Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die
mündliche Verhandlung vom 30. Juni 2009 durch die
Vizepräsidentin Dr. Müller, die Richter Zoll und
Wellner, die Richterin Diederichsen und den Richter Stöhr
für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 7. Zivilsenats
des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 5. August 2008 wird
auf seine Kosten zurückgewiesen.
Tatbestand: Der Kläger macht einen Anspruch auf Unterlassung
unwahrer Äußerungen geltend, die Teil eines Beitrags
waren, der ab 12. Juni 2007 im Internet abrufbar war. Die Beklagte
verlegt das Nachrichtenmagazin "Focus". Sie ist als Inhaber der Domain
"focus. de" eingetragen, welche die Tomorrow Focus AG gepachtet hat.
Deren Website mit dem Nachrichtendienst "Focus online" ist unter der
Adresse http:// www. focus. de erreichbar.
Im Impressum dieser Internetseite heißt es: "FOCUS ONLINE ist
ein Angebot der TOMORROW FOCUS AG, Geschäftsbereich Portal.
Für die Seiten des FOCUS-Magazins (http:// focus. de/ magazin
mit allen Unterseiten) ist Diensteanbieter jedoch die FOCUS Magazin
Verlag GmbH". Artikel, die in dem genannten Magazin erscheinen, sind
unter www. focus. de/ magazin abrufbar.
Der Artikel, der Gegenstand der Klage ist, wurde von einer Journalistin
verfasst, die bei dem von der Beklagten verlegten Magazin
tätig ist. Er stand jedoch nicht in dem Magazin und wurde
nicht unter www. focus. de/ magazin, sondern im
Online-Nachrichtendienst der Tomorrow Focus AG veröffentlicht.
Die Beklagte erlangte durch Abmahnschreiben des Klägers vom
24. und 27. August 2007 Kenntnis von dem Beitrag. Sie leitete die
Schreiben an die Tomorrow Focus AG weiter. Diese löschte den
Beitrag und gab eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab,
was die Beklagte verweigerte.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat
sie abgewiesen und die Revision zugelassen, mit der der Kläger
weiterhin die Verurteilung der Beklagten erstrebt.
Entscheidungsgründe:
I. Nach Auffassung des Berufungsgerichts haftet die Beklagte weder als
Täter noch als Störer für den Inhalt der
Äußerungen. Eine Täterhaftung als
Verbreiterin komme nicht in Betracht, weil die Beklagte den Beitrag
nicht selbst ins Netz gestellt und von ihm keine Kenntnis gehabt habe.
Sie müsse für die Verfasserin nicht einstehen, weil
diese zwar bei ihr beschäftigt, aber in Bezug auf den Beitrag
nur für die Tomorrow Focus AG tätig gewesen sei.
Die Beklagte hafte auch nicht deshalb für den Inhalt aller
Beiträge auf der Internetseite www. focus. de, weil sich auf
der Titelseite des von ihr verlegten Nachrichtenmagazins ein Hinweis
auf die Domain "focus. de" befinde. Dieser Hinweis erleichtere zwar dem
Leser des Magazins das Auffinden der Website, mit ihm mache sich jedoch
die Beklagte nicht deren Inhalt zu eigen, auch wenn die Beklagte und
die Tomorrow Focus AG mit personellen Überschneidungen dem
gleichen Konzern angehörten.
Zwar erbringe die Beklagte mit der Überlassung der Domain
einen wesentlichen Beitrag zur Nutzung der Internetseite und komme
somit als Störerin in Betracht. Sie habe die
Möglichkeit, sich vertraglich Einfluss auf den Inhalt der
Internetseite vorzubehalten oder durch Aufgabe der Domain oder
Dekonnektierung des Access-Providers den Internetauftritt von der
Domain zu trennen. Ihre Haftung setze aber die zusätzliche
Verletzung von Pflichten voraus. Sie müsse nach Hinweis die
Unterbindung des Beitrags veranlassen und Vorsorge treffen, dass es zu
keinen erneuten Eingriffen in Rechte des Klägers komme. Eine
weitergehende Prüfungs- und Überwachungspflicht
bestehe nur, wenn sie konkret mit solchen Eingriffen rechnen
müsse. Das sei nicht der Fall gewesen. Da sie
unverzüglich die Löschung des Beitrages bewirkt habe,
hafte sie nicht.
II. Das Berufungsurteil hält den Angriffen der Revision stand.
Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf
Unterlassung.
Ein Unterlassungsanspruch ergibt sich unabhängig davon, ob die
Beklagte Diensteanbieter gemäß § 2 Satz 1
Nr. 1 TMG ist, nicht aus den Vorschriften über die
Verantwortlichkeit von Diensteanbietern im Telemediengesetz (TMG). Die
§§ 7 bis 10 TMG weisen nämlich keinen
haftungsbegründenden Charakter auf und enthalten keine
Anspruchsgrundlagen, sondern setzen eine Verantwortlichkeit nach
allgemeinen Vorschriften des Zivil- oder Strafrechts voraus (Senat,
Urteil vom 27. März 2007 - VI ZR 101/ 06 - VersR 2007, 1004
sowie BGHZ 158, 236, 246 ff.; 172, 119, 126). Eine nach den allgemeinen
Vorschriften mögliche Haftung entsprechend § 1004
Abs. 1 Satz 2, § 823 Abs. 1 BGB i. V. m. Art. 2 Abs. 1, Art. 1
Abs. 1 GG hat das Berufungsgericht zu Recht verneint.
1. Das Berufungsgericht hat seiner Beurteilung zugrunde gelegt, dass
die vom Kläger angegriffenen Äußerungen
unwahr sind und in sein Allgemeines Persönlichkeitsrecht
eingreifen. Das rügen die Parteien im Revisionsverfahren nicht.
2. Davon ausgehend kann eine Störereigenschaft der Beklagten
hinsichtlich eines eventuellen Unterlassungsanspruchs wegen ihres
Beitrags zur Verbreitung der beanstandeten Äußerung
im Online-Nachrichtendienst der Tomorrow Focus AG nicht von vornherein
verneint werden. Soweit die Revision meint, entgegen der Auffassung des
Berufungsgerichts habe die Beklagte das Persönlichkeitsrecht
des Klägers nicht nur als Störerin sondern als
Täterin verletzt, kommt es auf eine solche Unterscheidung bei
dem geltend gemachten Unterlassungsanspruch nicht an.
a) Als Störer im Sinne von § 1004 BGB ist - ohne
Rücksicht darauf, ob ihn ein Verschulden trifft - jeder
anzusehen, der die Störung herbeigeführt hat oder
dessen Verhalten eine Beeinträchtigung befürchten
lässt. Sind bei einer Beeinträchtigung mehrere
Personen beteiligt, so kommt es für die Frage, ob ein
Unterlassungsanspruch gegeben ist, grundsätzlich nicht auf Art
und Umfang des Tatbeitrags oder auf das Interesse des einzelnen
Beteiligten an der Verwirklichung der Störung an. Im
Allgemeinen ist ohne Belang, ob er sonst nach der Art seines
Tatbeitrags als Täter oder Gehilfe anzusehen wäre
(vgl. Senat, Urteile vom 3. Februar 1976 - VI ZR 23/ 72 - GRUR 1977,
114, 115; vom 27. Mai 1986 - VI ZR 169/ 85 - VersR 1986, 1075, 1076;
vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/ 02 - VersR 2004, 522, 524). Als
(Mit-) Störer kann auch jeder haften, der in irgendeiner Weise
willentlich und adäquat kausal an der Herbeiführung
der rechtswidrigen Beeinträchtigung mitgewirkt hat, wobei als
Mitwirkung auch die Unterstützung oder die Ausnutzung der
Handlung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten genügt,
sofern der in Anspruch Genommene die rechtliche Möglichkeit
zur Verhinderung dieser Handlung hatte. Dem negatorischen
Unterlassungsbegehren steht nicht entgegen, dass dem in Anspruch
Genommenen die Kenntnis der die Tatbestandsmäßigkeit
und die Rechtswidrigkeit begründenden Umstände fehlt.
Ebenso ist Verschulden nicht erforderlich (vgl. Senat, Urteil vom 9.
Dezember 2003 - VI ZR 373/ 02 - aaO m. w. N.). Deshalb kann etwa im
Presserecht der Unterlassungsanspruch nicht nur gegen Autor und
Verleger gerichtet werden (vgl. BGHZ 3, 270, 275 f.; 14, 163, 173 ff.),
sondern auch gegen so genannte technische Verbreiter, wie Grossisten,
Inhaber von Vertriebsstellen oder Buchhandlungen (vgl. Senat, Urteil
vom 3. Februar 1976 - VI ZR 23/ 72 - aaO, S. 116; Beater, Medienrecht
[2007], Rn. 1927 ff.).
Soweit in der neueren Rechtsprechung eine gewisse
Zurückhaltung gegenüber dem Institut der
Störerhaftung zum Ausdruck kommt und erwogen wird, die
Passivlegitimation für den Unterlassungsanspruch allein nach
deliktsrechtlichen Kategorien der Täterschaft und Teilnahme zu
begründen (vgl. BGHZ 155, 189, 194 f.; 173, 188, 194 ff.; BGH,
Urteil vom 15. Mai 2003 - I ZR 292/ 00 - GRUR 2003, 969, 970), betrifft
dies Fälle, in denen anders als beim Allgemeinen
Persönlichkeitsrecht keine Verletzung eines absoluten Rechts
in Rede steht (BGHZ 158, 236, 251; 172, 119, 132; BGH, Urteil vom 30.
April 2008 - I ZR 73/ 05 - GRUR 2008, 702, 706; KG, MMR 2006, 393, 394;
Spindler/ Weber in Spindler/ Schuster, Recht der elektronischen Medien
[2008], § 1004 BGB Rn. 10).
b) Die Beklagte hat dadurch zur Verbreitung der
Äußerungen beigetragen, dass sie die Nutzung ihrer
Domain "focus. de" vertraglich der Tomorrow Focus AG
überlassen hat (Domainpacht, vgl. Kilian/ Heussen-Koch,
Computerrechtshandbuch, Stand: 26. Lfg. 2008, Kap. 24 Rn. 276 ff.;
Förster in Schwarz/ Peschel-Mehner, Recht im Internet, Stand:
22. Lfg. 2009, Kap. 7-A, Teil 3. 1 Rn. 1 ff.; Seifert, Das Recht der
Domainnamen [2003], Kap. 10 Rn. 14 ff.). Deren Website mit dem
Nachrichtendienst "Focus online" konnte dadurch unter der den
Domainnamen enthaltenden Adresse http:// www. focus. de aufgerufen
werden, was die praktische Nutzung erleichtert (zur Abgrenzung von
Domain und Website vgl. OGH, MMR 2006, 669, 670).
Ebenso wie der Vermieter neben dem Mieter kann auch der
Verpächter neben dem Pächter grundsätzlich
als Störer in Anspruch genommen werden (vgl. BGHZ 95, 307,
308; 129, 329, 335; BGH, Urteil vom 11. November 1966 - V ZR 191/ 63 -
NJW 1967, 246; Jauernig, BGB, 12. Aufl., § 1004 Rn. 18). Das
Berufungsgericht hat zu Recht ausgeführt, dass die Beklagte
als Domaininhaberin mit dem Betreiber der mit der verpachteten Domain
verknüpften Website vertraglich verbunden ist und die
Möglichkeit hat, sich durch entsprechende Vertragsgestaltung
den Einfluss auf die Internetseite vorzubehalten und diesen Einfluss im
Falle der Verletzung der Rechte Dritter auszuüben, wie im
Streitfall geschehen. Außerdem hat es darauf verwiesen, dass
im äußersten Fall die Möglichkeit der
Trennung von Domain und Website bestehe (vgl. Kilian/ Heussen-Koch,
aaO, Kap. 24 Rn. 317, 334).
c) Der weite Kreis der als Verbreiter möglicherweise auf
Unterlassung Haftenden erfährt durch das TMG keine Begrenzung.
Haftungsbeschränkungen wie § 10 TMG, die eine Art
"Filterfunktion" haben (vgl. BT-Drs. 14/ 6098, S. 23), gelten nicht
für Unterlassungsansprüche (Senat, Urteile vom 27.
März 2007 - VI ZR 101/ 06 - aaO, 1004 f. sowie BGHZ 172, 119,
126; so schon zum TDG BGHZ 158, 236, 246 ff.).
3. a) Das Berufungsgericht hat zutreffend erkannt, dass sich die Frage
nach der Zumutbarkeit der begehrten Unterlassung stellt (vgl. Senat,
BGHZ 106, 229, 235; Urteil vom 3. Februar 1976 - VI ZR 23/ 72 - aaO,
116). Die Störerhaftung darf nicht über
Gebühr auf Dritte erstreckt werden, die nicht selbst den
Eingriff vorgenommen haben. Die Haftung des Störers setzt
deshalb das Bestehen so genannter Prüfungspflichten voraus.
Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als
Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen eine
Prüfung zuzumuten ist (vgl. BGH, BGHZ 158, 236, 251; 158, 343,
350; 172, 119, 131 f.; BGH, Urteil vom 30. April 2008 - I ZR 73/ 05 -
GRUR 2008, 702, 706; Wegner in Götting/ Schertz/ Seitz,
Handbuch des Persönlichkeitsrechts [2008], § 32 Rn.
26 ff.; v. Hutten in Götting/ Schertz/ Seitz, aaO, §
47 Rn. 62). Dabei können Funktion und Aufgabenstellung des als
Störer in Anspruch genommenen Dritten und die
Eigenverantwortung des unmittelbar Handelnden eine Rolle spielen (BGHZ
148, 13, 18 f.; 158, 343, 350; vgl. auch Spindler/ Volkmann, WRP 2003,
1, 8 ff.).
b) Die Revision meint zu Unrecht, diese Grundsätze
fänden keine Anwendung, weil die Beklagte sich die
angegriffenen Äußerungen zu Eigen gemacht habe. Sie
sei deshalb kein mittelbarer, sondern unmittelbarer Störer
(vgl. Spindler/ Volkmann, WRP 2008, 1) und Diensteanbieter eigener
Informationen gemäß § 7 Abs. 1 TMG (vgl.
BT-Drs. 14/ 6098, S. 23; Heckmann in juris PK-Internetrecht, Kap. 1. 7
Rn. 11 ff.; Schneider, Handbuch des EDV-Rechts, 4. Aufl., B Rn. 1141
ff. und 1282; Roggenkamp, jurisPR-ITR 10/ 2008 Anm. 4).
Der Verbreiter macht sich eine fremde Äußerung aber
nur zu Eigen, wenn er sich mit ihr identifiziert, so dass sie als seine
eigene erscheint. Bei der Bejahung einer solchen Identifikation mit der
Äußerung eines Anderen ist grundsätzlich
Zurückhaltung geboten (vgl. Senat, BGHZ 66, 182, 189 f.). Die
Beklagte macht sich Äußerungen, die unter http://
www. focus. de abrufbar sind, nicht schon durch Verpachtung der Domain
oder alleine dadurch zu Eigen, dass auf dem Titelblatt des von ihr
verlegten Nachrichtenmagazins "Focus" die Domain wiedergegeben wird
(anders OLG Hamburg, GRUR-RR 2004, 82, 84). Dieser Hinweis soll
vielmehr dem Leser des Nachrichtenmagazins aufzeigen, unter welcher
Domain er im Magazin erschienene Artikel im Internet aufrufen kann,
nämlich unter www. focus. de/ magazin, worauf im Impressum der
Internetseite hingewiesen wird.
4. Die entscheidungserhebliche Frage nach der Zumutbarkeit von
Prüfungspflichten hat das Berufungsgericht zutreffend
beantwortet.
a) Der Beklagten ist als Domainverpächterin nicht zuzumuten,
die Website ihres Pächters allgemein dahingehend zu
prüfen, ob sie Äußerungen enthält,
die das Persönlichkeitsrecht anderer verletzen.
Demgemäß trifft den (bloßen) Inhaber der
Domain grundsätzlich keine Haftung für
Rechtsverletzungen, die durch den Inhalt der Website begangen werden
(ebenso OGH, MMR 2006, 669 f.).
aa) Allgemeine Prüfungspflichten hat der Bundesgerichtshof
für den Alleinimporteur einer ausländischen
Zeitschrift in Bezug auf dort abgedruckte, das
Persönlichkeitsrecht Dritter verletzende Beiträge
verneint (Senat, Urteil vom 3. Februar 1976 - VI ZR 23/ 72 - aaO, 116),
ebenso für den Spediteur in Bezug auf verletzende
Kennzeichnungen der von ihm verbreiteten Waren (BGH, Urteil vom 15.
Januar 1957 - I ZR 56/ 55 - GRUR 1957, 352, 354) oder für den
Betreiber eines Internetauktionshauses in Bezug auf Angebote von
Nutzern, die Markenrechte verletzen (vgl. BGHZ 158, 236, 251 f.; 172,
119, 133 f.; BGH, Urteil vom 30. April 2008 - I ZR 73/ 05 - aaO).
Entsprechendes gilt für die Beklagte als
Domainverpächterin, jedenfalls dann, wenn sie keine konkreten
Anhaltspunkte für (drohende) Rechtsverletzungen hat. Letzteres
bejaht die Revision zwar mit der Erwägung, der
Nachrichtendienst "Focus Online" stelle eine "Gefahrenquelle" dar, weil
es durch die Medien immer wieder zu Verletzungen des
Persönlichkeitsrechts komme. Diese allgemeine
Erwägung begründet aber keine konkreten
Anhaltspunkte, die geeignet wären, die Zumutbarkeit von
Prüfungspflichten zu bejahen. Nicht zu überzeugen
vermag der Einwand, es gehe nicht um die vom Bundesgerichtshof als
unzumutbar abgelehnte Prüfung von Angeboten, die eine Vielzahl
von Nutzern eines Internetauktionsdienstes auf dessen Website
einstellen (vgl. BGHZ 158, 236, 251 f.), sondern nur um die
Prüfung von Beiträgen des Pächters der
Domain. Für die Unzumutbarkeit spricht hier die Anzahl der zu
überprüfenden Beiträge, die bei einem
umfangreichen Nachrichtendienst wie "Focus Online"
beträchtlich ist. Zudem werden die Beiträge im
Gegensatz zu Printpublikationen ständig ("in Echtzeit")
aktualisiert, so dass schon deswegen keine gleich wirksamen
Überprüfungen erfolgen können (vgl.
Spindler/ Weber, aaO, § 1004 BGB Rn. 9).
bb) Zwar können, worauf die Revision abstellt, einen Verleger
als "Herr der Zeitung" (Senat, BGHZ 39, 124, 129; Urteile vom 4. Juni
1974 - VI ZR 68/ 73 - VersR 1974, 1080; vom 27. Mai 1986 - VI ZR 169/
85 - aaO, 1076) oder einen Rundfunkveranstalter als "Herr der Sendung"
(Senat, BGHZ 66, 182, 187) allgemeine Prüfungspflichten
treffen (vgl. Senat, Urteile vom 19. März 1957 - VI ZR 263/ 55
- NJW 1957, 1149, 1150; vom 8. Juli 1980 - VI ZR 158/ 78 - GRUR 1980,
1099, 1104). Da er die Herstellung und Verbreitung redaktioneller
Beiträge mit sachlichen und persönlichen Mitteln
ermöglicht, soll er als wirtschaftlicher Träger das
Haftungsrisiko tragen (Soehring, Presserecht, 3. Aufl., Rn. 28. 2; v.
Hutten, aaO, § 47 Rn. 21). Deshalb bestehen für ihn
auch Prüfungspflichten, allerdings in reduzierter Form, wenn
es um "fremde" Inhalte geht (vgl. Senat, BGHZ 59, 76, 80; Urteil vom
27. Mai 1986 - VI ZR 169/ 85 - aaO, 1077).
Die Beklagte hatte aber allein durch die Verpachtung der Domain nicht
die Stellung eines Verlegers inne. Es ist nicht ersichtlich, dass sie
auch "Herr des Angebots" von "Focus online" war, und die vom
Berufungsgericht festgestellte "gemeinsame Konzernstruktur" - die
Beklagte und die Tomorrow Focus AG gehören jeweils der Hubert
Burda Media Holding GmbH & Co KG an - der Verschiebung oder
Verschleierung von Verantwortlichkeiten diente.
Entgegen der Auffassung der Revision entstand auch nicht der Anschein,
die Beklagte sei "Herr des Angebots". Dagegen spricht das Impressum des
elektronischen Informationsdienstes (vgl. § 5 TMG), in dem es
im August 2007 hieß: "Focus online ist ein Angebot der
Tomorrow Focus AG, Geschäftsbereich Portal. Für die
Seiten des Focus-Magazins (http:// focus. de/ magazin mit allen
Unterseiten) ist Diensteanbieter jedoch [die Beklagte]". Dies gilt umso
mehr, weil anschließend die Tomorrow Focus AG nochmals als
"Anbieter des Gesamtangebots außer http:// focus. de/ magazin
mit Unterseiten" und die Beklagte als "Anbieter für die Seiten
unter http:// focus. de/ magazin" bezeichnet wurde.
Dadurch entsteht bei Beiträgen, die wie hier nicht unter
http:// focus. de/ magazin abrufbar waren, nicht der Anschein, die
Beklagte sei "Herr des Angebots". Dies gilt auch, soweit die Revision
darauf verweist, dass der Name des von der Beklagten verlegten
Nachrichtenmagazins ("Focus") teilweise mit dem des über die
URL www. focus. de erreichbaren Online-Nachrichtendienstes ("Focus
online") übereinstimmt und die URL auf dem Titelblatt des
Nachrichtenmagazins genannt wird. Daran ändert nichts, dass im
Impressum des Jahres 2006 als Diensteanbieter allein die Tomorrow Focus
AG und im Impressum des Jahres 2007 mit dem Zusatz "Copyright
© 2007 by Focus Online GmbH" noch eine dritte juristische
Person genannt wurde. Schließlich führt auch der
Umstand nicht zu einer Haftung, dass der Beitrag von einer bei der
Beklagten angestellten Autorin stammte, die im Beitrag als
"Focus-Redakteurin" bezeichnet und im Impressum des
Nachrichtenmagazins, nicht aber im "Impressum Focus online"
aufgeführt war. Die Beklagte haftet grundsätzlich
nicht für Beiträge, die ihre Autoren
außerhalb des von ihr verlegten Nachrichtenmagazins
veröffentlichen.
b) Der Beklagten war allerdings zuzumuten, die Website ihres
Pächters zu prüfen, als sie von den konkreten
Äußerungen, die das Allgemeine
Persönlichkeitsrecht des Klägers
beeinträchtigten, Kenntnis erlangte. Insoweit sind -
jedenfalls wenn wie hier die Äußerungen unstreitig
unwahr waren - keine aufwändigen Nachforschungen erforderlich
(vgl. Senat, Urteil vom 3. Februar 1976 - VI ZR 23/ 72 - aaO, S. 116;
BGH, BGHZ 148, 13, 20; 158, 236, 252; 158, 343, 353; Spindler/ Weber,
aaO, § 1004 BGB Rn. 9). Das Bestehen einer solchen
Prüfungspflicht führt aber nur dann zu einem
Unterlassungsanspruch, wenn der Störer nach Kenntniserlangung
und Prüfung die Störung nicht unverzüglich
beseitigt (vgl. OLG Karlsruhe, WRP 2004, 507, 508; LG Berlin, CR 2007,
742, 743). Das ist hier durch die Löschung des Beitrages
geschehen (anders im dem Senatsurteil vom 27. März 2007 - VI
ZR 101/ 06 - aaO zugrunde liegenden Fall).
c) Jedenfalls scheitert ein Unterlassungsanspruch am Fehlen einer
Wiederholungs- oder Erstbegehungsgefahr, die eine - ebenfalls vom
Kläger darzulegende - materielle Anspruchsvoraussetzung ist
(Senat, Urteil vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/ 03 - VersR 2005, 84,
85).
Zwar wird die
Wiederholungsgefahr bei bereits geschehener
Rechtsverletzung grundsätzlich vermutet (BVerfG, NJW-RR 2000,
1209, 1211; Senat, Urteil vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/ 03 - aaO,
S. 85). Dafür wäre aber eine vollendete
Rechtsverletzung nach Begründung einer
Prüfungspflicht erforderlich. Eine solche Verletzung kann
vorliegen, wenn es nach Kenntniserlangung zu mindestens einem weiteren
Eingriff in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des
Klägers kommt (vgl. BGHZ 173, 188, 207). Das ist weder
vorgetragen noch ersichtlich. Nur ergänzend ist darauf
hinzuweisen, dass auch die
Unterlassungsverpflichtungserklärung der Tomorrow Focus AG
einer
Wiederholungsgefahr entgegenstehen könnte.
Eine Erstbegehungsgefahr muss jeweils im Einzelfall konkret dargetan
werden, weil sich in solchen Fällen keine Basis für
eine tatsächliche Vermutung finden lässt (Senat,
Urteil vom 27. Mai 1986 - VI ZR 169/ 85 - aaO, S. 1077).
Der Kläger muss dartun, dass eine erste Verletzungshandlung
ernsthaft und greifbar zu befürchten ist bzw. als unmittelbar
bevorstehend droht. Die bloße Möglichkeit des
Eingriffs reicht nicht aus. Die drohende Verletzungshandlung muss sich
in tatsächlicher Hinsicht so konkret abzeichnen, dass eine
zuverlässige Beurteilung unter rechtlichen Gesichtspunkten
möglich ist (Fritzsche in BeckOK BGB, § 1004 Rn. 88
m. w. N.). Auch einen solchen Vortrag des Klägers hat die
Revision nicht aufgezeigt.
5. Nach allem hat das Rechtsmittel keinen Erfolg und ist mit der
Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Unterschriften