:
Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Verfügung -
wegen Dringlichkeit ohne mündliche Verhandlung - bei Meidung
von Ordnungsgeld bis 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder
Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollstrecken an ihrem Vorstand,
für jeden Fall der Zuwiderhandlung untersagt,
den Antragsteller für das Einstellen des nachfolgend genannten
Textes (wörtlich oder sinngemäß) "Die pseudo-linke T
ist ein Kriegstreiber erster Klasse! War es nicht
dieses Hetzblättchen, was kürzlich rum flennte, dass
sie vor der Pleite stünden? KEIN VERLUST! ist meine Meinung!" auf
www.facebook.com zu sperren und ihm die Nutzung der Funktionen von
www.facebook.com wie Posten von Beiträge, Kommentieren fremder
Beiträge und Nutzung des Nachrichtensystems vorzuenthalten
oder den Beitrag zu löschen.
Die Kosten des Eilverfahrens werden der Antragsgegnerin auferlegt.
Der Streitwert wird auf € 7.500,- festgesetzt.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt den Erlass einer einstweiligen
Verfügung gerichtet auf die Unterlassung einer Sperre sowie
Entfernung eines Posts bei Facebook wegen einer von ihm verfassten
Äußerung.
Die Antragsgegnerin betreibt die Webseite www.facebook.com. Der
Antragsteller ist Nutzer des von der Antragsgegnerin angebotenen
Dienstes und dort angemeldet.
Der Antragsteller verfasste auf der Plattform der Antragsgegnerin
folgenden Kommentar:
"Die pseudo-linke T ist ein Kriegstreiber erste Klasse! War es nicht
dieses Hetzblättchen, was kürzlich rum flennte, dass
sie vor der Pleite stünden? KEIN VERLUST! ist meine Meinung!"
Die Antragsgegnerin entfernte diesen Post am 22.04.2018 mit folgender
Begründung:
"Offenbar entspricht ein von Dir geposteter Inhalt nicht unseren
Gemeinschaftsstandards. Wir entfernen Beiträge, die Personen
basierend auf Rasse, Identität, nationale Herkunft,
Religionszugehörigkeit, sexuelle Orientierung,
Geschlechtsidentität oder Behinderung angreifen."
Ferner sperrte die Antragsgegnerin den Antragsteller für 30
Tage.
Der Antragsteller forderte die Antragsgegnerin mit E-Mail vom
25.04.2018 (Anlage KTB4) u.a. auf, die Sperre aufzuheben und
gelöschte Beiträge unverzüglich wieder frei
zu schalten. Die Antragsgegnerin reagierte unter dem 09.05.2018 mit der
Mitteilung, dass nach weiterer Prüfung der Inhalt wieder
hergestellt sei.
II.
1. Der Antrag ist zulässig. Insbesondere ist das LG Frankfurt
a.M. national und örtlich zuständig
gemäß § 32 ZPO. Denn die Sperre und die
Entfernung des Posts wirken sich am Wohnsitz des Antragstellers im
Gerichtsbezirk des LG Frankfurt a.M. aus.
2. Der Antragsteller kann von der Antragsgegnerin gestützt auf
die §§ 241 Abs. 2, 1004 BGB die Unterlassung der
Sperre und der Löschung aufgrund der
streitgegenständlichen Äußerung verlangen.
a. Die Parteien haben nach dem glaubhaft gemachten Vortrag des
Antragstellers einen Vertrag über die Nutzung des sozialen
Netzwerks der Antragsgegnerin geschlossen, bei dem es sich um einen
schuldrechtlichen Vertrag mit miet-, werk- und dienstvertraglichen
Elementen handelt (vgl. KG Berlin DNotZ 2018, 286 [KG Berlin 31.05.2017
- 21 U 9/16] Rn. 56 m.w.N.). Gegenstand dieses Vertrages sind auch die
von der Antragsgegnerin gestellten Verhaltensregeln als AGB.
b. Grundsätzlich kann der Betreiber eines sozialen Netzwerks
seine Verhaltensregeln auch durch Entfernung eines rechtswidrigen
Inhalts oder durch Sperrung eines Nutzeraccounts durchsetzen
(Schwartmann/Ohr in Schwartmann, Praxishanduch IT-, Urheber- und
Medienrecht, 4. Aufl. 2018, Kap. 11 Rn. 40; vgl. zu einer
Facebook-Seite auch VG München, Urt. v. 27.10.2017 - M 26 K
16.5928).
Eine solche Sperre ist jedoch nicht voraussetzungslos möglich,
z.B. lediglich aufgrund einer ungeprüften Beschwerde eines
anderen Nutzers. Der zwischen dem Nutzer und dem Plattformbetreiber
geschlossene Vertrag beinhaltet Schutzpflichten des Plattformbetreibers
gemäß § 241 Abs. 2 BGB. Im Rahmen dieser
Schutzpflichten sind - im Wege der mittelbaren Drittwirkung - die
Grundrechte der Betroffenen zu berücksichtigen (vgl. BVerfG,
Beschl. v. 11.04.2018 - 1 BvR 3080/09, BeckRS 2018, 6483), was
insbesondere dazu führt, dass der Nutzer
grundsätzlich ohne Furcht vor Sperren zulässige
Meinungsäußerungen auf der Plattform kundtun darf.
Voraussetzung einer solchen Sperre ist daher zunächst, dass
der Ausschluss sachlich gerechtfertigt und nicht willkürlich
ist (in Bezug auf ein "virtuelles Hausrecht" LG Bonn MMR 2000, 109 [LG
Bonn 16.11.1999 - 10 O 457/99]; dazu Ladeur, MMR 2001, 787; vgl.
insoweit auch VG München, Urt. v. 27.10.2017 - M 26 K 16.5928
Rn. 17 - juris, für die Facebook-Seite eines
öffentlich-rechtlichen Trägers; zur mittelbaren
Wirkung der Grundrechte, insb. Art. 3 Abs. 1 GG, auf das
Verhältnis von Privaten BVerfG, Beschl. v. 11.04.2018 - 1 BvR
3080/09, BeckRS 2018, 6483 zu einem bundesweiten Stadionverbot).
Danach kann eine Sperre auch unter Berücksichtigung der dem
Äußernden zu Gebote stehenden Meinungsfreiheit
gemäß Art. 5 Abs. 1 GG gerechtfertigt sein, wenn der
Äußernde mehrfach den Tatbestand der Beleidigung
erfüllt und damit sowohl die Rechte anderer Nutzer verletzt
als auch den Diskussionsverlauf nachhaltig gestört hat (VG
München, Urt. v. 27.10.2017 - M 26 K 16.5928 Rn. 19 - juris).
Hierbei kann auch Berücksichtigung finden, ob das Verhalten
des Äußernden geeignet ist, eine weitere sachliche
Diskussion zu verhindern bzw. andere Nutzer fernzuhalten (vgl. VG
München, Urt. v. 27.10.2017 - M 26 K 16.5928 Rn. 27 - juris).
Bei nachhaltigem, beleidigenden Verhalten soll der Betreiber nicht
verpflichtet sein, den Nutzer weiterhin zu dulden (vgl. VG
München, Urt. v. 27.10.2017 - M 26 K 16.5928 Rn. 30 - juris).
Diesen Einschränkungen der Möglichkeit des
Plattformbetreibers, den Nutzer zu sperren, stehen
grundsätzlich auch nicht die Nutzungsbedingungen der
Antragsgegnerin (Anlagen KTB1, KTB2) entgegen. Diese können
zwar als Auslegungshilfe dienen, aufgrund der Drittwirkung der
Grundrechte können zulässige
Meinungsäußerungen jedoch grundsätzlich
nicht untersagt werden (vgl. LG Bonn MMR 2000, 109 [LG Bonn 16.11.1999
- 10 O 457/99]; LG Köln Urt. v. 4.5.2005 - 9 S 17/05, BeckRS
2005, 10688; VG München, Urt. v. 27.10.2017 - M 26 K 16.5928
Rn. 17 - juris).
Fraglich ist weiter, ob vor einer Sperre der Nutzer angehört
bzw. abgemahnt werden muss (so KG Berlin NJW-RR 2005, 1630 [KG Berlin
05.08.2005 - 13 U 4/05] zur Sperrung eines eBay-Accounts; AG Kerpen MMR
2017, 642 [AG Kerpen 10.04.2017 - 102 C 297/16] zur Kündigung
eines Internet-Forennutzungsvertrages; a.A. OLG Brandenburg MMR 2017,
258 [OLG Brandenburg 09.01.2017 - 6 W 95/16] zur Sperrung eines
eBay-Accounts).
Nichts anderes ergibt sich im Übrigen aus dem vom
Antragsteller ebenfalls angeführten NetzDG (vgl. zum
Anwendungsbereich LG Frankfurt a.M., Beschl. v. 30.04.2018, 2-03 O
430/17; zur Frage der Verfassungswidrigkeit des NetzDG vgl. nur
Liesching, MMR 2018, 26; Kalscheuer/Hornung, NVwZ 2017, 2593; Gersdorf,
MMR 2017, 439; Hong, Das NetzDG und die Vermutung für die
Freiheit der Rede, Verfassungsblog v. 09.01.2018,
https://verfassungsblog.de/das-netzdg-und-die-vermutung-fuer-die-freiheit-der-rede).
§ 3 Abs. 1 NetzDG sieht vor, dass der Anbieter eines sozialen
Netzwerks - hier die Antragsgegnerin - ein wirksames und transparentes
Verfahren für den Umgang mit Beschwerden über
rechtswidrige Inhalte vorhalten muss. Nach § 3 Abs. 2 NetzDG
muss das Verfahren insbesondere gewährleisten, dass
rechtswidrige Inhalte unverzüglich entfernt oder gesperrt
werden. Rechtswidrige Inhalte in diesem Sinne sind nach § 1
Abs. 3 NetzDG Inhalte, die den Tatbestand der §§ 86,
86a, 89a, 91, 100a, 111, 126, 129 bis 129b, 130, 131, 140, 166, 184b in
Verbindung mit 184d, 185 bis 187, 201a, 241 oder 269 StGB
erfüllen und nicht gerechtfertigt sind.
c. Die streitgegenständliche Äußerung
rechtfertigte ihre Löschung und die Sperrung des
Antragstellers nicht. Sie stellt eine noch von der Meinungsfreiheit
gemäß Art. 5 Abs. 1 GG gedeckte
Meinungsäußerung dar.
Wegen der Eigenart des allgemeinen Persönlichkeitsrechts als
eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern
muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden
grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der
die besonderen Umstände des Einzelfalls sowie die betroffenen
Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen
Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu
berücksichtigen sind. Der Eingriff in das
Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das
Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der
anderen Seite überwiegt (BGH NJW 2016, 789 [BGH 15.09.2015 -
VI ZR 175/14] Rn. 20; BGH NJW 2016, 56 [BGH 28.07.2015 - VI ZR 340/14]
Rn. 29; BGH NJW 2014, 2029 [BGH 17.12.2013 - II ZB 6/13] Rn. 22; jew.
m.w.N.).
Bei der Frage, ob eine Äußerung ihrem Schwerpunkt
nach als Tatsachenbehauptung oder als
Meinungsäußerung anzusehen ist, kommt es
entscheidend auf den Gesamtkontext der fraglichen
Äußerung an (vgl. BVerfG AfP 2013, 389 [BVerfG
24.07.2013 - 1 BvR 444/13], juris-Rn. 18). Von einer
Tatsachenbehauptung ist auszugehen, wenn der Gehalt der
Äußerung entsprechend dem Verständnis des
Durchschnittsempfängers der objektiven Klärung
zugänglich ist und als etwas Geschehenes
grundsätzlich dem Beweis offen steht. Soweit eine
Tatsachenbehauptung mit einem Werturteil verbunden ist bzw. beides
ineinander übergeht, ist darauf abzustellen, was im
Vordergrund steht und damit überwiegt. Wird eine
Äußerung in entscheidender Weise durch die Elemente
der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens
geprägt oder ist der tatsächliche Gehalt der
Äußerung so substanzarm, dass er gegenüber
dem Wertungscharakter in den Hintergrund tritt, liegt eine
Meinungsäußerung vor. Vom Überwiegen des
tatsächlichen Charakters ist auszugehen, wenn die Wertung sich
als zusammenfassender Ausdruck von Tatsachenbehauptungen darstellt
(vgl. Wenzel/Burkhardt, Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5.
Aufl. 2003, Kap. 4 Rn. 43, 50 ff.).
Hierbei sind Äußerungen entsprechend dem
Verständnis des unbefangenen Durchschnittsempfängers
zu interpretieren (Wenzel/Burkhardt, a.a.O., Kap. 4 Rn. 4;
Soehring/Hoene, Presserecht, 5. Aufl. 2013, § 14 Rn. 4a; jew.
m.w.N.).
Meinungsäußerungen sind danach nur als
unzulässig zu behandeln, wenn sie die Grenze zur
Schmähkritik überschreiten. Grundsätzlich
liegt Schmähkritik nur vor, wenn eine
Äußerung jeglichen sachlichen Bezug vermissen
lässt, die inhaltliche Auseinandersetzung zurücktritt
und eine Diffamierung im Vordergrund steht, die jenseits polemischer
und überspitzter Kritik in erster Linie herabsetzen soll (OLG
Frankfurt NJW 2013, 798, 799; Wenzel/Burkhardt, a.a.O., Kap. 5 Rn. 97).
Dies ist bei einer die Öffentlichkeit wesentlich
berührenden Frage nur ausnahmsweise der Fall und eher auf die
Privatfehde beschränkt (BVerfG NJW 2012, 3712 [BVerfG
17.09.2012 - 1 BvR 2979/10] Rn. 30 m.w.N.). Wegen seines die
Meinungsfreiheit verdrängenden Effekts ist der Begriff der
Schmähkritik eng zu verstehen. Auch eine überzogene
oder gar ausfällige Kritik macht eine
Äußerung für sich genommen noch nicht zur
Schmähung. Eine Äußerung nimmt diesen
Charakter erst dann an, wenn nicht mehr die Auseinandersetzung in der
Sache, sondern die Diffamierung der Person im Vordergrund steht (BVerfG
NJW 2016, 2870 Rn. 17 m.w.N.). Nur dann, wenn der abwertende Vorwurf
auch vom Standpunkt des Äußernden aus
völlig grundlos, d.h. willkürlich, nicht sachbezogen
und von vornherein außerhalb jedes in einer
Sachauseinandersetzung wurzelnden Verwendungskontextes ist, kann dies
auf dessen Absicht hindeuten, den Betroffenen zu diffamieren (BVerfG
NJW 2016, 2870 [BVerfG 29.06.2016 - 1 BvR 2646/15] Rn. 17 f.; OLG
Saarbrücken, Urt. v. 04.06.2014 - 5 U 81/13, BeckRS 2015,
07789 Rn. 44).
d. Der Antragsteller hat vorliegend die Zeitung "t" als
- "pseudo-links",
- "Kriegstreiber erste Klasse" und
- "Hetzblättchen"
bezeichnet.
Insoweit ist eine Unzulässigkeit der
Äußerung nicht bereits aus dem Grunde
ausgeschlossen, dass die "t" als juristische Person z.B. nicht
beleidigungsfähig wäre (vgl. Soehring/Hoene,
Presserecht, 5. Aufl. 2013, § 13 Rn. 13 m.w.N.), zumal durch
die Bezeichnung durch den Antragsteller auch ihre leitenden Personen
betroffen sein können.
Die Äußerungen sind nach den oben dargestellten
Grundsätzen jedoch jeweils als zulässig anzusehen.
Die Äußerung "pseudo-links" stellt eine
zulässige Meinungsäußerung dar, die die
Grenze zur Schmähkritik nicht überschreitet. Die "t"
ist, wie der Kammer bekannt ist, eine Zeitung, die durchaus auch
für politische Meinungen bekannt ist und dementsprechend auch
solche - wertenden - Bezeichnungen grundsätzlich hinnehmen
muss. Zwar ist aus Sicht des Durchschnittsempfängers der
Äußerung möglicherweise der Vorwurf zu
entnehmen, dass die "t" tatsächlich nicht "links" eingestellt
sei. Dies ist jedoch Bestandteil der zulässigen
Meinungsäußerung des Antragstellers.
Auch die Bezeichnung als "Kriegstreiber erste Klasse" ist nicht als
Schmähkritik anzusehen (vgl. insoweit auch BGH NJW 1974,
1762). Bereits die Konnotierung mit "erster Klasse" legt eine wertende
Betrachtung nahe. Die Bezeichnung als "Kriegstreiber" ist aus Sicht des
Durchschnittslesers erkennbar darauf gerichtet, dass das Verhalten der
"t" in eine bestimmte Richtung hin gewertet werden solle. Der
Durchschnittsleser entnimmt dem die Wertung des Antragstellers, dass
die "t" bzw. Autoren der "t" gegenüber Kriegen eine bestimmte
- ggf. befürwortende - Position einnimmt bzw. einnehmen, wobei
dies aus Sicht des Durchschnittslesers erkennbar überspitzt
ist. Bei der Bezeichnung als "Kriegstreiber" musste der Antragsteller
auch nicht diejenigen Tatsachen mitteilen, auf die er seine Bewertung
möglicherweise stützt (vgl. BGH NJW 1974, 1762 [BGH
18.06.1974 - VI ZR 16/73]).
Wie oben dargestellt, ist die "t" als meinungsstarkes Medium bekannt.
Sie muss daher im Meinungskampf ggf. auch harte und
möglicherweise ausfallende Kritik hinnehmen, sofern diese
nicht willkürlich, nicht sachbezogen und von vornherein
außerhalb jedes in einer Sachauseinandersetzung wurzelnden
Verwendungskontextes ist. Dies ist hier der Fall.
Auch die Äußerung, dass die "t" ein
"Hetzblättchen" sei, ist nach den oben dargestellten
Grundsätzen als noch zulässige
Meinungsäußerung anzusehen. Denn auch insoweit
können meinungsstarke Äußerungen von
Autoren der "t" eine solche Überspitzung unter dem
Gesichtspunkt der Meinungsfreiheit rechtfertigen. Dass die Grenze zur
Schmähkritik nicht überschritten ist, ist
für die Kammer hier nicht ersichtlich.
Die Kammer hat im Übrigen im Rahmen der Interessen der
hiesigen Antragsgegnerin auch berücksichtigt, dass die
Antragsgegnerin ihre Entscheidung (lediglich) damit begründet
hat, dass sie Beiträge entferne, "die Personen basierend auf
Rasse, Identität, nationaler Herkunft,
Religionszugehörigkeit, sexueller Orientierung,
Geschlechtsidentität oder Behinderung angreifen", was
entsprechend ihren Gemeinschaftsstandards den "Hassbotschaften"
entspricht.
Auf die hier streitgegenständliche Äußerung
trifft jedoch keiner dieser Punkte zu. Der Antragsteller macht der "t"
insofern "nur" politische Vorwürfe, jedoch nicht solche, die
die von der Antragsgegnerin angeführten Gründe wie
Rasse, Identität etc. enthalten.
Auch die übrigen von der Antragsgegnerin gestellten
Nutzungsbedingungen bzw. Gemeinschaftsstandards rechtfertigen die
Sperre hier nicht. In Ziffer 5.1 der Nutzungsbedingungen erlegt die
Antragsgegnerin den Nutzern auf, keine "Rechte einer anderen Person" zu
verletzen. In Ziffer 5.2 der Nutzungsbedingungen behält sich
die Antragsgegnerin vor, Inhalte zu entfernen,
"wenn wir der Ansicht sind, dass diese gegen diese Erklärung
bzw. unsere Richtlinien verstoßen."
Anlage KTB3 enthält die Gemeinschaftsstandards der
Antragsgegnerin. In diesen kündigt sie an, Berichte mit
"bedrohlicher Sprache" zu prüfen und "glaubwürdige
körperliche Bedrohungen, die sich an einzelne Personen
richten" zu entfernen. Ferner untersagt sie u.a. "Mobbing und
Belästigung", was die Antragsgegnerin als Inhalte versteht,
mit denen "absichtlich Privatpersonen getroffen werden sollen, um diese
herabzuwürdigen oder zu beschämen" und
"Hassbotschaften", die der dem Antragsteller gegebenen
Begründung entsprechen.
Unabhängig davon, ob unter Berücksichtigung der
Drittwirkung der Grundrechte eine Sperre allein auf diese Bedingungen
gestützt werden könnte, liegen hier - wie oben
dargestellt - bereits die entsprechenden Voraussetzungen der
angeführten Löschgründe nicht vor.
Ob die Antragsgegnerin den Antragsteller jedenfalls vor der Sperre
hätte anhören müssen (s.o.), konnte
offenbleiben, da nicht ersichtlich ist, dass eine solche
Anhörung erfolgt ist.
Es konnte ferner offenbleiben, ob im Einzelfall eine Sperrung von
Nutzern auch bei Äußerungen zulässig sein
kann, die für sich genommen zwar noch zulässig sind,
aber in Gesamtschau des vorangegangenen Verhaltens des Nutzers - ggf.
unter Verstoß gegen die Richtlinien des Plattformbetreibers -
wegen einer anhaltenden Störung der Abläufe (vgl.
insoweit LG Bonn, MMR 2000, 109, 110 [LG Bonn 16.11.1999 - 10 O
457/99]; VG München, Urt. v. 27.10.2017 - M 26 K 16.5928 Rn.
30 - juris; vgl. wohl auch VG Mainz, Urt. v. 13.04.2018 - 4K 762/17.Mz
- noch ohne Begründung) eine Sperre rechtfertigen
könnten. Denn insoweit ist weder in der Begründung
der Antragsgegnerin für die Sperre noch auf die Abmahnung des
Antragstellers hin ersichtlich bzw. dargelegt, dass solche
Umstände hier vorlagen.
d. Wenn nach alledem die Löschung und Sperrung aufgrund der
streitgegenständlichen Äußerung im Ergebnis
nicht gerechtfertigt werden kann, dann kann der Antragsteller auch
verlangen, dass die Antragsgegnerin die Löschung und Sperrung
aufgrund dieser Äußerung künftig
unterlässt (vgl. insoweit auch LG Berlin, Beschl. v.
23.03.2018 - 31 O 21/18 - als Beschlussverfügung ohne
Begründung - juris).
e. Auch die für den Unterlassungsanspruch erforderliche
Wiederholungsgefahr ist gegeben. Im Regelfall indiziert die
Erstbegehung die Wiederholungsgefahr (ständige Rechtsprechung
BGH GRUR 1997, 379, 380 [BGH 16.11.1995 - I ZR 229/93] - Wegfall der
Wiederholungsgefahr II).
Im Allgemeinen gelingt eine Widerlegung der Wiederholungsgefahr durch
Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung. Die
Antragsgegnerin hat auf die Abmahnung des Antragstellers hin zwar die
Sperre wieder aufgehoben, jedoch keine Unterlassungserklärung
abgegeben. Damit besteht nach wie vor Wiederholungsgefahr (vgl. BGH
GRUR 1998, 1045, 1046 [BGH 19.03.1998 - I ZR 264/95] - Brennwertkessel).
f. Die Entscheidung über die Androhung eines Ordnungsmittels
beruht auf § 890 ZPO.