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Aktenzeichen: 20
T 59/10
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Verkündet am:
30.11.2010
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LANDGERICHT
DÜSSELDORF
BESCHLUSS
In
dem Rechtsstreit
...
- Antragsteller -
Prozeßbevollmächtigte:
Rechtsanwalt
...
g e
g e n
...
-
Antragsgegnerin -
...
Auf
die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des
Amtsgerichts Düsseldorf vom 25.11.2010, Az.: 31 C 14650/10,
abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Im Wege der einstweilige Verfügung wird - der Dringlichkeit
wegen ohne vorherige mündliche Verhandlung - der
Antragsgegnerin bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden
Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes in
Höhe von bis zu 250.000,-- € und für den
Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft
oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten verboten,
den Beschluss des Landgerichts Köln vom 16.11.2010, Az.: 84 O
214/10, unter Angabe des vollen oder eines anderen, die Identifizierung
der Person des Antragstellers ermöglichenden, insbesondere
aber wie folgt gestalteten Rubrums "E... I... GmbH, ... D... gegen J...
R..., ... K.... (als Verantwortlicher für:
http://....org/?seite=impressum)" und unter Hinzufügung des
Halbsatzes "den Prozesskostenhilfeantrag des Antragsgegners
zurückgewiesen, da dieser keine hinreichende Aussicht auf
Erfolg im Sinne des § 114 ZPO bietet." oder einer
anderweitigen Formulierung, die erkennen lässt, dass der
Antragsteller im Verfahren 84 O 214/10 vor dem Landgericht
Köln einen Prozesskostenhilfeantrag gestellt hat,
über die Adresse
http://www.b...-l...-k....de/.../...2010.d...php zu verbreiten.
Die Kosten des Verfahrens einschließlich des
Beschwerdeverfahrens fallen der Antragsgegnerin zur Last.
Der Streitwert des Verfahrens wird auf 4.000,-- € festgesetzt.
Gründe
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers ist zulässig und
begründet.
Das Amtsgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen
Verfügung zu Unrecht zurückgewiesen.
Dem Antragsteller steht gegen die Antragsgegnerin ein
Unterlassungsanspruch aus §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB
analog zu. Denn die Verbreitung des Beschlusses des Landgerichts
Köln greift in ihrer gegenwärtigen Form in einer
nicht durch die Wahrnehmung berechtigter Interessen gerechtfertigten
Weise in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des
Antragstellers ein, indem sie ohne Weiteres dessen Identifizierung
ermöglicht und den Umstand öffentlich macht, dass er
in einem gerichtlichen Verfahren einen Antrag auf Gewährung
von Prozesskostenhilfe gestellt hat. Zu Recht hat der Antragsteller
darauf hingewiesen, dass die unkommentierte Verbreitung der Tatsache,
dass er einen Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe
gestellt hat, zu Rückschlüssen auf seine
persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse
führen kann. Gerade diese Verhältnisse sind jedoch
seiner grundrechtlich geschützten Privatsphäre
zuzurechnen. Zudem können die durch das Wissen um den
gestellten Prozesskostenhilfeantrag ermöglichten
Schlussfolgerungen auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit
des Antragstellers ohne Weiteres auch seine Berufsausübung als
freiberuflich tätiger Computertrainer und Programmierer
beeinträchtigen, da sie dazu geeignet sind, gegenüber
potentiellen Geschäftspartnern oder Kunden seien
Bonität in Frage zu stellen. Demgegenüber kann dem
berechtigten Interesse der Antragsgegnerin und der
Rechtsanwaltssozietät B... an einer Veröffentlichung
der Entscheidungsgründe des Landgerichts Köln auch
durch solche Formulierungen Rechnung getragen werden, die weder die
Identifizierung der Person des Antragstellers ermöglichen noch
unmittelbar oder mittelbar den Umstand offenbaren, dass er
Prozesskostenhilfe beantragt hat. Für die diesen Anforderungen
nicht entsprechende gegenwärtige Form der
Veröffentlichung haftet auch die Antragsgegnerin als
Störer, da der Antragsteller glaubhaft gemacht hat, dass sie
als Host-Provider der fraglichen Internetseiten fungiert und daher
einen Beitrag zur technischen Verbreitung der dargelegten
Rechtsverletzung erbracht hat und auch weiterhin erbringt.
Zwar ist dem Amtsgericht darin beizupflichten, dass ein Host-Provider
nicht stets für die Inhalte auf den von ihm gehosteten
Internetseiten haftbar gemacht werden kann. Auch trifft es zu, dass die
Störerhaftung eines Host-Providers vom Bundesgerichtshof davon
abhängig gemacht worden ist, dass für ihn zumutbare
Kontrollmöglichkeiten bestanden haben (vgl. BGH, Urteil vom
11.03.2004, Az.: I ZR 304/01).
Zu Recht hat das Hanseatische Oberlandesgericht jedoch in der vom
Antragsteller vorgelegten Entscheidung vom 19.11.2008, Az.: 7 W 144/08,
ausgeführt, dass sich die Frage zumutbarer
Kontrollmöglichkeiten oder des Umfangs der dem Host-Provider
obliegenden Prüfungspflichten von vorneherein nur in den
Fällen stellt, in denen dieser (noch) keine Kenntnis von einer
bestehenden Rechtsverletzung hat oder in denen es um einen in die
Zukunft gerichteten Anspruch auf Unterlassung einer erst noch
bevorstehenden Rechtsverletzung geht. Dementsprechend hat auch der
Bundesgerichtshof in der bereits genannten Entscheidung
ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ein Host-Provider, der
bereits über eine Rechtsverletzung informiert ist, nicht nur
zum unverzüglichen Einschreiten, sondern auch dazu
verpflichtet ist, Vorkehrungen zur Vermeidung künftiger
Rechtsverletzungen vergleichbarer Art zu treffen. So liegen die Dinge
hier, da der Antragsteller glaubhaft gemacht hat, die Antragsgegnerin
am 23.11.2010 zum Entfernen der seine Rechte verletzenden
Internet-Inhalte aufgefordert zu haben.
Damit ergibt sich für ihn ohne Weiteres ein
Unterlassungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB analog.
Darüber hinaus steht ihm aber auch ein in die Zukunft
gerichteter Unterlassungsanspruch analog § 1004 Abs. 1 Satz 2
BGB zu, da aufgrund der Tatsache, dass die Antragsgegnerin die an sie
ergangene Aufforderung bislang vollständig ignoriert hat,
weitere Beeinträchtigungen der Rechte des Antragstellers zu
besorgen sind. Denn nach Kenntnis von der beanstandeten
Veröffentlichung war die Antragsgegnerin - wie
ausgeführt - dazu verpflichtet, auf die Löschung der
fraglichen Eintragungen hinzuwirken, ohne dass es noch darauf ankommt,
ob und ggf. in welchem Umfang ihr vor der Kenntnisnahme
Prüfungs-, Kontroll- und Überwachungspflichten
oblegen haben, die sie verletzt haben könnte.
Da der Unterlassungsanspruch kein Verschulden voraussetzt, ist
für die Entscheidung ferner ohne Bedeutung, ob die
Antragsgegnerin die Rechtswidrigkeit des Interneteintrags erkannt hat
und ob diese offenkundig war. Allein die Tatsache, dass die
Antragsgegnerin seit ihrer Abmahnung von dem tatsächlichen
Vorgang des Einstellens der Entscheidung des Landgerichts Köln
ins Internet Kenntnis hatte und dennoch nichts zur Abhilfe unternahm,
stellt ein rechtswidriges Verhalten dar, welches zu einem in die
Zukunft weisenden Unterlassungsanspruch des Antragstellers
führt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.