1. Die Berufungen beider Parteien gegen das Urteil der Zivilkammer 15
des Landgerichts Berlin vom 21. Februar 2012 - 15 O 666/10 - werden
zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz werden dem
Kläger zu 37 % und der Beklagten zu 63 % auferlegt.
3. Dieses und das erstinstanzliche Urteil sind vorläufig
vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung des
erstinstanzlichen Urteils zu I 1 durch Sicherheitsleistung in
Höhe von 10.000 € und die Vollstreckung wegen der
Kosten in Höhe von 110 % des aufgrund der Urteile
vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor
der Vollstreckung des erstinstanzlichen Urteils zu I 1 Sicherheit in
Höhe von 10.000 € und vor der Vollstreckung wegen der
Kosten Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu
vollstreckenden Betrags leistet. Der Kläger darf die
Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des
aufgrund der Urteile vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die
Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 %
des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A.
Gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO wird
auf die tatsächlichen Feststellungen einschließlich
der wiedergegebenen Anträge im angefochtenen Urteil
(nachfolgend: "LGU" nebst Seitenzahl des Umdrucks) - in berichtigter
Fassung gemäß landgerichtlichem Beschluss vom 26.
April 2012 (Bd. I Bl. 237-238) - mit den folgenden Ergänzungen
genommen:
Das Landgericht hat - soweit für das Berufungsurteil noch von
Bedeutung - die Beklagte gemäß Klageantrag I 1
(betr. Angabe der E-Mail-Adresse) verurteilt und den Klageantrag zu I 2
(betr. Hinweis auf irisches Recht) abgewiesen.
Hiergegen wenden sich sowohl der Kläger als auch die Beklagte
mit ihren - jeweils form- und fristgerecht eingelegten und
begründeten - Berufungen, wobei der Kläger die
Verurteilung (auch) gemäß Klageantrag I 2 (betr.
Hinweis auf irisches Recht) und die Beklagte die Klageabweisung (auch)
zum Klageantrag I 1 (betr. Angabe der E-Mail-Adresse) erstrebt.
Zu seiner Berufung wiederholt und vertieft der Kläger sein
diesbezügliches erstinstanzliches Vorbringen und
trägt unter anderem vor:
Mit Blick auf § 5a UWG obliege es der Beklagten, durch
geeignete Informationen den Verbraucher "frühzeitig" darauf
hinzuweisen, dass er im Falle eines Konflikts unter Umständen
mit einem ihm fremden Recht konfrontiert werde. Denn damit
müsse der Verbraucher (ansonsten) nicht rechnen. Die von der
Beklagten verwendete Top-Level-Domain der Beklagten (".com") weise
(anders als ".ie") keineswegs auf Irland hin. Der
streitgegenständliche Internetauftritt werde (insoweit
unstreitig) auch - per Weiterleitung - nach Eingabe der auf Deutschland
hinweisenden Top-Level-Domain erreicht (von "www.r... .de" auf www.r...
.com/de, wobei letztere Domain in der Browserzeile - unstreitig -
verbleibt). Zwar sei dem Verbraucher geläufig, dass es sich
bei der Beklagten um ein nicht in Deutschland ansässiges
Unternehmen handelt. Im Vordergrund stehe aber vielmehr die Tatsache,
dass der Verbraucher auf dem von ihm ausgewählten
Telemediendienst in seiner Heimatsprache angesprochen wird. Der
Verbraucher dürfe nach Maßgabe von Art. 6 Rom I auch
im internationalen Verkehr zunächst einmal damit rechnen, dass
ihm zumindest die zwingenden Rechte seines Heimatrechtes unabdingbar
gewährt würden. Die Sonderregelung des Art. 5 Rom I
stehe dem nicht entgegen. Vielmehr sei davon auszugehen, dass dem
Verbraucher durch die Rom I-Verordnung eine Art "Sonderschutz"
zugebilligt werde, was die Vorstellung von der "Sicherheit" der
Geschäfte im Internet präge. Bei der Feststellung des
Verbraucherverständnisses sei vielmehr auf die Grundsatzregel
des Art. 6 Rom I abzustellen. Die Auffassung des Landgerichts, die
jeweiligen Rechtswahlklauseln befänden sich "dort, wo sie nach
der allgemeinen Lebenserfahrung zu erwarten sind, nämlich
jeweils am Schluss der Geschäftsbedingungen" (LGU 33 Abs. 3),
widerspreche dem Umstand, dass der Verbraucher sich
erfahrungsgemäß ungern durch lange Texte
quäle, um eine wichtige Botschaft zu erfahren. Die aus ihrer
Sicht wichtigen Botschaften stelle die Beklagte auch an den Beginn
ihres Regelwerks, wenn sie sich etwa unter Nr. 2.3. ihrer "Allgemeinen
Beförderungsbedingungen für Fluggäste und
Gepäck" (Anlagenkonvolut K 3 a.E.) mit "entgegenstehendem
Recht" befasse.
Von seiner (beklagtenseits bestrittenen) Behauptung, dass die Beklagte
auch (rein) innerdeutsche Flüge anbiete bzw. angeboten habe,
ist der Kläger abgerückt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landgerichts Berlin vom 21. Februar 2012 - 15 O 666/10 -
teilweise abzuändern und die Beklagte weiterhin zu verurteilen,
es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung
festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise
Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs
Monaten, zu unterlassen,
im Rahmen geschäftlicher Handlungen gegenüber
Verbrauchern mit einem Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland in
der deutschsprachigen Version des über die Internetadresse
www.r... .com/de erreichbaren Dienstes der Informationsgesellschaft
Luftbeförderungsleistungen, bei denen der Abflughafen oder der
Zielflughafen in der Bundesrepublik Deutschland liegt, anzubieten und
auf die Tatsache, dass nach den Vertragsbedingungen für das
Vertragsverhältnis irisches Recht maßgeblich sein
soll, ausschließlich derart hinzuweisen, dass
· unter Ziffer 7 der Nutzungsbedingungen, deren
Kenntnisnahme durch Betätigen eines Ankreuzfeldes mit der
Gestaltung
[Abbildung]
bestätigt werden soll, folgende Erklärung gegeben
wird:
Durch die Nutzung der Website von R..., einschließlich der
Nutzung der Informationen in Verbindung mit Flugdaten, Preisen usw.,
erklären sich die Parteien mit der ausschließlichen
Zuständigkeit der Gerichtsbarkeit in der Republik Irland und
der Anwendbarkeit der dortigen Gesetze einverstanden.
und
· in den Allgemeinen Beförderungsbedingungen, deren
Einbeziehung im Buchungssystem durch Betätigen eines
Ankreuzfeldes mit dem Text:
[Abbildung]
erfolgen soll, folgende Regelung unter Artikel 18 vorgehalten wird:
ARTIKEL 18 - ANDWENDBARES RECHT UND GERICHTSSTAND
Ihr Beförderungsvertrag mit R..., darunter R... 's allgemeine
Reise- und Geschäftsbedingungen sowie allgemeine
Beförderungsbedingungen, untersteht dem irischen Recht.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt - soweit mit der Berufung des Klägers
angegriffen - die angefochtene Entscheidung und wiederholt und vertieft
ihr diesbezügliches erstinstanzliches Vorbringen.
Zu ihrer eigenen Berufung wiederholt und vertieft die Beklagte ihr
erstinstanzliches Vorbringen und trägt unter anderem vor.
Bereits ihre ursprünglich unter der Rubrik "Kontakt"
angegebene postalische Adresse, Faxnummer sowie mehrere Telefonnummern
genügten den Anforderungen des § 5 Abs. 1 Nr. 2 TMG,
denn diese Angaben versetzten die Nutzer des Telemediums mindestens in
vergleichbarer Art und Weise in die Lage, mit der Beklagten schnell,
unmittelbar sowie effizient in Kontakt zu treten, wie es auch bei einer
Angabe der Adresse der elektronischen Post der Fall wäre. Bei
der - insoweit gebotenen - teleologischen Auslegung besagter Vorschrift
sei außerdem zu berücksichtigen, dass bei der
Beklagten mit über 70 Millionen Jahrespassagieren und 99,8 %
Online-Buchungen die zusätzliche Angabe einer E-Mail-Anschrift
zu einer kaum noch zu bearbeitenden Zahl von E-Mail-Nachrichten
führen würde, wobei auch noch das Problem der
Spam-E-Mails hinzutrete). Daher gäben auch andere
europäische Fluggesellschaften keine oder nur unzureichende /
unpassende E-Mail-Adressen auf ihrer Internetpräsenz an.
Außerdem habe die Beklagte mit der (unstreitigen)
Einführung (und nochmaligen Verbesserung) des
Online-Kontaktformulars den gesetzlichen Anforderungen nach einer
elektronischen Kontaktaufnahmemöglichkeit Genüge
getan.
Die Beklagte beantragt,
das angefochtene Urteil des Landgerichts Berlin vom 21.Februar 2012,
Az.: 15 O 666/10, teilweise abzuändern und die Klage - weiter
gehend - insoweit abzuweisen, als die Beklagte bei Vermeidung eines
Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft bis
zu sechs Monaten, letztere zu vollziehen an den Direktoren, dazu
verurteilt wird, es zu unterlassen, im Rahmen geschäftlicher
Handlungen gegenüber Verbrauchern in der Bundesrepublik
Deutschland
in der deutschsprachigen Version des über die Internetadresse
www.r... .com/de erreichbaren Dienstes der Informationsgesellschaft
ihre Luftbeförderungsleistungen anzubieten und dabei nicht
eine Adresse der elektronischen Post (E-Mail-Adresse), an die sich
Verbraucher mit einem Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland wenden
können, anzugeben.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Der Kläger verteidigt - soweit mit der Berufung der Beklagten
angegriffen - die angefochtene Entscheidung und wiederholt und vertieft
sein diesbezügliches erstinstanzliches Vorbringen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird
auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze
nebst Anlagen Bezug genommen.
B.
Beide Rechtsmittel gegen das landgerichtliche Urteil sind statthaft
sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden,
mithin zulässig, haben in der Sache aber keinen Erfolg.
I.
Mit zutreffenden Erwägungen hat das Landgericht seine
internationale Zuständigkeit angenommen (LGU 15-17). Die
Parteien des Berufungsverfahrens ziehen das nicht (mehr) in Zweifel und
der Senat verweist - dem gleichfalls zustimmend - darauf.
II.
Die Berufung des Klägers ist unbegründet. Mit Recht
hat das Landgericht den Klageantrag I 2 (wegen angeblich nicht
hinreichenden Hinweises auf die [von der Beklagten erstrebte] Anwendung
irischen Rechts) abgewiesen.
1.
Mit Recht - und insoweit von der Berufung nicht angegriffen - hat das
Landgericht insoweit das Vorliegen einer irreführenden
Handlung i.S. von § 5 UWG verneint [LGU 27-28]. Die Berufung
greift das nicht an und der Senat verweist zustimmend darauf.
2.
Ebenfalls zustimmungswürdig - und insoweit von der Berufung
vergeblich angegriffen - ist die Beurteilung des Landgerichts, dass
auch keine Unlauterkeit i.S. von § 5a Abs. 1 und 2 UWG
vorliegt. Entgegen der Einschätzung der Berufung hat die
Beklagte in dem angegriffenen Internet-Auftritt weder "verschwiegen",
dass die Anwendung irischen Rechts vereinbart werden soll, noch dem
Verbraucher diese Information "vorenthalten". Der Senat verweist auf
die nach seiner Auffassung im Wesentlichen richtigen
diesbezüglichen Ausführungen des Landgerichts (LGU
28-34) und ergänzt diese mit Blick auf das Berufungsvorbringen
lediglich wie folgt:
a)
Eine Erwartung des inländischen Referenzverbrauchers (=
durchschnittlich informierter und verständiger,
situationsadäquat aufmerksamer Verbraucher, vgl. BGH GRUR
2012, 1053, Rn. 19 - Marktführer Sport), der auf der
streitgegenständlichen Internetseite einen Flug bucht, es
werde zur Anwendung deutschen Rechts kommen, lässt sich nicht
feststellen. Zu einer solchen Annahme besteht kein hinreichender
Anlass. Der Senat kann diese und die nachfolgend in diesem Zusammenhang
wiedergegebenen Einschätzungen des "Referenzverbrauchers" aus
eigener Anschauung abgeben, zumal der befasste Einzelrichter - wie in
der mündlichen Verhandlung mitgeteilt - häufig
(international) fliegt und häufig (internationale)
Flüge im Internet bei verschiedenen (in- und
ausländischen) Fluggesellschaften bucht und sonach zu den von
der Werbung angesprochenen Verkehrskreisen ohne weiteres
gehört.
aa)
Besagter Referenzverbraucher weiß - das räumt die
Berufung ein - dass es sich bei der Klägerin um ein
ausländisches Flugunternehmen handelt. Es geht stets um
Flüge mit Auslandsberührung, denn rein innerdeutsche
Flüge bietet und bot die Beklagte nicht an (von der
gegenteiligen Behauptung ist zuletzt auch die Berufung
abgerückt). Für den Verbraucher kann es daher
zunächst einmal jedenfalls nicht völlig
überraschend sein, wenn ein Unternehmen - schon zur
Rechtsvereinheitlichung gegenüber allen, aus vielen
verschiedenen Ländern stammenden Flugpassagieren - versuchen
wird, die verschiedenen Heimatrechtsordnungen der jeweiligen
Internetnutzer bei der Flugbuchung "abzubedingen" und stattdessen die
Vereinbarung des - nahe liegend - eigenen Heimatrechts anzustreben.
bb)
Eine insoweit gegenteilige Erwartungshaltung des inländischen
Referenzverbrauchers wird auch nicht durch die Erreichbarkeit des
streitgegenständlichen Internetauftritts per Nutzereingabe von
"www.r... .de" und automatischer Weiterleitung auf "www.r... .com/de"
(Unterstreichungen nur hier) erzeugt. Ebenso wenig gilt das
für den Umstand, dass der so erreichte Internetauftritt
weitest gehend in deutscher Sprache gehalten ist. Denn es ist gemeinhin
bekannt, dass international anbietende Unternehmen nach
Möglichkeit ihre jeweilige Second-Level-Domain soweit
möglich für alle nationalen Top-Level-Domains (der
jeweils anvisierten Absatzgebiete) registrieren lassen und ihre
Produkte insoweit "überall" und auch in jeweils verschiedenen
Sprachen anbieten, um auf diese Weise möglichst viele
Verbraucher in möglichst vielen Staaten anzusprechen. Ein
solches Agieren lässt freilich (wie auch im Streitfall) den
Schluss zu, dass die Tätigkeit eines solchen Unternehmers auf
den jeweiligen Staat (i.S. etwa von Art. 15 Abs. 1 Buchst. c EuGVVO)
"ausgerichtet" ist (vgl. EuGH NJW 2011, 505). Ein Bestreben des
Unternehmens, damit auch das Heimatrecht des jeweils auf diese Weise
angesprochenen Verbrauchers zur Anwendung kommen zu lassen, wird ein
verständiger Verbraucher aus einer solchen Vorgehensweise aber
nicht schlussfolgern.
cc)
Auch das insoweit geltende Internationale Privatrecht lässt
nicht auf ein dahingehendes Verständnis des
inländischen Referenzverbrauchers schließen, bei der
Flugbuchung im streitgegenständlichen Internetauftritt komme
es (zwingend und ohne weiteres) zur Anwendung inländischen
Vertragsrechts. Bis Ende 2009 dürfte insoweit die bis dahin
geltende Vorschrift des Art. 28 EGBGB a.F. zur Anwendung des
Heimatrechts des Flugunternehmens geführt haben und somit die
Verbrauchererwartung - wenn überhaupt - in die genau
gegenteilige Richtung gelenkt haben. Seither kann hinsichtlich
Verbraucherverträgen zwar grundsätzlich zwingendes
inländisches Heimartrecht zum Schutz des Verbrauchers nicht
mehr per Vereinbarung einer anderen Rechtsordnung "abbedungen" werden
(Art. 6 Abs. 1, 2 Rom I), was insoweit die Verbrauchervorstellungen und
-erwartungen prägen mag. Nimmt man letzteres an, leuchtet aber
nicht ein, warum Gleiches nicht auch hinsichtlich der insoweit
bestehenden Ausnahme für
Personenbeförderungsverträge (vgl. Art. 6 Abs. 1
["Unbeschadet …"], Abs. 4 Buchst. b, Art. 5 Abs. 2 Rom I)
gelten soll, wonach nämlich eine vom Heimatrecht des
Verbrauchers fort- und zum Heimatrecht des Unternehmers
hinführende Rechtswahl ohne die Beschränkungen des
Art. 6 Abs. 1, 2 Rom I möglich ist.
b)
Lässt daher die aktuelle Rechtsordnung eine Rechtswahl, wie
die Beklagte sie in ihrem streitgegenständlichen
Internetauftritt zu praktizieren sucht, zu, und ist es nach aktuell
gültiger Rechtslage des Weiteren so, dass diese Rechtswahl -
wovon beide Parteien ausgehen, was auch nicht Streitgegenstand ist und
was deshalb auch der Senat im Streitfall als zutreffend unterstellt -
auch per wirksam einbezogener Allgemeiner Geschäftsbedingungen
rechtsverbindlich getroffen werden kann, dann wäre es aus der
Sicht des Senats inkonsequent, wollte man dem Verwender solcher AGB
über den "Umweg" des § 5a AGB doch wieder gesonderte
Hinweise außerhalb des Klauselwerks (etwa im "werbenden" Teil
seines Internetauftritts) auf deren diesbezüglichen Inhalt
abverlangen. Dergleichen erwartet ein Referenzverbraucher auch nicht.
c)
Allein dass die jeweilige Rechtswahlklausel in den beiden
streitgegenständlichen Bedingungswerken der Beklagten nicht
gleich zu Anfang sondern erst gegen Ende aufgeführt werden,
führt für sich genommen ebenfalls nicht zu einem
anderen Ergebnis. Allgemeine Geschäftsbedingungen bestehen
naturgemäß tendenziell aus Regelungen, die vom
dispositiven Recht zum Vorteil des Verwenders und zum Nachteil des
Vertragspartners - im Streitfall des Verbrauchers - abweichen.
Irgendetwas dieser Art steht also immer mehr Anfang und irgendetwas
immer mehr am Schluss eines Bedingungswerks. Das ist "dem
Kleingedruckten" immanent. Nach der Auffassung des Senats geht es daher
im Allgemeinen nicht an, dem Unternehmer vorzuhalten, die von ihm nun
einmal für den Schluss auserwählte Klausel
hätte zur Vermeidung eines Verstoßes gegen
§ 5a UWG "weiter nach vorne gehört". Denn irgendetwas
muss nun auch den Schluss des Bedingungswerkes bilden. Der Senat geht
im Übrigen - wohl entgegen der Berufung - auch nicht davon
aus, der Referenzverbraucher erwarte bei der Durchsicht von Allgemeinen
Geschäftsbedingungen, dass "Wichtiges" etwa "weiter vorne"
stünde als "Unwichtiges".
III.
Die Berufung der Beklagten ist ebenfalls unbegründet. Zu Recht
hat das Landgericht die lauterkeitsrechtliche Unterlassungsklage
hinsichtlich der nicht angegebenen E-Mail-Anschrift für
zulässig und gemäß § 2 UKlaG,
§§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG, § 5 Abs. 1 Nr. 2 TMG
für begründet erachtet. Der Senat verweist auf die
nach seiner Auffassung richtigen diesbezüglichen
Ausführungen des Landgerichts (LGU 18-26) und ergänzt
diese mit Blick auf das Berufungsvorbringen lediglich wie folgt:
1.
Die Vorschrift des § 5 Abs. 1 Nr. 2 TMG gebietet - in
Wortlautkongruenz mit dem dadurch umgesetzten Art. 5 Abs. 1 lit c
Richtlinie 2000/31/EG - die Angabe der Adresse der elektronischen Post.
Das ist die E-Mail-Anschrift.
2.
Der Gerichtshof der Europäischen Union führt aus
"dass der Diensteanbieter verpflichtet ist, … neben seiner
Adresse der elektronischen Post weitere Informationen zur
Verfügung zu stellen" (EuGH NJW 2008, 3553, Rn. 40). M.a.W.
besteht nach geltendem Recht erst einmal (vor anderen Pflichten) die
Pflicht zur Angabe der E-Mail-Anschrift (siehe auch Brönneke
in: Roßnagel, Recht der Telemediendienste, § 5 TMG
Rn. 59; Micklitz/Schirmbacher in: Spindler/Schuster, Recht der
elektronischen Medien, 2. Aufl., § 5 TMG Rn. 40).
3.
Demgegenüber widerstreitet die Auffassung der Beklagten, die
Angabe der E-Mail-Anschrift sei beim Anerbieten eines entsprechenden
Surrogats entbehrlich, dem geschriebenen Recht. Sie lässt sich
auch nicht mit teleologischer Auslegung begründen. Denn jede
Auslegung, auch die teleologische, findet ihre Grenze im
(natürlichen und eindeutigen) Gesetzeswortlaut. Besagte - hier
abgelehnte - Auffassung überschreitet diese Grenze.
Ergänzend gilt im Einzelnen noch das Folgende:
4.
Eine Telefaxnummer ist keine E-Mail-Anschrift, mithin keine Adresse der
elektronischen Post. Sie ist dieser auch nicht gleichwertig (vgl. auch
Brönneke a.a.O. Rn. 59) und bewirkt einen "Medienbruch". Jeder
Internetnutzer kann E-Mails verschicken. Aber nicht jeder
Internetnutzer, schon gar nicht, wenn er Verbraucher ist, hat ein
Telefaxgerät. Außerdem ist der Telefaxversand in der
Regel kostenträchtiger als der E-Mail-Versand und auch
zeitaufwändiger. Auch die technische Möglichkeit und
die Kenntnis, ein Computer-Fax zu verschicken, hat nicht jeder
Internetnutzer, schon gar nicht, wenn er Verbraucher ist.
5.
Eine Telefonnummer ist keine E-Mail-Anschrift, mithin keine Adresse der
elektronischen Post. Sie ist dieser auch nicht gleichwertig (vgl. auch
Brönneke a.a.O. Rn. 60) und bewirkt einen "Medienbruch". Das
gesprochene Wort ist flüchtig. Man kann es nicht
dokumentieren, jedenfalls nicht ohne Weiteres. Die telefonische
Kommunikation hinterlässt, auch wenn sie als eine unmittelbare
und effiziente Kommunikation angesehen werden kann, keine greifbaren
Spuren (EuGH NJW 2008, 3553, Rn. 28). Nicht wenige schreiben (und
lesen) lieber als dass sie reden (und zuhören). Je nach der
Art der angegebenen Telefonnummer kann ein Telefongespräch
auch (ggf. sogar in erheblichem Umfang) kostenträchtiger sein
als der E-Mail-Versand.
6.
Ein Online-Kontaktformular (von der Beklagten ohnehin erst zeitlich
nach der Beanstandung des hier konkret in Rede stehenden
Internetauftritts im Nachhinein ins Spiel gebracht) ist ebenfalls keine
E-Mail-Anschrift, mithin keine Adresse der elektronischen Post. Es ist
dieser auch nicht gleichwertig (ebenso LG Essen MMR 2008, 196),
jedenfalls nicht völlig. Der Verbraucher muss sich in ein ihm
vom Unternehmer vorgegebenes Formular "zwängen" lassen. So
folgt aus dem Vorbringen der Beklagten zu einem von ihr konzipierten
Formular beispielsweise, dass der Verbraucher sein Begehren einer
bestimmten Rubrik, die die Beklagte neben anderen von ihr jeweils
definierten vorgibt, "zuordnen" muss und dass er bei der Texteingabe in
der Zeichenanzahl ebenso begrenzt ist wie im Umfang bzw. der Anzahl
anhängbarer Dateien. Dies alles stellt den Nutzer schlechter,
als wenn er eine E-Mail nach freiem Gutdünken mit beliebiger
Zeichenanzahl schreibt, sie mit Anhängen beliebiger Anzahl
versieht und in eigener Verantwortung über den von ihm
ausgewählten E-Mail-Dienstleister "auf den Weg bringt".
Dagegen hat es der Nutzer nicht in der Hand, auf welchem Weg seine
Nachricht im Online-Formular den Nutzer erreicht. Sie ist nach dem
Klicken auf "Senden" in der Regel erst einmal "verschwunden"' und nur
im günstigen Fall taucht häufig allenfalls ein
Fenster "Vielen Dank für Ihre Nachricht auf". Und der Nutzer
ist auch nicht einmal - jedenfalls nicht ohne Weiteres - in der Lage,
den Absendevorgang nebst vollständigem Inhalt der abgesandten
Nachricht selbst sofort zu dokumentieren, wohingegen eine abgeschickte
E-Mail selbstverständlich und automatisch als gespeicherte
Datei auch im eigenen Herrschaftsbereich "verbleibt" und sofort nach
dem Abschicken an einer sinnvollen Stelle archiviert wird oder werden
kann. Ob es demgegenüber nach dem Abschicken des
Online-Formulars - wie es die Beklagte angibt - dann auch
tatsächlich mit einer alsdann automatisch zurück
kommenden Bestätigungsmail (einschließlich
Wiedergabe des ursprünglich abgesandten Textes) klappt, bleibt
für den Verbraucher zunächst einmal ungewiss. Wer
sicher gehen will, dass es mit der Dokumentation klappt und diese
deshalb von vornherein in die eigenen Hände nimmt, ist in
dieser Online-Formular-Variante genötigt, nach Abfassen und
vor Absenden des Textes diesen - umständlich - in ein eigenes,
zuvor generiertes (z.B. Word-) Dokument zu kopieren, und dies nur, um
sicher zu stellen, dass der eigene Text nach dem Absenden nicht
irgendwo im "virtuellen Nichts" für immer verloren ist.
Dies alles lässt die Möglichkeit des "freien
E-Mail-Versands" auch gegenüber derjenigen des "vorgegebenen
Online-Formular-Versands" vorteilhaft erscheinen. Das eine
E-Mail-Anschrift ersetzende Online-Formular in der von der Beklagten
angeführten Spielart widerstreitet nicht nur dem Wortlaut des
Gesetzes. Es ist für viele Verbraucher auch eine unfreundliche
Alternative. Es ist deshalb, soweit es nicht neben der Angabe einer
E-Mail-Anschrift zusätzlich vorgehalten wird (dazu EuGH NJW
2008, 3553), abzulehnen (de lege lata).
7.
Die Berufung meint, weil die Beklagte viele Kunden habe, drohten viele
E-Mail-Eingänge. Bei den angeführten Zahlen nehme der
Bearbeitungsaufwand dann ein grundrechtsrelevantes Ausmaß an
(Art. 12, 14 GG). Das überzeugt nicht. Wer viele Kunden hat,
geniert auch Umsätze in entsprechender Höhe und kann
somit in die Bearbeitung der entsprechenden Kundenresonanz angemessen
investieren. Der dadurch entstehende Kostenaufwand lässt sich
- wie das wohl bei den meisten Unternehmen in entsprechender Situation
gehandhabt werden dürfte - auf die Preise umlegen. Relevante
Nachteile im Wettbewerb dürften dadurch nicht entstehen, denn
zumindest in der Union unterliegen alle Mitbewerber der Beklagten
insoweit den gleichen Regeln. Auch einer - ohnehin ebenfalls
für jedermann gleichermaßen bestehenden -
"Spam-Gefahr" misst der Senat nicht die Ausmaße zu wie es die
Beklagte tut, zumal sich dem mit dem Einsatz - laufend aktualisierter -
Filtersoftware auch nachhaltig begegnen lässt. Gewisse -
natürlich nicht von der Hand zu weisende - "Belastungen" der
Beklagten (wie auch eines jeden anderen Normadressaten) müssen
- auch mit Blick auf die in Art. 12, 14 GG vorgesehenen
Grundrechtsschranken - hingenommen werden. Denn der mit § 5
Abs. 1 Nr. 2 TMG verbundene Eingriff ist durch die damit
verknüpften vernünftigen sachlichen
Erwägungen des Gemeinwohls legitimiert (ausführlicher
dazu Brönneke, a.a.O. Rn. 16 und Rn. 2-8).
8.
Gleichfalls vergeblich verweist die Berufung auf andere
Internetauftritte von Mitbewerbern der Beklagten mit ihrer Auffassung
nach vergleichbar gehandhabter Vorhaltung von Kontaktinformationen wie
es ihr hier vorgeworfen wird. Unlauterer Wettbewerb wird nicht dadurch
zu einem zulässigen, wenn viele ihn betreiben (vgl. a. Senat
GRUR-RR 2013, 223, 224 - Klick und wirf zurück).
9.
In vorstehendem Zusammenhang ist eine Aussetzung des Rechtsstreits
zwecks Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union
gemäß Art. 267 AEUV (dazu auch BVerfG GRUR 2010,
999, Rn. 45 ff. - Drucker und Plotter) entgegen der Annahme der
Berufung nicht veranlasst. Mit Blick auf die vorstehenden
Ausführungen ist hier die "richtige" Anwendung des
Unionsrechts nach Auffassung des Senats derart offenkundig, dass
keinerlei Raum für einen vernünftigen Zweifel
für die Beantwortung der (hier von der Berufung) aufgeworfenen
Frage bleibt.
C.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgen
aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO. Die Revision ist nicht
zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO
nicht vorliegen. Den Ausführungen zur Berufung des
Klägers lag die Beurteilung eines konkret angegriffenen
Internetauftritts im Einzelfall zugrunde, und zwar im Wesentlichen in
tatrichterlicher Würdigung (des
Verbraucherverständnisses). Auch bei der Beurteilung der
Berufung der Beklagten haben sich Fragen rechtsgrundsätzlicher
Bedeutung nicht (ernsthaft) gestellt.