hat das Landgericht Düsseldorf, 12. Zivilkammer, auf die
mündliche Verhandlung vom 29. Oktober 2008 unter Mitwirkung
der
Vorsitzenden Richterin am Landgericht von Gregory, des Richters am
Landgericht Dr. Wirtz und des Richters Büter
für Recht erkannt:
I. Es wird festgestellt, dass die Kläger nicht verpflichtet
sind,
der Beklagten die durch die Abmahnungen vom 3. Juli 2007 entstandenen
Anwaltskosten zu erstatten, wie in den genannten Abmahnungen,
(Anlagenkonvolut K 8), dort unter Ziffer 4 der Unterlassungs- und
Verpflichtungserklärungen, gefordert.
II. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
III. Das Urteil ist für die Kläger gegen
Sicherheitsleistung
in Höhe von 110 % des aus diesem Urteil beizutreibenden
Betrages
vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Kläger zu 1) betreibt auf der mit der Domain "..............de" adressierten Internetseite ein Angebot
zum Thema
Strukturmarketing im Gesundheitswesen. Die Klägerin zu 2) ist
die
Ehefrau des Klägers zu 1) und Alleingesellschafterin der
Klägerin zu 3).
Die Beklagte bietet auf ihrer Internetseite
Flash-Präsentationen
an, von denen sie behauptet, dass diese urheberrechtlich
geschützt
seien.
Auf der Internetpräsenz unter der Domain "..............de"
wurden in der Vergangenheit 3 Dateien zum Abruf durch Nutzer der
Internetseite vorgehalten. Es handelte sich um
Bildschirmpräsentationen, die allgemeine Informationen zu dem
im
Dateinamen genannten Thema enthielten.
Mit anwaltlichen E-Mails vom 03.07.2007 mahnte die Beklagte die
Kläger ab und legte in ihren Abmahnungen dar, dass die
Präsentationen der Beklagten urheberrechtlich
geschützte
Werke darstellten und die Kläger durch die Angebote auf deren
Internetseiten vorsätzlich die Rechte der Beklagten
verletzten.
Die Beklagte forderte die Kläger unter Fristsetzung bis zum
09.07.2007 auf, die jeweils beigefügte strafbewehrte
Verpflichtungs- und Unterlassungserklärung abzugeben. Ein
Entwurf
dieser Erklärung lag der Abmahnung bei; unter Punkt 4. dieser
Erklärung sollte sich ein jeder der abgemahnten
Kläger
verpflichten,
"die durch diese Abmahnung entstandenen Anwaltskosten zu
erstatten."
Mit Schreiben vom 04.07.2007 an den Prozessbevollmächtigten
der
Beklagten wiesen die Kläger die Abmahnungen "nach
§ 174
BGB zurück, weil ihnen keine Vollmachtsurkunde
beigefügt
war".
Die Kläger sind der Auffassung, dass der Beklagten aus
zahlreichen
Gründen ein Ersatz von Rechtsverfolgungskosten aufgrund einer
Verletzung von Urheberrechten nicht zustehe. Da sich die Beklagte eines
Anspruchs auf Ersatz von Rechtsverfolgungskosten nach einer angeblichen
Urheberrechtsverletzung berühme, seien die Kläger
berechtigt
feststellen zu lassen, dass der Beklagten ein solcher Anspruch nicht
zustehe.
Die Kläger haben zunächst angekündigt zu
beantragen,
festzustellen, dass die Kläger der Beklagten keinen Ersatz von
Rechtverfolgungskosten aufgrund der Verletzung von Urheberrechten an
drei digitalen Präsentationen im Flash-Format mit den
Dateinamen "flash[Nebenjob].sxw", "flash[Empfehlungs-Marketing].sxw" und "flash
[Nahrungsergänzung].sxw", insbesondere aufgrund der
Abmahnungen der Beklagten vom 3. Juli 2007 durch Herrn Rechtsanwalt ................., schulden;
hilfsweise,
festzustellen, dass die Kläger der Beklagten keinen Ersatz von
Rechtsverfolgungskosten aufgrund der Verletzung von Urheberrechten an
drei digitalen Präsentationen im Flash-Format mit den
Dateinamen "flash[Nebenjob].sxw", "flash[Empfehlungs-Marketing].sxw" und "flash[Nahrungsergänzung].sxw",
insbesondere aufgrund
der Abmahnungen der Beklagten vom 3. Juli 2007 durch Herrn Rechtsanwalt
[...], über einen Betrag von jeweils 911,80 EUR hinaus
schulden.
Sie beantragen nunmehr,
zu erkennen wie geschehen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Auffassung, der Klage fehle das
Rechtsschutzbedürfnis. Der Antrag der Kläger betreffe
nicht
das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses,
sondern
alleine eine rechtliche Vorfrage zu einem Rechtsverhältnis,
die
jedoch selbst nicht Gegenstand einer Feststellungsklage sein
könne. Der Anspruch der Beklagten auf Schadenersatz ergebe
sich
nicht aus der Abmahnung als solcher, sondern aus der
Urheberrechtsverletzung der Kläger. Die Abmahnung der
Kläger
sei lediglich ein Teilakt gewesen, nachdem vorher bereits mehrere
Maßnahmen zur Vertretung der Interessen der Beklagten erfolgt
seien. Der Anspruch auf Ersatz der Rechtsverfolgungskosten sei bereits
mit dem Strafantrag der Beklagten und den Telefonaten mit der
Staatsanwaltschaft und der Polizei in vollem Umfang entstanden. Der
Gegenstandswert und die Gebühr für die anwaltliche
Tätigkeit seien die gleichen für die Abmahnung. Die
Aufspaltung einer Anspruchsgrundlage nach einzelnen anwaltlichen
Tätigkeiten, das heißt Realakten, um bezogen auf
einzelne
oder jeden Realakt eine Feststellungsklage einzureichen, sei
unzulässig, da in diesem Falle keine
Rechtsverhältnisse
Gegenstand der Feststellungsklage seien, sondern der jeweilige einzelne
Realakt.
Die Feststellungsklage sei schließlich unbegründet,
da die
Beklagte Anspruch auf Ersatz von Rechtsanwaltskosten habe. Die Nutzung
der Präsentationen der Beklagten seitens der Kläger
stelle
eine Urheberrechtsverletzung dar.
Wegen des Vorbringens der Parteien im Übrigen wird auf die
gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Feststellungsklage der Kläger ist zulässig und
auch sachlich gerechtfertigt.
Die Beklagte kann die durch die Abmahnungen vom 03.07.2007 entstandenen
Anwaltskosten nicht erstattet verlangen.
1. Die Kläger haben ein schutzwürdiges
rechtliches
Interesse an der Feststellung, dass sie nicht verpflichtet sind, der
Beklagten die durch die Abmahnungen vom 03.07.2007 entstandenen
Anwaltskosten zu erstatten (§ 256 ZPO).
Voraussetzung für die Zulässigkeit einer
Feststellungsklage
ist, dass diese ein Rechtsverhältnis selbst zum Gegenstand
hat;
seine Vorfragen oder einzelne Elemente sind nicht ausreichend, jedoch
aber einzelne Rechte, Pflichten oder Folgen. Bloße Tatfragen
oder
abstrakte Rechtsfragen können nicht Gegenstand einer
Feststellungsklage sein. Im vorliegenden Fall hat die Beklagte mit
ihren Abmahnungen vom 03.07.2007 in eindeutiger Weise zum Ausdruck
gebracht, dass sie das Angebot der Präsentationen der
Kläger
für eine vorsätzliche Verletzung ihrer Rechte an den
eigenen
Präsentationen hält. Sie hat ihren Abmahnungen eine
Verpflichtungs- und Unterlassungserklärung beigelegt und die
Kläger aufgefordert, diese Erklärung innerhalb einer
von ihr
gesetzten Frist abzugeben. Der Inhalt der beigefügten
Verpflichtungs- und Unterlassungserklärung zeigt in
eindeutiger
Weise, dass die Beklagte davon ausgeht, gegen die Kläger einen
Anspruch auf Erstattung von Kosten geltend machen zu können,
die
ihr durch die konkrete Abmahnung entstanden sind. Die Verpflichtungs-
und Unterlassungserklärung enthält in Punkt 4 den
Passus,
dass sich die Kläger verpflichten sollen, "die durch
diese
Abmahnung entstandenen Anwaltskosten zu erstatten.". Indem
die
Beklagte von den Klägern die Abgabe auch dieser
Erklärung
verlangt, macht sie deutlich, dass sie sich eines entsprechenden
Anspruchs gegen die Kläger berühmt; das
Feststellungsinteresse wird damit durch die in der Abmahnung liegende
Rechtsberühmung begründet (vgl. hierzu Teplitzky,
Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 9. Aufl., Kpt.
41,
Rdnr. 68 ff.; Zöller, ZPO, 26. Aufl., § 256 ZPO,
Rdnr. 3b, 7,
14 a). Entgegen der Ansicht der Beklagten handelt es sich nicht um die
Feststellung von abstrakten Rechtsfragen. Um eine solche Feststellung
ginge es allerdings, wenn die Kläger - wie die Beklagte auf
Seite
2 ihres Schriftsatzes vom 28.10.2008 anführt - die
Feststellung
begehrten, ob etwa die Beklagte aufgrund der Strafanzeige Ersatz von
Rechtsanwaltsgebühren verlangen könne, ob sie
aufgrund von
Telefonaten mit der Staatsanwaltschaft Ansprüche
gemäß
§ 97 Abs. 2 UrhG habe oder durch die Telefonate der
Prozessbevollmächtigten der Beklagten mit der Polizei
Ansprüche aus § 97 Abs. 2 UrhG entstanden seien. Im
vorliegenden Fall geht es hingegen um die Berühmung der
Beklagten,
einen bestimmten Anspruch auf Kostenerstattung durch eine bestimmte
Handlung (Abmahnung vom 03.07.2007) gegen die Kläger zu haben.
Das besondere Feststellungsinteresse der Kläger besteht
schließlich deswegen, weil den Klägern eine
gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit dadurch droht, dass sich
die
Beklagte eines bestimmten Rechts gegen die Kläger
berühmt,
und weil das von den Klägern erstrebte Urteil geeignet ist,
diese
Gefahr zu beseitigen.
2. Der Antrag auf Feststellung ist auch begründet.
Der
Beklagten steht aus den Abmahnungen vom 03.07.2007 kein Anspruch auf
Erstattung der "durch diese Abmahnung entstandenen
Anwaltskosten" zu.
Der Anspruch, dessen sich die Beklagte berühmt, steht dieser
nicht
aus § 12 Abs. 1 S. 2 UWG, § 97 Abs. 1 UrhG oder nach
den
Grundsätzen der Geschäftsführung ohne
Auftrag (§
683 Satz 1, § 5 677, 670 BGB) zu.
Grundsätzlich sind die Kosten einer begründeten
anwaltlichen
Abmahnung nach dem vorgenannten Vorschriften zu ersetzen, soweit sie -
im Rahmen des Schadenersatzanspruchs aus § 97 Abs. 1 Satz 1
UrhG -
als Kosten einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung anzusehen sind,
oder es sich gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG
bzw. nach den
Grundsätzen der Geschäftsführung ohne
Auftrag um
erforderliche Aufwendungen handelt. Voraussetzung für einen
Erstattungsanspruch ist indes stets, dass die Abmahnung nach Form und
Inhalt berechtigt war. Ob in Vertretungsfällen die
Beifügung
der Vollmachtsurkunde im Original erforderlich ist, weil die Abmahnung
wirkungslos ist, wenn der Schuldner - wie im Streitfall - die
Erklärung des Vertreters wegen der Nichtvorlage der
Vollmachtsurkunde unverzüglich zurückweist
(§ 174 BGB
analog), ist in Rechtsprechung und Schrifttum umstritten. Teilweise
wird angenommen, dass auch eine vom Schuldner mangels Vollmachtsvorlage
zurückgewiesene Abmahnung wirksam ist (vgl. OLG Köln
BRP
1985, 360, 361). Das OLG Düsseldorf hat nach nochmaliger
Überprüfung an der in den Beschlüssen vom
13.07.2000
(GRUR-RR 2001, 286) und vom 19.04.1989 (NJWE-WettbR 1999, 263)
vertretenen Auffassung festgehalten (Urteil vom 21.11.2006 - Az.: I-20
U 22/06), dass die wettbewerbsrechtliche Abmahnung ebenso wie die
Mahnung eine einseitige rechtsgeschäftsähnliche
Handlung ist,
auf die § 174 ZPO entsprechend Anwendung findet, (vgl. zu den
dargelegten Überlegungen des OLG Düsseldorf die
Begründung im letztgenannten Urteil). Die Kammer
schließt
sich der Auffassung des Oberlandesgerichts Düsseldorf an.
Die im Streitfall von dem Prozessbevollmächtigten der
Beklagten
ausgesprochene Abmahnung ist daher nach ihrer Zurückweisung
durch
das Schreiben der Kläger vom 04.07.2007 entsprechend
§ 174
Satz 1 BGB unwirksam geworden. Ein Anspruch auf Erstattung der Kosten
für die unwirksame Abmahnung besteht nach allem nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die
Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit
auf
§ 709 ZPO.
Streitwert: 63.224,40 EUR, wobei auf jeden der Kläger
21.074,80 EUR entfallen.
Unterschriften