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Spam BGH Urteil
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Aktenzeichen: I ZR 75/06
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Verkündet
am:
17. Juli 2008
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
|
BUNDESGERICHTSHOF
Im
Namen
des Volkes
Urteil
in
dem
Rechtsstreit
...
-
Klägerin -
Prozeßbevollmächtigte:
Rechtsanwalt ...
g e
g e n
...
- Beklagte -
Prozeßbevollmächtigte:
Rechtsanwalt ...
Der I.
Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche
Verhandlung vom 8. Mai 2008 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr.
Bornkamm und die Richter Prof. Dr. Büscher, Dr. Schaffert, Dr.
Kirchhoff und Dr. Koch
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 4. Zivilsenats des
Oberlandesgerichts Hamm vom 23. Februar 2006 aufgehoben.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der Kammer
für Handelssachen des Landgerichts Arnsberg vom 7. November
2005 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten der Rechtsmittel.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin betreibt eine Toyota-Vertretung und befasst sich
mit dem An- und Verkauf von Gebrauchtfahrzeugen. Die Beklagte, die
ebenfalls mit Kraftfahrzeugen handelt, richtete am 10. März
2005 ein Telefaxschreiben mit folgendem Inhalt an die Klägerin:
Sehr geehrte Damen und Herren,
wir sind auf der Suche nach folgenden Fahrzeugen:
Toyota Yaris Benzin/Diesel Neu/Gebraucht RAV 4 Benzin/Diesel
Neu/Gebraucht Land Cruiser Diesel Gebraucht 03/04/05
zum sofortigen Ankauf.
Weiterhin sind wir auch an Neu- wie auch an Gebrauchtfahrzeugen
folgender Marken interessiert: (auch Fahrzeuge aus Leasing, Vermietung,
Firmenwagen etc.)
Audi/VW - Mercedes - Porsche Jaguar - Ferrari - Aston Martin - Bentley
- Rolls Royce - Lamborghini sowie alle Geländewagen
Mit freundlichen Grüßen
Die Klägerin beanstandet die Übersendung dieses
Schreibens als Wettbewerbsverstoß. Nach insoweit erfolgloser
Abmahnung hat sie Unterlassungsklage erhoben und zuletzt beantragt,
der Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verbieten,
unaufgefordert im geschäftlichen Verkehr ohne
Einverständnis per Telefax Ankaufgesuche zu versenden.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat ihr
antragsgemäß stattgegeben.
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die
Beklagte ihren Abweisungsantrag weiter. Die Klägerin
beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe:
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagte habe mit der
Zusendung des Telefaxschreibens gegen § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG
verstoßen und damit nach §§ 3, 7 Abs. 1 UWG
wettbewerbswidrig gehandelt. Auch wenn es sich lediglich um ein
Ankaufgesuch gehandelt habe, sei das Telefaxschreiben Werbung i.S. von
§ 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG gewesen.
Die weite Definition der Wettbewerbshandlung in § 2 Abs. 1 Nr.
1 UWG erfasse gleichermaßen Handlungen zur Förderung
des Absatzes und des Bezugs von Waren. Um einen Systembruch zu
vermeiden, sei es deshalb geboten, Nachfragehandlungen als "Werbung" in
§ 7 Abs. 2 UWG einzubeziehen. Zudem kämen auch
Nachfragegeschäfte letztlich den Absatzinteressen des
Unternehmens zugute, so dass sie nach allgemeinem
Sprachverständnis durchaus als Werbung verstanden werden
könnten.
Die Klägerin habe nicht in die Übersendung von
Ankaufgesuchen per Telefax eingewilligt. Insbesondere folge aus der
bloßen Angabe der Telefaxnummer in der Werbung der
Klägerin keine konkludente Einwilligung. Denn damit wolle die
Klägerin nur privaten Kunden, nicht jedoch
Wiederverkäufern die Möglichkeit zur Kontaktaufnahme
geben.
II. Die Revision der Beklagten führt zur Aufhebung des
Berufungsurteils und zur Abweisung der Klage. Das Ankaufgesuch der
Beklagten ist zwar eine Werbung i.S. des § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG,
die Klägerin hat in seine Übersendung aber konkludent
eingewilligt.
1. § 7 Abs. 2 UWG erfasst als Werbung grundsätzlich
auch Nachfragehandlungen. Dies gilt auch dann, wenn sie sich an
Gewerbetreibende oder Freiberufler richten.
a) Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb enthält keine
Definition des Begriffs der Werbung. Ebenso wenig ist eine solche der
Richtlinie 2002/58/EG über den Datenschutz in der
elektronischen Kommunikation zu entnehmen, deren Art. 13 durch
§ 7 Abs. 2 Nr. 2 bis 4 UWG umgesetzt wird (vgl.
Begründung des Regierungsentwurfs zum UWG, BT-Drucks. 15/1487,
S. 21 zu § 7 Abs. 2). Art. 13 der Richtlinie verwendet den
Begriff Direktwerbung, ohne ihn zu definieren.
Wie auch das Berufungsgericht angenommen hat, verbindet der allgemeine
Sprachgebrauch mit dem Begriff der Werbung zwar in erster Linie
Maßnahmen eines Unternehmens, die auf die Förderung
des Absatzes seiner Produkte oder Dienstleistungen gerichtet sind.
Dieses Begriffsverständnis lag auch der Definition des
Begriffs der Werbung in Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 84/450/EWG
über irreführende und vergleichende Werbung zugrunde
und ist in Art. 2 lit. a der am 12. Dezember 2007 in Kraft getretenen
Richtlinie 2006/114/EG über irreführende und
vergleichende Werbung übernommen worden. Danach ist Werbung
jede Äußerung bei der Ausübung eines
Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den
Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu
fördern. Auch die Richtlinie 2005/29/EG über
unlautere Geschäftspraktiken hat das unlautere Verhalten
gewerblicher Nachfrager nicht im Blick, wenn sie in Art. 2 lit. d
Geschäftspraktiken definiert als "jede Handlung (...), die
unmittelbar mit der Absatzförderung, dem Verkauf oder der
Lieferung eines Produkts an Verbraucher zusammenhängt".
Sinn und Zweck des § 7 UWG gebieten aber, dass auch
Nachfragehandlungen nicht nur von der Generalklausel des § 7
Abs. 1 UWG erfasst werden können, sondern ebenso von den
konkretisierenden Fallgruppen in Absatz 2 dieser Vorschrift. §
7 UWG bezweckt, solche Handlungen als unzumutbare Belästigung
zu verbieten, die bereits wegen ihrer Art und Weise unabhängig
von ihrem Inhalt als Belästigung empfunden werden (vgl.
Begründung des Regierungsentwurfs zum UWG, BT-Drucks. 15/1487,
S. 20). Für das Schutzbedürfnis des Inhabers eines
Telefaxanschlusses stellt es keinen Unterschied dar, ob er
unaufgefordert Kaufangebote für Waren oder Dienstleistungen
erhält oder ihm Anfragen zugehen, in denen beispielsweise
Immobilien oder Antiquitäten nachgefragt werden. Es
wäre deshalb ebenso wie im Rahmen der irreführenden
und der vergleichenden Werbung eine planwidrige
Regelungslücke, Nachfragehandlungen vom Tatbestand des
§ 7 Abs. 2 UWG auszunehmen (vgl. Köhler in
Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, 26. Aufl., § 7 Rdn.
42 und § 6 Rdn. 30; Bornkamm aaO § 5 Rdn. 2.17).
Die Einbeziehung von Nachfragehandlungen steht im Einklang mit einem am
Ziel der Absatzförderung orientierten Verständnis des
Begriffs der Werbung. Der Förderung des Absatzes von Waren
oder Dienstleistungen dienen nicht nur Angebotshandlungen, sondern
mittelbar auch Nachfragemaßnahmen, die sich auf den Bezug der
Waren oder Dienstleistungen richten, die ein Unternehmen für
seine eigene Geschäftstätigkeit auf dem Markt
benötigt. So ist für einen Wiederverkäufer
der Bezug der Handelsware notwendige Voraussetzung ihres Absatzes und
damit eine mittelbar auf Absatzförderung gerichtete Handlung,
die grundsätzlich eine Werbung i.S. des § 7 Abs. 2
UWG darstellt (vgl. Köhler ebd. § 7 Rdn. 42;
MünchKomm.UWG/Leible, § 7 Rdn. 104; Nippe, WRP 2006,
951, 953 f.; a.A. Ohly in Piper/Ohly, UWG, 4. Aufl., § 7 Rdn.
40).
b) Der Begriff der Werbung in § 7 Abs. 2 UWG erfasst auch
Nachfragehandlungen, die sich an Gewerbetreibende oder Freiberufler
richten. Der deutsche Gesetzgeber hat im Rahmen der ihm durch Art. 13
Abs. 5 der Datenschutzrichtlinie für elektronische
Kommunikation eröffneten Regelungskompetenz das Schutzniveau
für natürliche Personen und andere Marktteilnehmer
einheitlich bestimmt. Anfragen eines Händlers, die sich auf
den Erwerb von ihm für seinen Geschäftsbetrieb
benötigter Waren richten, sind daher vom Begriff der Werbung
erfasst.
2. Für die Zusendung der Anfrage der Beklagten an die
Klägerin lag eine Einwilligung der Klägerin vor.
a) Wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, kann die
Einwilligung nach § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG auch konkludent
erfolgen. Da diese Vorschrift Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2002/58/EG
umsetzt und der deutsche Gesetzgeber das Schutzniveau dieser Richtlinie
auch auf Gewerbetreibende erstreckt hat, ist der Begriff der
Einwilligung richtlinienkonform zu bestimmen. Art. 2 Satz 2 lit. f der
Richtlinie 2002/58/EG verweist für die Definition der
Einwilligung auf Art. 2 lit. h der Richtlinie 95/46/EG zum Schutz
natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener
Daten und zum freien Datenverkehr. Danach ist Einwilligung "jede
Willensbekundung, die ohne Zwang, für den konkreten Fall und
in Kenntnis der Sachlage erfolgt". Dazu stellt Erwägungsgrund
17 der Richtlinie 2002/58/EG klar, dass die Einwilligung in jeder
geeigneten Weise gegeben werden kann, die dem Nutzer erlaubt, seinen
Wunsch in spezifischer Weise, sachkundig und in freier Entscheidung zum
Ausdruck zu bringen. Als Beispiel wird das Markieren eines Feldes auf
einer Internetseite genannt. Es kommt aber wie nach früherem
Recht (vgl. BGH, Urt. v. 8.12.1994 - I ZR 189/92, GRUR 1995, 220 -
Telefonwerbung V; Urt. v. 25.10.1995 - I ZR 255/93, GRUR 1996, 208, 209
= WRP 1996, 100 - Telefax-Werbung) weiterhin auch eine konkludente
Einwilligung in Betracht (OLG Bamberg GRUR 2007, 167; OLG
Düsseldorf MMR 2004, 820; MünchKomm.UWG/Leible,
§ 7 Rdn. 161; Koch in Ullmann jurisPK-UWG, § 7 Rdn.
221).
b) Ein Unternehmen erklärt durch die Installation eines
Telefaxgerätes zwar nicht sein Einverständnis damit,
von jedwedem Gewerbetreibenden mittels Telefax zu Werbezwecken
angesprochen zu werden. Die Angabe der Telefax-Nummer in einer
Werbeanzeige bringt aber das konkludente Einverständnis des
Unternehmens zum Ausdruck, Anfragen potentieller Kunden auf diesem
Gerät zu empfangen (vgl. BGH GRUR 1996, 208, 209 f. -
Telefax-Werbung). Dementsprechend hat der Senat in einem Fall, in dem
die Beklagte nicht nur Dienstleistungen des angerufenen Unternehmens
nachgefragt, sondern in erster Linie eine kostenpflichtige
Vermittlungsleistung angeboten hatte, keinen Anhaltspunkt für
eine konkludente Einwilligung gesehen und lediglich das Vorliegen einer
mutmaßlichen Einwilligung geprüft und verneint (BGH,
Urt. v. 16.11.2006 - I ZR 191/03, GRUR 2007, 607 Tz. 20 = WRP 2007, 775
- Telefonwerbung für "Individualverträge").
Der Telefaxanschluss eines Unternehmens dient seiner
geschäftlichen Kommunikation. Wird die Anschlussnummer von dem
Unternehmen in allgemein zugänglichen Verzeichnissen
veröffentlicht, so erklärt es damit sein konkludentes
Einverständnis, dass potentielle Kunden seinen
Telefaxanschluss bestimmungsgemäß nutzen und ihm auf
diesem Wege insbesondere Kaufanfragen im Rahmen seiner
üblichen Verkaufstätigkeit übermitteln
können. Diese Einwilligung genügt den Anforderungen
des Art. 2 lit. h der Richtlinie 95/46/EG. Sie erfolgt freiwillig,
für den konkreten Fall und in Kenntnis der Sachlage. Es ist
die freie Entscheidung eines Unternehmens, ob es seine Telefaxnummer in
allgemein zugänglichen Verzeichnissen veröffentlicht.
Die Einwilligung bezieht sich konkret auf Anfragen zu dem
üblichen Warenangebot des Unternehmens. Der Unternehmer
weiß auch, dass seine Telefaxnummer von Kunden gefunden und
für Anfragen genutzt werden kann.
c) Danach ist vorliegend eine konkludente Einwilligung der
Klägerin in die Zusendung der Kaufanfrage der Beklagten
mittels Telefax anzunehmen. Die Beklagte hat die Klägerin zur
Abgabe von Verkaufsangeboten für drei konkrete Modelle der
Marke Toyota aufgefordert, die zum typischen Angebot der
Klägerin als Toyota-Vertretung gehören. Es ist auch
weder dargelegt noch sonst ersichtlich, dass diese Kaufanfrage nicht
ernstgemeint gewesen und deshalb von der konkludenten Einwilligung
nicht erfasst gewesen wäre.
aa) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts sind von der
konkludenten Einwilligung Kaufanfragen von Wiederverkäufern
nicht ausgenommen. Sofern nicht im Einzelfall besondere
Umstände dagegen sprechen, steht ein dem allgemeinen Verkehr
für Anfragen bereitgestellter Telefaxanschluss im Rahmen
seiner unmittelbaren geschäftlichen Bestimmung auch
gewerblichen Wiederverkäufern für Kaufanfragen zur
Verfügung. Es gibt nach dem maßgeblichen objektiven
Empfängerhorizont keinen Grund für die Annahme, dass
Autohändler, die wie die Klägerin auch mit
Gebrauchtfahrzeugen handeln, die von ihnen angebotenen Waren generell
nicht an Wiederverkäufer verkaufen wollen. Die Beklagte hat
ausdrücklich auch gebrauchte Toyota-Fahrzeuge nachgefragt.
bb) Unerheblich ist im vorliegenden Fall, dass die Beklagte im
Anschluss an die konkrete Anfrage für Toyota-Modelle noch ihr
allgemeines Interesse an Neu- und Gebrauchtfahrzeugen verschiedener
anderer Marken zum Ausdruck gebracht hat.
In dem beanstandeten Telefaxschreiben tritt die allgemeine
Interessenbekundung gegenüber der konkret auf Toyota-Modelle
bezogenen Anfrage, die sich auf den Geschäftsgegenstand der
Klägerin als Empfängerin des Telefaxschreibens
bezieht, deutlich zurück, was auch in der drucktechnischen
Gestaltung des Schreibens zum Ausdruck kommt. Zudem betreibt die
Klägerin auch einen Gebrauchtwagenhandel, für dessen
Beschränkung auf Fahrzeuge der Marke Toyota nichts ersichtlich
ist. Das Telefaxschreiben der Beklagten wird unter diesen konkreten
Umständen durch die Hinzufügung des Interesses an
anderen Fahrzeugmarken nicht zu einer nach § 7 Abs. 2 Nr. 3
UWG verbotenen Werbung.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1, §
97 Abs. 1 ZPO.
Bornkamm Büscher Schaffert Kirchhoff
RiBGH Dr. Koch ist in Urlaub und kann daher nicht
unterschreiben.
Bornkamm
Vorinstanzen:
LG Arnsberg, Entscheidung vom 07.11.2005 - 8 O 106/05 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 23.02.2006 - 4 U 164/05 -