In der
Verwaltungsstreitsache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die
mündliche Verhandlung vom 1. Oktober 2014
durch den
Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Neumann und die
Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Möller, Hahn, Prof.
Dr. Hecker und Dr. Decker
für
Recht erkannt:
Das Urteil
des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 11.
September 2013 sowie das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom
18. April 2012 werden geändert. Es wird festgestellt, dass der
Direktor des Amtsgerichts Nürtingen verpflichtet gewesen ist,
dem Kläger auch Auskunft über die Namen des
Verteidigers und des Staatsanwalts, die am Strafverfahren des
Amtsgerichts Nürtingen - 20 Ls 56 Js 18187/09 jug - mitgewirkt
haben, durch Überlassung einer hinsichtlich dieser Personen
nicht anonymisierten Abschrift des Strafurteils vom 2. Juli 2009 zu
erteilen.
Im
Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.
Von den
Kosten des Revisionsverfahrens tragen der Beklagte zwei Drittel und der
Kläger ein Drittel. Unter Einbeziehung des
rechtskräftig gewordenen Teils der Kostenentscheidung tragen
von den Kosten des Berufungsverfahrens und den Kosten des
erstinstanzlichen Klageverfahrens der Kläger zwei
Fünftel und der Beklagte drei Fünftel.
Gründe
I
1 Im Streit
ist der Umfang des Presseauskunftsrechts in Bezug auf die Namen von
Personen, die an einem strafgerichtlichen Verfahren mitgewirkt haben.
2 Der
Kläger ist Redakteur der juristischen Fachzeitschrift
„Anwaltsnachrichten Ausländer- und
Asylrecht“ (ANA-ZAR). Er wurde durch ein Urteil des
Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 16. März 2010 auf ein
Strafurteil des Amtsgerichts Nürtingen -
Jugendschöffengericht - vom 2. Juli 2009 aufmerksam, mit dem
ein afghanischer Staatsangehöriger zu einer Jugendstrafe von
sechs Monaten verurteilt worden war. In den
Entscheidungsgründen des Urteils des Verwaltungsgerichts
Stuttgart vom 16. März 2010, das die Ausweisung des
Verurteilten betraf, war das Strafurteil als rechtsfehlerhaft
bezeichnet worden.
3 Der
Kläger bat den Direktor des Amtsgerichts Nürtingen um
Übersendung einer Abschrift des Strafurteils vom 2. Juli 2009
zwecks Publikation in den ANA-ZAR. Er erhielt eine anonymisierte
Urteilsabschrift. Mitgeteilt wurde ihm später der Name der
Berufsrichterin. Mit Schreiben vom 25. Mai 2010 lehnte der Direktor des
Amtsgerichts das Ersuchen des Klägers ab, ihm eine
hinsichtlich der Personen, die berufsmäßig am
Verfahren mitgewirkt haben, nicht anonymisierte Urteilsabschrift zu
übersenden. Sinngemäß hieß es in
dem Schreiben, die Belange der Schöffen, des
Sitzungsvertreters der Staatsanwaltschaft, der Urkundsbeamtin der
Geschäftsstelle und des Verteidigers seien bei
Abwägung gegen die Belange der Presse als vorrangig
einzustufen. Der Kläger legte Widerspruch ein. Der
Präsident des Landgerichts Stuttgart wertete diesen als
Dienstaufsichtsbeschwerde und teilte dem Kläger mit, er sehe
keine Veranlassung für Maßnahmen der Dienstaufsicht.
4 Der
Kläger hat daraufhin Klage mit dem Begehren erhoben, unter
Aufhebung der Entscheidung des Direktors des Amtsgerichts
Nürtingen vom 25. Mai 2010 den Beklagten zu verpflichten,
durch Übersendung einer nur hinsichtlich des Verurteilten
anonymisierten Abschrift des Strafurteils vom 2. Juli 2009 Auskunft
über die Namen der Personen zu erteilen, die an dem
Strafverfahren beteiligt waren. Das Verwaltungsgericht hat die Klage
unter Verweis auf vorrangige schutzwürdige private Interessen
(§ 4 Abs. 2 Nr. 3 LPresseG) dieser Personen abgewiesen.
5 Der
Kläger hat hiergegen Berufung eingelegt. In der
mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof hat er
mitgeteilt, das Strafurteil vom 2. Juli 2009 in den ANA-ZAR 2010, 32
unter Erwähnung des Namens der Berufsrichterin und des
Verteidigers besprochen zu haben. Den Namen des Verteidigers habe er
anderweitig erfahren. Hinsichtlich der Auskunft über den Namen
der Berufsrichterin haben die Beteiligten den Rechtsstreit
übereinstimmend für erledigt erklärt. Der
Kläger hat daraufhin vor dem Verwaltungsgerichtshof beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts zu ändern und
festzustellen, dass die Entscheidung des Direktors des Amtsgerichts
Nürtingen vom 25. Mai 2010 rechtswidrig war, soweit keine
Auskunft über den Namen des Verteidigers erteilt worden ist,
sowie den Beklagten unter Aufhebung der Entscheidung des Direktors des
Amtsgerichts Nürtingen vom 25. Mai 2010 zu verpflichten, dem
Kläger durch Übersendung einer - mit Ausnahme der
Angaben zum Verurteilten, zur Berufsrichterin und zum Verteidiger -
nicht anonymisierten Abschrift des Strafurteils vom 2. Juli 2009
Auskunft über die Namen der Personen zu erteilen, die an dem
Strafverfahren beteiligt waren.
6 Im Umfang
der Erledigungserklärung der Beteiligten hat der
Verwaltungsgerichtshof das Verfahren eingestellt und das
erstinstanzliche Urteil für unwirksam erklärt. Er hat
ferner den Beklagten verpflichtet, dem Kläger Auskunft
über die Namen der an dem Strafverfahren mitwirkenden
Schöffen zu erteilen, und die Entscheidung des Direktors des
Amtsgerichts Nürtingen vom 25. Mai 2010 insoweit aufgehoben.
Die Klage im Übrigen hat er abgewiesen und die weitergehende
Berufung zurückgewiesen. Zur Begründung hat er
ausgeführt:
7 Die Klage
sei hinsichtlich der Auskunftserteilung über den Namen des
Verteidigers unbegründet. Der Auskunftserteilung
hätten schutzwürdige private Interessen des
Verteidigers (§ 4 Abs. 2 Nr. 3 LPresseG) entgegengestanden,
die das Informationsinteresse des Klägers überwogen
hätten. Bei Anwendung von § 4 Abs. 2 Nr. 3 LPresseG
bedürfe es der grundrechtlichen Abwägung zwischen dem
Informationsinteresse der Presse und dem allgemeinen
Persönlichkeitsrecht Betroffener. Das Gewicht des allgemeinen
Persönlichkeitsrechts des Verteidigers werde in der
vorliegenden Konstellation durch den Grundsatz der
Öffentlichkeit von Gerichtsverhandlungen (§ 169 GVG)
gemindert. Ein Verteidiger müsse sich grundsätzlich
auf die Beobachtung seines beruflichen Verhaltens und eine in der
Öffentlichkeit verbreitete Kritik unter Namensnennung
einstellen. Das Informationsinteresse des Klägers habe im
Ausgangspunkt ein erhebliches Gewicht, da es eine Frage betreffe - ob
nämlich der im Strafverfahren Verurteilte eine unangemessen
harte Bestrafung erfahren habe -, welche die Öffentlichkeit
wesentlich angehe. Es sei zudem nicht mit hinreichender Gewissheit
davon auszugehen gewesen, dass die namentliche Benennung des
Verteidigers in einer Veröffentlichung des Klägers
eine unzulässige Pranger- oder Stigmatisierungswirkung erzeugt
hätte. Dem Informationsinteresse des Klägers sei
jedoch durch die Übersendung der anonymisierten
Urteilsabschrift sowie die Nennung des Namens der Berufsrichterin
bereits ganz überwiegend nachgekommen worden. Der
Kläger habe so den Kern der die Öffentlichkeit
angehenden Frage, ob der Verurteilte unangemessen hart bestraft worden
sei, in der Fachzeitschrift hinreichend erörtern
können. Der Name des Verteidigers sei für das
Verständnis des Falls nicht wesentlich gewesen. Dieser trage
unmittelbar keine Verantwortung für das Strafurteil. Das
Informationsinteresse des Klägers sei daher als sehr gering
und folglich nachrangig gegenüber dem
Persönlichkeitsrecht des Verteidigers einzustufen.
8 Die Klage
sei begründet, soweit der Kläger Auskunft
über die Namen der an dem Strafverfahren beteiligten
Schöffen verlange. Die Namen der Schöffen
hätten im Unterschied zum Namen des Verteidigers eigenen
Informationswert für die Erörterung der Frage nach
einer etwaigen unangemessen harten Bestrafung des Verurteilten. Die
Schöffen verantworteten das Urteil in gleicher Weise wie ein
Berufsrichter.
9 Die Klage
sei im Hinblick auf die begehrte Auskunft über die Namen des
Staatsanwalts und der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
unbegründet. Insoweit würden, wie im Fall des
Verteidigers, überwiegende schutzwürdige Interessen
in Gestalt der Persönlichkeitsrechte dieser Personen der
Auskunftserteilung entgegenstehen. Auch ihre Namen
besäßen keinen eigenen Informationswert für
die Erörterung der Frage nach einer etwaigen unangemessen
harten Bestrafung. Staatsanwalt und Urkundsbeamtin trügen
keine unmittelbare Verantwortung für das Strafurteil.
10 Die
Revision des Klägers richtet sich gegen das Berufungsurteil,
soweit hiermit seiner Klage nicht stattgegeben worden ist. Sein bereits
in der Vorinstanz anhängig gemachtes
Fortsetzungsfeststellungsbegehren im Hinblick auf die unterbliebene
Auskunftserteilung zum Namen des Verteidigers verfolgt der
Kläger unverändert weiter. Nachdem das Amtsgericht
Nürtingen dem Kläger mit Schreiben vom 20.
März 2014 eine vollständig ungeschwärzte
Ablichtung des Strafurteils vom 2. Juli 2009 übermittelt
hatte, hat er auch hinsichtlich der Auskunftserteilung zu den Namen des
Staatsanwalts und der Urkundsbeamtin sein ursprüngliches
Verpflichtungsbegehren durch ein Fortsetzungsfeststellungsbegehren
ersetzt.
11 Der
Kläger trägt in der Sache im Wesentlichen vor, die
Presse müsse keine Gründe für ein Verlangen
angeben, Informationen zu einem ihr bekannt gewordenen Strafverfahren
zu erhalten. Ohne Kenntnis der Namen der am Verfahren Beteiligten seien
bestimmte weitergehende Recherchen nicht möglich. Der
Verwaltungsgerichtshof gehe fehl, wenn er dem Verteidiger und dem
Staatsanwalt eine Mitverantwortung für den Verfahrensausgang
abspreche. Das Gewicht ihres Persönlichkeitsrechts sei durch
die Öffentlichkeit der Verhandlung erheblich gemindert.
12 Der
Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.
II
13 Die
zulässige Revision ist begründet, soweit der
Kläger die Feststellung begehrt, der Direktor des Amtsgerichts
Nürtingen sei verpflichtet gewesen, ihm durch
Überlassung einer insoweit ungeschwärzten Abschrift
des Strafurteils vom 2. Juli 2009 Auskunft über die Namen des
Verteidigers und des Staatsanwalts zu erteilen, die an dem betreffenden
Strafverfahren mitgewirkt haben. In Bezug auf die verweigerte Auskunft
über den Namen der mitwirkenden Urkundsbeamtin ist die
Revision unbegründet. Da der Sachverhalt geklärt ist,
kann der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 144 Abs. 3
Nr. 1 VwGO).
14 1. Die
Revision des Klägers richtet sich gegen das Berufungsurteil im
Hinblick auf die Auskunftsansprüche zu allen drei genannten
Personen. Unschädlich ist, dass der Kläger in der
Revisionsbegründung vom 2. Januar 2014 den Auskunftsanspruch
hinsichtlich des Verteidigers nicht in dem dort formulierten Antrag
aufgeführt hat. In den weiteren Ausführungen der
Revisionsbegründung hat er hinreichend deutlich gemacht, das
Berufungsurteil auch im Hinblick auf die Verneinung eines
Auskunftsanspruchs zum Namen des Verteidigers für fehlerhaft
zu halten und daher angreifen zu wollen; bereits bei Einlegung der
Revision hatte er angegeben, das Berufungsurteil zur
revisionsgerichtlichen Überprüfung stellen zu wollen,
„soweit der Klage nicht stattgegeben wurde“
(Schriftsatz vom 24. Oktober 2013). Damit ist den aus § 139
Abs. 3 VwGO folgenden Anforderungen an die Bestimmung des
Revisionsgegenstandes innerhalb der Revisionsbegründungsfrist
Genüge getan (vgl. Urteil vom 27. August 2008 - BVerwG 6 C
32.07 - Buchholz 310 § 124a VwGO Nr. 38 Rn. 19). Der
Revisionsbegründung kann ferner entnommen werden, dass es dem
Kläger nicht nur um die Auskunftserteilung als solche geht,
sondern auch um ihre spezifische Modalität in Gestalt der
Überlassung einer nicht anonymisierten Urteilsabschrift.
15 2. Die
Klage ist mit dem Fortsetzungsfeststellungsbegehren, das nunmehr die
Auskunftsansprüche zu den Namen aller drei Personen
einschließt, zulässig.
16 a. Der
Beklagte hat während des Revisionsverfahrens den Klageanspruch
nicht anerkannt. Die Übermittlung einer
ungeschwärzten Ablichtung der ersten Seite des Strafurteils
vom 2. Juli 2009 mit Schreiben des Amtsgerichts Nürtingen an
den Kläger vom 20. März 2014 erfüllt nicht
die Anforderungen an ein Anerkenntnis im Sinne von § 173 VwGO
i.V.m. § 307 ZPO.
17 b. Der
Rechtsstreit ist nicht im Nachgang zu der genannten
Übermittlung aufgrund übereinstimmender
Erklärung der Erledigung der Hauptsache beendet worden. Zwar
sind dahingehende Ausführungen im Schriftsatz des Beklagten
vom 18. Juni 2014 sowie im Schriftsatz des Klägers vom 14.
Juli 2014 enthalten. Aus dem letztgenannten Schriftsatz ergibt sich
jedoch hinreichend deutlich, dass es dem Kläger in Wahrheit
nicht um eine Beendigung des Rechtsstreits gegangen ist, sondern er -
nachdem durch die Übermittlung ein erledigendes Ereignis
eingetreten war - die Absicht gefasst hat, nunmehr die gerichtliche
Feststellung der Rechtswidrigkeit der früheren
Auskunftsverweigerung zu erwirken. Der Übergang zu einem
Fortsetzungsfeststellungsantrag entsprechend § 113 Abs. 1 Satz
4 VwGO schließt es aus, gleichzeitig eine
Erledigungserklärung nach § 161 Abs. 2 VwGO abzugeben
(vgl. Urteil vom 9. Dezember 1981 - BVerwG 8 C 39.80 - Buchholz 448.0
§ 9 WPflG Nr. 7 S. 2). Da hinsichtlich des wahren Willens des
Klägers kein Zweifel besteht, kann sein auf eine
Erledigungserklärung weisendes Vorbringen aus dem Schriftsatz
vom 14. Juli 2014 als unbeachtlich gewertet werden.
18 c. Die
im Revisionsverfahren auch hinsichtlich der Auskunft zu den Namen des
Staatsanwalts und der Urkundsbeamtin erfolgte Umstellung der Klage auf
ein Fortsetzungsfeststellungsbegehren ist statthaft. Da der Streitstoff
im Wesentlichen derselbe bleibt, handelt es sich hierbei nicht um eine
im Revisionsverfahren unzulässige (§ 142 Abs. 1 VwGO)
Klageänderung (§ 173 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 2
ZPO; vgl. etwa Urteil vom 28. Oktober 1999 - BVerwG 7 C 32.98 - BVerwGE
110, 17 <19 f.> = Buchholz 406.252 § 7 UIG Nr. 1
S. 3). Das entsprechend § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO erforderliche
Feststellungsinteresse liegt unter dem Gesichtspunkt der
Wiederholungsgefahr vor. Es besteht die nicht entfernt liegende
Möglichkeit, dass der Direktor des Amtsgerichts
Nürtingen in künftigen vergleichbaren Fällen
ein Auskunftsbegehren des Klägers abschlägig
bescheiden wird. An der Gefahr einer Wiederholung fehlt es entgegen dem
Beklagten nicht deshalb, weil der Entscheidung über
entsprechende Auskunftsbegehren stets eine am Einzelfall orientierte
Abwägung zwischen dem Auskunftsinteresse der Presse und dem
Persönlichkeitsrecht betroffener Personen voraus zu gehen hat.
Eine solche Abwägung folgt, auch wenn sie Gegebenheiten des
Einzelfalls einbezieht, bestimmten abstrakten Kriterien. Es ist
denkbar, dass der Direktor des Amtsgerichts Nürtingen
zukünftig gerade aufgrund der Kriterien, auf die er sich im
vorliegenden Fall gestützt hat, dem Kläger eine
Auskunft über die Namen von Personen verwehrt, die an
Gerichtsverfahren mitwirken.
19 3. Das
Feststellungsbegehren ist hinsichtlich der Auskunftserteilung
über den Namen des Verteidigers und des Staatsanwalts
begründet. Die gegenteilige Annahme des
Verwaltungsgerichtshofs verletzt revisibles Recht in Gestalt der
Pressefreiheit des Klägers gemäß Art. 5
Abs. 1 Satz 2 GG (§ 137 Abs. 1 VwGO). Dass sich das
Berufungsurteil insoweit aus anderen Gründen als richtig
darstellen könnte (§ 144 Abs. 4 VwGO), ist
für den Senat nicht ersichtlich.
20 a. Der
Verwaltungsgerichtshof hat seine Auffassung, schutzwürdige
private Interessen im Sinne von § 4 Abs. 2 Nr. 3 LPresseG
hätten der Auskunftserteilung entgegen gestanden, mit der
Annahme begründet, dass die verfassungsrechtlich
geschützten Persönlichkeitsrechte dieser Personen
(Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) unter den vorliegend gegebenen
Umständen das durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG
geschützte Auskunftsinteresse des Klägers
überwogen hätten. Insoweit beruht seine Anwendung der
irrevisiblen Vorschrift des § 4 Abs. 2 Nr. 3 LPresseG auf
einer bestimmten Gewichtung und Abwägung revisiblen Rechts.
Ein Instanzgericht wendet revisibles Recht auch insoweit an, als es
sich bei der Auslegung und Anwendung irrevisiblen Rechts durch
revisibles Recht gebunden sieht (stRspr; vgl. etwa Urteil vom 16.
Januar 2003 - BVerwG 4 CN 8.01 - BVerwGE 117, 313 <317> =
Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 160 S. 96).
21 b. Mit
der genannten Annahme hat der Verwaltungsgerichtshof die in Rede
stehenden grundrechtlichen Positionen fehlerhaft abgewogen. Die
Persönlichkeitsrechte des Verteidigers und des Staatsanwalts
standen der Auskunftserteilung an den Kläger nicht entgegen,
da dessen Auskunftsinteresse unter den gegebenen Umständen
Vorrang zukam.
22 aa. Dem
vom Kläger verfolgten Auskunftsinteresse kam im vorliegenden
Fall hohes Gewicht bei.
23 (1) Das
Auskunftsbegehren unterfiel dem Schutzbereich der Pressefreiheit
gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG.
24 Der
Schutz der Pressefreiheit reicht von der Beschaffung der Information
bis zur Verbreitung der Nachricht und der Meinung. Der publizistischen
Vorbereitungstätigkeit ist besonderes Gewicht beizulegen. Erst
der prinzipiell ungehinderte Zugang zur Information versetzt die Presse
in den Stand, die ihr in der freiheitlichen Demokratie zukommende
Funktion wirksam wahrzunehmen. Das gilt auch im Hinblick auf das
gerichtliche Verfahren. Die Pressefreiheit umschließt auch
das Recht der im Pressewesen tätigen Personen, sich
über Vorgänge in einer öffentlichen
Gerichtsverhandlung zu informieren (BVerfG, Beschluss vom 14. Juli 1994
- 1 BvR 1595, 1606/92 - BVerfGE 91, 125 <134>). Auch die
Recherche über Gerichtsverfahren, in denen keine
öffentliche Verhandlung stattfindet, ist von der
Pressefreiheit umfasst.
25 (2) Das
Auskunftsinteresse hatte unter den gegebenen Umständen hohes
Gewicht.
26 Die
Pressefreiheit ist grundrechtlich im Hinblick darauf besonders
geschützt, dass eine freie, nicht von der
öffentlichen Gewalt gelenkte Presse ein Wesenselement des
freiheitlichen Staates und für eine Demokratie unentbehrlich
ist (stRspr; vgl. BVerfG, Urteil vom 5. August 1966 - 1 BvR 586/62 u.a.
- BVerfGE 20, 162 <174>; Beschluss vom 6. November 1979 -
1 BvR 81/76 - BVerfGE 52, 283 <296>). Der Presse kommt
neben einer Informationsfunktion insbesondere auch eine
Kontrollfunktion zu (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 25. Juni 2009 - 1
BvR 134/03 - DVBl 2009, 1166 Rn. 62; BVerwG, Urteil vom 20. Februar
2013 - BVerwG 6 A 2.12 - BVerwGE 146, 56 Rn. 27 = Buchholz 422.1
Presserecht Nr. 12). Beide Funktionen sind berührt, wenn ein
Pressevertreter zum Zwecke der Berichterstattung über ein
gerichtliches Strafverfahren recherchiert. In diesem Verfahren wird
staatliche Gewalt - überdies in besonders einschneidender
Weise - ausgeübt. Der Schutz der Pressefreiheit reicht hier
weiter als in Fällen, in denen die Presse eine
Berichterstattung über private Umstände zu
Unterhaltungszwecken anstrebt (vgl. zu dieser Abstufung BVerfG,
Beschluss vom 14. Februar 1973 - 1 BvR 112/65 - BVerfGE 34, 269
<283>; Urteil vom 15. Dezember 1999 - 1 BvR 653/96 -
BVerfGE 101, 361 <391>).
27 Die
Informations- und Kontrollfunktion der Presse in Bezug auf
Gerichtsverfahren erstreckt sich auch auf Personen, die in amtlicher
Funktion oder als Organ der Rechtspflege an einem Gerichtsverfahren
mitwirken. Sie erschöpft sich nicht in der Berichterstattung
zu sachlichen Verfahrensinhalten.
28 (3) Das
grundrechtliche Gewicht des Auskunftsinteresses des Klägers
war nicht deshalb gemindert, weil es sich auf eine Gerichtsverhandlung
bezog, an der er selbst nicht als Zuschauer teilgenommen hatte. Die
Informations- und Kontrollfunktion der Presse greift
gleichermaßen bei Verhandlungen, denen ein Pressevertreter
beigewohnt hat, wie bei Verhandlungen, denen ein Pressevertreter nicht
beigewohnt hat. Sie greift auch in Bezug auf Verfahren, in denen keine
öffentliche Verhandlung stattfindet.
29 (4) Das
grundrechtliche Gewicht des Auskunftsinteresses des Klägers
war ferner nicht deshalb gemindert, weil es sich auf eine
frühere Gerichtsverhandlung bezog. Zum Zeitpunkt der Anfrage
des Klägers lag der Erlass des Strafurteils weniger als ein
Jahr zurück und war daher weiterhin von aktuellem Interesse.
30 bb. Die
Persönlichkeitsrechte eines Verteidigers und eines
Staatsanwalts, nach deren Namen die Presse wegen ihrer
Verfahrensmitwirkung fragt, sind infolge des Grundsatzes der
Öffentlichkeit von Gerichtsverhandlungen in ihrem
grundrechtlichen Gewicht gemindert.
31 Der
einfachgesetzlich in § 169 Satz 1 GVG normierte Grundsatz der
Öffentlichkeit gerichtlicher Verhandlungen besitzt als
Bestandteil des Rechtsstaatsprinzips Verfassungsrang (vgl. BVerfG,
Urteil vom 24. Januar 2001 - 1 BvR 2623/95, 622/99 - BVerfGE 103, 44
<63>). Die Verfassung setzt damit als Regelfall voraus,
dass die Mitwirkung des Verteidigers und des Sitzungsvertreters der
Staatsanwaltschaft bei einer Gerichtsverhandlung unter den Augen der
Öffentlichkeit stattfindet und so ihre Namen
öffentlich bekannt werden können.
32 Der
Gesetzgeber ist zwar befugt, die Öffentlichkeit auf die im
Raum der Verhandlung Anwesenden zu beschränken; von dieser
Befugnis hat er in § 169 Satz 1 GVG Gebrauch gemacht. Eine
derart beschränkte Öffentlichkeit genügt dem
rechtsstaatlichen Interesse der öffentlichen Kontrolle des
Gerichtsverfahrens sowie dem im Demokratieprinzip verankerten Grundsatz
der Zugänglichkeit von Informationen, die für die
individuelle und öffentliche Meinungsbildung von Bedeutung
sind (vgl. BVerfG, Urteil vom 24. Januar 2001 a.a.O. S. 65 f.). Wie
anderen Personen ist aber auch Pressevertretern der Zugang zum
Gerichtssaal eröffnet. Pressevertreter können so an
Gerichtsverhandlungen teilnehmen und anschließend
über sie berichten. Hierin wird berücksichtigt, dass
Informationen in erster Linie über die Presse an die
Öffentlichkeit vermittelt werden (vgl. BVerfG, Urteil vom 24.
Januar 2001 a.a.O. S. 66). Ohne diese mediale
Vermittlungsmöglichkeit würde der Kontroll- und
Informationszweck des verfassungsrechtlichen
Öffentlichkeitsgrundsatzes unzureichend umgesetzt werden.
Bürger, die nicht selbst an einer Gerichtsverhandlung
teilnehmen, sind auf Presseberichterstattung angewiesen, um sich ein
Bild von der Verhandlung machen und das Verfahren würdigen zu
können. Die Zugänglichkeit der Gerichtsverhandlung
gerade für Pressevertreter ist daher verfassungsrechtlich von
besonderem Gewicht. Wenn die Verfassung voraussetzt, dass die
Mitwirkung des Verteidigers sowie des Staatsanwalts bei einer
Gerichtsverhandlung regelmäßig unter den Augen der
Öffentlichkeit stattfindet, rechnet sie ein, dass es sich
hierbei potentiell um eine Medienöffentlichkeit handelt, d.h.
die Namen der genannten Personen auch Vertretern der Presse bekannt
werden können.
33 Die
Möglichkeit des (presse-)öffentlichen Bekanntwerdens
der namentlichen Identität von Personen, die in amtlicher
Funktion oder als Organ der Rechtspflege in Gerichtsverhandlungen
mitwirken, wird von der Verfassung nicht lediglich als
tatsächliche Konsequenz des
Öffentlichkeitsgrundsatzes bloß hingenommen, sondern
sie entspricht der normativen Stoßrichtung dieses
Grundsatzes. Das Bedürfnis, die Ausübung der
rechtsprechenden Gewalt gegenüber der Öffentlichkeit
transparent zu machen, erstreckt sich auch auf die Identität
der hieran mitwirkenden nichtrichterlichen, aber in weitem Umfang
unabhängig handelnden Funktionsträger. Die
Öffentlichkeit der Verhandlung soll unter anderem auch die
Möglichkeit eröffnen, personelle
Zurechnungszusammenhänge deutlich zu machen und so
persönliche Verantwortlichkeiten zu markieren. Die
mitwirkenden Funktionsträger sollen für die Art und
Weise der Mitwirkung öffentlich einstehen.
34 Hieraus
erschließt sich, dass das Gewicht der
Persönlichkeitsrechte mitwirkender Verteidiger oder
Staatsanwälte nicht nach dem Zeitpunkt variieren kann, zu dem
ein Auskunftsbegehren gestellt wird, das auf die Kenntnis ihrer
namentlichen Identität gerichtet ist. Fragt ein
Pressevertreter erst nach Abschluss einer Gerichtsverhandlung, an der
er selbst nicht teilgenommen hat, nach den Namen des mitwirkenden
Verteidigers bzw. des Sitzungsvertreters der Staatsanwaltschaft, ist
das Gewicht ihrer Persönlichkeitsrechte nicht höher
einzustufen als in dem Fall, dass ein Pressevertreter ihre Namen
aufgrund eigener Sitzungsteilnahme erfährt. Das
rechtsstaatliche Bedürfnis, persönliche
Verantwortlichkeiten für Akte der dritten Gewalt transparent
zu machen, besteht im einen wie im anderen Fall
gleichermaßen. Es kommt konsequenterweise auch nicht darauf
an, ob im Einzelfall überhaupt eine Verhandlung bzw. eine
öffentliche Verhandlung stattfindet. Die dem
verfassungsrechtlichen Öffentlichkeitsgrundsatz innewohnende
Wertung, amtliche Funktionsträger in gerichtlichen Verfahren
hätten ebenso wie mitwirkende nichtamtliche Organe der
Rechtspflege für ihre Mitwirkung öffentlich
einzustehen, gilt unabhängig davon, welche Regelungen die
Prozessordnungen über die Möglichkeit von
Entscheidungen im schriftlichen Verfahren oder über den
Ausschluss der Öffentlichkeit treffen.
35 cc. Aus
dem Vorstehenden folgt als Ergebnis, dass in einer Konstellation wie
der Vorliegenden die Persönlichkeitsrechte von
Staatsanwälten und Verteidigern das publizistische
Informations- und Verbreitungsinteresse regelmäßig
nicht überwiegen. Ebenso hat das Bundesverfassungsgericht
anlässlich von Streitfällen entschieden, in denen die
Zulässigkeit der Erstellung und Verbreitung von Bild- und
Tonaufnahmen vor und nach gerichtlichen Verhandlungen oder in
Sitzungspausen in Frage stand. Es hat hierbei ausgesprochen, dass
Richter, Verteidiger und Staatsanwälte kraft des ihnen
übertragenen Amtes bzw. ihrer Stellung als Organ der
Rechtspflege anlässlich ihrer Teilnahme an
Gerichtsverhandlungen im Blickfeld der Öffentlichkeit stehen
und ein berechtigtes Interesse dieser Personen, nur durch die in der
Sitzung Anwesenden wahrgenommen zu werden, angesichts der Bedeutung des
Grundsatzes der Öffentlichkeit für ein
rechtsstaatliches Gerichtsverfahren regelmäßig nicht
anzunehmen ist (vgl. BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 21. Juli
2000 - 1 BvQ 17/00 - DVBl 2000, 1778 <1779> und vom 7.
Juni 2007 - 1 BvR 1438/07 - NJW-RR 2007, 1416; Beschluss vom 19.
Dezember 2007 - 1 BvR 620/07 - BVerfGE 119, 309 <323 f.>;
Kammerbeschluss vom 30. März 2012 - 1 BvR 711/12 - NJW 2012,
2178 <2179>). Diese auf das Recht am eigenen Bild
bezogene Rechtsprechung kann auf den Fall, dass das Recht am eigenen
Namen betroffen ist, übertragen werden.
36 Etwaigen
persönlichkeitsrechtlichen Risiken sind die genannten Personen
hier-durch nicht schutzlos ausgesetzt. Die Rechtsordnung gibt ihnen
Instrumente an die Hand, um sich gegen
Persönlichkeitsrechtsverletzungen von Seiten der Presse
angemessen zur Wehr setzen zu können. Die Offenbarung ihres
Namens an die Presse entbindet diese nicht davon, beim weiteren Umgang
mit der erlangten Information ihre Persönlichkeitsrechte zu
wahren. Auch öffentliche Amtsträger sind - auch
hinsichtlich ihrer Amtstätigkeit - in den Schutzbereich des
Persönlichkeitsrechts einbezogen (vgl. Urteil vom 23. Juni
2004 - BVerwG 3 C 41.03 - BVerwGE 121, 115 <125 f.> =
Buchholz 115 Sonst. Wiedervereinigungsrecht Nr. 49 S. 89).
37 dd. Ein
Vorrang der Persönlichkeitsrechte von mitwirkenden
Verteidigern und Staatsanwälten gegenüber dem
Informationsinteresse der Presse ist bei Zugrundelegung der genannten
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nur dann anzunehmen,
sofern diese Personen erhebliche Belästigungen oder eine
Gefährdung ihrer Sicherheit durch Übergriffe Dritter
zu befürchten haben (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19. Dezember
2007 a.a.O. S. 324; Kammerbeschluss vom 21. Juli 2000 a.a.O.).
Für solche Befürchtungen bestand nach dem
vorinstanzlich festgestellten Sachverhalt jedoch kein Grund. Dies gilt
auch für die - hier maßgebliche - Erkenntnislage zum
Zeitpunkt der Entscheidung des Direktors des Amtsgerichts über
das Auskunftsersuchen des Klägers.
38 ee. Der
Verwaltungsgerichtshof durfte dem Auskunftsinteresse des
Klägers nicht aufgrund der Erwägung Nachrang
gegenüber den Persönlichkeitsrechten des Verteidigers
und des Staatsanwalts einräumen, diese trügen keine
unmittelbare Verantwortung für das Strafurteil vom 2. Juli
2009, so dass die Kenntnis ihrer Namen für das
Verständnis des Falles nicht bedeutsam gewesen sei.
39 (1) Mit
dieser Erwägung lässt sich zum einen nicht
begründen, dass das grundrechtliche Gewicht der
Persönlichkeitsrechte des Verteidigers und des Staatsanwalts
höher als vorstehend ausgeführt zu veranschlagen
wäre. Zwar ist ihre Verantwortung für Verlauf und
Ausgang des gerichtlichen Verfahrens nicht dieselbe wie bei Mitgliedern
des gerichtlichen Spruchkörpers. Jedoch verfügen
Verteidiger und Staatsanwalt über eigene Verfahrensrechte und
haben hierüber substantiellen Einfluss auf die gerichtliche
Wahrheits- und Entscheidungsfindung. Die Informations- und
Kontrollzwecke des Öffentlichkeitsgrundsatzes greifen aus
diesem Grund auch ihnen gegenüber.
40 (2) Die
genannte Erwägung rechtfertigt zum anderen nicht, das
grundrechtliche Gewicht des Auskunftsinteresses des Klägers
geringer als vorstehend ausgeführt zu veranschlagen.
41 Mit dem
verfassungsrechtlichen Schutz der Presse wäre es nicht
vereinbar, wenn die Durchsetzung ihres Informationsinteresses von einer
staatlichen Inhaltsbewertung des Informationsanliegens abhinge. Die
Presse muss nach publizistischen Kriterien selbst entscheiden
dürfen, was sie des öffentlichen Interesses
für Wert hält und was nicht (vgl. BVerfG, Urteil vom
15. Dezember 1999 - 1 BvR 653/96 - BVerfGE 101, 361
<389>; Kammerbeschluss vom 28. August 2000 - 1 BvR
1307/91 - NJW 2001, 503 <505>). Diese Maßgaben,
die sich als Gebot staatlicher Inhaltsneutralität verstehen
lassen (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 28. August 2000 a.a.O. S.
506), sind nicht nur für das Stadium der Publikation, sondern
auch für das vorgelagerte Stadium der Recherche von Belang. Es
ist Sache der Presse, selbst zu beurteilen, welche Informationen
für sie vonnöten sind, um ein bestimmtes Thema zum
Zweck einer möglichen Berichterstattung im Recherchewege
aufzubereiten. Staatlichen Stellen dürfen sich keine
Möglichkeiten bieten, über den Informationswert
bestimmter Gegebenheiten mit zu entscheiden und auf diese Weise
mittelbar auf den Publikationsinhalt Einfluss zu nehmen. Dem Einwand
fehlender Eignung einer Information für die Aufbereitung eines
bestimmten Themas steht darüber hinaus entgegen, dass die
Bedeutung einer Information vielfach im Stadium vor ihrer Erhebung und
zuweilen selbst im unmittelbaren Anschluss hieran noch nicht
abschließend bewertet werden kann. Es liegt im Wesen der
journalistischen Recherche, dass sie teilweise von unbewiesenen
Hypothesen ausgeht und sich so ihr Zweck auch in der Falsifizierung
bzw. darin erfüllen kann, dass von einer Publikation Abstand
genommen wird. Der Aussagegehalt einzelner Informationen ergibt sich
unter Umständen erst aus der Verknüpfung mit anderen,
möglicherweise später gewonnenen Informationen.
Einzelne Informationen können, auch wenn sie selbst nicht
publikationswürdig sind, Anhaltspunkte für die
Gewinnung weiterer Informationen liefern oder zur Neubewertung bereits
vorliegender Informationen führen. Aus alledem ergibt sich die
Notwendigkeit journalistischer Freiräume im Rahmen von
Informationsanfragen und hier insbesondere bei der Beurteilung der
sachlichen Notwendigkeit angefragter Informationen. Der
Komplexität und möglichen Zweckfülle von
Rechercheprozessen werden staatliche Stellen grundsätzlich
nicht gerecht, wenn sie das grundrechtliche Gewicht eines von der
Presse geltend gemachten Auskunftsinteresses von einer journalistischen
Relevanzprüfung abhängig machen. Sie würden
hiermit auf einen Maßstab zugreifen, den Art. 5 Abs. 1 Satz 2
GG nicht ihnen, sondern der Presse überantwortet.
42 Dies
bedeutet allerdings nicht, dass die Presse im Rahmen der Recherche zu
Gerichtsverfahren auch solche personenbezogenen Informationen
herausverlangen dürfte, denen selbst bei Anlegung eines
großzügigen, den besonderen
Funktionsbedürfnissen und Arbeitsweisen der Presse vollauf
Rechnung tragenden Maßstabs jede erkennbare materielle
Bedeutung im Zusammenhang mit dem verlautbarten Thema der Recherche
bzw. der ins Auge gefassten Berichterstattung abgeht. Das
Auskunftsinteresse der Presse genießt keinen Vorrang
gegenüber dem Persönlichkeitsrecht eines an einem
Gerichtsverfahren mitwirkenden nichtrichterlichen
Funktionsträgers, wenn es speziell in Bezug auf diese Person
im Dunkeln bleibt und so die Vermutung naheliegen muss, das
Informationsverlangen erfolge insoweit „ins Blaue“
hinein oder besitze jedenfalls keinen ernsthaften sachlichen
Hintergrund. Verweigert eine staatliche Stelle aus diesen
Gründen die Herausgabe einer personenbezogenen Information und
erläutert die Presse daraufhin nicht zumindest ansatzweise die
von ihr zugrunde gelegte Einschätzung des Werts dieser
Information für ihre Recherche bzw. die ins Auge gefasste
Berichterstattung, muss die staatliche Stelle davon ausgehen, dass dem
Informationsverlangen ein ernsthafter Hintergrund fehlt, und ist sie
daher ausnahmsweise nicht zur Informationsherausgabe verpflichtet.
43 Richtet
sich wie hier das Informationsverlangen darauf, bei
Überlassung einer Urteilsabschrift zu Publikationszwecken auch
die Namen des mitwirkenden Verteidigers und des mitwirkenden
Staatsanwalts zu erfahren, kann in Anbetracht der dargelegten Stellung
dieser Personen im Rahmen des Gerichtsverfahrens indes schon den
äußeren Umständen nach nicht davon
ausgegangen werden, das Verlangen erfolge „ins
Blaue“ hinein oder ihm fehle ein ernsthafter sachlicher
Hintergrund. Der Kläger war folglich insoweit nicht gehalten,
gegenüber dem Direktor des Amtsgerichts nähere
Erläuterungen vorzunehmen.
44 (3)
Keiner Erörterung bedarf im vorliegenden Zusammenhang die
Frage, in welchem Umfang der Presse bei Auskunftsverlangen
gegenüber staatlichen Stellen, die sich auf nicht frei
zugängliche Informationen beziehen, vorgelagert die
Spezifizierung des von ihr anvisierten Recherche- bzw.
Publikationsthemas obliegt, um die staatliche Stelle überhaupt
erst in den Stand zu versetzen, eine Abwägung mit etwaigen
entgegenstehenden Rechtspositionen vorzunehmen. Im vorliegenden Fall
hatte der Kläger gegenüber dem Direktor des
Amtsgerichts angegeben, es gehe ihm um eine mögliche
Publikation in einer juristischen Fachzeitschrift. Zu hierüber
hinausgehenden Angaben war er nicht gehalten.
45 c. Der
Kläger besaß einen Anspruch darauf, dass ihm die
Namen des Verteidigers und des Staatsanwalts im Wege der
Überlassung einer hinsichtlich dieser Personen nicht
anonymisierten Abschrift des Strafurteils vom 2. Juli 2009 mitgeteilt
werden. Insoweit genügt der Hinweis auf das Berufungsurteil,
mit dem der Verwaltungsgerichtshof in Anwendung der landesrechtlichen
Vorschrift des § 4 Abs. 1 LPresseG hinsichtlich der Namen der
mitwirkenden Schöffen der Verpflichtungsklage des
Klägers stattgegeben hat. Diese Entscheidung ist mangels
entgegenstehender Hinweise in den Entscheidungsgründen so zu
verstehen, dass sie - entsprechend dem ausdrücklich hierauf
abzielenden Klagebegehren - den Beklagten zur Nennung der Namen der
Schöffen speziell im Wege der Urteilsüberlassung
verpflichtet hat. Für den Anspruch auf Auskunft über
den Namen von Verteidiger und Staatsanwalt kann im Hinblick auf diese
Modalität der Auskunftserteilung landesrechtlich nichts
anderes gelten.
46 4. Das
Feststellungsbegehren ist hinsichtlich der Auskunftserteilung
über den Namen der Urkundsbeamtin unbegründet. Ihr
Persönlichkeitsrecht überwog im vorliegenden Fall das
Auskunftsinteresse des Klägers. Insoweit
verstößt das Berufungsurteil im Ergebnis nicht gegen
revisibles Recht.
47 Es kann
dahinstehen, ob sich dies bereits daraus ergibt, dass der
Urkundsbeamtin eine vergleichsweise untergeordnete Funktion im Rahmen
der gerichtlichen Wahrheits- und Entscheidungsfindung zukommt.
Jedenfalls musste für den Direktor des Amtsgerichts
Nürtingen hinsichtlich ihrer Person im Dunkeln bleiben,
welches Informationsinteresse der Kläger mit seinem
Auskunftsverlangen verfolgte. Weder im Rahmen eines bloßen
Urteilsabdrucks, noch im Rahmen einer Urteilsbesprechung entspricht es
auch nur annähernd einer geläufigen journalistischen
Praxis, auf die Person des Urkundsbeamten einzugehen oder gar dessen
Namen zu publizieren. Der Verdacht, dass insoweit dem
Auskunftsverlangen des Klägers ein ernsthafter sachlicher
Hintergrund fehlte, lag daher nahe. Ausgehend von den oben dargelegten
Maßstäben hätte es bei dieser Sachlage dem
Kläger oblegen, sein Auskunftsinteresse zumindest ansatzweise
zu substantiieren, nachdem ihm von Seiten des Amtsgerichtsdirektors die
Einschätzung mitgeteilt worden war, der Name der
Urkundsbeamtin sei „ohne Belang“. Zu diesem Schritt
hat sich der Kläger jedoch nicht bereitgefunden.
48 5. Kein
anderes Ergebnis ergibt sich im Lichte sonstiger Vorschriften.
49 a. Dies
gilt zum einen für § 475 Abs. 1 Satz 1 StPO, sofern
man diese Vorschrift hier überhaupt für anwendbar
halten sollte. Gemäß § 475 Abs. 1 Satz 1
StPO sind Auskünfte zu erteilen, soweit hierfür ein
berechtigtes Interesse dargelegt wird. Gemäß
§ 475 Abs. 1 Satz 2 StPO sind sie zu versagen, wenn der
hiervon Betroffene ein schutzwürdiges Interesse an der
Versagung hat. Bei Anwen-dung dieser Maßgaben gelangt man
jeweils zu den gleichen Erwägungen, wie sie vorstehend
ausgeführt worden sind.
50 b.
Für einen Anspruch unmittelbar aus Art. 5 Abs. 1 GG bestand
schon in Anbetracht der abschließenden, die
verfassungsrechtliche Position der Presse hinreichend
berücksichtigenden gesetzlichen Regelungen in § 4
LPresseG kein Raum.
51 c. Der
Senat hat in einem Urteil vom 26. Februar 1997 - BVerwG 6 C 3.96 -
(BVerwGE 104, 105 ff. = Buchholz 11 Art. 20 GG Nr. 155) aus dem
Rechtsstaatsgebot einschließlich der
Justizgewährleistungspflicht, dem Demokratiegebot sowie dem
Grundsatz der Gewaltenteilung einen Verfassungsauftrag aller Gerichte
hergeleitet, die Entscheidungen ihrer Spruchkörper der
Öffentlichkeit zugänglich zu machen (Urteil vom 26.
Februar 1997 a.a.O. S. 108 f. bzw. 8 f.). Hierzu seien zur Wahrung der
Persönlichkeitsrechte der Verfahrensbeteiligten, des
Datenschutzes und des Steuergeheimnisses auf einer ersten Stufe
herausgabefähige, insbesondere anonymisierte und
neutralisierte Fassungen der zur Veröffentlichung vorgesehenen
Entscheidungen herzustellen (Urteil vom 26. Februar 1997 a.a.O. S. 111
f. bzw. 10 f.). Für das vorliegende Verfahren kann dieses
Urteil außer Betracht bleiben. Die danach bestehende
verfassungsunmittelbare Herausgabepflicht reicht nicht weiter als die
Herausgabepflicht nach der gesetzlichen Vorschrift des § 4
LPresseG, die gegenüber jener Anwendungsvorrang
genießt. Auf der anderen Seite hat der Senat mit diesem
Urteil ersichtlich nicht zum Ausdruck bringen wollen, es sei unter
jeglichen Umständen verfassungsrechtlich geboten,
Gerichtsentscheidungen Dritten, insbesondere auch Pressevertretern,
ausschließlich bei Anonymisierung sämtlicher am
Gerichtsverfahren mitwirkenden Personen zugänglich zu machen.
52 6. Das
im Berufungsurteil hervorgehobene Urteil des Europäischen
Gerichtshofs für Menschenrechte vom 14. November 2002 in der
Sache „Wirtschafts-Trend“
Zeitschriften-Verlagsgesellschaft mbH gegen Österreich - Nr.
62746/00 - (Slg. 2002-X, 281 ff.) steht nicht im Widerspruch zur
vorliegenden Entscheidung. Zu entscheiden war dort über einen
Pressebericht zu einem Abschiebungsversuch, der mit dem Tod des
Abzuschiebenden endete. In dem Pressebericht waren Details aus
strafrechtlichen Vorermittlungen gegen drei die Abschiebung begleitende
Polizeibeamte sowie der Name eines dieser Beamten
veröffentlicht worden. Der Europäische Gerichtshof
für Menschenrechte hat in seinem Urteil das
Persönlichkeitsrecht des namentlich erwähnten
Polizeibeamten höher gewichtet als das Auskunftsinteresse der
Presse und es hiervon ausgehend für vereinbar mit Art. 10 EMRK
gehalten, dass das Presseunternehmen zur Schadensersatzleistung
gegenüber dem Polizeibeamten verurteilt worden war. Er hat
sich hierbei mit auf die Erwägung gestützt, die
Offenlegung des Namens des Polizeibeamten hätte keinen
zusätzlichen Informationswert von derartigem Gewicht gehabt,
dass er das Interesse dieses Beamten an der Nichtoffenlegung seiner
Identität überwogen hätte („The
disclosure of his full name did not add anything of public interest to
the information already given in the article that could have outweighed
the interests of the person concerned in non-disclosure of his
identity“). Der Gerichtshof hat sich allerdings
zusätzlich auf weitere Erwägungen gestützt,
insbesondere darauf, dass sich die strafrechtlichen Vorermittlungen
noch in einem frühen Stadium befunden hatten und dass das
Privatleben des benannten Polizeibeamten durch die
Veröffentlichung tatsächlich beeinträchtigt
worden war. Der im hier zu entscheidenden Fall zentrale Gesichtspunkt,
dass das Persönlichkeitsrecht von Verteidigern und
Staatsanwälten, die an gerichtlichen Verhandlungen mitwirken,
infolge des Öffentlichkeitsgrundsatzes in seinem Gewicht
gemindert ist, konnte in dem vom Gerichtshof entschiedenen Fall nicht
zum Tragen kommen. Mit Rücksicht auf diese Umstände
ist die genannte Erwägung des Gerichtshofs zum fehlenden
Informationswert des offengelegten Namens des Polizeibeamten auf den
vorliegenden Fall nicht übertragbar.
53 7. Die
Kostenentscheidung, in die der rechtskräftig gewordene Teil
der vorinstanzlichen Kostenentscheidung einzubeziehen ist, beruht auf
§ 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Neumann
Dr.
Möller Hahn
Prof.
Dr. Hecker Dr. Decker