Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
Landgericht
Erfurt
IM
NAMEN DES VOLKES
URTEIL
In
dem Rechtsstreit
[…]
Klägerin
Prozessbevollmächtigter:
Rechtsanwalt […]
gegen
[…]
Beklagter
Prozessbevollmächtigter:
Rechtsanwalt [...],
hat die 3. Zivilkammer
des Landgerichts Erfurt durch … ohne mündliche
Verhandlung gemäß § 128 Abs. 3 ZPO nach
Schriftsatzrecht bis zum 07.11.2008 für Recht erkannt:
Die
einstweilige
Verfügung vom 28.07.2008 wird im Kostenpunkt
aufgehoben.
Die Verfügungsklägerin hat Kosten des einstweiligen
Verfügungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Verfügungsbeklagte kann die Vollstreckung des
Verfügungsbeklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe
von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden,
wenn nicht der Verfügungsbeklagte vor der Vollstreckung
Sicherheit in Höhe von 110%
des jeweils vollstreckbaren
Betrages leistet.
Tatbestand:
Die Verfügungsklägerin ist Inhaberin der
ausschließlichen
urheberrechtlichen Nutzungs- und Verwertungsrechte an dem Filmwerk
„Keller der Perversionen“.
Das Filmwerk war vom Verfügungsbeklagten als Teilnehmer eines
sogenannten Peer-to-Peer-Netzwerkes
dem im Netzwerk befindlichen Nutzern durch Freigabe auf seiner
Festplatte zum Upload angeboten worden.
Die Kammer hatte dem Verfügungsbeklagten mit Beschluss vom
28.07.2008
im Rahmen des einstweiligen
Verfügungsverfahrens untersagt, den vorgenannten Film ohne
Zustimmung
der Verfügungsklägerin im Internet
Öffentlich zugänglich zu machen.
Die einstweilige Verfügung wurde dem
Verfügungsbeklagten im
Parteibetrieb am 12.08.2008 zugestellt.
Mit Anwaltsschriftsatz vom 18.08.2006 hat der
Verfügungsbeklagte auf
die Kosten beschränkten Widerspruch
erhoben und im Übrigen die einstweilige Verfügung als
endgültige
Regelung anerkannt.
Die Verfügungsklägerin behauptet, sie habe dem
Verfügungsbeklagten mit
Schreiben vom 14.07.2008 eine
Abmahnung mit Frist zur Abgabe der
strafbewehrten
Unterlassungserklärung zugesandt.
Die Bevollmächtigten der Verfügungsklägerin
hätten am 14.07.2008
insgesamt 54 Abmahnschreiben, die
den Film „Kammer der Perversionen mit dem internen
Kürzel „KdP“
betrafen, zur Post aufgegeben. Darunter
habe sich auch das an den Verfügungsbeklagten versandte
Abmahnschreiben befunden. Das Schreiben sei
zu keinem Zeitpunkt als unzustellbar zu den Bevollmächtigen
der
Verfügungsklägerin zurück gelangt.
Die Verfügungsklägerin beantragt,
die am 28.07.2008 angeordnete einstweilige Verfügung zu
bestätigen und
der Verfügungsbeklagten
die weiteren Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Der Verfügungsbeklagte beantragt,
der Verfügungsklägerin die Kosten des einstweiligen
Verfügungsverfahrens aufzuerlegen.
Er bestreitet die Abmahnung erhalten zu haben.
Mit Beschluss vom 16.10.2008 hat das Gericht die Entscheidung ohne
mündliche Verhandlung gemäß § 128
Abs. 3 ZPO angeordnet.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten
Schriftsätze nebst Anlagen Bezug
genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
Gemäß § 128 Abs. 3 ZPO war im schriftlichen
Verfahren zu erkennen, da
nur noch über die Kosten zu entscheiden war. Der Beklagte hat
seinen Widerspruch (§ 924 ZPO)
zulässigerweise auf die Kostenentscheidung der einstweiligen
Verfügung beschränkt.
Der Kostenwiderspruch ist begründet.
Die Prozesskosten fallen gemäß § 93 ZPO der
Verfügungsklägerin zur
Last, weil der Verfügungsbeklagte die
einstweilige Verfügung vom 28.07.2008 sofort anerkannte und
keinen
Anlass zum Erlass der einstweiligen
Verfügung gegeben hatte.
Gemäß § 97 a Abs. 1 UrhG soll der Verletzer
eines Urheberrechtes vor
Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens auf Unterlassung abgemahnt
werden. Der Schuldner eines Unterlassungsanspruchs gibt nur dann
Veranlassung zur Klageerhebung im Sinne von § 93 ZPO, wenn er
erfolglos abgemahnt worden ist
(Schuschke/Walter, Bd. II, 3. Aufl., Anhang zu § 935, Rd. 2).
Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt. Es kann nicht mit der
nach
§286, 294 ZPO erforderlichen Gewissheit
davon ausgegangen werden, dass der Verfügungsbeklagte das als
Anlage
AST 10 vorgelegte Abmahnschreiben vom 14.07.2008 erhalten hat.
Darlegungs- und beweisbelastet für den Zugang der Abmahnung ist
zunächst der Verfügungsbeklagte, da
ihn die Regelung des § 93 ZPO begünstigt. Nach den
allgemeinen
Beweislastregeln muss diejenige Partei,
die sich auf einen Ausnahmetatbestand zu ihren Gunsten beruft, dessen
Tatbestandsvoraussetzungen darlegen und ggf. beweisen (BGH Urteil vom
18.07.2003 — VZR 431/02). Allerdings ist zu
berücksichtigen,
dass es sich bei dem vom Beklagten darzulegenden und zu beweisenden
Umstand um eine negative Tatsache handelt, die zu einer
sekundären
Darlegungslast des Klägers führt (BGH GRUR 2007,
629-630). Die
Verfügungsklägerin ist danach auf das einfache
Bestreiten des
Verfügungsbeklagten gehalten, die genauen
Umstände der Absendung vorzutragen und ggf. unter Beweis zu
stellen.
Sodann kann der Verfügungsbeklagte qualifiziert bestreiten.
Die von der Verfügungsklägerin vorgetragenen
Umstände der Absendung
nebst Glaubhaftmachung belegen
keine ordnungsgemäße Versendung des
Abmahnschreibens. Der Auszug aus
dem Postausgangsbuch dokumentiert lediglich eine Vielzahl von
Abmahnungen der Klägerin, die versandt sein sollen. Zweifel
ergeben
sich bereits aus dem auf dem Auszug befindlichen Datum
„7.07.“, was
den für den 14.7.2008 behaupteten
Postversandt nicht erklärt. Dass sich unter der angegebenen
Massensendung eine an den Beklagten adressierte Abmahnung befunden
haben soll, ist der Eintragung nicht zu entnehmen. Das
Postausgangsbuch
enthält keinen Hinweis darüber, an wen die
Abmahnungen versandt
wurden. Die bloße Summe versandter
Schreiben lässt keine verlässliche
Einschätzung zu. Es ist nicht
unwahrscheinlich, dass bei Zählung der
herausgehenden Schreiben versehentlich ein verfahrensfremdes Schreiben
mitgezählt wurde. Die Tatsache
des ausgebliebenen Postrücklaufes und der erfolgreichen
Zustellung der
einstweiligen Verfügung räumen
die Zweifel an der behaupteten Versendung des Abmahnschreibens nicht
aus. Diese Umstände erzeugen
allenfalls eine Vermutung für die postalische Erreichbarkeit
des
Verfügungsbeklagten. Wie ausgeführt, ist
jedoch fraglich, ob das Abmahnschreiben überhaupt die
Kanzleiräume der
Bevollmächtigten der Verfügungsklägerin vor
dem Erlass der
einstweiligen Verfügung verlassen hat.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO analog.
Die
Entscheidung
über die vorläufige Voßstreckbarkeit folgt
aus § 708 Nr. 6, 711 ZPO