BGH
Urteil zu "Blood and Honour" als "Blut und Ehre",
§ 86 a StGB; § 86 StGB ( Sangre y Honor )
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Aktenzeichen:
BGH 3 StR 228/09
Entscheidung vom: 13. August
2009
LG Gera 103
Js 41310/05 1 KLs (1)/20
BUNDESGERICHTSHOF
|
Im
Namen
des Volkes
Urteil
1.
Der in eine andere Sprache übersetzte Leitspruch einer ehemaligen
nationalsozialistischen Organisation ist kein Kennzeichen, das der
Originalparole im Sinne des § 86 a Abs. 2 Satz 2 StGB zum
Verwechseln ähnlich ist.
2. Der Name einer Vereinigung oder
Organisation nach § 86 Abs. 1 Nr. 2 und 4 StGB ist als solcher
kein Kennzeichen im Sinne des § 86 a Abs. 2 Satz 1 StGB.
[1]
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung
vom 30. Juli 2009 in der Sitzung am 13. August 2009, an denen
teilgenommen haben: Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Becker,
der Richter am Bundesgerichtshof Pfister, die Richterin am
Bundesgerichtshof Sost-Scheible, die Richter am Bundesgerichtshof
Hubert, Mayer als beisitzende Richter, Bundesanwalt beim
Bundesgerichtshof - in der Verhandlung vom 30. Juli 2009 -,
Oberstaatsanwalt - bei der Verkündung am 13. August 2009 - als
Vertreter der Bundesanwaltschaft, Justizamtsinspektor als
Urkundsbeamter der Geschäftsstelle, für Recht erkannt:
[2]
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Gera vom 12. Dezember 2008 mit den Feststellungen aufgehoben.
[3]
2. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das vorbezeichnete
Urteil mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit eine
Entscheidung über die Anordnung der Einziehung unterblieben ist.
[4]
3. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über
die Kosten der Rechtsmittel und die dem Angeklagten durch die Revision
der Staatsanwaltschaft entstandenen notwendigen Auslagen, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
[5]
Gründe: Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Verwendens von
Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen zu einer Geldstrafe von
120 Tagessätzen zu je 35 € verurteilt. Gegen dieses Urteil
wenden sich der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft mit ihren auf die
Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revisionen. Während
der Angeklagte das Urteil insgesamt angreift und sich insbesondere
gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts zur subjektiven
Tatseite wendet, beanstandet die Staatsanwaltschaft mit ihrer insoweit
beschränkten und vom Generalbundesanwalt vertretenen Revision
allein die Nichtanordnung der Einziehung der sichergestellten 100
schwarzen T-Shirts, die u. a. die Aufschrift "Blood & Honour"
aufweisen.
[6] Beide Rechtsmittel haben Erfolg.
[7] I. 1. Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
[8]
Die rechtsextremistische Vereinigung "Blood & Honour Division
Deutschland" ist aufgrund der Verfügung des Bundesministers des
Innern vom 12. September 2000 seit dem 13. Juni 2001
bestandskräftig verboten, da sich die Aktivitäten der
Vereinigung gegen die verfassungsmäßige Ordnung und den
Gedanken der Völkerverständigung richteten. Der Angeklagte,
dem dieses Verbot bekannt war, transportierte am 16. September 2005 in
seinem Fahrzeug 100 schwarze T-Shirts in unterschiedlichen
Größen, die zum Verbreiten bestimmt waren. Die T-Shirts
waren wie folgt bedruckt: Die Vorderseite wies den roten Schriftzug
"Blood & Honour/C18" auf, ferner in weißer Farbe eine Hand
mit Revolver und darunter wieder in roter Schrift "support your local
section".
[9] Auf der Rückseite waren die Schriftzüge
"Blood & Honour is our voice Combat 18 is our choice" aufgedruckt.
Dass es sich bei den Worten "Blood & Honour" um die englische
Übersetzung der Parole "Blut und Ehre" der Hitlerjugend handelte,
war dem Angeklagten bekannt. Die T-Shirts wurden anlässlich einer
Polizeikontrolle sichergestellt.
[10] 2. Das Landgericht hat die
Auffassung vertreten, die auf den T-Shirts aufgedruckten Worte "Blood
& Honour" seien als wortgetreue Übersetzung dem Leitspruch der
Hitlerjugend ("Blut und Ehre") zum Verwechseln ähnlich im Sinne
des § 86 a Abs. 2 Satz 2 StGB. Der Angeklagte habe in Kenntnis
dieses Umstandes die Gegenstände vorrätig gehalten, indem er
sie in seinem Fahrzeug zum Zwecke des nachfolgenden Verbreitens
transportiert habe. Er habe sich deshalb gemäß § 86 a
Abs. 1 Nr. 1 und 2, Abs. 2 i. V. m. § 86 Abs. 1 Nr. 4 StGB wegen
Verwendens von Kennzeichen einer ehemaligen nationalsozialistischen
Organisation strafbar gemacht.
[11] Den in der Anklageschrift
erhobenen weitergehenden Vorwurf eines tateinheitlich begangenen
Verstoßes gegen ein Vereinigungsverbot nach § 85 Abs. 2 i.
V. m. Abs. 1 Nr. 2 StGB hat die Strafkammer gemäß § 154
a Abs. 2 StPO von der Verfolgung ausgenommen.
[12] II. Revision
des Angeklagten Die bisherigen Feststellungen tragen die Verurteilung
des Angeklagten wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger
Organisationen (§ 86 a StGB) nicht.
[13] 1. Die auf den
sichergestellten T-Shirts auf der Vorder- und Rückseite
aufgebrachte englische Wortkombination "Blood & Honour" ist dem von
der Hitlerjugend als ehemaliger nationalsozialistischer Organisation
(Kontrollratsgesetz Nr. 2 vom 10. Oktober 1945; BGH NStZ-RR 2009, 13)
gebrauchten Leitspruch "Blut und Ehre" nicht zum Verwechseln
ähnlich im Sinne des § 86 Abs. 2 Satz 2 StGB (i. V. m. §
86 a Abs. 1 Nr. 1 und 2 sowie § 86 Abs. 1 Nr. 4 StGB). Die
gegenteilige Auffassung der Strafkammer ist mit der Auslegung, die
dieses Tatbestandsmerkmal durch die Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs mit Blick auf den Schutzzweck und die Wortlautgrenze
der Norm gefunden hat, nicht vereinbar.
[14] a) § 86 a StGB
dient der Abwehr der symbolhaft durch die Verwendung eines Kennzeichens
ausgedrückten Wiederbelebung bestimmter verfassungsfeindlicher
Organisationen. Als abstraktes Gefährdungsdelikt wehrt die
Vorschrift Gefahren ab, die allein mit dem äußeren
Erscheinungsbild solcher Kennzeichen verbunden sind, und verbannt
deshalb die von diesen Organisationen verwendeten Symbole aus dem Bild
des politischen Lebens (BGHSt 52, 364, 373; BVerfG, Beschl. vom 18. Mai
2009 - 2 BvR 2202/08).
[15] An diesem Schutzzweck orientiert
sich die Wortauslegung des Begriffs der "Ähnlichkeit" im Sinne des
§ 86 a Abs. 2 Satz 2 StGB. Danach sind nur solche Parolen, wie
auch sonstige Kennzeichen, "zum Verwechseln ähnlich", denen ein
gesteigerter Grad sinnlich wahrnehmbarer Ähnlichkeit mit dem
Original zukommt. Erforderlich ist hierfür eine objektiv
vorhandene Übereinstimmung in wesentlichen Vergleichspunkten. Es
muss nach dem Gesamteindruck eines durchschnittlichen Betrachters,
Hörers oder Lesers eine Verwechslung mit dem Original möglich
sein. Dafür genügt nicht, dass sich lediglich einzelne
Merkmale des Vorbildes in der Abwandlung wieder finden, ohne dass
dadurch einem unbefangenen Betrachter, der das Original kennt, der
Eindruck des Originalkennzeichens vermittelt wird (BGH NStZ 2003, 31,
32; BGH NJW 2005, 3223 f.; BVerfG, Beschl. vom 18. Mai 2009 - 2 BvR
2202/08). Erforderlich ist ferner, dass das Vorbild tatsächlich
als Kennzeichen einer verbotenen Organisation existiert. Reine
Fantasiekennzeichen, die nur den Anschein der Zuordnung zu einer
Organisation erwecken, werden von dem Tatbestand nicht erfasst (BGH NJW
aaO).
[16] b) Eine diesen Maßstäben genügende
Ähnlichkeit mit dem Originalleitspruch der Hitlerjugend weist die
englische Wortkombination "Blood & Honour" nicht auf. Dabei kommt
es - anders als beim Gebrauch der Parole "Ruhm und Ehre der Waffen-SS"
(BGH NJW aaO) - hier nicht entscheidend darauf an, dass das
Begriffspaar in einen Gesamtkontext eingebettet war. Denn selbst bei
seiner isolierten Betrachtung ist die Gefahr einer Verwechslung mit der
Losung der Hitlerjugend ausgeschlossen.
[17] aa) Die
Beantwortung der Frage, ob Verwechslungsfähigkeit im Sinne des
§ 86 a Abs. 2 Satz 2 StGB besteht, erfordert nach den oben
dargelegten Auslegungsgrundsätzen einen Gesamtvergleich des
ursprünglichen Kennzeichens mit dem neu geschaffenen. Zu
berücksichtigen sind hierbei alle wesentlichen Merkmale, die das
Original prägen. Ergibt dieser Vergleich, dass das Vorbild infolge
der vorgenommenen Veränderungen oder Ergänzungen eine so
starke Verfremdung erfahren hat, dass sein ursprüngliches
Erscheinungsbild in den Hintergrund tritt oder dass es dadurch sogar
seinen Bedeutungsgehalt verliert, besteht die Gefahr einer Verwechslung
nicht (BGH NJW aaO; BVerfG aaO; Reuter, Verbotene Symbole S. 147). Dies
entspricht der Intention des Gesetzgebers, der durch die
Einführung des § 86 a Abs. 2 Satz 2 StGB lediglich die
Strafbarkeit leicht abgewandelter Symbole nationalsozialistischer
Organisationen sicherstellen wollte (BTDrucks. 12/6853 S. 23).
[18] bb) Einen solchen Gesamtvergleich hat das Landgericht nicht angestellt.
[19]
Für eine Verwechslungsgefahr hat es vielmehr als allein
ausreichend erachtet, dass das Begriffspaar "Blood & Honour" in der
wortgetreuen Übersetzung den gleichen Sinngehalt aufweist wie die
Losung "Blut und Ehre" der Hitlerjugend.
[20] Dem kann nicht gefolgt werden.
[21]
Dabei verkennt der Senat nicht, dass der Gebrauch der englischen
Sprache in weiten Teilen der Bevölkerung geläufig ist und die
Erfassbarkeit der Bedeutung der Begriffe hier zudem dadurch
begünstigt wird, dass das Wort "blood" im Klang- und Schriftbild
dem deutschen Wort "Blut" durchaus ähnelt und das englische Wort
"honour" im deutschen Sprachgebrauch vergleichbare Anklänge
findet, etwa in "honorig" im Sinne von ehrenhaft. Der Senat sieht auch,
dass die Parolen metrisch übereinstimmen und die englischen Worte
in einen auch im Übrigen nationalsozialistischen Kontext
eingebettet sind. Der Gebrauch der Zahlenfolge 18 ist in
rechtsextremistischen Kreisen eine geläufige Verschlüsselung
für die Buchstaben AH (= Adolf Hitler), die an erster und achter
Stelle des Alphabets stehen.
22] Durch diese Umstände wird
zwar - fraglos gewollt - ein leicht erkennbarer Zusammenhang zur Losung
der Hitlerjugend hergestellt. Dies reicht indes für eine
Verwechslungsfähigkeit im Sinne des § 86 a Abs. 2 Satz 2 StGB
nicht aus (ebenso Reuter aaO S. 172). Die englische Übersetzung
stellt nicht nur eine leichte und deshalb verwechselbare Abwandlung des
Vorbilds dar, sondern bewirkt - was das Landgericht in seine
Abwägung nicht einbezogen hat - eine grundlegende Umgestaltung des
Symbolgehalts des Kennzeichens, das in dieser neu geschaffenen Form von
der Hitlerjugend nie benutzt wurde. Die Übereinstimmung beider
Kennzeichen erschöpft sich letztlich im identischen Sinngehalt.
Dieser hat jedoch den Leitspruch der Hitlerjugend nicht allein
geprägt. Vielmehr ist diese Losung, wie alle Parolen ehemaliger
nationalsozialistischer Organisationen, untrennbar mit dem Gebrauch der
deutschen Sprache verknüpft, die sämtlichen
NS-Leitsprüchen eine unverwechselbare Prägung verliehen hat.
Das typische Erscheinungsbild der Parole der Hitlerjugend wird durch
die Übersetzung in die englische Sprache (oder in andere Sprachen)
deshalb grundlegend verändert. Sie verliert dadurch den sie
prägenden Symbolcharakter. Durch die Übertragung in eine
andere Sprache ist deshalb ein neues Kennzeichen entstanden, das in dem
Vorbild keine Entsprechung findet.
[23] Derart umgestaltete
Symbole unterfallen jedoch nicht dem Schutzzweck des § 86 a StGB.
Die Vorschrift dient nicht dazu, jedwedes Bekenntnis zu einer
verfassungsfeindlichen oder nationalsozialistischen Organisation unter
Strafe zu stellen (vgl. Reuter aaO S. 151), sondern tabuisiert
lediglich tatsächlich existierende oder diesen zum Verwechseln
ähnliche Symbole dieser Organisationen.
[24] Dafür
reicht es nicht aus, dass das neue Kennzeichen lediglich einen Bezug zu
dem Originalkennzeichen herstellt, aber nicht mehr dessen typischen
Symbolcharakter vermittelt. Auf der Grundlage der vom Landgericht
vertretenen Rechtsauffassung kommt deshalb eine Verurteilung wegen
eines Verstoßes gegen § 86 a StGB nicht in Betracht.
[25]
2. Der Angeklagte kann sich jedoch - was im Urteil unerörtert
geblieben ist - deshalb wegen Verwendens von Kennzeichen
verfassungswidriger Organisationen strafbar gemacht haben, weil die
T-Shirts, die er zum Verbreiten vorrätig hielt, mit dem Namen der
im Sinne des § 86 Abs. 1 Nr. 2 StGB in Deutschland unanfechtbar
verbotenen Vereinigung "Blood & Honour" bedruckt waren.
[26]
a) Allerdings ist der Name einer Vereinigung als solcher, sofern nicht
weitere Umstände hinzutreten, kein Kennzeichen im Sinne des §
86 a Abs. 2 Satz 1 StGB (str.; ebenso Fischer, StGB 56. Aufl. § 86
a Rdn. 3 a; aA Steinmetz in MünchKomm-StGB § 86 a Rdn. 7;
Reuter aaO S. 140; bejahend für die Abkürzung NSDAP: OLG Hamm
NStZ-RR 2004, 12; Steinmetz NStZ 2004, 444; Stegbauer JR 2002, 186).
[27]
Die Rechtsprechung hat zwar mit Blick auf den Schutzzweck der Norm
einen weiten Kennzeichenbegriff entwickelt (BGHSt 52, 364, 371 f.).
Kennzeichen sind danach alle sicht- und hörbaren Symbole, deren
sich die in § 86 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 StGB aufgeführten
Organisationen bedienen und bedient haben, um propagandistisch auf ihre
politischen Ziele und die Zusammengehörigkeit ihrer Anhänger
hinzuweisen. Für die Kennzeicheneigenschaft kommt es dabei weder
darauf an, ob das Symbol einen gewissen Bekanntheitsgrad als
Erkennungszeichen einer bestimmten Vereinigung oder Organisation
besitzt (vgl. BGHSt 47, 354), noch ist von Bedeutung, ob das
Kennzeichen mehrdeutig ist und deshalb auch in unverfänglichen
Zusammenhängen Verwendung findet (vgl. zum stilisierten
Keltenkreuz BGHSt 52, 364). Maßgeblich für die
Begründung der Kennzeicheneigenschaft ist allein, dass sich die
Organisation ein bestimmtes Kennzeichen durch Übung oder durch
einen formalen Autorisierungsakt als Symbol zu eigen gemacht hat.
[28]
Der Wortlaut des § 86 a Abs. 2 Satz 1 StGB setzt aber mit Blick
auf den verfassungsrechtlich garantierten Grundsatz der Bestimmtheit
der Norm (Art. 103 Abs. 2 GG) der Auslegung des Kennzeichenbegriffs
eine äußerste Grenze, die nicht überschritten werden
darf (BVerfGE 64, 389, 393 f.). Bei der Auslegung darf deshalb nicht
außer Acht gelassen werden, dass das Gesetz - wenngleich nicht
abschließend, aber dennoch beispielhaft - markante Kennzeichen
aufzählt, namentlich Fahnen, Abzeichen, Uniformstücke,
Parolen und Grußformen, die dem Tatbestand unterfallen sollen.
Durch diese Aufzählung wird jedoch gleichzeitig die Reichweite des
Tatbestands bestimmt. Dies bedeutet, dass von der Vorschrift nur solche
körperlichen und nichtkörperlichen Erkennungszeichen erfasst
werden, die einen den beispielhaft aufgeführten Kennzeichen
entsprechenden Symbolcharakter aufweisen. Erforderlich ist deshalb,
dass sie einen gedanklich an das äußere Erscheinungsbild
gekoppelten, jedoch über dessen unmittelbaren Informationsgehalt
hinausgehenden Sinn vermitteln (Stegbauer, Rechtsextremistische
Propaganda im Lichte des Strafrechts S. 94).
[29] Anerkannt ist
dies etwa für Lieder und Kopfbilder von Personen, die sinnbildhaft
für eine Organisation oder Vereinigung stehen (vgl. BGH MDR 1965,
923 - für das Horst-Wessel-Lied und das Kopfbild Hitlers; BVerfG,
Beschl. vom 18. Mai 2009 - 2 BvR 2202/08 - für den Anfang des
Horst-Wessel-Liedes; ablehnend hingegen für das Kopfbild von
Rudolph Heß: OLG Rostock NStZ 2002, 320).
[30] Jedenfalls
der bloßen, nicht abgekürzten Namensbezeichnung einer
Vereinigung kommt ein solcher über den Informationsgehalt
hinausgehender Symbolcharakter nicht zu. Sie erschöpft sich
vielmehr darin, die Vereinigung zu benennen, ohne darüber hinaus,
vergleichbar mit den im Gesetz aufgeführten Kennzeichen, in
symbolhafter Weise zu wirken (vgl. Fischer aaO).
[31] b) Anders
verhält es sich freilich dann, wenn sich eine Vereinigung zur
Namensgebung einer Parole oder einer Grußformel bedient, die
ihrerseits Symbol einer anderen verbotenen Organisation ist oder einem
solchen Kennzeichen im oben dargestellten Sinn jedenfalls ähnelt.
Dadurch, dass ein verbotenes Sinnbild von einer anderen Vereinigung als
Name verwendet wird, verliert es nicht seinen ursprünglichen
Kennzeichencharakter. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 86 a
StGB sind darüber hinaus auch dann erfüllt, wenn der Name der
verbotenen Vereinigung eine bestimmte Formgebung erfahren hat, etwa als
Parteiabzeichen gestaltet ist oder in signifikanten Schriftzügen
dargestellt wird (vgl. etwa für die Sigrunen der SS und des
Jungvolks BGH NStZ 1983, 261 und MDR bei Schmidt 1986, 177). Durch eine
solche Modifikation wird dem Namen einer Vereinigung
regelmäßig auch der Charakter eines Sinnbildes verliehen.
[32]
Mit der zuletzt genannten Möglichkeit hat sich das Landgericht
nicht auseinander gesetzt. Ob die Schriftzüge des Namens der
verfassungswidrigen Organisation "Blood & Honour" auf den T-Shirts
gestalterisch hervorgehoben waren und hierdurch einen die Vereinigung
kennzeichnenden Symbolcharakter erfahren haben, kann den Gründen
des angefochtenen Urteils nicht entnommen werden. Der Senat vermag
deshalb nicht zu beurteilen, ob unter dem Gesichtspunkt einer
symbolhaften Namensverwendung eine Strafbarkeit des Angeklagten nach
§ 86 a StGB begründet ist.
[33] 3. Der Senat verkennt
nicht, dass die oben unter II. 1. und 2. a) gefundenen Ergebnisse zur
Konsequenz haben, dass die Verwendung übersetzter NS-Parolen und
gestalterisch nicht modifizierter Namen verfassungswidriger
Vereinigungen oder ehemaliger NS-Organisationen unabhängig von den
Gesamtumständen ihres Gebrauchs unter dem Aspekt des § 86 a
StGB straffrei bleiben.
[34] Nicht auszuschließen ist
deshalb, dass einschlägige Kreise diesen Umstand für ihre
Zwecke missbrauchen. Dies kann es jedoch nicht rechtfertigen, bei der
Auslegung des § 86 a Abs. 2 Satz 1 und 2 StGB unter Verstoß
gegen den Bestimmtheitsgrundsatz des Art. 103 Abs. 2 GG die
äußerste Wortlautgrenze der Vorschrift zu
überschreiten. Dessen hätte es jedoch bedurft, um für
solche Fallgestaltungen eine Strafbarkeit nach § 86 a StGB zu
begründen.
[35] Hinzu kommt zum einen, dass auch das
Bedürfnis nach Rechtssicherheit und Rechtsklarheit gegen eine
Ausdehnung des Tatbestands auf den fremdsprachigen Gebrauch von
NS-Parolen spricht. Die Tatbestandsmäßigkeit hinge bei
diesen Fallgestaltungen entscheidend davon ab, ob die jeweilige
Sprache, in die der Leitspruch übersetzt ist, einen ausreichenden
Verbreitungsgrad in der Bevölkerung erfahren hat, um eine
Verwechslungsgefahr im Sinne des § 86 a Abs. 2 Satz 2 StGB
begründen zu können. Ob und wann dies der Fall ist, wird sich
jedoch nicht zuverlässig bestimmen lassen, so dass im Einzelfall
die Vorhersehbarkeit strafbaren Verhaltens nicht mehr hinreichend
gewährleistet wäre.
[36] Wollte man zum anderen schon
den bloßen Namen einer von § 86 Abs. 1 Nr. 2 oder 4 StGB
erfassten Organisation dem § 86 a Abs. 2 Satz 1 StGB subsumieren,
so hätte dies eine ausufernde, mit dem Schutzzweck des § 86 a
StGB kaum mehr zu rechtfertigende Ausdehnung der Strafbarkeit zur Folge.
[37]
Denn damit würde beispielsweise schon jede öffentliche
Nennung dieses Namens, die nicht der Sozialadäquanzklausel des
§ 86 a Abs. 3 i. V. m. § 86 Abs. 3 StGB unterfällt, vom
objektiven Tatbestand des § 86 a Abs. 1 Nr. 1 StGB erfasst.
[38]
Im Übrigen sind Sachverhalte wie die vorliegenden nicht
notwendigerweise straffrei. Werden die Namen verfassungswidriger oder
ehemaliger nationalsozialistischer Organisationen oder
Übersetzungen von NS-Parolen etwa in einem propagandistischen
Zusammenhang gebraucht, kommt eine Strafbarkeit nach § 86 Abs. 1
Nr. 2 und 4, Abs. 2 StGB in Betracht. Zudem können
Verhaltensweisen wie die hier zu beurteilenden als Verstoß gegen
das Vereinigungsverbot dem Tatbestand des § 85 StGB unterfallen
(siehe 4.).
[39] 4. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
[40]
Sollte bei Zugrundelegung der unter II. 2. dargelegten
Rechtsgrundsätze eine Verurteilung des Angeklagten wegen
Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen nicht in
Betracht kommen, wird zu prüfen sein, ob er sich des Verbreitens
von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen nach § 86
Abs. 1 Nr. 2 und/oder 4 und Abs. 2 StGB schuldig gemacht hat. In
Anbetracht der eindeutig kämpferischen und aggressiven Tendenzen
der Aufschrift auf den sichergestellten T-Shirts (Hand mit Pistole;
Verwendung des Begriffs "Combat" für Kampf bzw. Schlacht in
Verbindung mit der Verschlüsselung "18" für die Initialen
Adolf Hitlers) erscheint eine Strafbarkeit nach dieser Vorschrift nicht
fern liegend. Der neue Tatrichter wird sich daher unter
Berücksichtigung der Anforderungen, die an die Anwendbarkeit
dieses Tatbestands zu stellen sind, mit dem Aussagegehalt der auf den
T-Shirts aufgebrachten Schriften und Abbildungen auseinander zu setzen
haben (vgl. BGHSt 8, 245, 247; 12, 174, 175; 23, 64, 72 f.).
Schließlich wird zu erwägen sein, die nach § 154 a Abs.
2 StPO ausgeschiedene Gesetzesverletzung des § 85 Abs. 1 Nr. 2 und
Abs. 2 2. Alt. StGB wieder in das Verfahren einzubeziehen.
[41]
Sollte der Angeklagte erneut verurteilt und wieder eine Geldstrafe
verhängt werden, verweist der Senat zur Frage der Bemessung der
Tagessatzhöhe auf die zutreffenden Ausführungen in der
Antragsschrift des Generalbundesanwalts.
[42] 5. Der Senat
erstreckt die Aufhebung auch auf die der Verurteilung zugrunde
liegenden, für sich rechtsfehlerfreien Feststellungen, da das
Landgericht diese allein mit Blick auf die Verurteilung nach § 86
a StGB getroffen und daher den tatsächlichen Umständen keine
Aufmerksamkeit zugewendet hat, die für eine Aburteilung der Tat
als Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen
nach § 86 StGB bzw. als Verstoß gegen ein Vereinigungsverbot
nach § 85 StGB bedeutsam sein können.
[43] III.
Revision der Staatsanwaltschaft Das Rechtsmittel ist wirksam auf die
unterbliebene Anordnung der Einziehung der sichergestellten T-Shirts
beschränkt. Es führt zum Erfolg. Die T-Shirts hätten auf
der Grundlage der Rechtsauffassung des Landgerichts nach §§
92 b, 74, 74 d StGB eingezogen werden können. Die gebotene
Ermessensentscheidung hat das Landgericht - ersichtlich versehentlich -
nicht getroffen.
[44] Dies stellt einen durchgreifenden
Rechtsfehler zu Gunsten des Angeklagten dar. Zwar erweist sich die
Auffassung des Landgerichts rechtsfehlerhaft, so dass das angefochtene
Urteil auf die Revision des Angeklagten aufzuheben ist.
45] Da
jedoch aufgrund neu zu treffender Feststellungen noch eine Verurteilung
des Angeklagten in Betracht kommt, die eine Einziehung der T-Shirts als
weitere Rechtsfolge zulässt, muss die Revision der
Staatsanwaltschaft Erfolg haben.