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duesseldorf abmahnung keine kostenerstattung kosten erstattung ohne
verfolgung des hauptsacheanspruchs
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Aktenzeichen: 23 S 359/09
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Verkündet am:
19.01.2011
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LANDGERICHT
DÜSSELDORF
URTEIL
IM NAMEN DES VOLKES
In dem
Rechtsstreit
...
-
Kläger und Berufungsbeklagter -
Prozeßbevollmächtigte:
Rechtsanwalt
...
g e
g e n
...
- Beklagte
und Berufungsklägerin -
Prozeßbevollmächtigte:
Rechtsanwalt ...
...
T e n o r:
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts
Düsseldorf vom 01.09.2009, Az. 57 C 1335/08, teilweise
abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger
kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von
110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn die
Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von
110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
G r ü n d e:
A.
Hinsichtlich des Sachverhalts wird zunächst auf die
tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug
genommen, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.
Der Kläger hat den Ersatz von Abmahnkosten in Höhe
von insgesamt 4.508,91 Euro im Zusammenhang mit der rechtswidrigen
Verbreitung urheberrechtlich geschützter Film- und Bilddateien
über das Internetangebot der Beklagten begehrt.
Der Kläger ist Fotograf und – was mit der Berufung
nicht mehr angegriffen wird – Inhaber der Internetseiten
www.A. und www.B..
Die Beklagte ist eine in der Schweiz ansässige
Aktiengesellschaft, welche Speicherplatz im Internet (Webspace) zur
Verfügung stellt. Hierzu wählt der Nutzer aus seinem
eigenen Dateibestand auf dem heimischen Computer die Datei aus, welche
auf dem Speicherplatz im Internet abgelegt werden soll. Die
entsprechende Datei wird dann mit einem einzigen Klick auf einen Server
der Beklagten hochgeladen. Sie übermittelt dem Nutzer
daraufhin einen Download-Link, mit dem dieser die abgelegte Datei
jederzeit über seinen Browser abrufen kann. Ihr selbst ist der
Inhalt der hochgeladenen Dateien nicht bekannt. Durch Weitergabe des
entsprechenden Links hat der Nutzer die Möglichkeit, die
hochgeladene Datei auch Dritten zugänglich zu machen. Ein
Abrufen der Datei ohne Kenntnis des Download-Links ist nicht
realistisch. Beim Dienst der Beklagten fehlen entsprechende
Inhaltsverzeichnisse über vorhandene Dateien ebenso wie
Suchfunktionalitäten.
Das Hochladen von Dateien auf den Server der Beklagten ist stets
kostenfrei; eine Registrierung ist nicht notwendig. Es gibt zwei
Möglichkeiten, Dateien herunterzuladen: Bei der kostenfreien
Variante gibt es mehrere Einschränkungen. So ist der Zugriff
des Nutzers auf eine bestimmte Datenmenge pro Stunde begrenzt und
zwischen zwei Downloads müssen Wartezeiten eingehalten werden.
Zudem kann immer nur eine Datei zur selben Zeit heruntergeladen werden
und der Download selbst dauert sehr lange. Wenn man die alternative
kostenpflichtige Variante wählt, so entfallen diese
Einschränkungen.
Dem Kläger gelang es mehrfach, über den Dienst der
Beklagten Dateien herunterzuladen, die Bilder und Filme enthielten,
deren Urheber er nach seinem Vorbringen ist. Er mahnte die Beklagte
– nachdem es zuvor bereits Abmahnungen gegeben hat, die nicht
Streitgegenstand sind – mit Schreiben vom 24.08.2007,
08.10.2007 und 07.12.2007 ab und forderte jeweils die Abgabe einer
strafbewehrten Unterlassungserklärung sowie die Erstattung von
Abmahnkosten in Höhe von 2.440,69 Euro, 1.176,91 Euro und
891,31 Euro, mithin insgesamt 4.508,91 Euro. Die Beklagte antwortete
mit Schreiben vom 07.12.2007, dass die aufgeführten Dateien
gelöscht und in einen Software-Filter aufgenommen worden
seien, der zukünftig dafür Sorge tragen werde, dass
diese Dateien nicht wieder hochgeladen werden können. Sie gab
weder eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab noch
erstattete sie dem Kläger Abmahnkosten.
Unterlassungsklage gegen die Beklagte hat der Kläger nicht
erhoben.
Das Amtsgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 3.332,- Euro nebst
Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem
jeweiligen Basiszinssatz seit dem 07.03.2008 verurteilt und die Klage
im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat es
ausgeführt, der Kläger habe gegen die Beklagte einen
Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag
für die erste und dritte Abmahnung. Der Kläger sei
Urheber der Lichtbild- und Filmwerke, die Gegenstand dieser Abmahnungen
seien. Die Werke seien gemäß § 19a UrhG
öffentlich zugänglich gemacht worden. Die Beklagte
hafte für diesen Urheberrechtsverstoß als
Störerin auf Unterlassung, weil sie ihr obliegende
Prüfungspflichten verletzt habe. Die Höhe der Kosten
sei nicht zu beanstanden. Eine Erstattung der Kosten für die
zweite Abmahnung scheide hingegen aus, da der Kläger nicht
schlüssig vorgetragen habe, welche Bilder oder Filme sich im
Einzelnen hinter den aufgeführten Download-Links verbergen.
Infolgedessen sei nicht feststellbar, dass er Urheber oder zumindest
Inhaber ausschließlicher Nutzungsrechte gewesen sei.
Die Beklagte verfolgt mit der Berufung ihren erstinstanzlichen Antrag
auf Klageabweisung weiter. Zur Begründung macht sie geltend,
das Amtsgericht habe bereits übersehen, dass gegen den
Störer ein Aufwendungsersatzanspruch nicht bestehe. Allein aus
diesem Grunde hätte die Klage abgewiesen werden
müssen. Entgegen den Ausführungen im
erstinstanzlichen Urteil hafte sie abgesehen davon nicht als
Störerin für die von Nutzern begangenen
Urheberrechtsverletzungen. Sie sei nicht verpflichtet, die für
sie fremden Inhalte der auf ihrem Server hochgeladenen Dateien auf
Rechtsverletzungen zu überprüfen. Sämtliche
Maßnahmen, die über die von ihr bereits ergriffenen
(Löschung der Datei, MD5-Filter, Wortfilter, Sichtung von
einschlägigen Warez-Seiten) hinausgehen, seien rechtlich
unmöglich, unzumutbar oder schieden wegen
unverhältnismäßig geringer Eignung aus.
Der Kläger führt an, die Beklagte hafte als
Störerin nach den Grundsätzen der
Geschäftsführung ohne Auftrag auf Erstattung der
notwendig gewordenen anwaltlichen Kosten. Es sei in ihrem eigenen
Interesse, auf nicht gewollte Urheberrechtsverletzungen durch Abmahnung
hingewiesen zu werden.
B.
Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg.
I.
Die Berufung der Beklagten ist zulässig.
Sie ist statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt worden,
§§ 511, 517, 519 ZPO.
Die rechtzeitige Berufungsbegründung genügt den
Anforderungen des § 520 Abs. 3 S. 2 ZPO. Die Beklagte
rügt unter ausreichender Bezugnahme auf die Gründe
der angefochtenen Entscheidung die Verletzung materiellen Rechts im
Sinne der §§ 513 Abs. 1, 546 ZPO durch das
Amtsgericht, § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 ZPO.
II.
Die Berufung ist begründet.
1.
Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Ersatz
der Abmahnkosten aus § 97 Abs. 2 S. 1 UrhG i. V. m. §
830 BGB.
a)
Die Beklagte ist weder Täterin noch Teilnehmerin der in Rede
stehenden Urheberrechtsverletzungen (vgl. OLG Köln, MMR 2007,
786; OLG Düsseldorf, MMR 2010, 483, jeweils zitiert nach
juris).
Indem sie die Nutzung ihres Dienstspeicherplatzes zum Hochladen
beliebiger Dateien zur Verfügung stellt und den Hochladern
durch Mitteilung des Download-Links die Möglichkeit gibt, auch
anderen Nutzern Zugriff auf die gespeicherten Daten zu verschaffen,
nimmt sie selbst keine Veröffentlichungen des Inhaltes vor, so
dass ein täterschaftlicher Urheberrechtsverstoß
ausscheidet. Über die Bekanntgabe des Download-Links und damit
über das öffentliche Zugänglichmachen der
Datei und ihres Inhaltes entscheidet nicht die Beklagte, sondern der
Nutzer selbst. Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn die
Beklagte selbst ein Verzeichnis mit Download-Links zu den auf ihren
Servern gespeicherten Daten bereithalten würde; das ist indes
gerade nicht der Fall.
Auch eine Haftung als Teilnehmerin an Urheberrechtsverletzungen der
Nutzer kommt nicht in Betracht. Die Teilnehmerhaftung setzt zumindest
einen bedingten Vorsatz in Bezug auf die jeweils konkrete Haupttat
voraus, der das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit einschließen
muss (BGHZ, GRUR 2001, 1038 - ambiente.de). Von einem solchen Vorsatz
kann im vorliegenden Fall nicht ausgegangen werden. Es wohnt dem
Geschäftskonzept der Beklagten inne, dass sie von dem Inhalt
der gespeicherten Daten weder vorher noch zu einem späteren
Zeitpunkt bis zu der vom Nutzer veranlassten Bekanntgabe der
Download-Links an Dritte Kenntnis hat. Die Hinweise, dass die Beklagte
es darauf anlege, die Raubkopierszene zur Nutzung ihres Dienstes
einzuladen, entspricht einem Generalverdacht gegen Sharehoster-Dienste
und ihre Nutzer, der so nicht zu rechtfertigen ist. Solange daher die
illegalen Nutzungszwecke nicht überwiegen oder von der
Beklagten beworben werden und sich besonders eine Inkaufnahme durch die
Beklagte, wie hier, nicht nachweisen lässt, ist ein
Gehilfenvorsatz nicht anzunehmen (vgl. OLG Düsseldorf, aaO).
Zudem sind legale Nutzungsmöglichkeiten des Dienstes,
für die ein beträchtliches technisches und
wirtschaftliches Bedürfnis besteht, in großer Zahl
vorhanden und üblich (vgl. OLG Köln aaO). Das OLG
Düsseldorf hat dazu in der zitierten Entscheidung weiter
ausgeführt: "In der Literatur wird daher nahezu einhellig
betont, dass die Dienste der Antragsgegnerin (hier der Beklagten) in
weiten Teilen legal sind und es sich insofern um ein von der
Rechtsordnung durchaus gebilligtes Geschäftsmodell handelt (so
etwa Rössel, ITRB 2008, 6, 7; Raitz von Frentz/Masch, ZUM
2007, 930, 931; Klinger, jurisPR-ITR 3/2008 Anm. 4; Breyer, MMR 2009,
14). Denn hierbei kommt der Schutz eines für sich betrachtet
neutralen Angebots zum Tragen. Auch wenn die Weitergabe von
Informationen zwangsläufig die abstrakte Möglichkeit
von Urheberrechtsverletzungen enthält, so ist nicht
festgestellt, zu welchem konkreten Anteil die Nutzung von
Speicherdiensten illegal erfolgt. Es ist davon auszugehen, dass die
weit überwiegende Zahl von Nutzern die Speicherdienste zu
legalen Zwecken einsetzen und die Zahl der missbräuchlichen
Nutzer in der absoluten Minderheit ist. Soweit das Angebot daher legal
genutzt werden kann, genügt es nicht, dass der Anbieter
mögliche Urheberrechtsverletzungen mit der Eröffnung
seines Angebots allgemein in Kauf nimmt."
Die Kammer schließt sich diesen Ausführungen an.
Infolgedessen haftet die Beklagte nicht als Täterin oder
Teilnehmerin einer Urheberrechtsverletzung auf Schadenersatz.
b)
Somit kommt allenfalls in Betracht, dass die Beklagte das Urheberrecht
des Klägers als Störer verletzt hat.
Es ist streitig, ob die Beklagte als Störerin haftet (bejahend
OLG Hamburg, MMR 2010, 51, verneinend OLG Düsseldorf, MMR
2010, 483 und 702, jeweils zitiert nach juris): Das braucht indes hier
nicht entschieden zu werden, weil der Kläger im vorliegenden
Rechtsstreit keine Unterlassungsansprüche geltend macht,
sondern Erstattung von Abmahnkosten verlangt.
Der Verletzte hat gegenüber dem Störer indes keine
Schadensersatzansprüche (BGH GRUR 2002, 618, 619 –
Meißner Dekor; BGH GRUR 2001, 82, 83 - Neu in Bielefeld I;
BGH, GRUR 1998, 167, 168f – Restaurantführer; OLG
Hamburg, MMR 2010, 51, jeweils zitiert nach juris).
Schutzrechtsverletzungen und Wettbewerbsverstöße
stellen unerlaubte Handlungen dar. Als Schuldner des deliktischen
Schadensersatzanspruches kommt im gewerblichen Rechtsschutz und
Wettbewerbsrecht ebenso wie im bürgerlichen Recht der
Täter, Mittäter (§ 830 I 1 BGB) oder
Teilnehmer (§ 830 II BGB) der unerlaubten Handlung sowie
daneben derjenige in Betracht, dem das Verhalten des Handelnden
zuzurechnen ist. Darüber hinaus eröffnet die
Störerhaftung zwar die Möglichkeit, auch denjenigen
in Anspruch zu nehmen, der - ohne Täter oder Teilnehmer zu
sein - in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur
Verletzung eines geschützten Gutes oder zu einer verbotenen
Handlung beigetragen hat (vgl. zum Wettbewerbsrecht BGH, GRUR 1997,
313, 315 - Architektenwettbewerb; zum Urheberrecht: GRUR 1999, 418,
419f – Möbelklassiker). Diese Haftung, die ihre
Grundlage nicht im Deliktsrecht, sondern in der Regelung über
die Besitz- und die Eigentumsstörung in § 862 BGB und
in § 1004 BGB hat, vermittelt indes grundsätzlich nur
Abwehransprüche. Für einen Schadensersatzanspruch
gegenüber dem Störer fehlt es hingegen an einer
gesetzlichen Grundlage (BGH GRUR 2002, 618, 619 –
Meißner Dekor; OLG Hamburg,. aaO).
2.
Ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagten auf Ersatz der
Abmahnkosten nach § 97 a Abs. 1 S. 2 UrhG scheidet deshalb
aus, weil diese Vorschrift erst am 01.09.2008 in Kraft getreten ist und
deshalb im Zeitpunkt der streitgegenständlichen Abmahnungen,
die allesamt aus dem Jahr 2007 stammen, noch keine Wirkung entfaltete.
3.
Der Kläger kann sich ferner nicht mit Erfolg auf die Regeln
über die Geschäftsführung ohne Auftrag
berufen und dementsprechend Ersatz der Abmahnkosten aus
§§ 677, 683, 670 BGB verlangen.
Es kann auch in diesem Zusammenhang dahinstehen, ob die Beklagte als
Störerin haftet. Selbst wenn man dies zugunsten des
Klägers unterstellt, besteht kein Anspruch auf
Aufwendungsersatz.
Es ist zwar in der höchstrichterlichen Rechtsprechung vor dem
Inkrafttreten des § 97 a UrhG anerkannt gewesen, dass der
Rechtsinhaber gegen den Störer einen materiell-rechtlichen
Kostenerstattungsanspruch nach den Grundsätzen der
Geschäftsführung ohne Auftrag gehabt hat (vgl. BGH
GRUR 1973, 384, 385 – Goldene Armbänder; BGH GRUR
1991, 550 – Zaunlasur; BGH GRUR 2000, 337, 338 –
Preisknaller). Dieser rechtfertigt sich daraus, dass eine
vorprozessuale Abmahnung im Interesse des Störers liegt und
mit seinem mutmaßlichen Willen erfolgt. Sein Interesse
besteht darin, dass er durch die Abmahnung Gelegenheit erhält,
einen kostspieligen Rechtsstreit zu vermeiden. Aufgrund der
üblichen Vorgehensweise im gewerblichen Rechtsschutz darf der
Gläubiger zudem davon ausgehen, dass die Aufwendungen
für eine solche Abmahnung dem mutmaßlichen Willen
des Störers entsprechen (vgl. BGH NJW 1970, 243, zitiert nach
juris).
Im vorliegenden Fall liegen die Voraussetzungen einer
Geschäftsführung ohne Auftrag indes nicht vor, weil
die Abmahnungen weder dem Interesse noch dem wirklichen oder
mutmaßlichen Willen der Beklagten entsprochen haben.
Die Aufwendungen für eine Abmahnung erfolgen nur dann im
Interesse und mit dem mutmaßlichen Willen des
Störers, wenn sie für eine zweckentsprechende
Rechtsverfolgung notwendig sind (vgl. BGH NJW 1970, 243). Nach Ansicht
der Kammer ist dies nicht mehr der Fall, wenn der Abmahnende bei einer
erfolglos gebliebenen Abmahnung, d. h. die Abgabe einer strafbewehrten
Unterlassungserklärung wird abgelehnt, seinen
Unterlassungsanspruch nicht weiter verfolgt, ohne für die
nachträgliche Abstandnahme einen nachvollziehbaren Grund
anzuführen (ähnlich LG Frankfurt, NJW-RR 2003, 547
f.; vgl. Wandtke/ Bullinger/ Kefferpütz, Urheberrecht, 3.
Aufl., § 97a Rn. 33 m. w. N.).
So liegt der Fall hier: Der Kläger hat die Beklagte wiederholt
erfolglos abgemahnt, diese hat die geforderte strafbewehrte
Unterlassungserklärung nicht abgegeben. Dennoch hat der
Kläger bis heute keine Unterlassungsklage erhoben, und dies,
obwohl er selbst betont, dass die Beklagte mit der jeweiligen
Löschung der Dateien seiner Forderung nicht nachgekommen sei
und er damit sein Ziel in der Sache erklärtermaßen
nicht erreicht hat. Einen plausiblen Grund hat er dafür nicht
genannt. Gleichzeitig ist aufgrund des Verhaltens der Beklagten
offensichtlich, dass sie nicht bereit ist, die verlangten
strafbewehrten Unterlassungserklärungen abzugeben, weil sie
sich nicht als Störerin betrachtet. Diese Haltung der
Beklagten trägt der Kläger in der Klageschrift selbst
vor. Bei dieser Sachlage kann nach Auffassung der Kammer aber nicht
mehr davon ausgegangen werden, dass die Abmahnungen dem Interesse und
dem mutmaßlichen Willen der Beklagten entsprochen haben. Ein
Ersatz der Abmahnkosten nach den Grundsätzen über die
Geschäftsführung ohne Auftrag scheidet demnach aus.
Die Ausführungen des Klägers im Schriftsatz vom
21.12.2010 führen nicht zu einer anderen rechtlichen
Beurteilung. Darin trägt er vor, die Beklagte habe
zunächst Unterlassungserklärungen abgegeben, dies
dann aber irgendwann eingestellt. Neben dem durch die
Urheberrechtsverletzung entstandenen Schaden wäre dann noch
das vollkommen untragbare Kostenrisiko gekommen, das mit einer
Unterlassungsklage einhergehe, wobei er dies näher
ausführt. Bereits die Kosten für zwei Klagen auf
Grundlage der beiden noch in Rede stehenden Abmahnungen hätten
sich für ihn als ruinös dargestellt.
Diesem Vorbringen lässt sich entnehmen, dass der
Kläger schon im Zeitpunkt der Abmahnungen nicht die Absicht
hatte, Unterlassungsklage gegen die Beklagte zu erheben, falls diese
die geforderte strafbewehrte Unterlassungserklärung nicht
abgibt. Zumindest ist der von ihm angeführte Grund, nicht zu
klagen, nicht erst nachträglich entstanden, sondern hat
objektiv schon im Zeitpunkt der Abmahnungen vorgelegen. Die
Höhe der Kosten für eine Unterlassungsklage waren
vorher wie nachher gleichermaßen absehbar. Es entspricht aber
nicht dem Interesse und dem mutmaßlichen Willen der Beklagten
abgemahnt zu werden, wenn von vornherein feststeht, dass die geforderte
Unterlassung im Streitfall nicht gerichtlich durchgesetzt werden soll.
Sie hat dann ihrerseits überhaupt keine Veranlassung, die
strafbewehrte Unterlassungserklärung zur Vermeidung einer
Unterlassungsklage abzugeben. Ihr Interesse und ihr –
wirklicher oder mutmaßlicher – Wille als
Geschäftsherr und nicht die Interessen des
Geschäftsführers sind jedoch im Rahmen einer
Geschäftsführung ohne Auftrag maßgebend.
Deswegen kann es auf das Kostenrisiko des Abmahnenden für eine
etwaige Unterlassungsklage nicht entscheidend ankommen.
Soweit in der Literatur die Ansicht vertreten wird, die Abmahnkosten
seien gemäß §§ 677, 683, 670 BGB
zu ersetzen, wenn der Abmahnende einen nachvollziehbaren Grund
dafür angebe, warum er seinen Unterlassungsanspruch nicht
weiter verfolge, teilt die Kammer – wie oben bereits
ausgeführt – grundsätzlich diese
Auffassung. Nach dem Sinn und Zweck der
Geschäftsführung ohne Auftrag kann dies jedoch nur
gelten, wenn er nachträglich von einer gerichtlichen
Geltendmachung seines Unterlassungsanspruchs Abstand nimmt, nicht aber,
wenn von vornherein feststeht, dass er keine Unterlassungsklage erheben
wird. Schließlich kommt es für die Ermittlung des
Interesses sowie des – wirklichen oder mutmaßlichen
– Willens auf Seiten des Geschäftsherrn auf den
Zeitpunkt der Übernahme der Geschäftsführung
an (vgl. Palandt/Sprau, Bürgerliches Gesetzbuch, Kommentar,
70. Aufl., § 683 Rn. 4 und 5 m. w. N.), d. h. hier auf die
Versendung der Abmahnungen nebst Unterlassungserklärung.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
IV.
Die Entscheidung über die vorläufige
Vollstreckbarkeit richtet sich nach §§ 708 Nr. 10,
711 ZPO.
V.
Die Revision wird zugelassen.
Die Fortbildung des Rechts und die Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Revisionsgerichts,
§ 543 Abs. 2 Nr. 1 und 2, 1. Alt. ZPO. Die Frage der
Verantwortlichkeit eines Share-Hosters für die Einstellung
urheberrechtsverletzender Inhalte durch eigenverantwortlich handelnde
Dritte ist – soweit ersichtlich –
höchstrichterlich bisher nicht entschieden. Ferner gibt es in
Literatur und Rechtsprechung unterschiedliche Auffassungen
darüber, ob und unter welchen Voraussetzungen die
grundsätzliche Einstandspflicht des vergeblich Abgemahnten
nach den Grundsätzen über die
Geschäftsführung ohne Auftrag einzuschränken
ist, wenn der Abmahnende den Unterlassungsanspruch nicht weiter
verfolgt.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt
3.332,- Euro (§§ 47 Abs. 1 S. 1, 48 Abs. 1 GKG, 3
ZPO).
Unterschriften