Google Keyword Adword Marke
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Aktenzeichen:   9 O 2946/07 (442)
Urteil vom 07.05.2008
LANDGERICHT BRAUNSCHWEIG

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In dem Rechtsstreit


… GmbH, vertr.d.d. GF. …,

Klägerin

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte ...

gegen

1. … GmbH, vertr.d.d. GF.
2. Herrn ….

Beklagte

Prozessbevollmächtigte zu 1, 2: Rechtsanwälte ...

wegen Markenverletzung

hat die 9. Zivilkammer des Landgerichts Braunschweig auf die mündliche Verhandlung vom 09.04.2008 durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht Dr. ..., die Richterin ... und die Richterin am Landgericht ...

für Recht erkannt:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

4. Streitwert: 1.156,00 €

Tatbestand

Die Klägerin nimmt die Beklagten auf Kostenerstattung wegen einer markenrechtlichen Abmahnung in Anspruch. Die Klägerin vertreibt über das Internet Keuschheitsgürtel. Dazu nutzt die Klägerin ihre Domains ….de und ….com und tritt unter ihrer Firma (…. GmbH) auf. Die Beklagte zu 1) vertreibt unter der Domain ….de ebenfalls Keuschheitsgürtel (K3). Der Beklagte zu 2) ist Geschäftsführer der Beklagten zu 1). Am 26.09.2007 erstellte die Klägerin einen Screenshot (K4) wonach bei Eingabe des Suchwortes „…" bei der Suchmaschine Google die Anzeige des Beklagten erschien. Daraufhin mahnte die Klägerin mit Datum vom 27.09.2007 ab und die Beklagte zu 1) gab am 01.10.2007 eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab (K6 b).

Die Klägerin ist der Ansicht, ihr stehe ein Kostenerstattungsanspruch zu. Die Abmahnung sei berechtigt gewesen und die Beklagten seien daher verpflichtet, die Anwaltskosten für die Abmahnung zu zahlen. Nachdem die Klägerin ursprünglich beantragt hat, die Klägerin von den entstandenen Anwaltskosten in Höhe von 1.105,-- € freizustellen, beantragt sie nach Klagrücknahme im Übrigen nunmehr die Beklagten zu verurteilen, die Klägerin von den ihr aufgrund der Abmahnung vom 27.09.2007 entstandenen Anwaltskosten in Höhe von 985,40 € freizustellen.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten rügen die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts. Der sogenannte fliegende Gerichtsstand gelte nicht für Abmahnkosten. Die Verwendung eines geschützten Zeichens im Rahmen einer Google- Adword-Kampagne stelle keine Markenverletzung dar. Das Zeichen der Klägerin sei nicht als Keyword verwendet worden (Liste B1).

Die Klägerin verweist darauf, dass bei Eingabe des Keywords „Keuschheitsgürtel" in das Keyword-Tool ein Vorschlag generiert werde, der das Zeichen „…." beinhalte. Dieses Zeichen sei bereits seit Dezember 2006 in der Liste enthalten gewesen (K6). Außerdem hätten die Beklagten von Anfang der Kampagne an die Möglichkeit gehabt, das Zeichen „…" auszuschließen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 09.04.2008 Bezug genommen.


Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet.

1. Nach ständiger Rechtssprechung der Kammer ist die Zuständigkeit der Kammer auch für den Fall der Geltendmachung der Abmahnkosten gegeben. In allen Fällen, in denen nach § 32 ZPO eine Zuständigkeit des Gerichts für den Verletzungsprozess gegeben wäre, ist auch eine Zuständigkeit für den Fall zu bejahen, dass „nur" Abmahnkosten isoliert geltend gemacht werden (so auch OLG Hamburg v.22.01.04-3 U 115/02, MD 2004, 594; LG München MMR 2000,443).

2. Ein Kostenerstattungsanspruch (in Form von Freistellung) gemäß § 14 Abs. 6 MarkenG bzw. nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag gemäß der §§ 683 S. 1, 677, 670 BGB steht der Klägerin nicht zu, da die Abmahnung nicht berechtigt war.

Zwar ist aufgrund der von der Klägerin vorgelegten Screenshots (K4) unstreitig, dass zu dem dort angegebenen Zeitpunkt (26.09.2007) bei Eingabe des Begriffs „…" in die Internet-Suchmaschine Google die Werbung der Beklagten erschien. Dieser Umstand allein ist jedoch nicht ausreichend um eine Verantwortlichkeit der Beklagten zu begründen. Nach der bisherigen Rechtsprechung der Kammer und des OLG Braunschweig liegt eine Markenverletzung zunächst immer dann vor, wenn eine geschützte Marke gezielt als Keyword verwendet wird. Dies hat die Klägerin nicht vorgetragen.

Eine Verantwortlichkeit wird von der Kammer und mehreren Oberlandesgerichten weiter für den Fall bejaht, dass ein geschütztes Zeichen in der Weise verwendet wird, dass es durch die Standard-Keyword-Option von Google weitgehend passende Keywords als Keyword automatisch hinzugesetzt wird (vgl. OLG Braunschweig GRUR — RR 2007, 71, 72 — Jette; OLG Stuttgart MMR 2007, 649 — PCB -). Diese Haftung basiert auf den Umstand, dass die Anzeigenschalter die Anzeigenkampagne grundsätzlich veranlassen und so willentlich und adäquat kausal zu der Rechtsverletzung beitragen. Die Haftung wird jedoch auf die Fälle beschränkt, in denen eine rechtliche Möglichkeit zur Verhinderung besteht und eine zumutbare Prüfungspflicht verletzt wird. Beim Schalten der Anzeige wird dem Kunden zu den bereits gewählten Keywords eine Vorschlagsliste von Google angezeigt. Dadurch erfährt er, dass bei diesen Keywords seine Anzeige ebenfalls erscheint und er kann dies mit einem Mausklick verhindern. Um diese Variante geht es im vorliegenden Fall.

Die Klägerin hat nicht substantiiert dargelegt und bewiesen, dass sich das Zeichen „…" in der bei der Erstellung der Kampagne von Google angezeigten Liste der weitgehend passenden Keywords befunden hat. Aus der Keywordbericht (K5 und B1)) geht zwar hervor, dass die Option weitgehend passende Keywords von den Beklagten gewählt worden ist und das klägerische Zeichen „…" als weitgehend passendes Keyword in der Liste enthalten ist. Dieser Bericht gibt jedoch keinen Aufschluss darüber, ob das klägerische Zeichen bereits zum Zeitpunkt der Kampagnenerstellung in der Keyword-Liste enthalten war. Auch die von der Klägerin vorgelegte Liste betreffend das Keyword-Tool (K6) ist nicht geeignet den Beweis zu führen, dass das geschützte Zeichen bereits zum Zeitpunkt der Erstellung der Kampagne in der Keyword-Liste enthalten war. Diese Liste ist am 19.03.2008 erstellt worden.

Nach Auffassung der Kammer ist es zu weitgehend, die Prüfungspflichten auch auf Begriffe auszudehnen, die nicht in der Liste der weitgehend passenden Keywords enthalten sind. Es ist für den Nutzer völlig unklar, auf welche Begriffe Google zusätzlich reagiert. Es kann nicht verlangt werden, alle denkbaren Abweichungen durchzuprobieren. Hinzukommt, dass der Kammer zwischenzeitlich bekannt geworden ist, dass die von Google angezeigten Listen dynamisch sind mit der Folge, dass sie im Laufe der Zeit um neue Begriffe, nach denen in der Suchmaschine gesucht wird, ergänzt werden. In den Hinweisen der Firma Google zu Google-Adwords heißt es bei der Erläuterung zu der Option weitgehend passende Keywords u. a.: „Das Adwords-System überprüft laufend die Qualitäts- und Leistungskennzahlen ihrer Keywords. Daher können sich die erweiterten weitgehend passenden Keywords im Laufe der Zeit ändern. Auf dieser Grundlage wird bestimmt, welche erweiterten Keywords und Varianten für Suchvorgänge von Nutzern die größte Relevanz haben. "Es ist dem Anzeigenschalter nicht zumutbar, ständig die Listen auf neue Marken- oder Kennzeichenverletzungen verursachende Keywords hin zu kontrollieren.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO i. V. m. § 269 Abs. 2 S. 3 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Der Streitwert war entsprechend § 3 ZPO festzusetzen.

(Unterschriften)