Der
5. Senat für Steuerberater- und
Steuerbevollmächtigtensachen des
Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 1. September 2010, an der
teilgenommen haben:
Vorsitzender
Richter Basdorf, Richter Dr.
Raum, Richter Prof. Dr. Jäger, Steuerberater .................................... und
Steuerberater ....................................als
beisitzende Richter, Bundesanwalt ....................................
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt ....................................
als
Verteidiger, Amtsrätin ....................................
als
Urkundsbeamtin der
Geschäftsstelle,
für
Recht erkannt:
1.
Die Revision der
Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Celle -
Senat für Steuerberater- und
Steuerbevollmächtigtensachen -vom 3.
Dezember 2009 wird verworfen.
2.
Die Kosten des
Revisionsverfahrens und die insoweit entstandenen notwendigen Auslagen
des Steuerberaters fallen der Steuerberaterkammer zur Last.
Gründe:
Die Kammer für Steuerberater- und
Steuerbevollmächtigtensachen des
Landgerichts Hannover hat gegen den Steuerberater die berufsrechtliche
Maßnahme eines Verweises wegen eines Verstoßes
gegen das Gebot
gewissenhafter Berufsausübung unter Verzicht auf berufswidrige
Werbung
(§ 57 Abs. 1 StBerG) ausgesprochen. Der Senat für
Steuerberater- und
Steuerbevollmächtigtensachen des Oberlandesgerichts Celle hat
dieses
Urteil auf die Berufung des Steuerberaters aufgehoben und den
Steuerberater freigesprochen; die Revision hat es zugelassen
(§ 129
Abs. 2 StBerG). Die auf die Sachrüge gestützte, vom
Generalbundesanwalt
nicht vertretene Revision der Staatsanwaltschaft bleibt ohne Erfolg.
1.
Nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts verwendete der
Steuerberater seit dem Jahre 2006 eine Internet-Domain mit der
Bezeichnung "www.steuerberater-suedniedersachsen.de". Er will damit
zum Ausdruck bringen, dass er eine Kanzlei betreibt, die für
diesen
regional abgegrenzten Raum handelt. Die unter dieser Domain betriebene
Homepage wird insbesondere dafür genutzt, die Kanzlei und ihre
Mitarbeiter vorzustellen und auf Veranstaltungen hinzuweisen. Daneben
existiert ein Mandantenbereich, in den Buchhaltungsdaten eingestellt
werden können. Auf den von der Kanzlei verwendeten
Briefbögen und
Visitenkarten wie auch auf dem Kanzleischild findet sich die genannte
Domainbezeichnung als Internetadresse.
2.
Die vom Steuerberater
verwendete Internet-Domain in Form kombinierter Merkmale einer Gattung
und einer Region stellt entgegen der Annahme der
revisionsführenden
Staatsanwaltschaft keine unerlaubte Werbung im Sinne von § 57
Abs. 1, §
57a StBerG dar.
a)
Gemäß § 57a StBerG ist dem Steuerberater
Werbung erlaubt, soweit diese über die berufliche
Tätigkeit in Form und
Inhalt sachlich unterrichtet und nicht auf die Erteilung eines Auftrags
im Einzelfall gerichtet ist. Diese Bestimmung hat in den
§§ 10, 20
BOStB teilweise nähere Ausgestaltung erfahren. Nach §
10 Abs. 2 BOStB
darf der Steuerberater über seine Dienstleistung und seine
Person
informieren, solange die Angaben sachlich nachprüfbar und
nicht
berufswidrig sind. Diesen Rahmen hat der Steuerberater hier nicht
überschritten.
b)
Zwar dient die Einrichtung einer
Internet-Domain durch einen Steuerberater regelmäßig
dazu, Mandanten zu
gewinnen, und stellt damit Werbung im weitesten Sinne
gemäß §§ 8, 57a
StBerG dar (vgl. BGH NJW 2003, 504; Gehre/Koslowski,
Steuerberatungsgesetz 6. Aufl. § 57a Rdn. 9, 41).
Eine
irreführende und damit unerlaubte Werbung liegt hier
allerdings nicht
vor. Der aus dem Gattungsbegriff der Steuerberatung und einem regional
eingegrenzten Tätigkeitsgebiet kombinierte Domainname kann bei
dem
-insoweit korrespondierend mit den Kriterien des allgemeinen
Wettbewerbsrechts (vgl. BGHZ 153, 61, 65) -maßgeblichen
durchschnittlich informierten und verständigen Verbraucher,
der das
fragliche Werbeverhalten mit einer der Situation angemessenen
Aufmerksamkeit verfolgt (vgl. BGHZ 148, 1, 7; 153, 61, 66; BGH NJW
2003, 504, 505), nach der Lebenserfahrung nicht die Gefahr einer
Irreführung bewirken.
aa)
Mit der Domain "www.
steuerberater-suedniedersachsen. de" berühmt sich der
Steuerberater
schon keiner Sonderstellung unter den im südlichen Teil
Niedersachsens
praktizierenden Steuerberatern. Anderes lässt sich auch nicht
damit
begründen, dass der Domainname nur ein einziges Mal vergeben
wird und
sämtliche anderen, in derselben Region gleichfalls
ansässigen
Steuerberater aufgrund dessen nicht ebenfalls damit werben
können.
Das
geltende und im Verkehr bekannte Prioritätsprinzip bei der
Domainvergabe besagt nichts darüber, ob der Name zu Recht
gewählt und
vergeben wurde (vgl. BGHZ 153, 61, 67; OLG Hamm MMR 2009, 50).
bb)
Auch lässt es die Größe der mit dem
Domainnamen in Bezug genommenen
Region von vornherein ausgeschlossen erscheinen, dass ein Benutzer bei
Inanspruchnahme dieses Internetangebots von der irrigen Vorstellung
geleitet wird, hier die einzige Steuerberatungskanzlei in
"Südniedersachsen" zu finden; eine Alleinstellungsbehauptung
des
Steuerberaters ist daher nicht gegeben (vgl. Gehre/Koslowski aaO Rdn.
42).
cc)
Überdies ist die Gefahr einer Kanalisierung von
Rechtsuchenden, die an den Dienstleistungen eines Steuerberaters
interessiert sind, gering.
Diese
werden allenfalls zufällig
neben dem Gattungsbegriff die gerade nicht an einen Landkreis
gekoppelte und daher wenig präzise regionale Umschreibung
"Südniedersachsen" wählen. Das gilt umso mehr, als
sich der
Steuerberater im Domainnamen eines bestimmten Artikels ebenso enthalten
hat wie jedes anderen Zusatzes, der seine Kanzlei über die
übrigen
Kanzleien hervorzuheben geeignet wäre (vgl. OLG Hamm aaO S.
51).
dd)
Soweit die Revision eine Gefahr der Irreführung von
Internetnutzern
schließlich darin erblickt, dass der Domainname auf ein
Verzeichnis der
im Süden Niedersachsens tätigen Steuerberater oder
gar einen
Berufsverband und nicht auf eine einzelne Kanzlei hindeute, so
offenbart auch dies keinen Rechtsfehler, obgleich eine solche
Interpretation des Domainnamens nicht von vornherein fern liegt. Eine
solche Vorstellung eines Internetbenutzers wird nach der Kenntnisnahme
eines Internetnutzers von der Homepage des Steuerberaters sofort und
damit hinreichend korrigiert (vgl. BGHZ 153, 61, 68; BGH NJW 2003, 504,
505). Auch deshalb ist davon auszugehen, dass der Domainname ungeeignet
ist, die Internetnutzer in ihrer Entscheidung über die
Mandatierung
eines Steuerberaters zu beeinflussen (vgl. zu diesen Kriterien nur
Bornkamm in Köhler/Bornkamm, UWG 28. Aufl. § 5 Rdn.
2. 169 m. w. N.).