Landesarbeitsgericht
Hamburg, Urteil, Rechtsbeugung, Querulant, Querulantenwahn, Wahn
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Aktenzeichen: 3 Sa 50/16 |
09. August
2017 |
Landesarbeitsgericht
Hamburg
Im
Namen des Volkes
Urteil
In
dem Rechtsstreit
........................................
-
Klägerin -
Prozeßbevollmächtigter:
Rechtsanwalt
gegen
........................................
- Beklagte -
Prozeßbevollmächtigter:
Rechtsanwalt
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts
Hamburg vom 13. März 2014 – 17 Ca 427/13 –
wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Zahlung einer
Entschädigung wegen behaupteter Benachteiligung im
Bewerbungsverfahren.
Im Juli 2013 schrieb die Beklagte eine bei ihr zu besetzende Stelle
aus. Der Ausschreibungstext lautete:
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Die Klägerin bewarb sich unter Verwendung des von der
Beklagten zur Verfügung gestellten Online-Bewerbungsformulars
auf die ausgeschriebene Stelle.
Mit E-Mail vom 22. Juli 2013 teilte die Beklagte der Klägerin
mit, dass sie die Bewerbung der Klägerin sorgfältig
geprüft, die Entscheidung aber leider nicht zu Gunsten der
Klägerin getroffen habe.
Mit E-Mail vom 9. September 2013 machte die Klägerin
gegenüber der Beklagten Ansprüche nach dem AGG
geltend und verlangte eine Entschädigung von €
14.000,00.
Die Klägerin hat mit ihrer am 9. September 2013 beim
Arbeitsgericht eingegangenen Klage die Auffassung vertreten, dass sie
die fachlichen Anforderungen der ausgeschriebenen Stelle
erfülle und sich zudem ernsthaft auf sie beworben habe. Ihre
Nichtberücksichtigung durch die Beklagte benachteilige sie
mehrfach wegen ihres Alters, ihres Geschlechts und ihrer russischen
Herkunft.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin mindestens 4
Bruttomonatsgehälter, € 14.000,00, nebst Zinsen in
der Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz
ab dem Eingang der Klage bei dem Gericht als Entschädigung
für die Mehrfachdiskriminierung zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat erwidert, dass der Klage bereits das
Rechtsschutzinteresse fehle. Die Klägerin habe sich nicht
ernsthaft beworben habe. Aus der Tatsache, dass die Klägerin
nicht über ein passendes Bewerberprofil verfüge und
zeitgleich mit dem Geltendmachungsschreiben gegenüber der
Beklagten bereits Klage erhoben habe, ergebe sich, dass die
Klägerin ihre Bewerbung allein zur Realisierung eines
Entschädigungs-Geschäftsmodells erhoben habe. Die
Klägerin sei weder wegen ihres Geschlechts noch wegen ihres
Alters oder ihrer Herkunft diskriminiert worden. Sie verfüge
über keine einzige der in der Stellenausschreibung
angeführten fachlichen Voraussetzungen, insbesondere nicht
über mehrjährige Erfahrungen in der JEE-Entwicklung.
Außerdem sei eine Anstellung der Klägerin nicht nur
mangels Fachkenntnissen und mangels Aktualität jeglicher
angewandter Fachkenntnisse unterblieben, sondern schon wegen ihrer
langjährigen Entwöhnung vom Arbeitsprozess, da die
Klägerin seit dem 1. April 2003 nur vier Monate lang beruflich
tätig gewesen sei.
Mit Urteil vom 13. März 2014 hat das Arbeitsgericht die Klage
abgewiesen. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im
Wesentlichen ausgeführt: Zwar habe die Klägerin die
Ansprüche gemäß § 15 AGG frist-
und formgerecht geltend gemacht. Auch liege eine ungünstigere
Behandlung der Klägerin vor, da sie nicht zu einem
Vorstellungsgespräch von der Beklagten eingeladen worden sei.
Doch befinde sich die Klägerin nicht in vergleichbarer
Situation wie andere Bewerber, da sie objektiv für die
ausgeschriebene Stelle nicht geeignet sei. Wegen der weiteren
Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des
angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Gegen das ihr am 25. April 2014 zugestellte Urteil wendet sich die
Klägerin mit der am 21. Mai 2014 bei Gericht eingegangenen und
nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis
9. Juli 2014 an diesem Tag begründeten Berufung.
Die Klägerin macht geltend, das Arbeitsgericht habe zu Unrecht
angenommen, dass sie nicht wegen ihrer ethnischen Herkunft, ihres
Geschlechts oder ihres Alters benachteiligt worden sei. Sie sei
objektiv für die ausgeschriebene Stelle geeignet, was sie
näher ausführt. Sie habe auch Indizien vorgetragen,
welche eine Diskriminierung wegen ihres Geschlechts, ihres Alters und
ihrer Herkunft vermuten ließen. Zum einen sei in dem
Online-Bewerbungsformular nach Geschlecht und Geburtsjahr gefragt
worden. Auch wenn es sich dabei nicht um Pflichtfelder gehandelt habe,
seien diese Angaben nicht erforderlich und diskriminierend. Auch die
Benutzung männlicher Formen wie
„Mitarbeiter“ in der Stellenausschreibung stelle
ein Indiz für die Benachteiligung weiblicher Bewerberinnen
dar. Der Zusatz (m/w) sei hinsichtlich der
Geschlechtsneutralität nicht ausreichend. Die Anforderung
„fließendes Deutsch und Englisch in Wort und
Schrift" sei ein Indiz für die Benachteiligung wegen ihrer
ethnischen Herkunft. Ein sachlicher Grund für diese
Anforderung sei nicht erkennbar. Vielmehr seien gute Englisch- bzw.
Deutschkenntnisse ausreichend.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg, verkündet am 13.3.2014
(Aktenzeichen 17 Ca 427/13), zugestellt am 25.4.2014, aufzuheben und
die Beklagte zu verpflichten, an die Klägerin €
14.000,00 zu zahlen zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten
über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit
der Klage.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und
Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.
Die Kammer hat im Hinblick auf Zweifel an der Prozessfähigkeit
der Klägerin eine im Rechtsstreit beim Arbeitsgericht Hamburg
zum Az. 29 Ca 63/16 erstattete gutachterliche Stellungnahme vom 30.
Oktober 2016 verwertet.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf
die gewechselten Schriftsätze der Parteien und die
Sitzungsniederschriften verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
I.
Die Berufung der Klägerin ist gemäß
§ 64 Abs. 1 und Abs. 2 b) ArbGG statthaft. Sie ist zudem
gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 und 2 ArbGG form-
und fristgerecht eingelegt und begründet worden und damit auch
im Übrigen zulässig.
Der Zulässigkeit der Berufung steht nicht entgegen, dass
erhebliche Zweifel an der Prozessfähigkeit der
Klägerin bestehen.
Zwar ist für die Zulässigkeit der Berufung
grundsätzlich die Prozessfähigkeit des
Berufungsklägers als Prozesshandlungsvoraussetzung
erforderlich. Jedoch muss im Interesse eines vollständigen
Rechtsschutzes auch der Prozessunfähige die
Möglichkeit haben, den Prozess durch seine Handlungen in die
höhere Instanz zu bringen. Dies gilt
anerkanntermaßen für das Rechtsmittel der Partei,
die sich dagegen wendet, dass sie in der Vorinstanz zu Unrecht als
prozessfähig oder als prozessunfähig behandelt worden
ist. Andernfalls bliebe ein an dem Verfahrensverstoß
leidendes Urteil der unteren Instanz aufrechterhalten,
erwüchse in Rechtskraft und könnte nur mit der
Nichtigkeitsklage (§ 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO) beseitigt werden.
Dieser Gesichtspunkt, der der Schutzbedürftigkeit des
Prozessunfähigen Rechnung trägt, hat auch Bedeutung,
wenn die Partei, deren Prozessfähigkeit fraglich ist, sich
gegen das in der Vorinstanz gegen sie ergangene Sachurteil wendet und
mit ihrem Rechtsmittel ein anderes, ihrem Begehren entsprechendes
Sachurteil erstrebt. Denn auch in diesem Fall würde mit der
Verwerfung der Berufung als unzulässig ein
möglicherweise fälschlich ergangenes Sachurteil
bestätigt, obwohl es sich bei der Prozessfähigkeit
der Partei um eine von Amts wegen zu prüfende
Prozessvoraussetzung handelt (BGH, Versäumnisurteil vom 08.
Dezember 2009 – VI ZR 284/08 – m.w.N., juris).
Vorliegend ist gegen die Klägerin ein Sachurteil ergangen, das
sie mit der Berufung angreift. Somit ist nach den vorstehenden
Grundsätzen die Berufung ungeachtet der Zweifel an der
Prozessfähigkeit der Klägerin zulässig.
II.
Die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet.
Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Die Klage hat schon deswegen keinen Erfolg, weil die
Prozessfähigkeit der Klägerin und damit eine
wesentliche Prozessvoraussetzung nicht festgestellt werden kann, so
dass die Klage unzulässig ist.
1. Die Prozessfähigkeit ist zwingende Prozessvoraussetzung.
Das mögliche Fehlen der Prozessfähigkeit ist in jeder
Lage des Verfahrens, also auch noch in der Berufungs- und
Revisionsinstanz, von Amts wegen zu berücksichtigen. Zwar sind
nach der Lebenserfahrung Störungen der
Geistestätigkeit als Ausnahmeerscheinungen anzusehen, so dass
im allgemeinen von der Prozessfähigkeit einer Partei
auszugehen ist; dies kann allerdings dann nicht gelten, wenn
hinreichende Anhaltspunkte dafür gegeben sind, dass
Prozessunfähigkeit vorliegen könnte (BAG, Urteil vom
20. Januar 2000 – 2 AZR 733/98 – m.w.N., juris).
Bei der Ermittlung, ob Prozessunfähigkeit vorliegt, ist das
Gericht nicht an die förmlichen Beweismittel des
Zivilprozesses gebunden, vielmehr gilt der Grundsatz des Freibeweises.
Verbleiben nach Erschöpfung aller erschließbaren
Erkenntnisquellen hinreichende Anhaltspunkte für eine
Prozessunfähigkeit, so gehen nach ständiger
Rechtsprechung etwa noch vorhandene Zweifel zu Lasten der betroffenen
Partei (BAG, Beschluss vom 28. Mai 2009 – 6 AZN 17/09
– m.w.N., juris).
Es ist allgemein anerkannt, dass die
Geschäftsfähigkeit und damit die
Prozessfähigkeit wegen einer geistigen Störung
(§ 104 Nr. 2 BGB i.V.m. § 52 ZPO) nur für
einen beschränkten Kreis von Angelegenheiten – etwa
die mit einem bestimmten Streitkomplex zusammenhängenden
Verfahren – ausgeschlossen sein kann (BGH, Urteil vom 04.
November 1999 – III ZR 306/98 – m.w.N., juris).
2. An der Prozessfähigkeit der Klägerin bestehen
erhebliche Zweifel.
Es liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass bei der
Klägerin eine wahnhafte Entwicklung im Sinne eines sog.
Querulantenwahns vorliegt, aufgrund derer sie sich hinsichtlich der
Führung von Rechtsstreitigkeiten wegen vermeintlicher
Diskriminierung dauerhaft in einem die freie Willensbestimmung
ausschließenden Zustand krankhafter Störung der
Geistestätigkeit befindet. Von ausgeprägtem
Querulantenwahn kann ausgegangen werden, wenn die Vorstellungen eines
Klägers von einer eindeutigen Beeinträchtigung
eigener Rechte sich weiter intensivieren und Zweifel an der
Rechtmäßigkeit der eigenen Position nicht mehr
zugelassen werden, absolute Uneinsichtigkeit und Selbstgerechtigkeit
sich mit einer Ausweitung des Kampfes vom ursprünglichen
Gegner auf andere Menschen und Instanzen verbindet und ein
Kläger nicht mehr in der Lage ist, die
verfahrensmäßige Behandlung seiner
Ansprüche durch die Gerichte nachzuvollziehen (vgl.
Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken,
Beschluss vom 12. Januar 1998 – 5 W 9/97 - 8 –,
juris; BGH, Urteil vom 04. November 1999 a.a.O.).
2.1. Die Klägerin führt bzw. führte allein
am Landesarbeitsgericht Hamburg seit 2007 mehrere hundert
Rechtsmittelverfahren oder Verfahren auf Bewilligung von
Prozesskostenhilfe für ein Berufungsverfahren, ganz
überwiegend ohne Erfolg. Gegenstand der Verfahren sind immer
wieder von der Klägerin angenommene Diskriminierungen in
Einstellungsverfahren, wegen derer die Klägerin Schadensersatz
und/oder Entschädigung von Arbeitgebern verlangt.
Für einen Ausschluss der Steuerungsfähigkeit spricht,
dass die Klägerin mit der großen Zahl der ohne
Aussicht auf Erfolg geführten Verfahren Gerichts- und
Anwaltskosten gegen sich in einer Höhe verursacht, die ihre
wirtschaftliche Existenz auf Dauer jedenfalls erheblich bedrohen. Mit
ihrem Verhalten schädigt die Klägerin sich daher
massiv auch selbst. Sie hatte alleine gegenüber der
Gerichtskasse Hamburg mit Stand vom 3. Juli 2017 Verbindlichkeiten von
€ 115.389,11. Hinzu kommen die
Kostenerstattungsverpflichtungen gegenüber den von der
Klägerin zu Unrecht in Anspruch genommenen Arbeitgebern, die
den vorgenannten Betrag deutlich übersteigen dürften,
so dass die Klägerin schon bislang Kosten für
erfolglose Prozesse verursacht hat, von denen nicht anzunehmen ist,
dass sie sie jeweils wird begleichen können. Die
Klägerin handelt damit in einem Maße auch gegen
eigene Interessen, das darauf hindeutet, dass sie sich nicht mehr
vernunftgerecht steuern kann, sondern an einer krankhaften
Störung im Sinne eines sog. Querulantenwahns leidet.
2.2. Kennzeichnend für die Verfahrensführung der
Klägerin ist, dass sie gerichtliche Entscheidungen auf keinen
Fall zu akzeptieren bereit ist, regelmäßig
Richterinnen und Richter als befangen ablehnt und ebenfalls
regelmäßig meint, sich gegen nachteilige
gerichtliche Entscheidungen durch Anhörungsrügen
wehren zu müssen, ohne dass diese Erfolg haben. Systematisch
nimmt die Klägerin ihr nachteilige Entscheidungen zum Anlass,
die daran beteiligten Richter wegen der Besorgnis der Befangenheit
abzulehnen. Auch die Entscheidungen über ihre
Befangenheitsgesuche akzeptiert die Klägerin häufig
nicht, sondern lehnt, verbunden mit einer
Anhörungsrüge gegen den Beschluss, nunmehr diejenigen
Richter wegen Besorgnis der Befangenheit ab, die mit der Entscheidung
über den Befangenheitsantrag befasst waren.
Hinzu kommt, dass die Klägerin den Gerichten bzw. den
Richterinnen und Richtern ständig willkürliches bzw.
rechtswidriges Verhalten unterstellt, sobald ein Antrag der
Klägerin abschlägig beschieden oder der
Rechtsauffassung der Klägerin nicht gefolgt wird. Der
„Kampf“ der Klägerin um ihre
vermeintlichen Rechte beschränkt sich nicht gegen die von ihr
verklagten Arbeitgeber. Vielmehr sieht sie auch die mit ihren Verfahren
befassten Richter häufig als Gegner an, denen sie
Böswilligkeit, Schädigungsabsicht und Lügen
vorwirft, den Willen zur Rechtsbeugung unterstellt und die
Befähigung zur Ausübung des Richteramtes abspricht.
Lediglich als Beispiele für die
regelmäßigen derartigen
Äußerungen der Klägerin sind die
nachfolgenden aufgeführt:
Im Verfahren 3 Sa 40/11 / 3 Sa 30/12, in welchem eine
unzulässige Berufung der Klägerin verworfen wurde,
spricht die Klägerin von „willkürlich
falschen Ausführungen des Gerichts“ (Bl. 129 d.A.),
„absurden Behauptungen“ des Gerichts“
(Bl. 129 d.A.) und von „reinster Willkür“
(Bl. 147 d.A.).
Im Verfahren 3 Sa 33/14 führt die Klägerin aus (Bl.
148 d.A.): „Dabei ist die Wahrheit, dass das Gericht mich zu
neuen Klagen zwingt, indem es die Aufklärung meiner Sache
verweigert.“
Im Verfahren 3 Sa 71/14 macht die Klägerin geltend (Bl. 93
d.A.), weil sie das Urteil zum Az. 3 Sa 39/13 als „reinste
absurd“ bezeichnet habe, bestehe damit der
begründete Verdacht, dass sich der Vorsitzende dafür
an ihr „rächen“ werde. Der Vorsitzende
habe „wieder seine Unfähigkeit und/oder Unwillen
bestätigt, auch die primitivsten Tatsachen und meine
Erklärungen zu diesen wahrzunehmen“.
Im Verfahren 3 Sa 73/14 trägt die Klägerin vor (Bl.
105 d.A.), die Anzahl der von ihr geführten Verfahren sei
einzig durch das rechtswidrige Verhalten des Gerichts verursacht
worden, und ergänzt: „Das Verschieben des
Verschuldens des Gerichts und des Arbeitgebers auf mich ist Verleumdung
und üble Nachrede und reicht für die Ablehnung des
Kollegiums aus.“
Im Verfahren 3 Sa 50/16 führt die Klägerin aus (Bl.
363 d.A.): „Damit hat die Kammer bestätigt, dass es
ihr bewusst ist, dass sie mich verleumdet hat und rechtswidriges
Verfahren eingeleitet hat.“
Regelmäßig beschwert sich die Klägerin
darüber, dass das Gericht ihre „fachkundigen
Hinweise“ nicht zur Kenntnis nehme.
Selbst nach Ausschöpfung des Rechtswegs wehrt sich die
Klägerin mit dem Argument gegen die Pflicht, die
Gerichtskosten zu tragen, dass zu ihren Ungunsten falsch entschieden
worden sei. So hat die Klägerin sich beispielsweise mit der
Zwangsvollstreckungsgegenklage zum Az. 3 Sa 13/15 gegen die
Kostenfestsetzung aus einem Vorverfahren gewandt, in welchem das
Bundesarbeitsgericht ihre Berufung zurückgewiesen hatte,
nachdem zuvor der Europäische Gerichtshof im Rahmen eines
Vorlageverfahrens mit der Sache befasst war. Die Kläger
hält dem Bundesarbeitsgericht vor (Bl. 40 d.A.), es habe
„die Tatsacheninstanz übersprungen und selbst
Tatsachenwürdigung (und das auch falsch) gemacht“,
und weiter (Bl. 41 d.A.), das Bundesarbeitsgericht habe in seinem
Urteil vom 25. April unwahre Behauptungen aufgestellt.
Den von ihr – in aller Regel erfolglos – auf
Zahlung von Entschädigung wegen erfolgloser Bewerbungen
verklagten Arbeitgebern hält die Klägerin vor, sie
hätten die Arbeitslosigkeit der Klägerin verschuldet.
Weiter erhebt sie beispielsweise im Verfahren 3 Sa 50/16 (Bl. 363 d.A.)
den Vorwurf, indem die Arbeitgeber sie nicht zu einem
Vorstellungsgespräch einlüden bzw. sie nicht
einstellten, zwinge man sie „zur Zwangsarbeit in der Gestalt
der Gerichtsverfahren“.
Auch ihre eigenen – früheren –
Prozessbevollmächtigten greift die Klägerin zum Teil
in massiver Weise an. Im Verfahren 3 Sa 71/14 wirft sie ihrem
früheren Prozessbevollmächtigten „treu- und
sittenwidriges Handeln“ vor, weil er mangels Vorschusszahlung
das Mandat niedergelegt habe (Bl. 170 d.A.). Im Verfahren 3 Sa 56/15
macht sie geltend, ihr bisheriger Prozessbevollmächtigter sei
prozessunfähig, und begründet dies u.a. damit, dass
er in einer Gerichtsverhandlung um eine Unterbrechung gebeten habe, um
sich mit der Klägerin zu besprechen.
Das vorstehend beschriebene, in einer Vielzahl von Verfahren
festzustellende Prozessverhalten der Klägerin deutet ebenfalls
stark darauf hin, dass die Klägerin prozessunfähig
sein könnte. Die Klägerin lässt Zweifel an
der Rechtmäßigkeit der eigenen Position trotz der
zahlreichen erfolglosen Verfahren nicht zu. Sie sieht immer die
Gerichte im Unrecht und lässt deren Begründungen nie
gegen den eigenen Standpunkt gelten. Alternativen zur eigenen Sicht
akzeptiert die Klägerin nicht. Sie ist sich ihrer
Einschätzungen völlig und unkorrigierbar gewiss, ohne
ansatzweise die Möglichkeit zu erwägen, dass eine der
gefällten richterlichen Entscheidungen eine gewisse
Berechtigung habe. Sie macht regelmäßig geltend,
dass sie über das erforderliche Fachwissen verfüge,
über welches die von ihr abgelehnten Richter nicht
verfügten. Den rechtskräftigen Abschluss von
Verfahren will die Klägerin mit dem Argument nicht gegen sich
gelten lassen, dass die Verfahren falsch entschieden worden seien. Die
Klägerin führt eine Art „Feldzug“
nicht nur gegen Arbeitgeber, denen sie die Schuld für ihre
persönliche Lebenssituation, die durch langjährige
Arbeitslosigkeit und Mittellosigkeit geprägt ist, gibt.
Vielmehr sind aus Sicht der Klägerin auch die Gerichte bzw.
die Richter, die ihren Klagen oder Rechtsmitteln sowie ihren sonstigen
Anträgen nicht entsprechen, offensichtlich ihre
„Feinde“, denen sie verwerfliche Motive und
schädigende Absicht unterstellt. Damit wird deutlich, dass die
Klägerin jedenfalls in Bezug auf die von ihr vor den
Arbeitsgerichten geführten Verfahren jeglichen Bezug zur
Realität verloren hat.
3. Die im Beschluss der Kammer vom 11. Januar 2017
geäußerten Zweifel an der Prozessfähigkeit
der Klägerin wurden nicht ausgeräumt, sondern haben
sich im Gegenteil weiter verstärkt. Die Klägerin hat
in den vergangenen Monaten trotz der Erfolglosigkeit fast aller von ihr
betriebenen Verfahren nicht weniger, sondern mehr neue Verfahren
eingeleitet. Vom 5. Januar 2017 bis zum 21. April 2017 sind 59 neue
Anträge der Klägerin beim Landesarbeitsgericht
Hamburg eingegangen. Auch diese Anträge beziehen sich auf
Verfahren, denen in der Hauptsache
Entschädigungsansprüche der Klägerin nach
dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz wegen der Ablehnung einer
Bewerbung zugrunde liegen.
4. Die Zweifel der Kammer an der Prozessfähigkeit der
Klägerin werden bestätigt durch die von der 29.
Kammer des Arbeitsgerichts Hamburg im Verfahren 29 Ca 63/16 eingeholte
„Gutachterliche Stellungnahme“ des
ärztlichen Gutachters R. vom 30. Oktober 2016. Da die
gutachterliche Stellungnahme relevante Aussagen zur
entscheidungserheblichen Frage der Prozessfähigkeit der
Klägerin trifft, ist es im vorliegenden Verfahren zu
verwerten. Der Gutachter kommt auf Seite 14 seines Gutachtens
„aus (notwendigerweise vorläufiger, siehe oben)
gutachterlicher Sicht“ zu dem Ergebnis, „dass die
Klägerin nicht mehr ausreichend in der Lage ist, die
Vorfeldereignisse, die tatsächlichen Sachverhalte, ihre
jeweilige argumentative Position und das aktuelle bzw. gegebenenfalls
auch zukünftige prozessuale Geschehen in
realitätsentsprechender, perspektivisch-abstrahierend
ausgerichteter Weise zu erfassen und vernünftige bzw.
prozessual angemessene Entscheidungen zu treffen. Das Vorhandensein
einer ausreichenden Prozessfähigkeit ist daher bis auf
Weiteres zu verneinen.“
5. Um der Verpflichtung des Gerichts nachzukommen, alle
erschließbaren Erkenntnisse auszuschöpfen,
wäre gleichwohl auch im vorliegenden Verfahren die Einholung
eines Sachverständigengutachtens durch eine/n noch zu
benennende/n Gutachter/in in Betracht gekommen, mit welchem die Zweifel
an der Prozessfähigkeit der Klägerin hätten
aufgeklärt werden können. Die Klägerin hat
in ihrem Schriftsatz vom 3. März 2017 gerügt, dass
der von der 29. Kammer des Arbeitsgerichts Hamburg beauftragte
Sachverständige R. keinen persönlichen Kontakt zur
Klägerin hatte. Insofern hätte Gelegenheit bestanden,
eine persönliche Kontaktaufnahme im Rahmen eines weiteren
Gutachtens herzustellen. Dies hätte allerdings vorausgesetzt,
dass die Klägerin bereit gewesen wäre, sich
begutachten zu lassen, denn eine Partei darf zu einer Untersuchung
ihrer Prozessfähigkeit nicht gedrängt oder gar
gezwungen werden (vgl. BAG, Urteil vom 20. Januar 2000 – 2
AZR 733/98, juris).
Der Klägerin ist daher durch richterliche Verfügung
vom 27. März 2017 aufgegeben worden, bis zum 18. April 2017
mitzuteilen, ob sie bereit sei, sich einer Begutachtung durch einen
gerichtlichen Sachverständigen zu unterziehen. Die
Klägerin ist darauf hingewiesen worden, dass eine Weigerung,
an der Feststellung ihrer Prozessfähigkeit mitzuwirken, zu
einer Beweislastentscheidung zu ihren Lasten führen
könne. Gleichwohl hat die Klägerin innerhalb der ihr
gesetzten Frist kein Einverständnis mit einer Begutachtung
erklärt. Vielmehr hat sie mit Schriftsatz vom 18. April 2017
die Auffassung vertreten, dass nach wie vor keine Gründe
ersichtlich seien, die Zweifel an ihrer Prozessfähigkeit
begründen könnten. Im Termin zur mündlichen
Verhandlung vom 26. April 2017 hat die Kammer darauf hingewiesen, dass
die Zweifel an der Prozessfähigkeit der Klägerin nach
wie vor bestünden. Auf die Frage, ob die Klägerin
bereit sei, sich im Hinblick auf diese Zweifel der Begutachtung durch
einen gerichtlichen Sachverständigen zu unterziehen, hat die
Prozessbevollmächtigte der Klägerin erklärt,
dass die Klägerin dazu nicht bereit sei.
Es war auch nicht veranlasst, ohne die Erklärung der
Bereitschaft der
Klägerin einen Sachverständigen zu beauftragen. Wie
sich aus der gutachterlichen Stellungnahme des von der 29. Kammer des
Arbeitsgerichts Hamburg beauftragten Sachverständigen R.
ergibt, hat die Klägerin diesem gegenüber mitgeteilt,
sie werde nicht mit ihm sprechen. Im Zusammenhang damit, dass die
Klägerin auch im vorliegenden Verfahren eine Begutachtung
durch einen Sachverständigen ausdrücklich abgelehnt
hat, ist daher die Einholung eines Sachverständigengutachtens
im vorliegenden Verfahren nicht geboten.
Die fehlende Bereitschaft der Klägerin zur Mitwirkung an der
Feststellung ihrer Prozessfähigkeit hat zur Folge, dass
bezüglich der Prozessfähigkeit der Klägerin
nach Beweislast zu entscheiden ist (vgl. BAG, Urteil vom 20. Januar
2000 a.a.O.). Folglich ist von der Prozessunfähigkeit der
Klägerin auszugehen.
6. Die Klägerin ist darauf hingewiesen worden, dass sie
für eine ordnungsgemäße Vertretung zu
sorgen habe. Ihr ist Gelegenheit gegeben worden, die Bestellung eines
Betreuers nach § 186 BGB durch das Betreuungsgericht zu
veranlassen, und es ist ihr aufgegeben worden, bis zum 26. Juli 2017
mitzuteilen, ob ein Betreuer bestellt wurde oder ob ein Antrag auf
Bestellung eines Betreuers beim Betreuungsgericht anhängig
ist. Eine Mitteilung der Klägerin hierüber ist nicht
erfolgt.
7. Wäre die Klägerin allerdings bei Erteilung der
Prozessvollmacht prozessfähig gewesen, wäre eine
später eingetretene Prozessunfähigkeit
unschädlich. In diesem Fall bewirkte § 86 ZPO nicht
nur, dass es nicht zu einer Unterbrechung des Verfahrens gekommen
wäre (§ 246 Abs. 1 ZPO). Vielmehr soll § 86
ZPO den Prozessgegner vor den Auswirkungen von Veränderungen
auf der Gegenseite schützen und ermöglichen, einen
einmal begonnenen Rechtsstreit möglichst ohne Verzug zu Ende
zu führen. Die prozessunfähig gewordene Partei ist
dann im Sinne von § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO "nach den
Vorschriften der Gesetze vertreten", obwohl für sie
zunächst kein gesetzlicher Vertreter bestellt ist und ein
Mangel der Prozessfähigkeit gemäß
§ 56 Abs. 1 ZPO von Amts wegen zu beachten ist (vgl. BAG,
Urteil vom 20. Januar 2000 – 2 AZR 733/98 – m.w.N.,
juris).
Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Prozessunfähigkeit
der Klägerin bereits bei Erteilung des Mandats an ihre
Prozessbevollmächtigte zur Einlegung der Berufung gegen das
Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 13. März 2014 und im
Übrigen auch bei Erhebung der Klage vom 9. September 2013
bestand. Das Prozessverhalten der Klägerin, welches Zweifel an
der Prozessfähigkeit der Klägerin begründet,
zeigt sich bereits seit vielen Jahren in zahlreichen Verfahren beim
Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht Hamburg. Schon vor dem 9.
September 2013 hatte die Klägerin eine Vielzahl von Verfahren
geführt, die ohne Aussicht auf Erfolg waren, und sich durch
die Verursachung erheblicher Kosten selbst geschädigt.
8. Die Kammer konnte trotz der gestellten Befangenheitsanträge
in der vorliegenden Besetzung entscheiden. Die
Befangenheitsanträge sind unzulässig.
Für die Zulässigkeit der
Befangenheitsanträge kommt es darauf an, ob die
Klägerin prozessfähig i.S.d. § 52 ZPO ist,
denn die Prozessfähigkeit ist Wirksamkeitsvoraussetzung
für alle Prozesshandlungen (vgl. Zöller-Vollkommer,
ZPO, 30. Aufl., vor § 50 Rn. 17). Da, wie vorstehend
ausgeführt, die bestehenden erheblichen Zweifel an der
Prozessfähigkeit der Klägerin nicht
ausgeräumt werden konnten, ist auch bezüglich der
Befangenheitsanträge von der fehlenden
Prozessfähigkeit auszugehen, so dass die
Befangenheitsanträge unzulässig sind.
Im Übrigen ist ein Ablehnungsgesuch, das lediglich
Ausführungen enthält, die zur Begründung der
Besorgnis der Befangenheit gänzlich ungeeignet sind,
offensichtlich unzulässig. Bei offensichtlicher
Unzulässigkeit bedarf es keiner dienstlichen Stellungnahme des
abgelehnten Richters; dieser ist auch von der Entscheidung
über das offensichtlich unzulässige Ablehnungsgesuch
nicht ausgeschlossen (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 03. Juli 2013
– 1 BvR 782/12 –, juris). Die von der
Klägerin gestellten Befangenheitsanträge sind
offensichtlich unzulässig, denn sie dienen allesamt lediglich
dem Ziel, die von Amts wegen vorzunehmende Prüfung der
Prozessfähigkeit der Klägerin durch die erkennenden
Richter zu verhindern.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO i.V.m.
§ 64 Abs. 6 S.1 ArbGG.
IV.
Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst, da die
hierfür gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG
erforderlichen Voraussetzungen nicht vorliegen.