Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
Europäischer Gerichtshof
Urteil
1. Art. 5 Abs. 2
der Ersten Richtlinie 89/ 104/ EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur
Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die
Marken ist dahin auszulegen, dass das Vorliegen einer unlauteren
Ausnutzung der Unterscheidungskraft oder der Wertschätzung der
Marke im Sinne dieser Bestimmung weder das Bestehen einer
Verwechslungsgefahr noch die Gefahr einer Beeinträchtigung dieser
Unterscheidungskraft oder Wertschätzung oder allgemein des
Inhabers der Marke voraussetzt. Der Vorteil, der sich aus der
Verwendung eines Zeichens, das einer bekannten Marke ähnlich ist,
durch einen Dritten ergibt, ist eine unlautere Ausnutzung der
Unterscheidungskraft oder der Wertschätzung der Marke durch den
Dritten, wenn dieser durch die Verwendung versucht, sich in den Bereich
der Sogwirkung dieser Marke zu begeben, um von ihrer Anziehungskraft,
ihrem Ruf und ihrem Ansehen zu profitieren und um ohne finanzielle
Gegenleistung die wirtschaftlichen Anstrengungen des Markeninhabers zur
Schaffung und Aufrechterhaltung des Images dieser Marke auszunutzen.
2. Art. 5 Abs. 1
Buchst. a der Richtlinie 89/ 104 ist dahin auszulegen, dass der Inhaber
einer eingetragenen Marke die Benutzung eines mit seiner Marke
identischen Zeichens für Waren oder Dienstleistungen, die mit
denjenigen identisch sind, für die die Marke eingetragen wurde,
durch einen Dritten in einer vergleichenden Werbung, die nicht alle in
Art. 3a Abs. 1 der Richtlinie 84/ 450/ EWG des Rates vom 10. September
1984 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der
Mitgliedstaaten über irreführende Werbung in der durch die
Richtlinie 97/ 55/ EG des Europäischen Parlaments und des Rates
vom 6. Oktober 1997 geänderten Fassung genannten
Zulässigkeitsvoraussetzungen erfüllt, untersagen kann, auch
wenn diese Benutzung die Hauptfunktion der Marke, die darin besteht,
auf die Herkunft der Waren oder Dienstleistungen hinzuweisen, nicht
beeinträchtigen kann, vorausgesetzt, diese Benutzung
beeinträchtigt eine der anderen Funktionen der Marke oder
könnte sie beeinträchtigen.
3. Art. 3a Abs.
1 der Richtlinie 84/ 450 in der durch die Richtlinie 97/ 55
geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass ein Werbender, der
in einer vergleichenden Werbung ausdrücklich oder implizit
erwähnt, dass die Ware, die er vertreibt, eine Imitation einer
Ware mit notorisch bekannter Marke ist, "eine Ware oder eine
Dienstleistung als Imitation oder Nachahmung" im Sinne von Art. 3a Abs.
1 Buchst. h darstellt. Der aufgrund einer solchen unerlaubten
vergleichenden Werbung durch den Werbenden erzielte Vorteil ist als
"unlautere Ausnutzung" des Rufs dieser Marke im Sinne von Art. 3a Abs.
1 Buchst. g zu betrachten.
In der
Rechtssache C-487/ 07 betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach
Art. 234 EG, eingereicht vom Court of Appeal (England & Wales)
(Civil Division) (Vereinigtes Königreich) mit Entscheidung vom 22.
Oktober 2007, beim Gerichtshof eingegangen am 5. November 2007, in dem
Verfahren L'Oréal SA, Lancôme parfums et beauté
& Cie SNC, Laboratoire Garnier & Cie gegen Bellure NV, Malaika
Investments Ltd, Inhaberin der Firma "Honey pot cosmetic &
Perfumery Sales", Starion International Ltd erlässt DER
GERICHTSHOF (Erste Kammer) unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten
P. Jann sowie der Richter M. Ileši (Berichterstatter), A.
Tizzano, A. Borg Barthet und E. Levits, Generalanwalt: P. Mengozzi,
Kanzler: R. ere, Verwaltungsrätin, aufgrund des schriftlichen
Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 5. November 2008,
unter Berücksichtigung der Erklärungen - der L'Oréal
SA, Lancôme parfums et beauté & Cie SNC und
Laboratoire Garnier & Cie, vertreten durch H. Carr, D. Anderson,
QC, und J. Reid, Barrister, beauftragt von Baker & McKenzie LLP, -
der Malaika Investments Ltd und Starion International Ltd, vertreten
durch R. Wyand, QC, sowie durch H. Porter und T. Moody-Stuart,
Solicitors, - der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten
durch T. Harris, dann durch L. Seeboruth als Bevollmächtigte im
Beistand von S. Malynciz, Barrister, - der französischen
Regierung, vertreten durch G. de Bergues sowie durch A.-L. During und
B. Beaupère-Manokha als Bevollmächtigte, - der
niederländischen Regierung, vertreten durch C. Wissels als
Bevollmächtigte, - der polnischen Regierung, vertreten durch A.
Rutkowska und K. Rokicka als Bevollmächtigte, - der
portugiesischen Regierung, vertreten durch L. Inez Fernandes und I.
Vieira da Silva als Bevollmächtigte, - der Kommission der
Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch W. Wils und H.
Krämer als Bevollmächtigte, nach Anhörung der
Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 10. Februar
2009 folgendes Urteil (*):
1 Das
Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 5 Abs. 1 und
2 der Ersten Richtlinie 89/ 104/ EWG des Rates vom 21. Dezember 1988
zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über
die Marken (ABl. 1989, L 40, S. 1) sowie von Art. 3a Abs. 1 der
Richtlinie 84/ 450/ EWG des Rates vom 10. September 1984 zur
Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten
über irreführende Werbung (ABl. L 250, S. 17) in der durch
die Richtlinie 97/ 55/ EG des Europäischen Parlaments und des
Rates vom 6. Oktober 1997 (ABl. L 290, S. 18) geänderten Fassung
(im Folgenden: Richtlinie 84/ 450).
2 Dieses
Ersuchen ergeht im Rahmen einer Klage der L'Oréal SA, der
Lancôme parfums et beauté & Cie SNC und der
Laboratoires Garnier & Cie (im Folgenden gemeinsam: L'Oréal
u. a.) gegen die Bellure NV (im Folgenden: Bellure), die Malaika
Investments Ltd, Inhaberin der Firma "Honey pot cosmetics &
Perfumery Sales" (im Folgenden: Malaika), und die Starion International
Ltd (im Folgenden: Starion) wegen Markenverletzung.
Rechtlicher Rahmen
Gemeinschaftsrecht
3 Die Richtlinie
89/ 104 wurde durch die am 28. November 2008 in Kraft getretene
Richtlinie 2008/ 95/ EG des Europäischen Parlaments und des Rates
vom 22. Oktober 2008 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der
Mitgliedstaaten über die Marken (kodifizierte Fassung) (ABl. L
299, S. 25) aufgehoben. Für den Rechtsstreit des
Ausgangsverfahrens gilt jedoch aufgrund des zeitlichen Rahmens des
Sachverhalts weiterhin die Richtlinie 89/ 104.
4 Der zehnte
Erwägungsgrund der Richtlinie 89/ 104 lautet: "Zweck des durch die
eingetragene Marke gewährten Schutzes ist es, insbesondere die
Herkunftsfunktion der Marke zu gewährleisten; dieser Schutz ist
absolut im Falle der Identität zwischen der Marke und dem Zeichen
und zwischen den Waren oder Dienstleistungen. Der Schutz erstreckt sich
ebenfalls auf Fälle der Ähnlichkeit von Zeichen und Marke und
der jeweiligen Waren oder Dienstleistungen. Es ist unbedingt
erforderlich, den Begriff der Ähnlichkeit im Hinblick auf die
Verwechslungsgefahr auszulegen. Die Verwechslungsgefahr stellt die
spezifische Voraussetzung für den Schutz dar; ob sie vorliegt,
hängt von einer Vielzahl von Umständen ab, insbesondere dem
Bekanntheitsgrad der Marke im Markt, der gedanklichen Verbindung, die
das benutzte oder eingetragene Zeichen zu ihr hervorrufen kann, sowie
dem Grad der Ähnlichkeit zwischen der Marke und dem Zeichen und
zwischen den damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen.
Bestimmungen über die Art und Weise der Feststellung der
Verwechslungsgefahr, insbesondere über die Beweislast, sind Sache
nationaler Verfahrensregeln, die von der Richtlinie nicht berührt
werden."
5 Art. 5 der Richtlinie 89/ 104 ("Rechte aus der Marke") bestimmt:
"(1) Die
eingetragene Marke gewährt ihrem Inhaber ein
ausschließliches Recht. Dieses Recht gestattet es dem Inhaber,
Dritten zu verbieten, ohne seine Zustimmung im geschäftlichen
Verkehr
a) ein mit der
Marke identisches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu
benutzen, die mit denjenigen identisch sind, für die sie
eingetragen ist;
b) ein Zeichen
zu benutzen, wenn wegen der Identität oder der Ähnlichkeit
des Zeichens mit der Marke und der Identität oder Ähnlichkeit
der durch die Marke und das Zeichen erfassten Waren oder
Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen
besteht, die die Gefahr einschließt, dass das Zeichen mit der
Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird.
(2) Die
Mitgliedstaaten können ferner bestimmen, dass es dem Inhaber
gestattet ist, Dritten zu verbieten, ohne seine Zustimmung im
geschäftlichen Verkehr ein mit der Marke identisches oder ihr
ähnliches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu
benutzen, die nicht denen ähnlich sind, für die die Marke
eingetragen ist, wenn diese in dem betreffenden Mitgliedstaat bekannt
ist und die Benutzung des Zeichens die Unterscheidungskraft oder die
Wertschätzung der Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer
Weise ausnutzt oder beeinträchtigt.
(3) Sind die Voraussetzungen der Absätze l und 2 erfüllt, so kann insbesondere verboten werden: ...
b) unter dem
Zeichen Waren anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den
genannten Zwecken zu besitzen oder unter dem Zeichen Dienstleistungen
anzubieten oder zu erbringen;...
d) das Zeichen in den Geschäftspapieren und in der Werbung zu benutzen. ..."
6 Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie ("Beschränkung der Wirkungen der Marke") sieht vor:
"Die Marke gewährt ihrem Inhaber nicht das Recht, einem Dritten zu verbieten, ...
b) Angaben
über die Art, die Beschaffenheit, die Menge, die Bestimmung, den
Wert, die geografische Herkunft oder die Zeit der Herstellung der Ware
oder der Erbringung der Dienstleistung oder über andere Merkmale
der Ware oder Dienstleistung,
im geschäftlichen Verkehr zu benutzen ..."
7 Die
Vorschriften über vergleichende Werbung wurden durch die
Richtlinie 97/ 55 in die ursprüngliche Fassung der Richtlinie 84/
450 eingefügt.
8 In den Erwägungsgründen 2, 7, 9, 11, 13 bis 15 und 19 der Richtlinie 97/ 55 heißt es:
"(2) Mit der
Vollendung des Binnenmarktes wird das Angebot immer vielfältiger.
Da die Verbraucher aus dem Binnenmarkt größtmöglichen
Vorteil ziehen können und sollen und die Werbung ein sehr
wichtiges Instrument ist, mit dem überall in der Gemeinschaft
wirksam Märkte für Erzeugnisse und Dienstleistungen
erschlossen werden können, sollten die wesentlichen Vorschriften
für Form und Inhalt der Werbung einheitlich sein und die
Bedingungen für vergleichende Werbung in den Mitgliedstaaten
harmonisiert werden. Unter diesen Umständen wird dies dazu
beitragen, die Vorteile der verschiedenen vergleichbaren Erzeugnisse
objektiv herauszustellen. Vergleichende Werbung kann ferner den
Wettbewerb zwischen den Anbietern von Waren und Dienstleistungen im
Interesse der Verbraucher fördern. ...
(7) Es sollten
Bedingungen für zulässige vergleichende Werbung vorgesehen
werden, soweit der vergleichende Aspekt betroffen ist, mit denen
festgelegt wird, welche Praktiken der vergleichenden Werbung den
Wettbewerb verzerren, die Mitbewerber schädigen und die
Entscheidung der Verbraucher negativ beeinflussen können. Diese
Bedingungen für zulässige vergleichende Werbung sollten
Kriterien beinhalten, die einen objektiven Vergleich der Eigenschaften
von Waren und Dienstleistungen ermöglichen. ...
(9) Damit
vergleichende Werbung nicht in einer wettbewerbswidrigen und unlauteren
Weise betrieben wird, sollten Vergleiche zwischen Waren und
Dienstleistungen, die von Mitbewerbern angeboten werden, nur
zulässig sein, wenn diese den gleichen Bedarf oder dieselbe
Zweckbestimmung erfüllen sollen. ...
(11) Die Bedingungen für vergleichende Werbung sollten kumulativ sein und uneingeschränkt eingehalten werden. ...
(13)
Gemäß Artikel 5 der … Richtlinie 89/ 104 …
steht dem Inhaber einer eingetragenen Marke ein
Ausschließlichkeitsrecht zu, das insbesondere das Recht
einschließt, Dritten im geschäftlichen Verkehr die Benutzung
eines identischen oder ähnlichen Zeichens für identische
Produkte oder Dienstleistungen, gegebenenfalls sogar für andere
Produkte, zu untersagen.
(14) Indessen
kann es für eine wirksame vergleichende Werbung unerlässlich
sein, Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers dadurch erkennbar
zu machen, dass auf eine ihm gehörende Marke oder auf seinen
Handelsnamen Bezug genommen wird.
(15) Eine solche
Benutzung von Marken, Handelsnamen oder anderen Unterscheidungszeichen
eines Mitbewerbers stellt keine Verletzung des
Ausschließlichkeitsrechts Dritter dar, wenn sie unter Beachtung
der in dieser Richtlinie aufgestellten Bedingungen erfolgt und nur eine
Unterscheidung bezweckt, durch die Unterschiede objektiv herausgestellt
werden sollen. ...
(19) Ein
Vergleich, bei dem eine Ware oder Dienstleistung als Imitation oder
Nachahmung einer Ware oder Dienstleistung mit geschützter Marke
oder geschütztem Handelsnamen dargestellt wird, gilt nicht als
Vergleich, der die Bedingungen für rechtlich zulässige
vergleichende Werbung erfüllt."
9
Gemäß ihrem Art. 1 bezweckt die Richtlinie 84/ 450 u. a. die
Festlegung der Bedingungen für zulässige vergleichende
Werbung.
10 Art. 2 Nr. 1
dieser Richtlinie definiert als Werbung "jede Äußerung bei
der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs
mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von
Dienstleistungen, einschließlich unbeweglicher Sachen, Rechte und
Verpflichtungen zu fördern". Nach Art. 2 Nr. 2a bedeutet
vergleichende Werbung "jede Werbung, die unmittelbar oder mittelbar
einen Mitbewerber oder die Erzeugnisse oder Dienstleistungen, die von
einem Mitbewerber angeboten werden, erkennbar macht".
11 Art. 3a Abs. 1 dieser Richtlinie bestimmt:
"Vergleichende Werbung gilt, was den Vergleich anbelangt, als zulässig, sofern folgende Bedingungen erfüllt sind:
a) Sie ist nicht irreführend im Sinne des Artikels 2 Nummer 2, des Artikels 3 und des Artikels 7 Absatz 1; ...
d) sie
verursacht auf dem Markt keine Verwechslung zwischen dem Werbenden und
einem Mitbewerber oder zwischen den Marken, den Handelsnamen, anderen
Unterscheidungszeichen, den Waren oder den Dienstleistungen des
Werbenden und denen eines Mitbewerbers;
e) durch sie
werden weder die Marken, die Handelsnamen oder andere
Unterscheidungszeichen noch die Waren, die Dienstleistungen, die
Tätigkeiten oder die Verhältnisse eines Mitbewerbers
herabgesetzt oder verunglimpft; ...
g) sie nutzt den
Ruf einer Marke, eines Handelsnamens oder anderer
Unterscheidungszeichen eines Mitbewerbers oder der Ursprungsbezeichnung
von Konkurrenzerzeugnissen nicht in unlauterer Weise aus;
h) sie stellt
nicht eine Ware oder eine Dienstleistung als Imitation oder Nachahmung
einer Ware oder Dienstleistung mit geschützter Marke oder
geschütztem Handelsnamen dar."
Nationales Recht
12 Die
Bestimmungen der Richtlinie 89/ 104 wurden durch das Markengesetz von
1994 (Trade Marks Act 1994) in nationales Recht umgesetzt. Die
Umsetzung von Art. 5 Abs. 1 Buchst. a und Art. 2 der Richtlinie 89/ 104
wurde durch Art. 10 Abs. 1 und 3 dieses Gesetzes gewährleistet.
13 Art. 3 der
Richtlinie 84/ 450 wurde durch die Verordnung von 2000 über die
Kontrolle der irreführenden Werbung (Control of Misleading
Advertisements [Amendment] Regulations 2000 [SI 2000/ 914]), die einen
neuen Art. 4 A in die Verordnung von 1988 über die Kontrolle der
irreführenden Werbung (Control of Misleading Advertisements
[Amendments] Regulations 1988 [SI 1988/ 915]) einführte, in
nationales Recht umgesetzt.
Ausgangsverfahren und Vorlagefragen
14 L'Oréal u. a. gehören zur Gruppe L'Oréal, die u. a* Verfahrenssprache: Englisch..
Luxusparfums herstellt und vertreibt. Im Vereinigten Königreich
sind sie Inhaber folgender bekannter Marken, die für Parfums und
andere Duftstoffe eingetragen sind:
- Wortbildmarke
in Form eines von vorn und von der Seite dargestellten Flakons des
Parfums Trésor, das insbesondere das Wort Trésor aufweist
(im Folgenden: Marke Flakon Trésor),
-
Wortbildmarke in Form einer von vorn dargestellten Parfumschachtel, in
der dieser Flakon vertrieben wird und auf der sich insbesondere der
Name Trésor findet (im Folgenden: Marke Parfumschachtel
Trésor);
- Wortbildmarke
in Form eines von vorn dargestellten Flakons des Parfums Miracle, das
insbesondere das Wort Miracle aufweist (im Folgenden: Marke Flakon
Miracle),
- Wortbildmarke
in Form einer von vorn dargestellten Parfumschachtel, in der ein Flakon
des Parfums Miracle vertrieben wird und auf der sich insbesondere der
Name Miracle findet (im Folgenden: Marke Parfumschachtel Miracle);
- der Wortmarke Anaïs-Anaïs;
- der Marken zum Parfum Noa:
- Wortmarke Noa Noa,
- Wortbildmarken, die das Wort Noa in stilisierter Form aufweisen.
15 Malaika und
Starion vertreiben Luxusparfumimitationen der Produktlinie "Creation
Lamis" im Vereinigten Königreich. Starion vertreibt auch
Luxusparfumimitationen der Produktlinien "Dorall" und "Stitch".
16 Die Produktlinien "Creation Lamis" und "Dorall" werden von Bellure erzeugt.
17 Die
Produktlinie "Creation Lamis" enthält u. a. den Duft La Valeur,
der eine Imitation des Dufts Trésor ist und dessen Flakon und
Schachtel eine allgemeine Ähnlichkeit mit den Flakons und
Schachteln des Parfums Trésor aufweisen. Dazu gehört auch
der Duft Pink Wonder, der den Duft Miracle imitiert und dessen Flakon
und Verpackung eine allgemeine Ähnlichkeit mit den Flakons und
Schachteln des Parfums Miracle aufweisen.
18 In beiden
Fällen ist unstreitig, dass die Ähnlichkeit nicht geeignet
ist, Fachleute oder das Publikum irrezuführen.
19 Die
Produktlinie "Dorall" umfasst u. a. den Duft Coffret d'Or, eine
Imitation des Parfums Trésor, dessen Flakon und Parfumschachtel
eine leichte Ähnlichkeit mit dem Flakon und der Schachtel des
Parfums Trésor aufweisen.
20 Die
schlichten Parfumschachteln der Produktlinie "Stitch" weisen keine
Ähnlichkeit mit den Flakons und Verpackungen der von
L'Oréal u. a. vertriebenen Parfums auf.
21 Beim Vertrieb
der Parfums der Produktlinien "Creation Lamis", "Dorall" und "Stitch"
verwenden Malaika und Starion Vergleichslisten, die den
Einzelhändlern übermittelt werden und die die Wortmarke des
Luxusparfums aufweisen, das das vertriebene Parfum imitiert (im
Folgenden: Vergleichslisten).
22
L'Oréal u. a. erhoben beim High Court of Justice (England &
Wales), Chancery Division, gegen Bellure, Malaika und Starion Klage
wegen Markenverletzung.
23 Sie machten
zum einen geltend, dass die Benutzung von Vergleichslisten eine
Verletzung der Rechte aus ihren Wortmarken Trésor, Miracle,
Anaïs-Anaïs und Noa sowie der Wortbildmarken Noa darstelle,
was nach Art. 10 Abs. 1 des Markengesetzes von 1994 verboten sei.
24 Zum anderen
brachten sie vor, dass die Nachahmung von Flakons und Schachteln ihrer
Erzeugnisse und der Verkauf von Parfums in diesen Aufmachungen ihre
Rechte insbesondere aus ihren Wortmarken Trésor und Miracle
sowie aus ihren Wortbildmarken Flakon Trésor, Parfumschachtel
Trésor, Flakon Miracle und Parfumschachtel Miracle verletze und
damit gegen Art. 10 Abs. 3 des Markengesetzes von 1994 verstoße.
25 Mit Urteil
vom 4. Oktober 2006 gab der High Court der Klage statt, soweit sie auf
Art. 10 Abs. 1 des Markengesetzes von 1994 gestützt war. Hingegen
gab er der auf Art. 10 Abs. 3 des Markengesetzes von 1994
gestützten Klage nur insoweit statt, als sie die Marken
Parfumschachtel Trésor und Flakon Miracle betraf.
26 Sowohl
Malaika und Starion als auch L'Oréal u. a. legten gegen dieses
Urteil beim Court of Appeal (England & Wales) (Civil Division) ein
Rechtsmittel ein.
27 Zur
Verwendung von Vergleichslisten, die die Wortmarken erwähnen,
deren Inhaber L'Oréal u. a. sind, und die diese für
vergleichende Werbung im Sinne der Richtlinie 84/ 450 halten, stellt
sich das vorlegende Gericht die Frage, ob die Benutzung der Marke eines
Mitbewerbers im Rahmen solcher Listen nach Art. 5 Abs. 1 Buchst. a der
Richtlinie 89/ 104 verboten sein kann.
28 Sei das der
Fall, stelle sich die Frage, ob eine solche Benutzung nicht trotzdem
nach Art. 6 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 89/ 104 erlaubt sein
könnte. Da die Benutzung der Marke eines Mitbewerbers in einer
vergleichenden Werbung nach Ansicht des vorlegenden Gerichts unter Art.
6 der Richtlinie 89/ 104 fällt, wenn diese Werbung Art. 3a der
Richtlinie 84/ 450 entspricht, hält es die Auslegung Letzterer
für erforderlich, um im Ausgangsverfahren entscheiden zu
können.
29 Zur
Verwendung von Verpackungen und Flakons, die denen der von
L'Oréal u. a. vertriebenen Luxusparfums ähneln, fragt das
vorlegende Gericht nach der Bedeutung des Begriffs "unlautere
Ausnutzung" im Sinne von Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 89/ 104.
30 Unter diesen
Umständen hat der Court of Appeal (England & Wales) (Civil
Division) das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen
vorgelegt:
1. Fällt
die Benutzung einer Marke in der Weise, dass ein Händler in der
Werbung für seine eigenen Waren oder Dienstleistungen die
eingetragene Marke eines Wettbewerbers für einen Vergleich der
Merkmale (und insbesondere des Geruchs) der von ihm vermarkteten Waren
mit den Merkmalen (und insbesondere dem Geruch) der von dem
Wettbewerber unter dieser Marke vermarkteten Waren so benutzt, dass
dies keine Verwechslung hervorruft oder in anderer Weise die
Hauptfunktion der Marke als Hinweis auf die Herkunft
beeinträchtigt, unter Art. 5 Abs. 1 Buchst. a oder Buchst. b der
Richtlinie 89/ 104?
2. Fällt
die Benutzung einer notorisch bekannten eingetragenen Marke im
geschäftlichen Verkehr (insbesondere in einer Vergleichsliste) in
der Weise, dass ein Händler auf ein Merkmal seines eigenen
Produkts (insbesondere dessen Duft) so hinweist, dass dies
a) keine Verwechslungsgefahr hervorruft und
b) nicht den Verkauf der Produkte unter der notorisch bekannten eingetragenen Marke beeinträchtigt und
c) nicht die
Hauptfunktion der eingetragenen Marke als Herkunftsgarantie
beeinträchtigt oder dem Ruf der Marke durch Verunglimpfung des
Images oder durch Verwässerung oder auf andere Art und Weise
schadet und
d) eine bedeutende Rolle bei der Vermarktung des Produkts des Händlers spielt,
unter Art. 5 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 89/ 104?
3. Wie ist die
Wendung "in unlauterer Weise ausnutzen" in Art. 3a Buchst. g der
Richtlinie 84/ 450 auszulegen, und nutzt insbesondere ein Händler
den Ruf einer notorisch bekannten Marke dadurch unlauter aus, dass er
sein Produkt in einer Vergleichsliste mit einem Produkt unter der
notorisch bekannten Marke vergleicht?
4. Wie ist die
Wendung "eine Ware oder eine Dienstleistung als Imitation oder
Nachahmung darstellen" in Art. 3a Buchst. h dieser Richtlinie
auszulegen, und erfasst sie den Fall, dass eine Partei lediglich
wahrheitsgemäß angibt, ihr Produkt teile ein Hauptmerkmal
(Geruch) eines notorisch bekannten, von einer Marke geschützten
Produkts, ohne dass dies in irgendeiner Weise eine Verwechslung oder
einen Irrtum hervorruft?
5. Entspricht
die Benutzung eines Zeichens - das einer eingetragenen Marke von Ruf
ähnelt, ihr aber nicht zum Verwechseln ähnlich sieht - durch
einen Händler in der Weise, dass
a) die Hauptfunktion der eingetragenen Marke als Herkunftsgarantie nicht beeinträchtigt oder gefährdet wird,
b) die
eingetragene Marke oder ihr Ruf weder verunglimpft noch undeutlich
gemacht wird und auch keine Gefahr besteht, dass dies geschieht,
c) die Verkäufe des Markeninhabers nicht beeinträchtigt werden und
d) der
Markeninhaber nicht um den Lohn für die Förderung, die Pflege
oder die Stärkung seiner Marke gebracht wird,
e) der
Händler jedoch durch die Benutzung seines Zeichens aufgrund von
dessen Ähnlichkeit mit der eingetragenen Marke einen
wirtschaftlichen Vorteil erlangt,
der Ausnutzung des Rufs der eingetragenen Marke "in unlauterer Weise" im Sinne von Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 89/ 104?
Zu den Vorlagefragen
31 Wie vom
vorlegenden Gericht ausgeführt wurde, betreffen die Fragen 1 bis 4
nach der Auslegung von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 89/ 104 und von
Art. 3a Abs. 1 der Richtlinie 84/ 450 die Benutzung der Wortmarken,
deren Inhaber L'Oréal u. a. sind, in Vergleichslisten durch die
Beklagten des Ausgangsverfahrens, während die fünfte Frage
nach der Auslegung von Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 89/ 104 die
Verwendung von Parfumschachteln und Flakons betrifft, die denen der von
L'Oréal u. a. vertriebenen Luxusparfums ähneln, die durch
Wort- und Bildmarken geschützt sind. Da Art. 5 Abs. 2 der
Richtlinie 89/ 104 aber auch auf die Benutzung dieser Marken in den
fraglichen Vergleichslisten anzuwenden sein kann, ist zunächst die
fünfte Frage zu beantworten.
Zur fünften Frage
32 Mit seiner
fünften Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 5
Abs. 2 der Richtlinie 89/ 104 dahin auszulegen ist, dass ein Dritter,
der ein Zeichen benutzt, das einer Marke mit Wertschätzung
ähnelt, die Marke im Sinne dieser Bestimmung in unlauterer Weise
ausnutzt, wenn ihm diese Benutzung einen Vorteil beim Vertrieb seiner
Waren bringt, ohne aber für das Publikum eine Verwechslungsgefahr
mit sich zu bringen oder die Marke oder den Inhaber der Marke zu
schädigen oder die Gefahr einer solchen Schädigung zu
schaffen.
33 Zunächst
ist daran zu erinnern, dass der rechtliche und tatsächliche Rahmen
vom vorlegenden Gericht festgelegt wird, so dass es nicht Sache des
Gerichtshofs ist, die Würdigung von Tatsachen in Frage zu stellen
(vgl. in diesem Sinne Urteile vom 13. November 2003, Neri, C-153/ 02,
Slg. 2003, I-13555, Randnrn. 34 und 35, sowie vom 17. Juli 2008, ASM
Brescia, C-347/ 06, Slg. 2008, I-0000, Randnr. 28). Daher ist der
Gerichtshof an die Annahme des vorlegenden Gerichts gebunden, dass die
Benutzung eines einer Marke ähnelnden Zeichens durch einen Dritten
zur Vermarktung von Waren, die die Waren imitieren, für die diese
Marke eingetragen wurde, für den Vertrieb der Waren des Dritten
vorteilhaft ist, ohne zugleich dem Image oder dem Vertrieb der Waren
mit dieser Marke zu schaden, auch wenn das, wie die Regierung des
Vereinigten Königreichs und die französische Regierung
vorgetragen haben, zunächst wenig wahrscheinlich erscheinen sollte.
34 Art. 5 Abs. 2
der Richtlinie 89/ 104 führt für bekannte Marken einen Schutz
ein, der über den in Abs. 1 dieses Artikels vorgesehenen Schutz
hinausgeht. Die spezifische Voraussetzung für diesen Schutz
besteht in einer Benutzung eines einer eingetragenen Marke identischen
oder ähnlichen Zeichens, die die Unterscheidungskraft oder die
Wertschätzung dieser Marke ohne rechtfertigenden Grund in
unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt oder ausnutzen oder
beeinträchtigen würde (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 22.
Juni 2000, Marca Mode, C-425/ 98, Slg. 2000, I-4861, Randnr. 36, vom
23. Oktober 2003, Adidas-Salomon und Adidas Benelux, C-408/ 01, Slg.
2003, I-12537, Randnr. 27, vom 10. April 2008, adidas und adidas
Benelux, C-102/ 07, Slg. 2008, I-2439, Randnr. 40, und zu Art. 4 Abs. 4
Buchst. a der Richtlinie 89/ 104 Urteil vom 27. November 2008, Intel
Corporation, C-252/ 07, Slg. 2008, I-0000, Randnr. 26).
35 Im
Übrigen hat der Gerichtshof klargestellt, dass Art. 5 Abs. 2 der
Richtlinie 89/ 104 auch in Bezug auf Waren oder Dienstleistungen gilt,
die mit denen, für die die Marke eingetragen ist, identisch oder
ihnen ähnlich sind (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 9. Januar
2003, Davidoff, C-292/ 00, Slg. 2003, I-389, Randnr. 30, Adidas-Salomon
und Adidas Benelux, Randnrn. 18 bis 22, sowie adidas und adidas
Benelux, Randnr. 37).
36 Treten die in
Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 89/ 104 genannten Beeinträchtigungen
auf, so sind sie die Folge eines bestimmten Grades der Ähnlichkeit
zwischen der Marke und dem Zeichen, aufgrund dessen die beteiligten
Verkehrskreise einen Zusammenhang zwischen dem Zeichen und der Marke
sehen, d. h. die beiden gedanklich miteinander verknüpfen, ohne
sie jedoch zu verwechseln. Es ist daher nicht erforderlich, dass der
Grad der Ähnlichkeit zwischen der bekannten Marke und dem von dem
Dritten benutzten Zeichen so hoch ist, dass für die beteiligten
Verkehrskreise eine Verwechslungsgefahr besteht. Es genügt, dass
der Grad der Ähnlichkeit zwischen der bekannten Marke und dem
Zeichen bewirkt, dass die beteiligten Verkehrskreise das Zeichen und
die Marke gedanklich miteinander verknüpfen (vgl. Urteile
Adidas-Salomon und Adidas Benelux, Randnrn. 29 und 31, und adidas und
adidas Benelux, Randnr. 41).
37 Das Vorliegen
einer solchen Verknüpfung beim Publikum stellt eine notwendige
Voraussetzung dar, die aber als solche nicht genügt, um daraus den
Schluss zu ziehen, dass eine der Beeinträchtigungen gegeben ist,
gegen die Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 89/ 104 den Schutz zugunsten
bekannter Marken sicherstellt (vgl. in diesem Sinne Urteil Intel
Corporation, Randnrn. 31 und 32).
38 Diese
Beeinträchtigungen sind erstens die Beeinträchtigung der
Unterscheidungskraft der Marke, zweitens die Beeinträchtigung der
Wertschätzung dieser Marke und drittens das unlautere Ausnutzen
der Unterscheidungskraft oder der Wertschätzung dieser Marke (vgl.
in diesem Sinne Urteil Intel Corporation, Randnr. 27).
39 Was die auch
als "Verwässerung" oder "Schwächung" bezeichnete
Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft der Marke angeht, so
liegt eine solche vor, wenn die Eignung dieser Marke, die Waren oder
Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, zu identifizieren,
geschwächt wird, weil die Benutzung des identischen oder
ähnlichen Zeichens durch Dritte zur Auflösung der
Identität der Marke und ihrer Bekanntheit beim Publikum
führt. Dies ist insbesondere der Fall, wenn die Marke, die eine
unmittelbare gedankliche Verbindung mit den von ihr erfassten Waren und
Dienstleistungen hervorrief, dies nicht mehr zu bewirken vermag (vgl.
in diesem Sinne Urteil Intel Corporation, Randnr. 29).
40 Was die
Beeinträchtigung der Wertschätzung der Marke betrifft, auch
als "Verunglimpfung" oder "Herabsetzung" bezeichnet, so liegt diese
Beeinträchtigung dann vor, wenn die Waren oder Dienstleistungen,
für die das identische oder ähnliche Zeichen von Dritten
benutzt wird, auf die Öffentlichkeit in einer solchen Weise wirken
können, dass die Anziehungskraft der Marke geschmälert wird.
Die Gefahr einer solchen Beeinträchtigung kann sich insbesondere
daraus ergeben, dass die von Dritten angebotenen Waren oder
Dienstleistungen Merkmale oder Eigenschaften aufweisen, die sich
negativ auf das Bild einer bekannten älteren Marke auswirken
können.
41 Was den
Begriff "unlautere Ausnutzung der Unterscheidungskraft oder der
Wertschätzung der Marke", auch als "parasitäres Verhalten"
und "Trittbrettfahren" bezeichnet, betrifft, ist er nicht nur mit der
Beeinträchtigung der Marke verknüpft, sondern auch mit dem
Vorteil, den der Dritte aus der Benutzung des identischen oder
ähnlichen Zeichens zieht. Er umfasst insbesondere die Fälle,
in denen aufgrund der Übertragung des Bildes der Marke oder der
durch sie vermittelten Merkmale auf die mit dem identischen oder
ähnlichen Zeichen gekennzeichneten Waren eine eindeutige
Ausnutzung der bekannten Marke gegeben ist.
42 Für die
Anwendbarkeit von Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 89/ 104 genügt es,
dass eine dieser drei Arten von Beeinträchtigungen vorliegt (vgl.
in diesem Sinne Urteil Intel Corporation, Randnr. 28).
43 Daraus folgt,
dass sich der Vorteil, den ein Dritter aus der Unterscheidungskraft
oder der Wertschätzung der Marke zieht, als unlauter erweisen
kann, auch wenn die Benutzung des identischen oder ähnlichen
Zeichens weder die Unterscheidungskraft noch die Wertschätzung der
Marke oder allgemeiner den Inhaber der Marke beeinträchtigt.
44 Zur
Feststellung, ob die Benutzung eines Zeichens die Unterscheidungskraft
oder die Wertschätzung der Marke in unlauterer Weise ausnutzt, ist
eine umfassende Beurteilung aller relevanten Umstände des
konkreten Falls vorzunehmen, insbesondere des Ausmaßes der
Bekanntheit und des Grades der Unterscheidungskraft der Marke, des
Grades der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Marken
sowie der Art der betroffenen Waren und Dienstleistungen und des Grades
ihrer Nähe. Hinsichtlich des Ausmaßes der Bekanntheit und
des Grades der Unterscheidungskraft der älteren Marke hat der
Gerichtshof bereits entschieden, dass eine Beeinträchtigung umso
eher vorliegen wird, je größer die Unterscheidungskraft und
die Wertschätzung der Marke sind. Je unmittelbarer und
stärker die Marke von dem Zeichen in Erinnerung gerufen wird,
desto größer ist die Gefahr, dass die gegenwärtige oder
künftige Benutzung des Zeichens die Unterscheidungskraft oder die
Wertschätzung der älteren Marke in unlauterer Weise ausnutzt
oder beeinträchtigt (vgl. in diesem Sinne Urteil Intel
Corporation, Randnrn. 67 bis 69).
45
Außerdem ist festzustellen, dass im Rahmen einer solchen
umfassenden Beurteilung gegebenenfalls auch berücksichtigt werden
kann, ob eine Gefahr der Verwässerung oder der Verunglimpfung der
Marke besteht.
46 Im
vorliegenden Fall ist unstreitig, dass Malaika und Starion Verpackungen
und Flakons, die den von L'Oréal u. a. eingetragenen bekannten
Marken ähneln, zum Vertrieb von Parfums verwenden, die
"minderwertige" Imitationen der Luxusparfums sind, für die diese
Marken eingetragen wurden und verwendet werden.
47 Das
vorlegende Gericht hat einen Zusammenhang zwischen bestimmten von
Malaika und Starion verwendeten Aufmachungen und bestimmten Marken
für Parfumschachteln und Flakons festgestellt, deren Inhaber
L'Oréal u. a. sind. Im Übrigen geht aus dem
Vorlagebeschluss hervor, dass dieser Zusammenhang den Beklagten des
Ausgangsverfahrens einen wirtschaftlichen Vorteil verschafft. Aus dem
Beschluss ergibt sich auch, dass die Ähnlichkeit zwischen diesen
Marken und den von Malaika und Starion vertriebenen Waren absichtlich
gesucht wurde, um beim Publikum eine gedankliche Verbindung zwischen
den Luxusparfums und ihren Imitaten zur Erleichterung des Vertriebs
Letzterer zu schaffen.
48 Bei der
umfassenden Beurteilung, die das vorlegende Gericht für die
Feststellung vornehmen muss, ob unter diesen Umständen eine
unlautere Ausnutzung der Unterscheidungskraft oder der
Wertschätzung der Marke vorliegt, ist insbesondere der Umstand zu
berücksichtigen, dass mit der Verwendung von Parfumschachteln und
Flakons, die denen der imitierten Parfums ähnlich sind, von der
Unterscheidungskraft und Wertschätzung der Marken, unter denen
diese Parfums vertrieben werden, zu Werbezwecken profitiert werden soll.
49 Versucht ein
Dritter, sich durch die Verwendung eines Zeichens, das einer bekannten
Marke ähnlich ist, in den Bereich der Sogwirkung dieser Marke zu
begeben, um von ihrer Anziehungskraft, ihrem Ruf und ihrem Ansehen zu
profitieren, und ohne jede finanzielle Gegenleistung und ohne
dafür eigene Anstrengungen machen zu müssen, die
wirtschaftlichen Anstrengungen des Markeninhabers zur Schaffung und
Aufrechterhaltung des Images dieser Marke auszunutzen, ist der sich aus
dieser Verwendung ergebende Vorteil als unlautere Ausnutzung der
Unterscheidungskraft oder der Wertschätzung der Marke anzusehen.
50 Nach alledem
ist auf die fünfte Frage zu antworten, dass Art. 5 Abs. 2 der
Richtlinie 89/ 104 dahin auszulegen ist, dass das Vorliegen einer
unlauteren Ausnutzung der Unterscheidungskraft oder der
Wertschätzung der Marke im Sinne dieser Bestimmung weder das
Bestehen einer Verwechslungsgefahr noch die Gefahr einer
Beeinträchtigung dieser Unterscheidungskraft oder
Wertschätzung oder allgemein des Inhabers der Marke voraussetzt.
Der Vorteil, der sich aus der Verwendung eines Zeichens, das einer
bekannten Marke ähnlich ist, durch einen Dritten ergibt, ist eine
unlautere Ausnutzung der Unterscheidungskraft oder der
Wertschätzung der Marke durch den Dritten, wenn dieser durch die
Verwendung versucht, sich in den Bereich der Sogwirkung dieser Marke zu
begeben, um von ihrer Anziehungskraft, ihrem Ruf und ihrem Ansehen zu
profitieren und um ohne finanzielle Gegenleistung die wirtschaftlichen
Anstrengungen des Markeninhabers zur Schaffung und Aufrechterhaltung
des Images dieser Marke auszunutzen.
Zur ersten und zur zweiten Frage
51 Mit der
ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 5 Abs.
1 Buchst. a oder b der Richtlinie 89/ 104 dahin auszulegen ist, dass
der Inhaber einer eingetragenen Marke die Benutzung eines mit dieser
Marke identischen Zeichens für Waren oder Dienstleistungen, die
mit denjenigen identisch sind, für die diese Marke eingetragen
ist, durch einen Dritten in einer vergleichenden Werbung untersagen
kann, wenn diese Verwendung die Hauptfunktion der Marke als Hinweis auf
die Herkunft der Waren oder Dienstleistungen nicht beeinträchtigen
kann. Mit der zweiten Frage, die gemeinsam mit der ersten zu
prüfen ist, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob der
Inhaber einer notorisch bekannten Marke einer solchen Benutzung nach
Art. 5 Abs. 1 Buchst. a widersprechen kann, wenn die Benutzung die
Marke oder eine ihrer Hauptfunktionen nicht beeinträchtigen kann,
aber trotzdem eine bedeutende Rolle bei der Vermarktung des Produkts
oder der Dienstleistungen des Dritten spielt.
52 Zunächst
ist festzustellen, dass Vergleichslisten wie die im Ausgangsverfahren
streitigen als vergleichende Werbung eingestuft werden können.
Denn Werbung im Sinne von Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 84/ 450 ist jede
Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes,
Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder
die Erbringung von Dienstleistungen zu fördern. Nach Art. 2 Nr. 2a
ist eine solche Werbung als vergleichende Werbung zu beurteilen, wenn
ein Mitbewerber oder die Erzeugnisse oder Dienstleistungen, die von
einem Mitbewerber angeboten werden, unmittelbar oder mittelbar
erkennbar gemacht werden. Angesichts dieser besonders weiten
Definitionen kann es sehr unterschiedliche Formen von vergleichender
Werbung geben (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 25. Oktober 2001,
Toshiba Europe, C-112/ 99, Slg. 2001, I-7945, Randnrn. 28 und 31, vom
8. April 2003, Pippig Augenoptik, C-44/ 01, Slg. 2003, I-3095, Randnr.
35, vom 19. April 2007, De Landtsheer Emmanuel, C-381/ 05, Slg. 2007,
I-3115, Randnr. 16, sowie vom 12. Juni 2008, O2 Holdings und O2 [UK],
C-533/ 06, Slg. 2008, I-4231, Randnr. 42).
53 Im
Übrigen ist die Benutzung eines mit der Marke eines Mitbewerbers
identischen oder ihr ähnlichen Zeichens durch einen Werbenden in
einer vergleichenden Werbung zu dem Zweck, die von ihm angebotenen
Waren oder Dienstleistungen zu identifizieren, als eine Benutzung im
Sinne von Art. 5 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 89/ 104 für die
eigenen Waren und Dienstleistungen des Werbenden anzusehen. Eine solche
Benutzung kann daher gegebenenfalls gemäß diesen
Bestimmungen verboten werden (vgl. Urteil O2 Holdings und O2 [UK],
Randnrn. 36 und 37).
54 Der
Gerichtshof hat aber dargelegt, dass der Inhaber einer eingetragenen
Marke nicht berechtigt ist, einem Dritten die Benutzung eines mit
seiner Marke identischen oder ihr ähnlichen Zeichens in einer
vergleichenden Werbung zu verbieten, die alle in Art. 3a Abs. 1 der
Richtlinie 84/ 450 genannten Zulässigkeitsbedingungen erfüllt
(vgl. Urteil O2 Holdings und O2 [UK], Randnrn. 45 und 51).
55 Es ist
unstreitig, dass Malaika und Starion die Wortmarken Trésor,
Miracle, Anaïs-Anaïs und Noa, so wie sie von L'Oréal
u. a. eingetragen wurden, in den Parfumvergleichslisten verwendet haben
und nicht Zeichen, die diesen Marken lediglich ähnlich waren.
Außerdem sind sie für Waren verwendet worden, die mit den
Waren identisch sind, für die die Marken eingetragen sind,
nämlich für Parfum.
56 Eine solche
Verwendung fällt in den Anwendungsbereich von Art. 5 Abs. 1
Buchst. a der Richtlinie 89/ 104 und nicht in den von Art. 5 Abs. 1
Buchst. b dieser Richtlinie.
57 Nach Art. 5
Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 89/ 104 gewährt die eingetragene
Marke ihrem Inhaber ein ausschließliches Recht. Nach Art. 5 Abs.
1 Buchst. a dieser Richtlinie gestattet dieses Recht dem Inhaber,
Dritten zu verbieten, ohne seine Zustimmung im geschäftlichen
Verkehr ein mit der Marke identisches Zeichen für Waren oder
Dienstleistungen zu benutzen, die mit denjenigen identisch sind,
für die die Marke eingetragen ist.
58 Der
Gerichtshof hat bereits entschieden, dass das in Art. 5 Abs. 1 Buchst.
a der Richtlinie 89/ 104 niedergelegte ausschließliche Recht
gewährt wurde, um dem Markeninhaber den Schutz seiner spezifischen
Interessen als Inhaber dieser Marke zu ermöglichen, d. h. um
sicherzustellen, dass diese Marke ihre Funktionen erfüllen kann,
und dass die Ausübung dieses Rechts daher auf Fälle
beschränkt bleiben muss, in denen die Benutzung des Zeichens durch
einen Dritten die Funktionen der Marke und insbesondere ihre
Hauptfunktion, d. h. die Gewährleistung der Herkunft der Ware
gegenüber den Verbrauchern, beeinträchtigt oder
beeinträchtigen könnte (Urteile vom 12. November 2002,
Arsenal Football Club, C-206/ 01, Slg. 2002, I-10273, Randnr. 51, vom
16. November 2004, Anheuser-Busch, C-245/ 02, Slg. 2004, I-10989,
Randnr. 59, und vom 25. Januar 2007, Adam Opel, C-48/ 05, Slg. 2007,
I-1017, Randnr. 21). Zu diesen Funktionen gehört nicht nur die
Hauptfunktion der Marke, die Gewährleistung der Herkunft der Ware
oder Dienstleistung gegenüber den Verbrauchern, sondern es
gehören dazu auch ihre anderen Funktionen wie u. a. die
Gewährleistung der Qualität dieser Ware oder Dienstleistung
oder die Kommunikations-, Investitions- oder Werbefunktionen.
59 Der durch
Art. 5 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 89/ 104 gewährte Schutz ist
somit weiter als nach Art. 5 Abs. 1 Buchst. b, dessen Anwendung das
Vorliegen einer Verwechslungsgefahr und demnach die Möglichkeit
der Beeinträchtigung einer Hauptfunktion der Marke voraussetzt
(vgl. in diesem Sinne Urteile Davidoff, Randnr. 28, und O2 Holdings und
O2 [UK], Randnr. 57). Denn nach dem zehnten Erwägungsgrund der
Richtlinie 89/ 104 ist der durch die eingetragene Marke gewährte
Schutz im Fall der Identität zwischen der Marke und dem Zeichen
und zwischen den Waren oder Dienstleistungen absolut, während im
Fall der Ähnlichkeit zwischen der Marke und dem Zeichen und
zwischen den Waren oder Dienstleistungen die Verwechslungsgefahr die
spezifische Voraussetzung für den Schutz darstellt.
60 Aus der in
Randnr. 58 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung
geht hervor, dass der Inhaber einer Marke der Benutzung eines mit
dieser Marke identischen Zeichens auf der Grundlage von Art. 5 Abs. 1
Buchst. a der Richtlinie 89/ 104 nicht widersprechen kann, wenn diese
Benutzung keine der Funktionen der Marke beeinträchtigen kann
(vgl. auch Urteile Arsenal Football Club, Randnr. 54, und Adam Opel,
Randnr. 22).
61
Demgemäß hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass
bestimmte Arten der Benutzung zu rein beschreibenden Zwecken vom
Anwendungsbereich des Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 89/ 104
ausgeschlossen sind, da sie keines der Interessen beeinträchtigen,
deren Schutz diese Bestimmung bezweckt, und somit nicht unter den
Begriff der Benutzung im Sinne dieser Bestimmung fallen (vgl. in diesem
Sinne Urteil vom 14. Mai 2002, Hölterhoff, C-2/ 00, Slg. 2002,
I-4187, Randnr. 16).
62 Dazu ist
jedoch auszuführen, dass sich die im Ausgangsverfahren
beschriebene Situation grundsätzlich von der Sachlage
unterscheidet, die dem Urteil Hölterhoff zugrunde gelegen hat, da
die Benutzung der Wortmarken, deren Inhaber L'Oréal u. a. sind,
in den von Malaika und Starion verbreiteten Vergleichslisten keine rein
beschreibenden Zwecke, sondern Werbezwecke verfolgt.
63 Es obliegt
dem vorlegenden Gericht, zu prüfen, ob in einer Situation wie der
des Ausgangsverfahrens die Benutzung der Marken, deren Inhaber
L'Oréal u. a. sind, eine der Funktionen dieser Marken
beeinträchtigen kann, wie u. a. die Kommunikations-, Investitions-
oder Werbefunktionen der Marken.
64 Da das
vorlegende Gericht im Übrigen festgestellt hat, dass die Marken
Wertschätzung genießen, kann ihre Verwendung in den
Vergleichslisten auch nach Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 89/ 104
verboten sein, dessen Anwendbarkeit, wie in Randnr. 50 des vorliegenden
Urteils dargelegt wurde, nicht notwendigerweise davon abhängt,
dass die Gefahr einer Beeinträchtigung der Marke oder ihres
Inhabers besteht, vorausgesetzt, der Dritte nutzt die Benutzung der
Marke in unlauterer Weise aus.
65 In Anbetracht
des Vorstehenden ist auf die erste und die zweite Frage zu antworten,
dass Art. 5 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 89/ 104 dahin auszulegen
ist, dass der Inhaber einer eingetragenen Marke die Benutzung eines mit
seiner Marke identischen Zeichens für Waren oder Dienstleistungen,
die mit denjenigen identisch sind, für die die Marke eingetragen
wurde, durch einen Dritten in einer vergleichenden Werbung, die nicht
alle in Art. 3a Abs. 1 der Richtlinie 84/ 450 genannten
Zulässigkeitsvoraussetzungen erfüllt, untersagen kann, auch
wenn diese Benutzung die Hauptfunktion der Marke, die darin besteht,
auf die Herkunft der Waren oder Dienstleistungen hinzuweisen, nicht
beeinträchtigen kann, vorausgesetzt, diese Benutzung
beeinträchtigt eine der anderen Funktionen der Marke oder
könnte sie beeinträchtigen.
Zur dritten und zur vierten Frage
66 Mit der
dritten und der vierten Frage, die gemeinsam zu prüfen sind,
möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 3a Abs. 1 der
Richtlinie 84/ 450 dahin auszulegen ist, dass ein Werbender, wenn er
mittels einer Vergleichsliste und ohne eine Verwechslung oder einen
Irrtum hervorzurufen, darauf hinweist, dass seine Ware ein Hauptmerkmal
aufweist, das einer unter einer notorisch bekannten Marke vertriebenen
Ware ähnlich ist, die vom Produkt des Werbenden imitiert wird, die
Bekanntheit dieser Marke im Sinne von Art. 3a Abs. 1 Buchst. g in
unlauterer Weise ausnutzt oder im Sinne von Art. 3a Abs. 1 Buchst. h
"eine Ware oder eine Dienstleistung als Imitation oder Nachahmung"
darstellt.
67 In Art. 3a
Abs. 1 Buchst. a bis h der Richtlinie 84/ 450 werden die kumulativen
Bedingungen aufgezählt, die eine vergleichende Werbung
erfüllen muss, um als zulässig zu gelten.
68 Diese
Bedingungen bezwecken eine Abwägung der verschiedenen Interessen,
die durch die Genehmigung der vergleichenden Werbung berührt sein
können. So ergibt sich aus den Erwägungsgründen 2, 7 und
9 der Richtlinie 97/ 55, dass Art. 3a den Wettbewerb zwischen den
Anbietern von Waren und Dienstleistungen im Interesse der Verbraucher
fördern soll, indem den Mitbewerbern erlaubt wird, die Vorteile
der verschiedenen vergleichbaren Erzeugnisse objektiv herauszustellen,
und zugleich Praktiken verboten werden, die den Wettbewerb verzerren,
die Mitbewerber schädigen und die Entscheidung der Verbraucher
negativ beeinflussen können.
69 Daraus folgt,
dass die in Art. 3a Abs. 1 genannten Anforderungen im günstigsten
Sinne auszulegen sind, damit mit der Werbung objektiv die Eigenschaften
der Waren oder Dienstleistungen verglichen werden können (vgl. in
diesem Sinne Urteil De Landtsheer Emmanuel, Randnr. 35 und die dort
angeführte Rechtsprechung), wobei sicherzustellen ist, dass die
vergleichende Werbung nicht in einer wettbewerbswidrigen und unlauteren
oder die Verbraucherinteressen beeinträchtigenden Weise betrieben
wird.
70 Was die
Verwendung der Marke eines Mitbewerbers in einer vergleichenden Werbung
betrifft, unterliegt diese Verwendung nach Art. 3a Abs. 1 der
Richtlinie 84/ 450 insbesondere vier speziellen Bedingungen, die in
Art. 3a Abs. 1 Buchst. d, e, g und h genannt werden. Danach wird
verlangt, dass die Verwendung der Marke weder die Verwechslung noch die
Herabsetzung oder Verunglimpfung der Marke verursacht, den Ruf der
Marke nicht in unlauterer Weise ausnutzt und eine Ware oder
Dienstleistung nicht als Imitation oder Nachahmung einer Ware oder
Dienstleistung mit dieser Marke darstellt.
71 Wie sich aus
den Erwägungsgründen 13 bis 15 der Richtlinie 97/ 55 ergibt,
sollen diese Bedingungen zum einen das Interesse des Markeninhabers,
den Schutz seines Ausschließlichkeitsrechts zu genießen,
und zum anderen das Interesse der Mitbewerber des Markeninhabers sowie
das der Verbraucher an einer wirksamen vergleichenden Werbung, durch
die die Unterschiede zwischen den angebotenen Waren oder
Dienstleistungen objektiv herausgestellt werden, in Einklang bringen.
72 Daraus folgt,
dass die Benutzung der Marke eines Mitbewerbers in einer vergleichenden
Werbung gemeinschaftsrechtlich zulässig ist, wenn in dem Vergleich
Unterschiede auf solche Weise objektiv herausgestellt werden und der
Vergleich nicht bezweckt oder bewirkt, Situationen des unlauteren
Wettbewerbs, wie sie insbesondere in Art. 3a Abs. 1 Buchst. d, e, g und
h der Richtlinie 84/ 450 beschrieben werden, hervorzurufen (vgl. in
diesem Sinne Urteil Pippig Augenoptik, Randnr. 49).
73 Was erstens
Art. 3a Abs. 1 Buchst. h der Richtlinie 84/ 450 betrifft, wonach die
vergleichende Werbung keine Ware oder Dienstleistung als Imitation oder
Nachahmung einer Ware oder Dienstleistung mit geschützter Marke
oder geschütztem Handelsnamen darstellen darf, ergibt sich aus dem
Wortlaut dieser Bestimmung sowie aus dem 19. Erwägungsgrund der
Richtlinie 97/ 55 deutlich, dass diese Bedingung nicht nur für
gefälschte Waren gilt, sondern für alle Imitationen und
Nachahmungen.
74
Außerdem folgt aus einer systematischen Auslegung von Art. 3a
Abs. 1 Buchst. h der Richtlinie 84/ 450, dass dieser weder voraussetzt,
dass die vergleichende Werbung irreführend ist, noch, dass
Verwechslungsgefahr besteht. Das Fehlen von Irreführung und
Verwechslungsgefahr sind nämlich eigenständige Bedingungen
der Zulässigkeit der vergleichenden Werbung nach Art. 3a Abs. 1
Buchst. a und d.
75 Besonderer
Gegenstand der Bedingung nach Art. 3a Abs. 1 Buchst. h der Richtlinie
84/ 450 ist das dem Werbenden auferlegte Verbot, in der vergleichenden
Werbung erkennen zu lassen, dass die von ihm vertriebene Ware oder
erbrachte Dienstleistung eine Imitation oder Nachahmung der Markenware
oder -dienstleistung ist. Wie der Generalanwalt in Nr. 84 seiner
Schlussanträge ausgeführt hat, sind nicht nur
Werbebotschaften verboten, die den Gedanken an eine Imitation oder
Nachahmung ausdrücklich wecken, sondern auch solche Botschaften,
die in Anbetracht ihrer Gesamtdarstellung und des wirtschaftlichen
Kontextes im jeweiligen Fall geeignet sind, den betreffenden
Verkehrskreisen diesen Gedanken implizit zu vermitteln.
76 Es ist
unstreitig, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden
Vergleichslisten den Zweck und die Wirkung haben, die betreffenden
Verkehrskreise auf das Originalparfum hinzuweisen, als dessen
Imitationen die von Malaika und Starion vertriebenen Parfums gelten.
Diese Listen beweisen daher, dass die Parfums Imitationen der unter
bestimmen Marken, deren Inhaber L'Oréal u. a. sind, vertriebenen
Parfums sind, und sie stellen folglich die vom Werbenden vertriebenen
Waren als Imitationen von Waren mit geschützter Marke im Sinne von
Art. 3a Abs. 1 Buchst. h der Richtlinie 84/ 450 dar. Wie der
Generalanwalt in Nr. 88 seiner Schlussanträge ausgeführt hat,
ist es unerheblich, ob die Werbebotschaft die Aussage enthält,
dass es sich um eine umfassende Imitation der Ware mit geschützter
Marke handelt oder nur um die Imitation eines wesentlichen Merkmals der
Ware, wie im vorliegenden Fall ihres Geruchs.
77 Was zweitens
Art. 3a Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 84/ 450 angeht, wonach die
vergleichende Werbung den Ruf einer Marke nicht in unlauterer Weise
ausnutzen darf, ist festzustellen, dass der Begriff "unlauteres
Ausnutzen" dieses Rufs, der sowohl in dieser Bestimmung als auch in
Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 89/ 104 verwendet wird, im Licht der
Erwägungsgründe 13 bis 15 der Richtlinie 97/ 55
grundsätzlich einheitlich auszulegen ist (vgl. entsprechend Urteil
O2 Holdings und O2 [UK], Randnr. 49).
78 Da in Randnr.
76 des vorliegenden Urteils ausgeführt worden ist, dass die von
den Beklagten des Ausgangsverfahrens verwendeten Vergleichslisten die
von ihnen vertriebenen Parfums als Imitation oder Nachahmung der Waren
mit geschützter Marke im Sinne von Art. 3a Abs. 1 Buchst. h der
Richtlinie 84/ 450 darstellen, ist die dritte Frage so zu verstehen,
dass gefragt wird, ob der sich aus der Verwendung dieser Listen
ergebende Vorteil unter solchen Umständen durch die unlautere
Ausnutzung des Rufs dieser geschützten Marke im Sinne von Art. 3a
Abs. 1 Buchst. g erzielt wurde.
79 Sobald eine
vergleichende Werbung, die die Waren des Werbenden als Imitation einer
Markenware darstellt, durch die Richtlinie 84/ 450 als gegen den
lauteren Wettbewerb verstoßend und somit als unerlaubt eingestuft
wird, ist der aufgrund einer solchen Werbung durch den Werbenden
erzielte Vorteil das Ergebnis eines unlauteren Wettbewerbs und ist
daher als unlautere Ausnutzung des Rufs dieser Marke zu betrachten.
80 Daher ist auf
die dritte und die vierte Frage zu antworten, dass Art. 3a Abs. 1 der
Richtlinie 84/ 450 dahin auszulegen ist, dass ein Werbender, der in
einer vergleichenden Werbung ausdrücklich oder implizit
erwähnt, dass die Ware, die er vertreibt, eine Imitation einer
Ware mit notorisch bekannter Marke ist, "eine Ware oder eine
Dienstleistung als Imitation oder Nachahmung" im Sinne von Art. 3a Abs.
1 Buchst. h darstellt. Der aufgrund einer solchen unerlaubten
vergleichenden Werbung durch den Werbenden erzielte Vorteil ist als
"unlautere Ausnutzung" des Rufs dieser Marke im Sinne von Art. 3a Abs.
1 Buchst. g zu betrachten.
Kosten
81 Für die
Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in
dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die
Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen
anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem
Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.